Titel: | Versuche über die Verwendung des Thermits zum Beschädigen von Geldschränken. |
Autor: | Ch. Heinzerling |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 806 |
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Versuche über die Verwendung des Thermits zum Beschädigen von Geldschränken.
Von Dr. Ch. Heinzerling.
Versuche über die Verwendung des Thermits zum Beschädigen von Geldschränken.
Vor ungefähr zwei Jahren wurde von Dr. Goldschmidt in Essen ein neues Verfahren zur Erzeugung hoher Temperaturen angegeben, welches darauf beruht, dass Gemische von feinzerkleinertem
Aluminium mit Metalloxyden entzündet werden (s. a. * S. 341 d. Bd.). Die unter bedeutender Wärmeentwickelung verlaufende Reaktion
gibt als Reaktionsprodukte Aluminiumoxyd und das Metall des angewandten Metalloxyds. Die Gemische, die zur Verwendung kommen,
können je nach dem Zweck, der damit erreicht werden soll, ausserordentlich variiert werden, jedoch sind sie nach äquivalentem
Verhältnis so zusammengesetzt, dass stets ein Ueberschuss von Oxyd vorhanden ist: R2O3 +Al2 = Al2O3 + R2.
Die für die verschiedenen Zwecke empfohlenen Gemische enthalten nach Angabe von Dr.
Goldschmidt 161/4 bis 33 % Aluminium, während der Rest vorwiegend aus Eisenoxyd bestehen kann. An Stelle des Eisenoxyd kann Braunstein
oder Chromoxyd treten, auch indifferente Metalloxyde wie Kalk, Magnesia oder Kieselsäure in Form von Sand, um Schlacke zu
bilden, können hinzugefügt werden.
Ausser zur Erzeugung von hohen Temperaturen wird das Verfahren zur Herstellung von kohlenfreiem Mangan, Chrom und Titan verwendet.
Das bei der Herstellung dieser Metalle entstehende Aluminiumoxyd, das als Nebenprodukt unter dem Namen Corubin in den Handel
gebracht wird, findet Verwendung als Schleifmaterial und für Herstellung von feuerfesten Produkten.
Von weitgehendster Bedeutung hält jedoch Dr. Goldschmidt diejenigen Verwendungsarten, welche darauf basieren die bei der Reaktion auftretende Wärmemenge direktals solche bei Metallbearbeitung nutzbar zu machen. Als besonders beachtenswerte Verwendungen seien hier erwähnt das Schweissen
von Eisenbahn- und Trambahnschienen, das Ausbessern fehlerhafter Güsse und abgebrochener Zähne an Zahnrädern u.s.w.
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Fig. 1.Rückseite der 3 mm starben Platte.
Zu diesen Verwendungsarten, mit denen ich mich in diesem Artikel nicht weiter befassen will, ist in neuerer Zeit noch hinzugekommen
die Möglichkeit der Verwendung zum Beschädigen feuer- und diebsfester Geldschränke durch Einschmelzen des Schutzmantels oder
durch Enthärten der Panzerplatten. Die Verwendung für diesen Zweck wurde nahe gelegt, nachdem Dr. Goldschmidt durch Experimente nachgewiesen hatte, dass ein Eisenblock durch Aufgiessen von aluminogenetischem Eisen bis auf ⅛ durchgeschmolzen
werden konnte. Sehr bald entstand eine lebhafte Agitation, die die Gefahr in tendenziöser Weise weit überschätzte, um damit
gleichzeitig Propaganda für ihr Schutzmittel gegen diese Gefahr und ihre mit diesem Schutzmittel ausgerüsteten Fabrikate zu
machen. Auch Versicherungsgesellschaften gegen Diebstahl benutzen die Gelegenheit, das Publikum ängstlich zu machen. So findet
man in dem Zirkular eines Agenten einer Einbruchsversicherungsgesellschaft Redensarten wie „ein Eisenblock schmilzt vor Thermit wie ein Schneehaufen“ und in einem Berliner Zeitungsreferat mit der Ueberschrift „Der Hochofen in der Westentasche“ Phrasen wie „Thermit kann bei geschickter Anwendung Eisen- und Panzerplatten wie Wachs dahin schmelzen lassen“ u. dgl. mehr.
Von einem bekannten bedeutenden Frankfurter Geldschrankfabrikanten, Valentin Hammeran, der sich überzeugen wollte, wie gross die Gefahr der Beschädigung mit diesem Metall sei, wurde ich aufgefordert, einer Anzahl
Versuchen, die in der Fabrik des erwähnten Fabrikanten angestellt wurden, als Sachverständiger beizuwohnen.
Das für diese Versuche verwendete Thermit war von Dr. Goldschmidt's Fabrik („Chem. Thermo-Industrie“) bezogen worden und zwar die zwei empfohlenen Marken P, rot, weniger kräftig wirkend, und R, schwarz, stärker wirkend. Bei
Anstellung der Versuche wurde nach den von Dr. Goldschmidt angegebenen schriftlichen Anleitungen
(„Experimentelle Vorführungen des Verfahrens zur Erzeugung hoher Temperaturen“) verfahren. Zum Entzünden des Thermits wurden statt der von Dr. Goldschmidt empfohlenen Zündkirschen (aus Baryumsuperoxyd und Aluminium mit eingesetztem Magnesiumstreifen bestehend), die sich, weil
der Magnesiumstreifen etwas oxydiert war, schwer entzünden liessen, Papier, das mit Magnesium überpudert war, benutzt.
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Fig. 2.Rückseite der 7 mm starken Platte.
Die Durchschmelzversuche wurden nach verschiedenen Seiten hin variiert. Bei einigen Versuchen wurde das Thermit in einer muldenförmigen
Vertiefung auf einer Eisenplatte entzündet, bei anderen Versuchen wurde es auf ebener Fläche zur Entzündung gebracht. Bei
Versuchen mit über 5 mm starken Eisenblechen wurde das Thermit in einem aus feuerfesten Steinen hergestellten Nest, dessen
Fugen mit Chamottemörtelverschlossen waren, auf der Eisenplatte entzündet. Der von Dr.
Goldschmidt empfohlene Giessversuch, der die besten Resultate für das Durchschmelzen der Platte ergeben soll, wurde genau nach dessen
Anleitung mit 10 mm starken Panzerplatten mehrmals wiederholt. Bei der Beschreibung der Versuche und der erhaltenen Resultate
soll die Ausführung der Versuche etwas eingehender besprochen werden.
Versuch 1. Platte von 1,5 mm wurde mit Thermit P in einer getriebenen Mulde beschickt und letzteres entzündet. Als Resultat ergab sich,
dass durch Durchschmelzen der Platte etwa 5 bis 6 Löcher von etwa 2 mm Durchmesser entstanden.
Verbuch 2. Eine Platte von gleicher Stärke ohne muldenförmige Vertiefung mit Thermit P überschüttet und letzteres entzündet, zeigte
nur an zwei Stellen kugelförmige Ausbuchtungen.
Versuch 3. Ein mit einer 2 mm starken Platte in gleicher Weise, wie oben beschrieben, angestellter Versuch ergab als Resultat zwei Durchschmelzungen
als Löcher von etwa 2 mm Durchmesser und festes Aufschmelzen der Masse.
Beim Versuch 4 wurde eine 3 mm starke Platte mit Thermit P in entsprechender Höhe beschüttet. Ein Durchschmelzen des Bleches fand nicht
statt.
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Fig. 3.Tiegelguss.
Die folgenden Versuche wurden in der Weise abgeändert, dass die Beschüttung mit Thermit R in einem Nest aus feuerfestem Stein,
dessen Fugen mit Chamottemörtel verstopft waren, geschah.
Beim Versuch 5 fand ein Durchschmelzen der 3 mm I starken Platte statt. An der Durchschmelzstelle war ein 21 cm langer Zapfen aus geschmolzenem
Metall und Reaktionsmasse (Fig. 1).
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Fig. 4.Nach dem Gusse.
Versuch 6. Auf eine 5 mm starke Platte wurde Thermit R in gleicher Weise wie vorher, jedoch die 1½fache Menge des letzteren aufgeschüttet.
Es zeigte sich ein Loch von 15 mm Durchmesser und ein Zapfen wie bei Versuch 5.
Bei Versuch 7 wurde in einem 12 cm tiefen Nest Thermit R in grösserer Menge als vorher entzündet, nachdem vorher die Masse zusammengedrückt
war; nach dem Erkalten zeigte sich eine 15 mm hohe Aufschmelzung, die Platte war jedoch nicht durch geschmolzen.
Versuch 8. Im Unterschied gegen den letzten Versuch wurde auf einer 7 mm starken Platte ein 25 cm hohes Nest von 6 cm im Quadrat gebaut
und bis zu 20 cm Höhe mit Thermit beschickt, so dass also etwa 1 kg der Masse zur
Verwendung kam. Die Platte erhitzte sich dabei unter sehr grosser Flammen- und Rauchentwickelung an der Beschüttungsstelle
bis zur Weissglut; dagegen fand kein Durchschmelzen statt (Fig. 2).
Bei Versuch 9 wurde eine Isolierschicht unter der 7 mm starken Platte derart angebracht, dass man eine 6 cm hohe Schicht von Kieselgur
und Flugasche anbrachte und das Nest von 12,5 cm Höhe und 6 cm im Quadrat mit Thermit R beschickt wurde. Zweck des Versuches
war, festzustellen, ob die Isolierschicht, welche man bekanntlich bei Kassenschränken anwendet, das Durchschmelzen begünstigt.
Es fand kein Durchschmelzen statt.
Versuch 10. Zwischen zwei Platten von je 5 mm Stärke wurde eine Isolierplatte von 8 mm Stärke aus Asbest mit eingelagerter Kieselgur
zwischengelegt. In einem Nest von 12 × 6 × 6 cm wurde Thermit R entzündet. Während bei einem früheren Versuche ohne Isolierplatte
durch Durchschmelzen der 5 mm starken Platte ein Loch entstand, bildete sich trotz Schmelzens des Eisens kein Loch. Es kommt
dies daher, dass das geschmolzene Eisen nicht abfliessen konnte, sondern in seiner ursprünglichen Lage wieder erkaltete.
Versuch 11. Der schon eingangs erwähnte Giessversuch wurde in folgender Weise nach Dr. Goldschmidt's Anweisung ausgeführt. Die 10 mm starke Panzerplatte wurde durch untergeschobene Ziegelsteine hohl gelegt. In einem Tiegel
wurden 2 kg Thermit R entzündet, das oben befindliche flüssige Aluminiumoxyd abgegossen und das hell leuchtende, hoch erhitzte
Eisen an einer Stelle auf die Platte gegossen. Trotz mehrfacher Wiederholungen wurde ein Durchschmelzen der Platte nicht erzielt.
Es mag zugegeben werden, dass nicht ganz der richtige Moment für das Ausgiessen des heissen Eisens getroffen wurde, was jedoch
nach meinem Dafürhalten ziemlich schwierig ist und längerer Erfahrung bedarf. Ferner sei erwähnt, dass zur Ausführung des
Experiments zwei Personen erforderlich sind, wenn der Versuch zu ebener Erde ausgeführt wird (Fig. 3 und 4).
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Fig. 5.
Versuch 12. In gleicher Weise wie bei Versuch 10 wurden zwei Platten von je 5 mm Stärke, die jedoch durch eine Isolierschicht von 20
mm Dicke, bestehend aus Asbest, Kieselgur und Alaun, getrennt waren, der Einwirkung von Thermit ausgesetzt. Das Ergebnis war
das gleiche, trotz Schmelzens des Eisens bildete sich kein Loch, weil das geschmolzene Eisen nicht abfliessen konnte und daher
in seiner ursprünglichen Lage wieder erkaltete.
Versuch 13. Eine 5 mm starke Platte wurde auf eine mit Wasser getränkte Stoffunterlage gelegt und in einem Nest, wie früher beschrieben,
mit Thermit beschickt und letzteres entzündet. Während bei früheren Versuchen solche Platten ohne Unterlagen durchschmolzen,
blieb hierbei die Platte völlig intakt. Es kann dies nur auf den Umstand zurückgeführt werden, dass das in der Stoffunterlage
enthaltene Wasser verdampft wird, indem es (bei der verhältnismässig sehr grossen Wärmemenge, welche das Verdampfen erfordert)
der Platte sehr viel Wärme entzieht und dadurch das Schmelzen des Eisens verhindert.
Durch eine Anzahl weiterer Versuche sollte festgestellt werden, mit welchem Erfolge an Stelle der nassen Stoffunterlage eine
Gelatineschicht mit hohem Wassergehalt zu
verwenden sei, die gegenüber der Stoffunterlage den Vorzug hat, dass sie das Wasser in gebundener Form enthält und aus diesem
Grunde das Eisen nicht durch Bildung von Rost beschädigt. Leider gaben die Versuche kein bestimmtes Rezultat, da ausser Acht
gelassen worden war, dass die Gelatineplatte derart dicht mit der Eisenplatte verbunden wurde, dass erstere nach dem Schmelzennicht
abfliessen konnte. Durch Abfliessen der Gelatine unter dem Thermitnest entstand ein unbedeckter Raum und war infolgedessen
die Platte ihres Schutzes beraubt.
Bei den seither aufgeführten Schmelz versuchen befanden sich die Versuchsplatten sämtlich in wagerechter Stellung; bei den
nun folgenden wurde die Wirkung des Thermits auf senkrecht gestellte Platten untersucht und zwar mit Hilfe eines angebauten,
sogen. Schwalbennestes aus feuerfestem Material, wie dies durch beifolgende Skizze (Fig. 5) veranschaulicht wird. Die Schwalbennester wurden mit Papier ausgelegt, da der zum Verkleben der Fugen verwendete Chamottemörtel
noch feucht war. Bei dem ersten dieser Versuche wurden etwa ¾ kg Thermit R entzündet und dadurch die 3 mm starke Platte an
zwei Stellen durchgeschmolzen. Das eine der beiden rechteckigen Löcher befand sich an der tiefsten Stelle des Nestes, das
andere etwas weiter unterhalb und zwar da, wo das geschmolzene Reaktionsprodukt durch die Fugen des Nestes hindurchgedrungen
war.
Bei dem zweiten derartigen Versuche (Fig. 6) wurde eine 5 mm starke Platte in gleicher Weise mit 1 kg Thermit R behandelt. Das Resultat war, dass die Platte an der hinteren
Seite sich leicht rotwarm zeigte. Eine Anschmelzung in Grösse eines Stecknadelknopfes fand statt, dagegen keine Durchschmelzung.
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Fig. 6.Seitlicher Nestguss gegen eine vertikale 5 mm starke Platte.
Da die Gefahr nicht allein im Durchschmelzen von Platten, sondern auch im Enthärten von Panzerplatten liegt, so wurde durch
Versuche die enthärtende Wirkung des Thermits auf 10 mm starke Panzerplatten festgestellt und zwar geschah dies wiederum in
der Weise, dass in einem Neste eine ausreichende Menge Thermit auf einer horizontalen Platte entzündet wurde. Es ergab sich
das Resultat, dass eine ziemlich vollständige Enthärtung der Panzerplatten stattfand.
Inwieweit die Enthärtung der Panzerplatte durch eine darunter befindliche Schutzplatte, welche nach einem von Val. Hammeran zum Patent angemeldeten Verfahren angefertigt wurde, verhütet werden kann, wurde durch folgenden Versuch festgestellt. In
einer mit kastenartiger Vertiefung versehenen Eisenplatte war eine Gelatineplatte eingegossen, in welche dünnwandige Zinnröhren
(¼ mm Wandstärke) von etwa 12 mm Durchmesser eingebettet waren, welche mit Wasser gefüllt waren. Durch Versuche war festgestellt
worden, dass derartige dünnwandige Zinnröhren, auf rotglühende Eisenplatten gelegt, schmolzen und ihren Wasserinhalt entleerten.
Um ein festes Anliegen der Gelatineplatte an der Panzerplatte zu erreichen, wurde die Schutzplatte durch Klemmschrauben fest mit der Panzerplatte
verbunden.
Ein 25 cm langes, 12 cm breites und 6 cm tiefes Nest wurde mit etwa 4 kg Thermit R gefüllt und letzteres entzündet. Die Reaktionsmasse
wurde erst nach dem Erkalten entfernt. Die Zinnröhren waren an der Aufschüttungsstelle an vielen Stellen durchgeschmolzen
und hatten ihren Wasserinhalt unter kräftiger Dampfentwickelung entleert. Die Prüfung der Panzerplatte auf der der Aufschüttungsseite
entgegengesetzten Fläche ergab, dass die Enthärtung so gering war, dass die Platte durch Bohrer mit Handbetrieb nicht angebohrt
werden konnte. Dieses Resultat war um so mehr überraschend, als der Versuch nicht in der Weise zur Ausführung kam, wie er
hätte ausgeführt werden sollen, indem gerade, nicht verlötete, sondern durch Zusammendrücken an den Enden verschlossene Zinnröhren
anstatt der zweckmässigeren spiralförmigen und an den Enden zugelöteten verwandt wurden.
Die Schlussfolgerungen, welche sich aus den angeführten Versuchen mit Rücksicht auf die Beschädigung von Geldschränken zum
Zweck der Beraubung ergaben, sollen im nachstehenden zusammengestellt werden.
1. Eisenplatten von einer Stärke bis zu 6 mm können, wenn sie nicht mit einer Schutzvorrichtung versehen sind, durch eine
genügende Menge von in einem Neste aufgeschütteten Thermit durchgeschmolzen und es können ein bis zwei Löcher von 2 bis
3 cm erreicht werden. Dieselbe Wirkung kann bekanntlich durch ein Knallgasgebläse wohl ohne grosse Schwierigkeit
auch erreicht werden; auf noch einfachere Weise kann der Dieb durch seit Jahren bekannte Einbruchswerkzeuge, z.B. die von
einem Laien erfundene Rundsäge, denselben Zweck und mehr erreichen, indem er in kurzer Zeit ohne Geräusch und ohne intensive
Lichtentwickelung ein armdickes Loch herstellen kann. Die Anwendung von Thermit bietet also bei dünnen Eisenplatten keinen
Vorteil.
2. Für Platten von über 6 mm Stärke, wie sie für solidere Qualitäten von Kassenschränken verwandt werden, schliesst das Thermit
hinsichtlich des Durchschmelzens eine beachtenswerte Gefahr nicht in sich.
3. Was die Gefahr des Durchschmelzens bei dem Giessverfahren betrifft, so könnte dieselbe, wenn die vorherbeschriebenen Versuche
als massgebend angenommen würden, als eine grössere Gefahr ebenfalls nicht anerkannt werden.
Nehmen wir an, dass sorgfältig vorbereitete und exakt ausgeführte Versuche, die namentlich unbedingt erfordern, dass das Aufgiessen
des flüssigen Metalles immer an einer und derselben Stelle stattfindet, ein Durchschmelzen ermöglichen, so kann dies mit Quantitäten,
wie sie Dr. Goldschmidt bei Versuch 6 seiner „experimentellen Vorführungen des Verfahrens zur Erzeugung hoher
Temperaturen“ angibt, wie nachfolgend weiter erörtert, nur ein kleinesLoch ergeben. Zieht man in Betracht, dass – wie auch Fig. 3 veranschaulicht – die Ausführung des Tiegelgussverfahrens unter heftig blendend wirkender Lichtentwickelung, verbunden mit
heftigem Funkensprühen, vor sich geht, so muss man zugeben, dass es sehr schwierig ist, beim Ausgiessen stets genau dieselbe
Stelle zu treffen, selbst in dem bequemen Falle, dass die zu behandelnde Platte sich zu ebener Erde befindet. Das Durchschmelzen
der oberen Platte eines etwa 1½ m hohen Kassenschrankes würde sich natürlich noch bedeutend schwieriger gestalten. Wie schon
erwähnt, wird sich das Einschmelzen genügend grosser Löcher nach diesem Verfahren nur mit grossen Mengen Thermits, wie folgende
Betrachtungen zeigen, erreichen lassen.
Um bei einer Platte von 10 mm Stärke ein Durchschmelzen einer Fläche von 100 qcm zu bewirken, müssen 750 g Eisen zum Schmelzen
gebracht werden. Der Schmelzpunkt von Gussstahl liegt bei 1375° C. Nehmen wir an, dass das Reaktionsmetall mit 2500° C. aus
dem Tiegel abfliesst, so können hiervon, da das Abfliessen von der Platte mit einer Temperatur von mindestens 1500° C. noch
stattfinden muss, nur 1000° Temperaturerniedrigung in Betracht kommen. Hiervon gehen verloren ein grosser Teil durch Ausstrahlung
von Wärme, ein Teil durch Ableitung durch die umgebende Luft und ein dritter Teil durch Ableitung durch die, das zu bildende
Loch umgebenden Teile der Platte. Der hiernach verbleibende Rest bleibt zum Durchschmelzen der Platte zur Verfügung. Man wird
nicht fehl gehen, wenn man das zum Schmelzen der 750 g Eisen erforderliche Reaktionsmetall auf das 8-bis 10fache, d. i. 6
bis 7,5 kg – entsprechend 10 bis 12 kg Thermit – annimmt.
Aber selbst mit diesem Quantum ist das Einschmelzen eines Loches von Armdicke als unmöglich zu bezeichnen.
Liegt die zu behandelnde obere Platte eines Geldschrankes frei, so wird nach der Bildung eines Loches von geringer Weite bei
weiterem Aufgiessen die flüssige Masse fast wirkungslos durch das entstandene Loch in das Innere des Schrankes hindurchfliessen
und das Loch nur noch in ganz geringem, für den beabsichtigten Zweck völlig unzureichendem Masse erweitern. Befindet sich
aber dicht unter der Platte, wie dies bei den meisten Geldschränken – wenn nicht bei allen – der Fall ist, eine Isolierschicht,
die das Abfliessen des geschmolzenen Eisens verhindert, so wird, wie vorher beschriebene Versuche dargethan haben, kein Loch
entstehen, sondern es wird sich nur eine Schmelzstelle bilden, die nach dem Erstarren keine Oeffnung darbietet.
4. Es verbleibt hiernach nur noch die Gefahr des Enthärtens der Panzerplatten, welches dem Einbrecher das Ansägen derselben
ermöglicht. Wie schon erwähnt, bietet die Val. Hammeran'sche Schutzplatte ein Mittel, auch dieser Gefahr wirksam entgegenzutreten.