Titel: | Ein Rückblick auf die Entwickelung der Starkstromelektrotechnik innerhalb der letzten drei Jahre. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 709 |
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Ein Rückblick auf die Entwickelung der Starkstromelektrotechnik innerhalb der letzten drei Jahre.
Ein Rückblick auf die Entwickelung der Starkstromelektrotechnik innerhalb der letzten drei Jahre.
Die Elektrotechnik hat nunmehr das Stadium der Sturm- und Drangperiode überschritten und ist, da epochemachende Neuerungen
nur wenige mehr zu verzeichnen sind, in das Stadium der ruhigen zielbewussten, dafür um so mächtigeren Entwickelung übergetreten.
Durch vielseitiges systematisches Studium sind nunmehr die massgebenden Grundlagen, auf welchen sich die Elektrotechnik aufbaut,
erkannt, die Theorien entwickelt, und ist man dadurch in die Lage versetzt, alles das, was früher auf dem mühsamen und kostspieligen
experimentellen Wege festgestellt werden musste, nunmehr mit Sicherheit vorausberechnen zu können. Namentlich die Untersuchungen
über das magnetische Verhalten der verschiedenen Blech- und Eisensorten haben hier bahnbrechend gewirkt und ist man nunmehr
durch die Entwickelung der magnetometrischen Messmethoden im stände, die magnetischen Eigenschaften des zur Verfügung stehenden
Materiales im vornherein feststellen und auf Grund derselben die Berechnung aufbauen zu können. Diese Untersuchungen führten
auch dahin, dass den Lieferanten des Rohmateriales die Bedingungen, welchen dasselbe zu entsprechen hat, vorgeschrieben werden
konnten, wodurch dieselben bemüssigt waren, bei ihrer Fabrikation, den allerdings noch nicht vollständig erkannten Grundursachen,
welche die guten magnetischen Qualitäten des Materiales bedingen, die vollste Aufmerksamkeit zu widmen. Dadurch ist es gelungen,
die Unzuverlässigkeit, welche früher dem Materiale anhaftete, selbst wenn es aus einer und derselben Erzeugungsquelle stammte,
fast vollständig zu beseitigen. Allerdings sind es dermalen nur wenige Lieferanten, welche diese Bedingungen voll einzuhalten
vermögen, allein auch darin wird bei dem herrschenden Konkurrenzkampfe und den bedeutenden Quantitäten, welche bei der stetig
steigernden Anwendung elektrischer Einrichtungen verarbeitet werden, in Bälde ein gründlicher Umschwung vorauszusehen sein.
Die Bemühungen, die Erzeugung des elektrischen Stromes dadurch zu verbilligen, dass man die der Kohle innewohnende Wärmeenergie
direkt in elektrische Energie umwandelt, um die zahlreichen Uebersetzungsverluste, die bei der Umsetzung der Wärmeenergie
in mechanische Arbeit und deren weitere Umwandlung in elektrische Energie entstehen, zu vermeiden, haben trotz der vielfachen
intensiven Bemühungen bisher zu keinem Erfolge geführt. Die gewonnenen Ergebnisse lassen auch für die kommende Zeit kaum ein
besseres Ergebnis erwarten. Und doch ist dies der Zielpunkt, auf den hingesteuert werden muss, weil das Erreichen dieses Zieles
nicht nur für die Entwickelung der Elektrotechnik eine ganz ungeahnte Perspektive eröffnen, sondern auch einen Umschwung im
technischen und industriellen Leben bedeuten würde. Erwägt man nur, dass dermalen unter den günstigsten Bedingungen von der
Wärmeenergie der Kohle nur
12 bis 15 % als nutzbare Energie an den Klemmen der Elektrogeneratoren gewonnen werden kann, dass hingegen bei direkter
Umwandlung der Wärmeenergie in elektrische Energie zum mindesten ein Nutzeffekt von 60 % zu erwarten sein wird, so bedeutet
dies eine so ungeheure Ersparnis an Brennmaterial,dass hierdurch nicht nur die Dampfmaschine sofort verdrängt und durch den Elektromotor ersetzt werden würde, sondern auch
die heute noch offene Frage der elektrischen Beheizung sofort gelöst erschiene und die elektrische Beleuchtung alle übrigen
bekannten Beleuchtungsmethoden verdrängen müsste.
Die Stromerzeugungsmaschinen oder Elektrogeneratoren haben in Bezug auf mechanische Konstruktion und Nutzeffekt bereits eine
solche Vervollkommnung erfahren, dass in dieser Beziehung, sowie auch bei den Gleichstrommaschinen in Bezug auf die funkenlose
Stromabgabe bei verschiedenen Belastungen und unveränderter Bürstenstellung kaum noch eine Verbesserung zu erzielen sein wird.
Diese Resultate können jedoch nur unter Aufwand von vielem kostbaren Materiale erreicht werden, wodurch die Maschinen nicht
nur sehr gewichtig ausfallen, sondern auch in ihren Erzeugungskosten sehr hoch zu stehen kommen. Das Bestreben, in dieser
Richtung hin Ersparnisse zu erzielen, macht sich daher allenthalben geltend und haben die Studien
W. H. Mordey's, welcher die Fehler- und Schattenseiten der älteren Konstruktionen aufdeckte, hierzu nicht unwesentlich beigetragen.
Ein weiterer Zug geht dahin, immer grössere Maschinen zu bauen, da sich hier bei dem günstigsten Nutzeffekte die Erzeugungskosten
auf die Leistungseinheit bezogen, bedeutend herabdrücken lassen. Während in früheren Zeiten Maschinen von 25 bis 30 Kilo-Watt
Leistung schon als grosse Maschinen angesehen wurden, sind heutzutage solche von 500 bis 600 Kilo-Watt keine Seltenheit mehr.
Wie aber die riesigen Elektrogeneratoren der elektrischen Kraftwerke an den Niagarafällen erweisen, welche eine Leistung von
rund 3680 Kilo-Watt besitzen, ist man auch schon weit über diese Grenzen hinausgegangen.
Die Elektromotoren als solche haben nahezu denselben Entwickelungsgang durchzumachen gehabt, wie die Stromerzeuger, nur dass
sich selbe in Bezug auf die Grössen und Leistungsverhältnisse, den an dieselbe gestellten besonderen Anforderungen anpassen
mussten.
Das Ziel beim Baue der Gleichstrommaschinen geht allgemein dahin, das Gewicht derselben, die stets gleiche Leistung vorausgesetzt,
möglichst herabzudrücken, was fast allgemein durch Verringerung der Ankerreaktion zu erreichen gesucht wird. Bahnbrechend
in dieser Beziehung war Mordey, welcher einen Gedanken von Sayers, nämlich der Selbstinduktion der kurzgeschlossenen Spule eine elektromotorische Gegenkraft entgegenzusetzen, verwertete. Sayers verband ursprünglich in Ausführung dieses Gedankens die einzelnen Sektionen der Wickelung nicht direkt mit den Kollektorsegmenten,
sondern fügte zwischen diese Windungen Hilfsspulen, die jedoch nur in dem Momente zur Wirkung gelangten, während welchem die
Windung kurzgeschlossen war. Da diese Spulen, von welchen nur stets eine einzige in Wirkung tritt, einen grossen Raum am Ankerumfange
einnehmen und für die Leistung der Maschine nutzlos sind, nutzte Mordey diese Windungen in der Weise aus, dass er jede Ankersektion in zwei Teile teilte, zwischen denen eine grössere Anzahl von Sektionen Platz findet. Bei einer Sektion einer Ringwickelung legte er die Hälfte der Windungen so an zwei verschiedene
Stellen des Ankers, dass die beiden Windungen den nahezu gleichen Abstand von den beiden Polschuhen haben. Befinden sich die
beiden Windungen unter dem Einflüsse desselben Poles, so verstärken sich ihre elektromotorischen Kräfte. Sobald die Wickelung
aber unter die Bürste gelangt und der Selbstinduktionsstrom entsteht, ist auch schon der eine Teil der Wickelung unter die
Einwirkung des nächsten Poles gelangt und erzeugt eine gegenelektromotorische Kraft, welche den Kurzschlussstrom aufhebt und
den Hauptstrom umkehrt. Durch diese Wickelungsart, welche sich ebenso einfach auch für Trommelwickelungen anwenden lässt,
wird die Wirkung der sogen. Gegenwindungen fast gänzlich aufgehoben, so dass sich die Leistung einer solchen Maschine nach
Mörders Angaben um etwa 30 % erhöht. Die Quermagnetisierung erscheint aber hierdurch nicht beseitigt. Ryan, Fischer-Hinnen, Thompson, Swinburne und Seidener suchten nun den Einfluss derselben unschädlich zu machen. Ursprünglich trachteten Ryan und
Fischer-Hinnen, die sich der Priorität streitig machten, dies dadurch zu erzielen, dass sie die Polschuhe parallel zur Ankerachse durchlochten
und durch die Löcher eine Wickelung durchzogen, die mit dem Anker in Serie geschaltet war. Diese Anordnung, den zweiten Teil
der Ankerreaktion zu beseitigen, war jedoch, wenn auch theoretisch richtig, praktisch schwer durchführbar, weshalb Fischer-Hinnen später in der Mitte des Poles eine Nut anbrachte, in welche diese Kompensationswickelung eingelegt wurde, wodurch die Kompensation,
namentlich bei den Maschinen nach dem Manchester- und Kapp-Typus, praktisch leicht ermöglicht wird. Thompson versieht zur Verringerung der Quermagnetisierung den ganzen Magnetpol mit Schlitzen, um dem magnetischen Kreislaufe für die
Querwindungen einen grossen magnetischen Widerstand zu geben, ohne jedoch hiermit besondere Resultate zu erzielen, da bei
massiger Sättigung der Magnete die Zerteilung der Pole wenig Einfluss übt, bei starkgesättigtem Eisen die Quermagnetisierung
an und für sich nicht sehr bedeutend ist. Ueber die Swinburne'sche Methode, in die Mitte des Raumes zwischen den Polschuhen Hilfspole zu setzen und dieselben durch eine Spule in Serien
mit dem Ankerstrom erregen zu lassen, liegen keine Ergebnisse vor, doch dürfte die Wirkung dieselbe sein, wie bei der späteren
Anordnung von Fischer-Hinnen, welcher zwar gleichfalls Hilfspole anwendete, dieselben aber nicht mit eigenen Spulen umgab, sondern eine Serienwickelung
auf selbe wirken liess, die oberhalb des Hilfspoles mit der Nebenschlusswickelung gleich unterhalb derselben entgegengesetzt
gerichtet ist, so dass diese Spule auf das gesamte Feld keinen Einfluss hat, aber ein Hilfsfeld bildet, genau von derselben
Wirkung, wie die Spule auf dem Hilfspole Swinburne's. Von einer solchen Maschine mit normal 400 Ampère konnten mit Hilfe dieser Wickelung 1200 Ampère abgenommen werden, ohne dass
dieselbe feuerte. Seidener macht durch die ganze Länge des Polkernes in der Mitte einen Schlitz und bringt auf der vorderen Hälfte des einen Poles und
auf der diametral entgegenliegenden Hälfte des anderen Poles eine Serienwickelung an, deren Stromrichtung die gleiche wie
die der über dieselbe gelegten Nebenschlusswickelung ist und erreicht hierdurch nahezu das gleiche Resultat.
Bei der neuesten Sayer'schen Anordnung zur Bekämpfung der Ankerrückwirkung, welche aus dem Jahre 1898 stammt, werden Hilfspole angewendet, wobei
die eigentlichen Magnetpole von einem Eisenrahmen umgeben sind, der über die erregende Wickelung aufgeschoben wird und die
Hilfspole trägt. Ihr Zweck ist die Erzeugung eines Hilfsfeldes, das nur durch die quermagnetisierende Wirkung der stromdurchflossenen
Armatur hervorgerufen wird und mit dem eigentlichen induzierenden Felde in keinem Zusammenhange steht. Da auch der Anker in
diesem Falle die ursprüngliche Kompensations- oder Hilfswickelung trägt, wächst nicht nur die Intensität dieses Hilfsfeldes
annähernd proportional mit der Ankerbelastung, und vermindert den durch die Quermagnetisierung entstehenden Spannungsverlust,
sondern es wird auch die für die Stromumkehrung erforderliche elektromotorische Kraft erzeugt. Die Kompensationswickelung
bedingt hierbei keinen wesentlichhöheren Kupferaufwand in der Armatur, da die Hilfswindungen, in welchen der Strom intermittierend ist, eine bedeutende Stromdichte
zulassen. Anderenteils kann durch das Hilfsfeld wieder an Magnetkupfer gespart werden. Die Versuche mit Maschinen nach diesen
Anordnungen haben sowohl in Bezug auf Leistungsfähigkeit, als funkenloses Arbeiten bei jeder Belastung die besten Resultate
ergeben.
Was den allgemeinen Bau der Dynamomaschinen betrifft, so sind namentlich in Amerika eine Reihe von charakteristischen Aenderungen
zu verzeichnen.
Die Gleichstromdynamos werden selbst für sehr geringe Leistungen fast durchgehends multipolar ausgeführt. Die Feldmagnete
bestehen hierbei aus einem kreisförmigen Jochkranze mit nach innen gerichteten Kernen. Für den Jochkranz gelangt zumeist Gusseisen
zur Verwendung, wogegen der früher sehr beliebte Gussstahl immer weniger für diese Zwecke verwertet wird, weil sich Gusseisen
in Bezug auf seine magnetischen Eigenschaften viel homogener als letzterer herstellen lässt. Die Kerne werden zumeist aus
Weicheisenplatten oder Blechen von 3 bis 7 mm Stärke hergestellt. Ja, man geht sogar, um eine bessere Ausnutzung zu erzielen,
schon daran, dieselben ebenso wie die Anker aus Blechen von 1 bis 2 mm herzustellen. Zum mechanischen Schütze der Feldmagnetwickelungen
werden die Joche breiter hergestellt, so dass sie dieselben überragen, dagegen geringer im Fleische gehalten. Bei gewissen
Typen sind die Jochkränze selbst mit nach innen gerichteten Flanschen versehen, um die Spulen noch mehr zu schützen.
Da nunmehr grosse Kraftliniendichte angestrebt wird, sieht man ziemlich allgemein von der Anwendung von Polschuhen ab, ja
verjüngt selbst die Kerne zuweilen. Durch die Anwendung von Nutenankern werden die Kraftlinien bei den Zähnen zusammengedrängt,
wodurch die Kraftliniendichte des Luftzwischenraumes grösser wird als in den Eisenkernen. Durch diese Anordnung wird beabsichtigt,
die Einwirkung des Armaturstromes auf das Feld möglichst klein zu machen. Die Ankernuten sind so eingeschnitten, dass sie
an der Basis in der Regel schwächer sind als an den Enden. Hierdurch wird, wiewohl sich die Wickelung schwieriger gestaltet,
ein sehr guter Schutz und eine gute Befestigung der Wickelung ermöglicht. Wiewohl zur Befestigung der Armaturwickelung noch
häufig Bindedrähte verwendet werden, so werden doch nunmehr Holzleisten, welche von der Stirnseite in die einzelnen Nuten
eingeschoben werden und sich gegen die Zahnenden gut anlegen, vorgezogen, weil hierdurch die Wickelung gut festgehalten und
geschützt wird. Die in der Regel durch Ringe festgehaltenen Kollektoren haben entsprechend der grösseren Polzahl auch einen
vergrösserten Durchmesser. Kohlenbürsten werden nunmehr auch bei Dynamos von 100 Volt Spannung fast allgemein angewendet.
Die Bürstenhalter sind wesentlich verbessert. Die Bürsten sind nicht geklemmt, sondern legen sich locker gegen ein Kupferlager
und ein Kontaktstück auf der einen, gegen den Komutator auf der anderen Seite an und werden mittels eines Hebels und einer
Feder gegen beide festgedrückt. Bei grösseren Maschinen kommen Bürstenankerringe vielfach zur Verwendung und werden zuweilen
zwei Ringe angebracht, von denen jeder die Bürsten gleicher Polarität trägt. Hiermit sind in allgemeinen Umrissen die für
den heutigen Bau der Dynamomaschinen geltenden Grundzüge festgelegt.
Unter den Spezialtypen von Dynamomaschinen für besondere Zwecke sind insbesondere solche Maschinen hervorzuheben, welche den
im Betriebe vorkommenden heftigsten Stössen, sowohl in elektrischer als auch mechanischer Beziehung Widerstand zu leisten
vermögen. Dieselben müssen daher in mechanischer Hinsicht derart fest gebaut werden, dass eine Störung nicht zu befürchten
ist. Insbesondere gilt dies für die Ankerdrähte, bei welchen eine Veränderung in der Form oder Lage absolut hintangehalten
werden muss. In elektrischer Beziehung muss der Forderung entsprochen werden, dass am Komutator bei einmal eingestellten Bürsten
trotz aller Belastungswechsel keine Funkenbildung auftreten kann. Als Mustertype derartiger Maschinen kann die neueste Type
der Walker'schen Gleichstrommaschinen angesehen werden, wie solche in Amerika namentlich zur Erzeugung der elektrischen Ströme für den Bahnbetrieb Verwendung finden.
Erwähnenswert ist die Schaltungsanordnung zur Erregung von Gleichstromnebenschlussmaschinen von Prof. A. Sengel in Darmstadt, welche auf Anordnung einer dritten Bürste in der Weise beruht, dass irgend ein Punkt der Ankerwickelung mit
einem besonderen Schleifring verbunden wird, auf welchem die dritte Bürste schleift, wodurch eben Strom von der halben normalen
Spannung abgenommen wird. Diese Anordnung, welche sich speziell für Maschinen mit höherer Spannung und geringerer Leistung
empfiehlt, gewährt den Vorteil der Verringerung der Material- und Herstellungskosten und einer besseren Ausnutzung des Wickelungsraumes.
Eine dritte Spezialtype von Dynamos für Gleichstromerzeugung ist die Maschine von Rushmore zur Abnahme mehrerer voneinander unabhängiger Spannungen von ein und derselben Maschine. Im Aufbaue besteht kein prinzipieller
Unterschied gegenüber den normalen vielpoligen Maschinen. Dadurch jedoch, dass die Ankerwickelung in eine Serie von Stromkreisen
zerlegt wird, deren Zahl mit jener der verbundenen Polpaare in Zusammenhang steht und die einzelnen voneinander unabhängigen
Stromkreise zu je einem Bürstenpaare des gemeinsamen Komutators führen, ist diese Möglichkeit erreicht. Es speist hierbei
die Spannung, die zwischen zwei derartigen Bürsten herrscht, die Erregerwickelung jenes Polpaares, welches der betreffenden
Armaturabteilung entspricht. Es kann sohin jede Dynamo so viele Stromkreise besitzen, als Polpaare vorhanden sind, und lässt
sich Spannung und Stromstärke in jedem dieser Kreise nach Belieben gestalten, was teilweise durch die Dimensionen der Drahtwindungen,
teilweise durch Regulierwiderstände im Erregerstromkreise bewerkstelligt wird. Leider ist es bei einem derartigen Bückblick
versagt, auf die näheren Details der Einrichtungen einzugehen und ist man bemüssigt, sich nur auf ein kurzes Charakteristikum
derselben zu beschränken.
Auf dem Gebiete der Ein- und Mehrphasenwechselstromgeneratoren gelangten die bereits einleitend für die Gleichstrommaschinen
bekannt gegebenen Konstruktionsprinzipien, soweit sich selbe auf die Eigenart dieser Generatoren übertragen liessen, gleichfalls
zur Anwendung. Die Theorie dieser im Baue gegenüber den Gleichstromgeneratoren einfachen Maschinen, hat sich im Laufe der
Zeit entwickelt und erweitert und hierdurch die geheimnisvollen Vorgänge, welche sich im Inneren dieser Maschinen im Betriebe
abspielen, ihres Schleiers beraubt. Die so gewonnene Erkenntnis konnte nicht verfehlen, auch auf den Bau dieser Maschinen
ihren Einfluss auszuüben, der aber weniger in der äusseren Anordnung als in der gesetzmässigen Berechnung und Abmessung der
einzelnen Teile des Gesamtkomplexes seinen Ausdruck findet. Auch macht sich nunmehr, namentlich in Deutschland, das Bestreben
geltend, die Maschinen für jene Fälle, wo es sich um Uebertragung der elektrischen Energie über grössere Entfernungen handelt,
dieselben ebenso, wie die Elektromotoren, direkt für hohe Spannungen zu bauen, um die Zwischenverluste in den Transformatoren
zu beseitigen. Unter den neueren Typen der Wechselstrommaschinen sei ein Induktoralternator von Mordey mit einem einzigen Kranze von Anker- und Erregerspulen, oder auch mit zwei nebeneinander stehenden Kränzen erwähnt. Hierbei
hält ein ringförmiges Gussstück die Erregerspulen und werden die Ankerringe zwischen diesen und den Polstücken angeordnet.
Diese Maschine, welche nur für eine Wechselzahl von 50 Perioden und darunter gebaut wird, soll sehr gute Resultate ergeben
und deren Spannungsabfall zwischen voller, aber nicht induktiver Belastung und Leerlauf nur 35 % betragen.
Eine ähnliche Anordnung eines Induktoralternators mit fest angeordneter Ankerwickelung und Erregerspulen findet sich in den
von der Firma Fabius Henrion in Nancy gebauten Alternatoren. Die Vorteile dieser als Gleichpolmaschinen bezeichneten Generatoren liegen in der grösseren
Einfachheit, geringeren Drahtlänge und besseren Isolierung, und werden deshalb derartige Maschinen auch in Deutschland und
der Schweiz vielfach gebaut.
Es ist nunmehr auch gebräuchlich geworden mit Maschinenzu arbeiten, in welchen die Phasenverschiebung eine sehr veränderliche ist. Hierdurch sind jedoch die Regulierungsschwierigkeiten
bei Wechselstromeinrichtungen bedeutend grössere geworden, indem man hier sowohl mit Aenderungen der Stromstärke als auch
der Phasenverschiebung zu rechnen hat. Um daher störende Spannungsschwankungen hintan zuhalten, müssen dann die Alternatoren
gegen Ankerrückwirkung und Selbstinduktion möglichst unempfindlich gemacht werden. Die für einen minimalen Spannungsabfall
gebauten Generatoren werden aber viel schwerer und teurer, und geben nebstbei auch noch einen geringeren Nutzeffekt. Dementsprechend
wäre eine Compoundierung der Wechselstromgeneratoren für den Wechselstrombetrieb von grosser Bedeutung. Danielson sucht nun diese Compoundierung in der Weise zu erreichen, dass er die Armatur der Erregermaschine nebst der Gleichstromwickelung
noch mit einer Wechselstromwickelung versieht, welche von einem Wechselstrom des Generators durchlaufen wird. Man lässt dabei
die Erregermaschine mit einer Geschwindigkeit laufen, dass ihre magnetische Periodizität derjenigen des Generators gleich
ist. Der Wechselstrom wird nun so in die Armatur der Erregermaschine eingeleitet, dass er auf das Feld dieser Maschine zurückwirkt
und selbes in dem Masse verstärkt, wie die Phasenverschiebung im Hauptstrome vergrössert und wie der Strom in diesem Kreise
stärker wird.
Bei Versuchen mit einer derart konstruierten Dreiphasenmaschine, bei welcher die Erregermaschine auf eine gemeinsame Achse
mit dem Wechselstromgenerator aufmontiert war, ergab sich, dass diese Art der Compoundierung selbst bei induktiver Belastung
wirksam war und die Spannung sich ziemlich konstant erhielt. Es ist hiermit also ein neuer Weg gegeben, auf welchem sich die
Wechselstrommaschinen noch weiter ausbilden lassen werden. Eine ähnliche Anordnung wurde auch bereits von Leblanc für Induktionsgeneratoren in Vorschlag gebracht.
Die für den praktischen Betrieb sowohl der Gleich- als Wechselstromgeneratoren unbedingt erforderlichen Anlassvorrichtungen
haben ebenso wie die Vorrichtungen zum Parallelschalten der Wechselstrommaschinen wesentliche Verbesserungen erfahren und
sind die diesbezüglich geschaffenen Anordnungen und erstatteten Vorschläge so zahlreich, dass hier, wo bloss die Hauptmomente
hervorgehoben werden können, ein Eingehen auf dieselben um so mehr ausgeschlossen ist, als sich die diesbezüglichen verschiedenartigen
Einrichtungen im praktischen Betriebe fast gleichmässig gut bewährt haben.
Da das Bestreben fast allgemein dahin gerichtet ist, bei grösseren elektrischen Anlagen mit ausgedehntem Versorgungsgebiete,
mit möglichst hohen Spannungen zu arbeiten, um die viel Geld verschlingenden Leitungsanlagen so ökonomisch als möglich ausführen
zu können, ohne hierbei jedoch im Betriebe mit grossen Energieverlusten rechnen zu müssen, wurde auch den Transformatoren,
welchen die Aufgabe obliegt, den einlangenden Strom nicht nur auf die gebotene Verbrauchsspannung, sondern auch in die für
den angestrebten Zweck benötigte Stromform umzuwandeln, besonderes Augenmerk zugewendet.
Wie schwierig sich die Aufgaben schon bei Transformatoren zur einfachen Umwandlung der Spannung infolge der durch den praktischen
Bedarf gestellten Anforderungen oft stellen, zeigt sich am besten an den für die Kraftübertragung am Niagara von der Westinghouse Electric Manufacturing Co. gelieferten Transformatoren. Hier galt, es das Umsetzungsverhältnis im Transformator bei sehr hohen Werten der Spannungen
und der Stromstärken auch während des Betriebes zu ändern. Es konnten hierfür jedoch keine hinreichend gut funktionierenden
Schalter zur Vermehrung oder Verminderung der Zahl der Primär- bezw. Sekundärwindungen gefunden werden. Die sich hieraus ergebende
Schwierigkeit wurde jedoch überwunden und besteht das hierbei angewendete Prinzip im Wesen in der Erzeugung einer Zusatzspannung,
die der Hauptspannung je nach Bedarf additiv oder subtraktiv hinzugefügt wird. Es weist dies überzeugend nach, dass die Elektrotechnik
sich bereits auf einer so hohen Entwickelungsstufe befindet, dass sie allen durch besondere Verhältnisse gegebenen abnormalen
Anforderungen Rechnung zu tragen vermag.
Aehnliche Verhältnisse finden sich bei den von der General Electric Co. an die Union Carbide Co. gelieferten Transformatoren vor. Diese Transformatoren zeichnen sich durch ihre Grössenverhältnisse und ihren grossen Nutzeffekt
aus. Jeder dieser Transformatoren hat 1200 PS Leistung, wiegt 25 t und gibt bei voller, halber und viertel Belastung
98,3, 97,3 und 95,3 % Nutzeffekt. Zur Hintanhaltung der Erwärmung sind diese Transformatoren mit Oel- und Wasserkühlung
versehen.
Ein besonders bemerkenswerter Transformator ist der von E. B. Payne und H. E. Gaugh entworfene Transformator für eine effektive Spannung von 150000 Volt. Als Isolationsmaterial wurde nach verschiedenen Versuchen
Kerosen gewählt, welches sich bestens bewährte. Berücksichtigt man, dass eine Spannung von 200000 Volt die einer effektiven
von
150000 Volt entspricht, einen Luftzwischenraum von 40 cm überspringt, so muss das erzielte Ergebnis als ein äusserst
günstiges betrachtet werden.
Die Helios Elektrizitäts-A.-G. in Köln hat eine neue Type von Transformatoren geschaffen, die sich durch einfachen und soliden Aufbau, geringe Eisenverluste,
schwache Streuung und kleinen Leerstrom auszeichnet. Durch die eigenartige Form des Kernes wird die Bildung eines magnetisch
geschlossenen Kreises gewährleistet, und auch die wirklich fabriksmässige Herstellung von Transformatoren ermöglicht. Dieselben
werden bis zu einer Gesamtleistung von 5000 Kilo-Watt gebaut.
Bezüglich dieser stabilen Transformatoren sei noch im allgemeinen erwähnt, dass das Bestreben nunmehr dahin geht, dieselben
für grössere Leistungen zu bauen und von denselben ausgedehntere Konsumgebiete versorgen zu lassen, um so die bei Transformierung
entstehenden Verluste, die namentlich bei schwacher Belastung grössere werden, auf ein geringeres Mass herabzudrücken.
Wiewohl sich Mehrphasenstrom direkt zur Abnahme für elektrische Beleuchtung eignet, erweist sich speziell Einphasenstrom hierfür
viel geeigneter. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, hat Prof. Grassi einen Transformator zur Umwandlung von Dreiphasen- in Einphasenstrom geschaffen, bei welchem die Primärspulen der Transformatoren
in Sternschaltung, die Sekundärspulen in Serie geschaltet sind. Hierbei wird die Windungszahl der mittleren Primär- und Sekundärspule
ungefähr zweimal so gross gehalten wie die jedes anderen Zweiges. Um nun das Primärnetz nicht unsystematisch zu belasten,
und dasselbe ebenso wie die Generatoren bei Abnahme von Einphasenwechselstrom nicht ungünstig zu beeinflussen, wird die Leistung
auf drei Transformatoren verteilt, die ein gemeinschaftliches Beleuchtungsgebiet mit Strom versorgen.
Zur Umwandlung von Ein- oder Mehrphasenströmen in Gleichstrom verwendet man fast allgemein die Motorgeneratoren, bei welchen
ein Wechselstrommotor eine an der gleichen Welle befestigte Dynamomaschine für Gleichstrom antreibt. Statt nun zwei Maschinen
nebeneinander zu bauen, ist es von Vorteil, direkt eine Maschine zu verwenden, welche mit doppelter Wickelung und mit einem
Kollektor für die Abnahme der Gleichströme versehen ist. Schleifringe sind mit der anderen Wickelung verbunden, um Ein- oder
Mehrphasenstrom aufnehmen zu können. Hierbei soll der Motor direkt mit hochgespannten Wechselströmen betrieben werden, um
die Transformierung des Wechselstromes von hoher auf niedere Spannung und die damit verbundenen Verluste zu vermeiden und
die Anlage zu vereinfachen.
Es ergibt sich gegenüber den sonstigen auch üblichen Motorgeneratoren, den sogen. Konvertern, bei welchen die Armaturwickelung
nicht bloss mit den Segmenten des Kollektors, sondern auch mit den Schleifringen zur Aufnahme des Wechselstromes in Verbindung
steht, so dass der Motorgenerator durch die Wechselströme als Motor getrieben wird und gleichzeitig Gleichstrom liefert, der
Vorteil, dass die Transformatoren vermieden werden können. Der Nachteil derselben liegt aber darin, dass die gesamte Anordnung
der Wickelungen auf dem Anker mit bedeutenden Schwierigkeiten verbunden ist, und sich sohin Verluste ergeben könnten, die
grösser als die in den Transformatoren entstehenden sind.
Eine eigenartige Erscheinung bei rotierenden Umformern,welche, sobald dieselben in Parallelschaltung arbeiten, häufig auftritt, nämlich das Pumpen, welches darin besteht, dass plötzlich
im Gleichstromkreise beträchtliche Spannungsschwankungen, die pulsierend auftreten, entstehen, hat Steinmetz dadurch zu beseitigen vermocht, dass er die Feldmagnetpole mit breiten Kupferstreifen überbrückte. Diese Erscheinung des
Pumpens wurde bei den Dreiphasengleichstromumformern der Central London Railway in hohem Grade bemerkt und verschwand nach dem Anbringen solcher Kupferbrücken sofort.
Die Umformung der Wechselströme mittels rotierender Motorgeneratoren ist aber ziemlich kostspielig, da sowohl ruhende Wechselstromtransformatoren
als auch die
Motorgeneratoren bedeutende Kosten verursachen und bei dieser doppelten Umsetzung bedeutende Verluste entstehen. Es sind daher
die Bestrebungen auch dahin gerichtet, diese Umformung in betriebssicherer Weise ohne Motorgeneratoren durchzuführen.
Schon im Jahre 1892 haben sich Hutin und Leblanc ein Verfahren patentieren lassen, um Einphasenströme in der Weise in Gleichströme umzuwandeln, dass die Sekundärwickelung
des zur Umformung der hoch gespannten Ströme dienenden Transformators aus je zwei Spulensystemen entgegengesetzter Windungsrichtung
gebildet wird. Diese sekundären Windungen werden nun durch Schleifringe, Kollektor und Bürsten derart an den äusseren Stromkreis
geschaltet, dass die Zahl der wirksamen Windungen periodisch nach dem Sinusgesetze variiert, indem ein Teil der Windungen
durch Gegenschaltung unwirksam gemacht wird und ausserdem in dem Augenblicke, in welchem die in den Windungen induzierte elektromotorische
Kraft ihre Richtung wechselt, auch der Sinn der Anschaltung an den äusseren Stromkreis gewechselt wird. Diese Art der Kommutierung
der Wechselströme wird mittels eines von den Erfindern Panchahuteur genannten, von einem kleinen synchronen Wechstelstrommotor
getriebenen Apparates durchgeführt. Dieses Verfahren wurde in neuerer Zeit auch auf die Umwandlung von Mehrphasenströmen in
Gleichströme übertragen. J. Kallir hat nun in neuerer Zeit einen auf Versuche gegründeten Vorschlag erstattet, nach welchem sich bei Wahrung des Grundprinzips
Wechselströme in Gleichströme unter Vermeidung der von Hutin und Leblanc benutzten Gegenschaltung umwandeln lassen. Diese Methode, welche sich nach verschiedenen Anordnungen für den gleichen Zweck
und auch für die Umwandlung von Mehrphasenströmen verwerten lässt, wurde allerdings noch nicht praktisch ausgeprobt, doch
scheint der diesem System zu Grunde liegende Gedanke Erfolg versprechend zu sein. Weil noch nicht in die Praxis eingeführt,
wird auf die näheren Details der Anordnung auch nicht weiter eingegangen und sei nur kurz erwähnt, dass die auf einem Eisenkern
angebrachte Bewickelung in Spulen unterteilt ist, deren Windungen nach dem Sinusgesetze abgestuft sind. Die Enden dieser Spulen
stehen mit den Segmenten eines Kollektors in Verbindung und zwar so, dass jeder Zusammenstosspunkt zweier Spulen mit zwei,
zu einem Durchmesser des Kollektors symmetrisch gelegenen Segmenten in Verbindung gebracht wird.
In ähnlicher Weise wie Grassi Mehrphasenwechselstrom in Einphasenstrom mittels stationären Transformators umwandelt, lässt sich auch Einphasenstrom auf
Mehrphasenstrom umformen. Diese Vorrichtungen, welche den Zweck haben, Motorenstrom zu liefern und im allgemeinen als Phasentransformatoren
bezeichnet werden, müssen, um praktisch verwendbar zu sein, möglichst einfache
Konstruktion besitzen und keiner Wartung bedürfen.
Deshalb konnte sich der rotierende Transformator von Galileo Ferraris und Ricardo Arno, welcher übrigens noch den Nachteil eines grossen Spannungsabfalles in den vom Drehfeld aus erzeugten Phasen und einen geringen
Wirkungsgrad des ganzen Systems besitzt, auch nicht praktisch einbürgern. Den ersten Anstoss zur Umwandlung von Emphasen-
in Mehrphasenstrom ohne Anwendung eines rotierenden Umformers gab Thomas Marcher im Jahre 1895. Er beschränkte sich jedoch auf Umwandlung des Einphasenstroms in Zweiphasenstrom. Dieses System der Umwandlung
wurde späterhin von Scott und in neuerer Zeit auch von der
Union Elektrizitäts-Gesellschaft weiter ausgebildet und für die Erzeugung von Dreiphasenstrom erweitert. Ein Vorteil derartiger Einrichtungen kann jedoch
nur für den Betrieb elektrischer Bahnen ersehen werden, weil die Einphasenstrommotoren bekanntlich nicht die hinreichende
Anlaufskraft besitzen, um einen sicheren Betrieb gewährleisten zu können, andererseits die Stromabnahme bei Dreiphasenstrom
zwei Oberleitungen und zwei Trolleys bedingt. Wird hier der Einphasenstrom im Motorwagen selbst in Dreiphasenstrom umgewandelt,
so hat man den Vorteil der grossen Anlaufs kraft des Drehstrommotors mit der Möglichkeit einer einfachen Stromzuleitung verbunden.
Für Beleuchtungszentralen jedoch, welche untertags nur Motorenstrom und zur Nachtzeit nur Beleuchtungsstrom liefern, dürfte
es vorteilhafter sein, Generatormaschinen zu verwenden, welche je nach Bedarf Ein- oder Dreiphasenstrom in das Netz abzugeben
vermögen. Allerdings bedingt dieser Vorgang ein Umschalten an der Maschine selbst, während welcher Zeit die Maschine zum Stillstande
gebracht werden muss; dieser Nachteil ist aber gegenüber dem geringen Wirkungsgrade der Phasentransformatoren, wie Oskar Spitzer nachgewiesen hat, so gering, dass er kaum in das Gewicht fallen kann. Uebrigens ist es, wie später noch hervorgehoben werden
wird, in neuerer Zeit gelungen, Wechselstrommotoren von so hoher Anlaufkraft zu konstruieren, dass dieselben unter normalen
Verhältnissen vollkommen ausreichen und die Notwendigkeit, Drehstrommotoren zu verwenden, nur für den Bahnbetrieb auftritt.
Aber auch für letzteren stellt sich die Frage, ob es nicht günstiger ist, den hochgespannten Wechselstrom in minder gespannten
Gleichstrom umzuwandeln, und sich für den Bahnbetrieb der sich bestens bewährenden Gleichstrommotoren zu bedienen.
Die grossen Vorteile, welche die Elektromotoren zum Antriebe von Maschinen an Stelle der Transmissionen gewähren, haben denselben
trotz der grösseren Anschaffungskosten eine ungeahnte Verbreitung gesichert. Die Vorteile sind teils ökonomischer, teils betriebstechnischer
Natur. Die Leichtigkeit, die von einer einzigen Betriebsmaschine erzeugte Kraft ohne allzugrosse Verluste nach allen Punkten
des Bedarfes leiten und dort verwerten zu können, die geringe Raumbeanspruchung und die geringe Anforderung an die Wartung,
ferner die Betriebssicherheit, der Ausschluss aller Gefahren sind neben den bedeutenden Ersparnissen in den Betriebskosten
die Gründe, welche die Anwendung des Elektromotors allseitig bevorzugen lassen. Hauptsächlich die Zentralisierung der Krafterzeugung,
durch welche nicht nur an Kohle, sondern auch an Bedienungsmannschaft gespart wird, ist es, welche bei den geringen Uebertragungs-
und Umsetzungsverlusten das ökonomische Moment begünstigt. Wenn nun auch der Elektromotor sich noch nicht jener allgemeinen
Anwendung erfreut, wie er es verdient, und namentlich im Kleingewerbe nur schwer Eingang zu finden vermag, so liegt dies ebensowenig
an dem Motor, als an dem beklagten Mangel an Intelligenz des Kleingewerbetreibenden, sondern hauptsächlich in der ungesunden
Tarifpolitik der Elektrizitätswerke, welche in dem Bestreben, möglichst hohe Erträgnisse zu erzielen, dem Konsumenten so viele
Lasten aufzuwalzen suchen, dass dieselben hierbei ihre Rechnung nicht zu finden vermögen. In dieser Beziehung wäre ein Wandel
nicht nur für die Entwickelung der Elektrotechnik, sondern auch für das gedeihliche Arbeiten der Elektrizitätswerke ein Gebot
der Notwendigkeit. Wie bei jeder Verbilligung der Tarife wird zu Beginn ein Ausfall der Einnahmen eine Folge derselben sein,
die aber durch den vermehrten Absatz, welcher gleichzeitig einen ökonomischeren Betrieb ermöglicht, bald wett gemacht wird.
Während anfänglich fast durchgehends Gleichstrommotoren, die sich wegen ihrer hohen Anlaufskraft und der Eigenart, grosse
Ueberlastungen zu vertragen, für alle Zwecke der elektrischen Kraftübertragung bestens eignen, zur Verwendung gelangten, wird
nunmehr den Drehstrommotoren, welche nahezu dieselben Qualitäten wie die Gleichstrommotoren besitzen, nebstbei aber in der
Einfachheit der Konstruktion unerreicht dastehen und an die Bedienung die denkbarst geringsten Anforderungen stellen, der
Vorzug gegeben. Auch die Einphasenstrommotorenbeginnen, nachdem es nunmehr gelungen ist, denselben eine grosse Anlaufskraft zu geben, sich allgemach immer weiter einzubürgern.
Nur für den elektrischen Bahnbetrieb behauptet der Gleichstrommotor, und zwar der Serienmotor, seine dominierende Stellung
und dürfte, trotzdem es nicht an Bemühungen fehlt denselben durch den Gleichstrommotor mit Nebenschlusswickelung und den Drehstrommotor
zu verdrängen, diese Stellung wegen seiner Anpassung an die besonderen Bedingungen des Bahnbetriebes und überhaupt überall
dort, wo die Belastung eine fortwährend wechselnde ist, wie bei Kranen, Aufzügen, Schiebebühnen, auch weiterhin behaupten.
In Bezug auf die Konstruktion der Gleichstrommotoren, welche ohnedies schon auf einer sehr hohen Stufe der Entwickelung stand,
sind Neuerungen innerhalb der drei letzten Jahre nicht zu verzeichnen. Hingegen sind die Vorkehrungen zum Anlassen und zur
Umsteuerung der Elektromotoren entsprechend den mit den bisherigen derartigen Hilfsapparaten gemachten Erfahrungen wesentlich
verbessert worden, ohne indes prinzipielle Neuerungen aufzuweisen.
Auf dem Gebiete der einphasigen Wechselstrommotoren machte sich das Bestreben rührig geltend, dieselben ihres Hauptnachteiles,
der geringen Anzugskraft, zu entkleiden. Diese Bestrebungen waren von Erfolg begleitet. Die früheren Methoden, durch äussere
Anlasswiderstände eine Phasenverschiebung und sohin ein Drehfeld zu erzeugen, beeinflussten, da der Motor mit Gleitringen
und Bürsten versehen werden musste, die Einfachheit der Konstruktion, ohne den gewünschten Effekt voll zu erreichen. Heyland ging bei seiner Anordnung von der Erwägung aus, dass es auch im Kurzschlussanker möglich ist, eine beliebig grosse Anzugskraft,
zu erzielen, wenn man irgendwie im Kurzschlussanker ein Feld von entsprechender Stärke senkrecht zur Erregerwickelung hervorruft.
Der auf Grund dieser Erwägung durch Anordnung einer das Anlauffeld erzeugenden Feldwickelung gebaute Motor konnte selbst bei
1,6facher Ueberlastung zum Anlaufe gebracht werden, und hat Heyland sohin als erster den Nachweis erbracht, dass die Konstruktion eines derartigen Motors möglich sei.
Ricardo Arno schlug ein weiteres einfaches Verfahren vor, bei welchem von einer Hilfswickelung im Motor Umgang genommen und nur ein äusserer
Anlasswiderstand von bestimmter Grösse verwendet wird, wobei dem Motor für den Anlauf allerdings ein leichter Anstoss gegeben
werden muss. Diese Methode hat in der Praxis Anwendung gefunden und gelangt bei den an das Wechselstromnetz der Stadt Intra
angeschlossenen Motoren ausschliesslich zur Verwertung.
Max DériS. a. S.
508 d. Bd. gibt dem Wechselstrome dadurch grosse Anlaufskraft, dass er in die Windungen direkt grosse Widerstände einschaltet, welche
durch Kollektor und Bürsten kurz geschlossen werden, und dass er den 2n-poligen Motor n-polig anlaufen lässt, wodurch die Widerstände zur Wirksamkeit gelangen und den Motor zum
Angehen bringen. Sobald sich aber der Motor der Synchrongeschwindigkeit nähert, wird derselbe 2n-polig geschaltet, was durch einen aussen angebrachten Umschalter leicht bewerkstelligt werden kann.
Durch diese Umschaltung werden diese Windungen, selbst wenn die Bürsten am Kollektor andauernd festliegen, stromlos oder sind
als ausgeschaltet zu betrachten. Durch die Anordnung eines sehr sinnreichen Zentrifugalregulators lässt sich diese Umschaltung
selbstthätig bewerkstelligen und können gleichzeitig hiermit auch die Bürsten, um sowohl eine vorzeitige Abnutzung derselben,
als auch des Kollektors hintan zuhalten, abgehoben werden, so dass dieser Motor keiner anderen Wartung bedarf, als denselben
bei Inbetriebsetzung in den Stromkreis ein- und bei Aussergangsetzung von demselben abzuschalten. Auch dieser Wechselstrommotor
hat sich in der Praxis Eingang zu verschaffen gewusst und ist in vielen Exemplaren an das Wechselstromnetz der internationalen
Elektrizitätsgesellschaft in Wien angeschlossen.
Drehstrommotoren mit Kurzschlussanker, welche in konstruktiver Beziehung als die einfachsten aller Motoren zu betrachten sind,
haben nur bei Motoren geringer Leistung bis zu einigen Pferdekräften hinreichend normale Anlaufmomente, während bei grösseren Typen mit Kurzschlussanker der Stromverbrauch
bei Anlauf unter Last ein übermässig grosser ist und die Bedingungen für günstigen Anlauf und günstigen Normalbetrieb einander
widersprechen. Man ist daher genötigt, für grössere Leistungen auf die Einfachheit des Kurzschlussankers zu verzichten, den
Motor mit Phasenwickelung und Schleifringen zu versehen und denselben auf einen variablen Anlasswiderstand zu schliessen.
Boucherot gibt nun eine Methode an, um die Vorteile des Kurzschlussankers auch für grössere Maschinen beibehalten und dennoch ein grosses
Anlaufsmoment erzielen zu können. Er fügt nämlich dem Anker ausser einer Kurzschlusswickelung mit hohem Widerstände eine solche
mit verschwindend kleinem Widerstände zu, wobei die Wickelung mit hohem Widerstände für den Anlauf, die Wickelung mit dem
kleinen Widerstände für den Dauerbetrieb zur Wirkung gelangt. Dieser Motor hat sehr günstige Anlaufsbedingungen, behält bei
variabler Belastung seine Tourenzahl fast vollständig bei, und ist dessen Wirkungsgrad bei Vollbelastung als günstig zu bezeichnen.
Dieser Motor wird insbesondere für Hebezeuge aller Art und überhaupt für jene Betriebe empfohlen, bei denen auf einfache Einrichtung
gesehen werden muss.
Bei einer zweiten Anordnung Boucherot's besteht das feststehende Feld aus zwei nebeneinander liegenden identischen Mehrphasenwickelungen, deren eine im Motorengehäuse
fest angeordnet ist, während die zweite mittels Handrad im Gehäuse verdreht werden kann, so dass sich die Achsen der beiden
Drehfelder gegeneinander verschieben lassen. Der Anker besteht gleichfalls aus zwei Wickelungen, die jedoch in sich geschlossen
durch einen Ring von sehr grossem Widerstände miteinander verbunden sind. Für den Anlauf wird das verschiebbare Drehfeld so
weit gegen das feste verdreht, dass in den beiden Ankerwickelungenentgegengesetzte elektromotorische Kräfte induziert werden. Diese Ströme fliessen durch den Verbindungsring, wodurch der Motor
mit grossem Moment anläuft.
Wird nun die im Gehäuse drehbare Feldwickelung nach und nach in die gleiche Lage wie die feste Wickelung gebracht, so werden
in den beiden Ankerwickelungen gleichgerichtete Ströme erzeugt werden, die sich in den äusseren Kupferringen schliessen und
den mittleren Ring von hohem Widerstände ausschalten. Der Motor läuft nun mit geringer Schlüpfung und grossem Wirkungsgrade.
Wenn nun auch diese Art der Motoren den Nachteil hat, dass sie konstruktiv kompliziert, daher teuer ist, so dürfte die Verdrehung
der einen Feldwickelung doch nicht jene Schwierigkeiten bieten, wie man glaubt, und auch die Bedienung, insbesondere wenn
man den Anlassapparat mit der Bewegung des Handrades in Verbindung bringt, keine schwierige sein. Eine ähnliche Anordnung
wurde bereits im Jahre 1897 von Bradley angegeben.
In ähnlicher Weise, wie die Einphasenstrommotoren für grosse Anzugskraft, konstruiert
Max Déri die Drehstrommotoren, indem er Stäbe verschiedenen Potentiales des in sich geschlossenen Ankers auf den Stirnseiten durch
hohe Widerstände verbindet, und den Motor 2- oder 2n-polig anlaufen lässt, wobei der Strom durch die Widerstände hindurchgehen muss, und die grosse Anzugskraft erreicht wird.
Wird nun der Motor 4- oder 4n-polig geschaltet, so fliesst der Strom nicht mehr durch die Widerstände, und der Anker wirkt wie ein Kurzschlussanker. Da
hier die einzelnen Verbindungswiderstände nicht wie beim Einphasenmotor durch Kollektor und Bürsten kurz geschlossen werden
müssen, und der Anlassapparat in einem einfachen Umschalter besteht, ist dies wohl die denkbar einfachste Konstruktion eines
Mehrphaseninduktionsmotors mit grosser Anlaufskraft.
(Schluss folgt.)