Titel: | Ueber Flecht- und Klöppelmaschinen ohne Gangplatte. |
Autor: | H. Glafey |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 92 |
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Ueber Flecht- und Klöppelmaschinen ohne
Gangplatte.
Von H. Glafey, Regierungsrat,
Berlin.
(Schluss von S. 12 d. Bd.)
Ueber Flecht- und Klöppelmaschinen ohne Gangplatte.
Die in den Fig. 14
bis 52 wiedergegebenen
Darstellungen veranschaulichen die Arbeitsweise der Maschine, während die Fig. 52a ein auf der Maschine selbst gefertigtes
Fadengebilde wiedergibt.
Textabbildung Bd. 316, S. 92
Arbeitsweise der Bottenberg'schen Maschine mit zwei Spulensystemen.
Textabbildung Bd. 316, S. 92
Arbeitsweise der Bottenberg'schen Maschine mit zwei Spulensystemen
Nach den Fig. 14 bis
19 kommen neun
Fäden zur Verwendung, und zwar die Kettenfäden I bis
IV und die Spulenfäden α bis ε. In ihrer Anfangsstellung stehen die
Spulenfäden α β γ δ ε unten und die Kettenfäden auf der
rechten Seite ihrer Bahn. Werden jetzt die Fäden α γ ε
gehoben (Fig. 15) und
darauf die Kettenfäden nach links verschoben, so ergeben sich die Fadenverbindungen
(Fig. 16). Senkt
man alsdann die Fäden α γ ε und hebt β δ (Fig. 17), lässt
ausserdem die Fäden I bis IV nach rechts zurückgehen, so legt sich I
über α und unter β, II
unter β und über γ, III
über γ und unter δ, IV
unter δ und über ε, womit
eine Legung beendet ist (Fig.
18). Wiederholt man dieselbe, so ergibt sich das Produkt Fig. 19.
Die Fig. 20 bis 29 geben die Entstehung
eines Fadengebildes mit der Bindung nach Fig. 29 wieder. Es
werden von der Anfangsstellung aus die Fäden des einen Systems α, β, γ, δ und ε zugleich
gehoben und dann bei der seitlichen Ablenkung der Fäden des anderen Systems die
Fäden I und III um eine,
die Fäden II und IV um
zweiStellen (Fig.
22) verschoben. Werden hierauf beide Fadensysteme in ihre Anfangslage
zurückgeführt (Fig. 23
und 24), so ist eine
Flechtung fertiggestellt. Bei der Bildung der zweiten Flechtung (Fig. 25 bis 28) ist die Bewegung der
Fäden α β γ δ ε dieselbe, während jetzt die Fäden II und IV zuerst um eine,
die Fäden I und III um
zwei Stellungen nach links und dann bei der zweiten Kreuzung alle vier in ihre
Anfangsstellung zurückgeschoben werden. Werden beide Flechtungen abwechselnd
wiederholt, so ergibt sich das Produkt Fig. 29.
Die Fig. 30 bis 39 und 40 bis 46 geben die Bildung
zweier Geflechte wieder, bei denen 13 Fäden verarbeitet werden. Zur Führung der
Fadenführer 21 kommt eine Schlitzplatte zur Anwendung,
wie sie Fig. 13
wiedergibt.
Wie aus diesen Beispielen ersichtlich, erlaubt die neue Maschine je nach der Bewegung
der beiden Fadensysteme und je nach der Zahl der Einzelfäden die
verschiedenartigsten Fadenverbindungen zu erzeugen. Sie ermöglicht aber auch in das
Geflecht, wo es wünschenswert erscheinen sollte, richtige Webebindungen der
verschiedensten Art einzulegen oder webeartige Bindungen herzustellen. In den Fig. 47 bis 52 ist beispielsweise
die Bildung einer Leinwandbindung veranschaulicht. Von den sechs Fäden sind die mit
α β γ δ ε bezeichneten auf den auf- und
abbewegbaren Spulen angeordnet, während der Faden I
durch seinen Fadenführer 21 in der Schlitzplatte
geführt wird, also quer zu den erstgenannten Fäden verschoben werden kann, d.h. als
Schussfaden dient. Aus der Anfangsstellung wird durch Hebung der Fäden α γ ε Fach gebildet (Fig. 48) und dann durch
Ablenkung des Fadens I von rechts nach, links der
erste Schuss eingelegt (Fig.
49). Durch Hebung der Fäden β und δ und Senkung der Fäden α β
ε wird alsdann zum zweitenmal Fach gebildet und durch Zurückführen des
Fadens I in die erste Anfangsstellung der zweite Schuss
eingelegt (Fig. 50).
Durch Wiederholung dieser beiden Vorgänge und durch Zusammenschieben der Schüsse
mittels des Schlägers entsteht dann das Produkt Fig. 52.
Textabbildung Bd. 316, S. 93
Arbeitsweise der Bottenberg'schen Maschine mit zwei Spulensystemen
Der die Kreuzungen, Bindungen oder Flechtungen der Fäden sichernde Schläger (Fig. 53) ist den bekannten Kronenschlägern der
Rundflechtmaschine nachgebildet; er unterscheidet sich aber von denselben dadurch,
dass das eine Nadelsystem erst dann das Geflecht freigibt, wenn dasselbe bereits von
dem anderen Nadelsystem wieder gestützt wird. Die beiden Nadelsysteme 41 und 42 (Fig. 53) sitzen nach der österreichischen
Patentbeschreibung Nr. 1032 auf den beiden Tellern 35
und 36 und empfangen durch eine Auf- und
Abwärtsbewegung dieser mittels der Hebel 37 38 von der
Welle 40 (Fig. 9) aus,
sowie mit Hilfe der Schlitzführungen im Teller 43 und
unter Mitwirkung des Tellers 44 die oben
gekennzeichnete Bewegung, wie sie in den punktierten Linien der Fig. 53 angegeben ist. Zwischen den Nadeln 41 42 vorgesehene Plattfedern 45 mit Nasen verhindern einen freien Fall der Nadeln in radialer Richtung.
Der Schläger gestattet infolge seiner Gestaltung nur eine reihenweise Unterstützung
der Fadenkreuzungen, entspricht also insofern nicht den Bedingungen, wie sie die
Erzeugung einer der Handspitze ähnlichen Spitze erfordern.
Auf dem gleichen Grundgedanken wie die alten Bottenberg'schen Maschinen beruht die Maschine zur Herstellung von Spitzen von
Julio De Vargas Machuca Y. Llorea in San Vincente
in Spanien, welche in der PatentschriftNr. 105 260 behandelt ist. Bei dieser
sind die zum erstenmal als Flachspulen auftretenden Fadenspulen oder Klöppel nicht
im Kreise angeordnet, sondern sie liegen in einer Reihe, also nebeneinander und
werden durch Anheben, Senken und Seitwärtsverschiebung, d.h. eine Viereckbewegung
ebenso wie bei der Handklöppelei in der für die Fadenbindung erforderlichen Weise
unter- und übereinander hinweggeführt.
Textabbildung Bd. 316, S. 93
Arbeitsweise der Bottenberg'schen Maschine mit zwei Spulensystemen
Textabbildung Bd. 316, S. 93
Arbeitsweise der Bottenberg'schen Maschine mit zwei Spulensystemen
Wie Fig. 54 erkennen lässt, laufen sämtliche zur
Anwendung kommenden Fäden a von Spulen b ab, die mittels der Spulenträger c in einem Rahmen d
nebeneinander gehalten werden. Die Seitenwandungen dieses Rahmens sind aus einzelnen
mit dachförmigen Erhöhungen versehenen Federn e
gebildet, zwischen welchen die Spulenträger c derart
federnd gehalten werden, dass sie leicht aus ihrer ursprünglichen Lage seitwärts in
eine neue Lage Maschine mit zwei Spulen Systemen, verdrängt werden können, in
welcher sie wiederum federnd und leicht lösbar festgehalten werden. Oberhalb der
Spulenträger sind in der Längenrichtung
Textabbildung Bd. 316, S. 94
Arbeitsweise der Bottenberg'schen Maschine mit zwei Spulensystemen
Textabbildung Bd. 316, S. 94
Fig. 52a.Arbeitsweise der Bottenberg'schen Maschine mit zwei
Spulensystemen
verschiebbare und quer versetzbare Riegelplatten f vorgesehen und zwar kommt auf je zwei Spulenträger
eine Riegelplatte, welche unmittelbar von der Mustervorrichtungaus beeinflusst,
d.h. zum Zweck der Kuppelung mit den Spulenträgern achsial verschoben werden. Die
Riegelplatten haben den Zweck, irgend welche Spulenträger auszuwählen, aus ihrer
Lage zu heben und nach bemessener Seitwärtsbewegung zwischen zwei benachbarte
Spulenträger einzuführen, wobei der eine derselben seitwärts an die Stelle, welche
der ausgehobene Spulenträger vordem inne hatte, gedrückt wird.
Textabbildung Bd. 316, S. 94
Fig. 53.Schläger zur Bottenberg'schen Maschine
Es ist erklärlich, dass auf diese Weise Fadenkreuzungen zu stände kommen, die sich
zwischen Nachbarfäden vollziehen. Von dem einen Faden ausgehend, können diese
Kreuzungen entweder mit dem Faden zur Rechten oder mit dem Faden zur Linken und
derart ausgeführt werden, dass entweder einfache oder doppelte Kreuzungen entstehen
und dass sich entweder eine Flechtung oder Zwirnung bildet.
Zur Aufnahme der jeweilig fertiggestellten Spitze und Festlegung der einzelnen
Fadenkreuzungen ist ein doppelter Satz Nadelplatten h
vorgesehen, die übereinander angeordnet sind und von welchen immer nur der obere
Satz zur Wirkung kommt. Die Lage der Nadeln dieser Platten zu einander bestimmt in
bekannter Weise den Winkel des Spitzenmusters. Nachdem dem Muster gemäss mehrere Kreuzungen
hintereinander ausgeführt worden sind, tritt unter Vorwärtsbewegung sämtlicher
wirksamer Nadelplatten des oberen Satzes eine neue Nadelplatte des unteren Satzes in
die hinterste Reihe des oberen wirksamen Satzes. Dies bewirkt das Fortschreiten des
fertiggestellten Erzeugnisses und ermöglicht die Aufnahme neuer Kreuzungen. Ein vor
den Nadelplatten angeordneter Kamm i übergibt die nach
jedem Gange aufgenommenen Kreuzungen beim Aufsteigen einer neuen Nadelplatte
derselben. Der Kamm macht zu diesem Zwecke sowohl eine auf- und niedergehende, als
auch vor- und rückwärts schwingende Bewegung, und es kommen hierdurch die Nadeln
einmal in eine solche nach rückwärts geneigte Lage, dass sie die Nadeln der ihnen
zunächst liegenden, von unten nach oben steigenden Nadelplatte in an ihrer
Hinterseite vorgesehene Nuten aufnehmen und hierdurch die Fadenkreuzungen abgeben.
Die am Ende ihrer Horizontalbewegung angekommene obere Nadelplatte sinkt nach
abwärts und zieht sich so aus der Spitze heraus.
Textabbildung Bd. 316, S. 95
Fig. 54.Maschine von Julio De Vargas Machuca Y. Llorea.
Textabbildung Bd. 316, S. 95
Fig. 55.Arbeitsweise der Maschine von Julio De Vargas Machuca Y.
Llorea..
In Fig. 55 sind zur besonderen Darstellung der
Bewegung der Spulenträger die verschiedenen Stellungen derselben während zweier
aufeinander folgenden Bewegungscyklen schematisch veranschaulicht. In dieser Figur
bezeichnet c den Spulenträger, k die die Riegelplatten trennenden Teilplatten und l die Zwischenräume zur Aufnahme der Riegelplatten. Angenommen, sämtliche
Teile der Maschine befinden sich in normaler Lage zu einander, so werden, wie zuvor
erwähnt, durch Schwingung des Jacquardprismas g nach
rechts (Fig. 54) sämtliche Riegelplatten f in Eingriff mit den unter ihnen liegenden
Spulenträgern c gebracht. Der nach links dann
zurückschwingende Kartencylinder bringt die für die auszuführende Fadenlegung
unnötigen Spulenträger wieder ausser Eingriff mit den Riegelplatten, worauf nunmehr
die noch mit den letzteren gekuppelten Spulenträger c
durch die Riegelplatten nach oben gehoben werden (A
Fig. 55). Hierauf erhalten die Riegelplatten eine
Parallelverschiebung und demzufolge auch die von ihnen getragenen Spulenträger nach
rechts und zwar um 1½ Spulendicke (B
Fig. 55). Sodann folgt unter Seitwärtsverschiebung
der Riegelplatten um ½ Spulendicke nach links eine Senkung der Riegelplatten,
wodurch der Spulenträger seinen Platz mit dem ihm früher rechts benachbarten
vertauscht (D
Fig. 55). Nach Ablegungder Spulenträger führen
die Riegelplatten eine Seitwärtsbewegung nach rechts um eine Spulenträgerstärke aus,
die Fadenkreuzung ist also ausgeführt. Diese einfache Kreuzung entspricht nur einer
halben Tour der Maschine.
Textabbildung Bd. 316, S. 95
Arbeitsweise der Maschine von Julio De Vargas Machuca Y. Llorea.
Zur Vervollständigung dieser Kreuzung erhalten nunmehr die erneut ausgehobenen
Spulenträger eine Bewegung nach links, es tauschen also die ausgehobenen Spulen
träger mit den ihnen links benachbarten (E F G H
Fig. 55). Beim nächsten Gang machen die Spulenträger
wieder eine Viereckbewegung nach rechts herum, während im vierten Gang wieder
Linksbewegung folgt und so fort.
Die Herstellung des Musters ist in den Diagrammen der Fig. 56 bis 58 gezeigt. Die
ursprünglich nebeneinander liegenden Fäden sind der Reihe nach mit a b c... n (Fig. 56) und ebenso die
obere Reihe der Nadelplatten mit 1a, 2a ...
bezeichnet. Unter den letzteren liegen die Nadelplatten der zweiten Reihe 1b, 2b, 3b u.s.w. und zwar 6b unter 1a und 6a über 1b. Im Diagramm Fig. 57 sind die
verschiedenen aufeinander folgenden Bewegungen der Maschine durch die Bezeichnungen
1x... 37x kenntlich gemacht. Bei der ersten Bewegung
bezw. dem ersten Gang werden die Fäden b und f durch entsprechende Umwechselung ihrer Spulenträger
mit den benachbarten Fäden c und g gekreuzt und bei den weiteren Bewegungen folgende
Kreuzungen ausgeführt:
Bewegung
2
x
Fäden
c d g h
kreuzen
über
a b c f,
„
3
x
„
a e
„
„
d h,
„
4
x
„
d b h f i
„
„
c a g e i,
„
5
x
„
a e
„
„
h j
„
6
x
„
i l
„
„
e k
„
7
x
„
c
„
„
l
„
8
x
„
k n
„
„
c m
„
9
x
„
x
„
„
n,
„
10
x
„
n m
„
„
k e,
„
11
x
„
k
„
„
m,
Bewegung
12
x
Fäden
l m
kreuzen
über
i n,
„
13
x
„
i
„
„
m,
„
14
x
„
j m
„
„
f l,
„
15
x
„
f
„
„
m
und so fort.
Bei den Bewegungen 1x,
10x, 19x, 29x und 37x werden die
Nadelplatten gewechselt. Bei Bewegung 1x wird die Nadelplatte 1b vor die
obere Nadelplatte 6a gehoben und Nadelplatte 1a gesenkt. In gleicher Weise kommen bei den
Bewegungen 10x,
19x, 29x und 37x
nacheinander die Nadelplatten 2b, 3b, 4b und 5b nach oben. Diagramm 58 veranschaulicht das
gemäss Diagramm 57 hergestellte Muster in seiner durch die Nadelplatten gesicherten
Gestaltung und Fadenlage.
Ihre höchste Ausbildung hat die ohne Gangplatte arbeitende Spitzenmaschine durch die
Erfindung von Aug. Matitsch erfahren; vgl. die D.R.P.
Nr. 94337, 98936, 99140, 102023, 102778. Diese Maschine macht nicht nur die
Gangplatte entbehrlich, sondern sie erfüllt zugleich alle Bedingungen, welche eine
Maschine erfüllen muss, die die Herstellung einer der Handspitze ebenbürtigen
Maschinenspitze ermöglichen soll. Die Maschinen von Matitsch gestatten nicht nur eine Flechtung und Zwirnung der Fäden,
sondern sie gestatten auch, eine beliebige Anzahl von Fäden beliebig lange der
Fadenverschlingung zu entziehen, sie halten das zuletzt erzeugte
Spitzenstreifenstück beliebig lange Zeit fest und arbeiten endlich im höchsten Grade
ökonomisch, d.h. sie vermögen eine beliebige nur durch die Länge der Maschine
begrenzte Anzahl von Spitzenstreifen zu erzeugen. Die Matitsch'sche Maschine beruht nicht auf dem Prinzip der Flechtmaschine,
wie die Maschinen von Henkels und Malhère, sondern auf dem Prinzip der Heathcoat-schen Bobbinetmaschine. Bei ihr laufen die
Fadenspulen zwecks Erzielung einer gerade der Handklöppelspitze eigenen
Fadenzwirnung nicht um einen runden Teller oder mit diesem herum, sondern sie machen
die weit weniger Raum beanspruchende Viereckbewegung. Die Fäden sind dabei, wie bei
der alten englischen Bobbinetmaschine, auf scheibenförmige Spulen aufgewickelt. Das
Anordnen der Fäden in dicht nebeneinander liegenden Vertikalebenen bringt weiter den
Vorteil mit sich, dass die zum Festhalten der Fadengebilde verwendeten Nadeln
ebenfalls in solchen Ebenen bewegt werden können, wodurch eine Vereinfachung der
kinematischen Verhältnisse der Maschine herbeigeführt wird.
Textabbildung Bd. 316, S. 96
Fig. 59.Nadelschläger der Maschine von Matitsch.
Eine ausführliche Würdigung der grundlegenden Matitsch'schen Erfindung, wie sie durch das oben genannte D.R.P. Nr. 94337
geschützt ist, findet sich in D. p. J.
1897 304 204. Der Vollständigkeit halber sei hier
nur das folgende angeführt: Die Spulenschlitten werden in den hintereinander
angeordneten Kämmen, von denen der mittlere in seiner Längsrichtung verschiebbar
ist, durch Zahntriebe (Roller) bewegt, von denen sie nach Bedarf durch von einer
Jacquardmaschine unabhängig voneinander bewegte Stecher und eine sie in den
Hinterkamm führende Zugstange zurückgehalten werden. Den nebeneinander angeordneten
unabhängig voneinander bewegbaren Nadeln kann durch zwei Jacquardmaschinen eine
solche Bewegung und Stellung mit Bezug auf die Bindungen gegeben werden, dass die
fertiggestellten Bindungen an beliebiger Stelle beliebig lange festgehalten werden
können. Durch eine am Aufwindebaum angebrachte, aus einem Schaltwerk bestehende
Aufwindevorrichtung, welche von der den Nadelhub bewirkenden Jacquardmaschine bewegt
wird, kann die Aufwindung der Spitze zu beliebigen Zeitpunkten und beliebig lange
erfolgen. Die sämtlichen gleichzeitig hergestellten Spitzen streifen werden durch
Bindefäden untereinander verbunden, welche als ausgespannte, senkrecht zwischen
Vorder- und Mittelkamm verlaufende Kettenfäden durch eine sogen. Leiter so
verschoben werden, dass sie die Spulenfäden umschlingen können. Das Gleiche gilt von
den Musterfäden.
Textabbildung Bd. 316, S. 96
Fig. 60.Maschine von Matitsch mit sich verschiebenden
Seitenkämmen.
Um eine genauere Bewegung der Aufwindevorrichtung und so eine vollkommenere Arbeit
der ganzen Maschine zu erzielen, hat der Erfinder nach dem D.RP. Nr. 98936
vorgeschlagen, die Schaltklinke für die Aufwindevorrichtung durch einen schwingenden
Hebel mit veränderlicher Schwingungsweite zu bewegen und die Schaltklinke durch die
Jacquardmaschine selbstthätig aus dem Schaltrad zu heben bezw. mit diesem in
Eingriff zu bringen.
Eine weitere Verbesserung der Maschine wird durch die Vorrichtung zur Bewegung der
Nadeln angestrebt, wie sie den Gegenstand des D. R. P. Nr. 99140 bildet. Statt des
zwischen den Nadeln und deren Jacquardmaschine eingeschalteten, die Bewegung der
letzteren auf die Nadeln übertragenden Hebelwerks sind Platinen zur Verschiebung der
Nadeln und durch Klinken gesteuerte Schienen zum Heben der Nadeln vorgesehen. Die
Platinen a werden durch eine Jacquardmaschine in oder
ausser Bereich der Messer b (Fig. 59) gebracht. In die an die Platinen angelenkten und um die Achse
c drehbaren gezahnten Schienen k greifen je zwei Klinken d
e ein, von denen die ersteren feststehen und die gezahnte Schiene bis zu
ihrer durch den Austritt der Nadeln f aus der Bindung
erfolgenden Drehung festhalten, während die zweiten Klinken an vertikal
verschiebbaren Schienen g angeordnet sind, welche je
eine Reihe drehbarer, mit einer zweiten Jacquardmaschine verbundener Hilfsklinken
h tragen, die bei zurückgedrehter Lage durch
Längsschienen i gehoben werden, und so das Heben der
nach Auslösung aus den Hauptklinken d gesenkten
Schienen k und Nadeln bewirken.
Die die Spulenschlitten in den Hinterkamm führende Zugstange des Hauptpatents hat der
Erfinder in dem D.R.P. Nr. 102023 durch eine Reihe von Stechern a (Fig. 60) ersetzt,
welche die nicht in Verwendung kommenden Schlitten bis zum Augenblicke ihrer
Benutzung in unveränderter Stellung im Hinterkamm d
festhalten und ebenso wie die den Uebertritt der Schlitten aus dem Vorder- oder
Mittelkamm in den Mittelkamm verhindernden Stecher b
unabhängig von diesen durch eine Jacquardmaschine bewegt werden.
Textabbildung Bd. 316, S. 97
Arbeitsweise der Maschine von Matitsch.
Diejenigen Schlitten, deren Fäden in einer Tour gekreuzt werden sollen, werden bei
der ursprünglichen Maschine in zwei Bewegungsvorgängen in den Mittelkamm e gebracht. Um die Leistungsfähigkeit der Maschine zu
verdoppeln, werden bei der Maschine des letzten Zusatzpatents Nr. 102778 die zwei
Bewegungsvorgänge durch einen einzigen ersetzt. Dies wird dadurch erreicht, dass der
Mittelkamm e fest (Fig.
60) gelagert ist und Vorder- und Hinterkamm f
d in ihrer Längsrichtung verschiebbar gemacht sind, sowie für den
Vorderkamm f Stecher g,
die zugleich als Roller wirken, vorgesehen sind.
Die in dem Vorder- und Hinterkamm f d durch die
verzahnten Stecher g a zurückgehaltenen Schlitten
werden dem Muster entsprechend zunächst durch eine Längsverschiebung des Vorder- und
Hinterkamms gegenüber dem feststehenden Mittelkamm versetzt. Darauf werden diese
Schlitten durch die Seitenstecher g und Roller i in den Mittelkamm gebracht und darin in der
Mittelstellung durch die Mittelstecher b so lange
festgehalten, bis sie nach erneuter Verschiebung des Vorder- und Hinterkamms durch
die der Fadenkreuzung entsprechende Verstellung des Mittelkamms an die Seitenstecher
a g übergeben und durch diese wieder in den Hinter-
und Vorderkamm geschoben werden.
Die Kreuzung zweier Fäden kann nach links oder rechts geschehen. Ersterer Fall,
welcher durch die Fig.
61 veranschaulicht wird, findet statt, wenn die oben rechts von der Ware
ablaufenden Fäden 2 und 4
an der Kreuzungsstellec1 c2 über
die von links kommenden Fäden 1 und 3 zu liegen kommen. Liegt aber der von links kommende
Faden 1 an der Kreuzungsstelle c3 oben, dann geschieht die
Kreuzung nach rechts. Um die vier Fäden in der aus Fig. 62 ersichtlichen
Art zu kreuzen, muss die Maschine, trotzdem die Kreuzungen c1
c2 beide gleich
(nach links) gerichtet sind, drei Touren machen, da es nicht möglich ist, zwei
unmittelbar nebeneinander stehende Fadenpaare gleichzeitig zu kreuzen. Es wird daher
zuerst Faden 1 mit 2, dann
3 mit 4, und endlich 1
mit 4 kreuzen. Aus den Fig. 63 bis 79 wird ersichtlich, wie
die Schlitten in den Kämmen während dieser Kreuzungen stehen, und wie die Kämme
verschoben werden. Die Fig.
63, 69 und
75 zeigen die
Stellungen der Schlitten und Kämme zu Beginn der ersten, zweiten und dritten Tour.
In der ersten Tour werden die Fäden der in den geraden (zweiten und vierten)
Kammschlitzen hintereinander stehenden Schlitten gekreuzt und zwar 2 mit 1 und 6 mit 5, und diese
Schlitten werden in den Kämmen vertauscht. In der zweiten Tour geschieht dasselbe
mit den in den ungeraden (dritten und fünften) Kammschlitzen hintereinander
stehenden Schlitten, und es wird 4 mit 3 und 8 mit 7 gekreuzt.
Aus der zweiten Stellung (Fig.
64 und 70)
geht hervor, dass der Vorderkamm über einen Kammschlitz nach links geschoben wird,
bevor die Schlitten aus dem Hinter-und Vorderkamm heraustreten. Infolge dieser
Verschiebung kreuzt sich in der ersten Tour Faden 2 mit
1 und 6 mit 5 (in der zweiten Tour Faden 4 mit 3 und 8
mit 7), und zwar in der nach Fig. 62 geforderten Art, so dass 2 über i,
6 über 5 (in der ersten Tour), 4 über 3 und 8 über 7 (in
der zweiten Tour) zu liegen kommen. In der dritten Stellung (Fig. 65 und 71) sind die Schlitten,
deren Fäden zu kreuzen sind, bereits in den Mittelkamm verschoben und zwar 2 links von 1, 6 links von
5 für die erste Tour, 4 links von 3, 8 links von 7 für die zweite Tour. Die vierte Stellung (Fig. 66 und 72) zeigt den Hinterkamm
über einen Kammschlitz nach links und den Vorderkamm über einen Kammschlitz nach
rechts geschoben, während die zu kreuzenden Schlitten sich noch im Mittelkamm
befinden. Aus der fünften Stellung (Fig. 67 und 73) sind die Schlitten
in ihren Lagen nach Uebertritt aus dem Mittelkamm in den Vorder- und Hinterkamm
ersichtlich. Die sechste Stellung (Fig. 68 und 74) ist die Endstellung
jeder der beiden Touren, wenn nämlich der Hinterkamm durch Verschiebung über einen
Kammschlitz nach rechts wieder in seine Anfangsstellung gebracht ist, und die
Schlitten aus dem Mittelkamm in den Vorderkamm und Hinterkamm gebracht sind.
Die in der dritten Tour zu kreuzenden Schlitten gehören verschiedenen Kammschlitzen
an, weil nach Fig. 62
1 mit 4 und 5 mit 8 zu kreuzen ist. In der zweiten Stellung (Fig. 76) dieser Tour
sind sämtliche Schlitten noch im Vorder- und Hinterkamm, diese beiden Kämme sind
aber, und zwar der erstere um einen Kammschlitz nach rechts, der letztere um einen
Kammschlitz nach links geschoben; infolge dieser Verschiebung kreuzen sich die Fäden
1 mit 4 und 5 mit 8
derart, dass die von links kommenden Fäden (1 und 5)
vor den Fäden 4 und 8 nach
rechts geführt werden, also über diese zu liegen kommen. Die dritte Stellung (Fig. 77) zeigt die zu
kreuzenden Schlitten nach ihrem Eintritt in den Mittelkamm. Die vierte Stellung
(Fig. 78)
veranschaulicht die in ihre Anfangslage zurückgebrachten Kämme, während die zu
kreuzenden Schlitten noch im Mittelkamm sich befinden, und die letzte Stellung (Fig. 79) zeigt die
Schlitten nach ihrem Uebertritt aus dem Mittelkamm in den Vorder- und
Hinterkamm.