Titel: | Die gebräuchlichen Automobilsysteme. |
Autor: | H. Bachner |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 533 |
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Die gebräuchlichen Automobilsysteme.
Von Professor H. Bachner in Stuttgart.
(Schluss des Berichtes S. 302 d. Bd.)
Die gebräuchlichen Automobilsysteme.
Dampfwagen.
Wir haben zu Ende des vorigen Kapitels den schienenlosen Fahrverkehr sozusagen unter Benzinwagen und Akkumulatorwagen verteilt,
nicht aber ohne vorher darauf hinzuweisen, dass beide Konstruktionen noch recht weit von dem idealen Motorwagen entfernt bleiben,
die eine wegen ihres unrationellen Betriebs und komplizierten Uebertragungsmechanismus, die andere wegen der Unvollkommenheit
der Energieversorgung.
Dies ist trotz der relativen Brauchbarkeit beider Wagensysteme Anlass genug, die Konstrukteure und Erfinder zu weiterem Suchen
anzuspornen mit dem Ziel, entweder das Vorhandene zu vervollkommnen, oder aber neuartige Konstruktionen für das Automobil
zu ersinnen bezw. dienstbar zu machen.
Hierher gehören die mannigfachen Versuche, den Explosionsmotor im Zweitakt arbeiten zu lassen, Benzin- und Petroleumturbinen
nach Art der Dampfturbine zu erfinden, einen Akkumulator mit höherer elektromotorischer Kraft herzustellen
(Zink-Kupferakkumulator) und vieles andere. Selbst die ernsthafteren Bestrebungen dieser Art, insbesondere der Zweitaktmotor,
die Anpassung des Diesel-Motors an die Bedürfnisse des Automobilwesens, der von Prof. Raoul Pictet vorgeschlagene Luft-Dampfmotor haben aber bisher keinen endgültigen Erfolg aufzuweisen.
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Fig. 111.Zweisitziger Serpollet-Wagen.
Dagegen tritt uns in verjüngter Gestalt die alte bekannte Dampfmaschine wieder entgegen, deren vorzügliche Eigenschaften als
Fahrzeugmotor wir eingangs erwähnten,ebenso wie ihren Hauptmangel, den mitzuschleppenden Kessel nebst Brennstoffvorrat. Die Bestrebungen, die Dampfmaschine zu
einem brauchbaren Automobilmotor auszubilden, traten einige Zeit in den Hintergrund, als der Benzinmotor mit seinem geringen
Betriebsgewicht als übermächtiger Gegner aufgetreten war, wurden aber energisch wieder aufgenommen, als nun ihrerseits die
Mängel des Benzinmotors fühlbar wurden. Durch rastlose Thätigkeit hauptsächlich seitens amerikanischer Konstrukteure ist es
anscheinend gelungen, Dampfautomobilen herzustellen, die, wie der Serpollet-Wagen (Fig. 111) zeigt, auch hinsichtlich geringen Gewichts und leichter Bauart mit den Benzinwagen konkurrieren können; schwere Fahrzeuge
für den Transport grösserer Lasten oder einer bedeutenden Anzahl von Personen wurden in lokomotivähnlicher Bauart schon vorher
hergestellt und versahen ihren Dienst zur Zufriedenheit.
Wir wollen im folgenden die Hauptteile der modernen Dampfwagen kurz besprechen und dabei insbesondere hervorheben, wodurch
es gelungen ist, auch Wagen leichtester Bauart zu konstruieren.
I. Motor und Fahrgetriebe.
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Fig. 112.Zwillingsmotor des Automobils „Lokomobile“.
Die Motoren dieser Dampfmaschinen besitzen ausnahmslos mindestens zwei Cylinder und sind einfach- oder doppeltwirkend ausgeführt,
mit einstufiger oder zweistufiger Expansion. In der Regel findet sich der doppeltwirkende Zwillingsmotor mit um 90° versetzten
Kurbeln, welcher bekanntlich in jeder Stellung anläuft. Die einzelnen Teile dieser Bauart gehen sehr deutlich aus Fig.
112Motor des Dampfwagens „Lokomobile“ (englische Patente von Barker, Overman, Bullard, Springqueld.) hervor: die beiden oben
liegenden Cylinder gleicher Grösse in vertikaler Anordnung arbeiten auf eine Kettenradvorgelegewelle, das Kettenrad sitzt
in der Mitte, daneben beiderseits die Steuerexzenter, ausserhalb der Lager die beiden Kurbeln. Der rechtsseitige Kolben betreibt
nebenbei die kleine Kesselspeisepumpe.
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Fig. 113.Viercylindriger Serpollet-Motor.
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Fig. 114.Sechscylindriger Motor von Clarkson-Capel.
Um die Stopfbüchsen zu vermeiden, ziehen manche Konstrukteure die einfachwirkende offene Bauart vor, so Serpollet bei seinem ViercylindermotorRevue industrielle, 3. Dez.
1898.
Fig. 113, welcher in horizontaler Anordnung jederseits der Welle zwei einfachwirkende Kolben besitzt, die an zwei unter 90° versetztenKurbeln angreifen; dieser Motor ist also, was das Anfahren anlangt, dem Zwillingsmotor gleichwertig, baut sich auch kaum länger,
da die Kolbenstange fortfällt; dagegen konnte, wie die Figur zeigt, die Steuerung sehr vereinfacht werden. Hervorzuheben ist
gegenüber Fig.
112 die vollkommen geschlossene Bauart, die wir bereits bei Benzin- und Elektromotor als sehr wertvolle Eigenschaft hervorgehoben
haben. Die vier Kolben arbeiten paarweise auf nur zwei Kurbeln, wobei je ein Paar einander genau gegenüberliegt. Dies ist
ohne Gabelung der Kurbelstange dadurch erreicht, dass das Kurbelzapfenlager beiden Stangen gleichzeitig angehört. Beim Motor
Clarkson-Capel ging man sogar zu sechs Cylindern mit einfacher Wirkung über, die, wie Fig. 114Industries and Iron, 25. Nov. 1898. erkennen lässt, auf nur eine einzige Kurbel arbeiten. Hervorzuheben ist auch hier die geschlossene Bauart, sowie die sorgfältig
durchgeführte Kugellagerung; ein weiterer Vorteil liegt in dem nahezu konstanten Drehmoment, da auf eine Umdrehung sechs Kraft
Wirkungen entfallen. Dagegen ist ein Massenausgleich so wenigIn Revue industrielle vom 16. Sept. 1899 vermutet der Berichterstatter, dass der Motor, an einem Seil aufgehängt, bei voller Geschwindigkeit ruhig
arbeiten würde. wie bei den übrigen bisher erwähnten Konstruktionen vorhanden, vielmehr ergibt die Anordnung eine Rotation des gemeinsamen
Massenschwerpunkts um die Kurbelwelle nach Art eines elektrischen Drehfeldes.
Trotz der relativen Kleinheit der von den Motoren verlangten Leistung ist man darauf verfallen, auch Maschinen mit abgestufter
Expansion zu bauen. Fig.
115Revue industrielle, 23. Sept.
1899. stellt eine Konstruktion der Liquid Fuel Co. dar mit zweistufiger Expansion; ebenso benutzt die Steam Carriage and Wagon Co. Zweifachexpansionsmaschinen, und die Firma Coulthard und Co. in Preston versteigt sich sogar zu dreistufiger Expansion bei einem Motor von 14 PS effektiver Leistung! Der Nutzen dieser
Konstruktion darf um so mehr bezweifelt werden, als man seltsamerweise darauf verzichtete, von der Elastizität des Dampfmotors
gegenüber weitgehender Leistungsänderung Gebrauch zu machen, sondern nach dem Vorbild der Benzinmotoren drei Uebersetzungsgetriebe
nebst einem Friktionsrückfahrtvorgelege anordnete. Dagegen ist anzuerkennen, dass durch geeignete Versetzung der drei Kurbeln
ein weitgehender Massenausgleich versucht wurde.
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Fig. 115.Lifu-Motor mit zweistufiger Expansion von der Liquid Fuel Co.
Die Maschinen mit abgestufter Expansion bedürfen wie bei den entsprechend gebauten Lokomotiven einer Anfahrvorrichtung, darin
bestehend, dass man durch ein Ventil gegebenenfalls den Kesseldampf direkt dem Niederdruckcylinder zuführt; schon mit Rücksicht
auf diese Komplikation dürfte für die kleinen Automobilmotoren die Zwillingsanordnung vorzuziehen sein.
Im übrigen ist zu beachten, dass auch beim Dampfmotor im Hinblick auf die durch die Rücksicht auf möglichst geringes Gewicht
bedingte hohe Umdrehungszahl der direkte Antrieb der Triebräder unausführbar erscheint; es wird vielmehr stets eine geeignete
Uebersetzung mit einem Vorgelege gewählt, die in der Regel als Kettengetriebe erscheint, aber bisweilen auch durch Stirnräder
ausgeführt wird, wie beim Serpollet-Motor (Fig. 113) und Clarkson-Capel-Motor (Fig. 114). Dass in AusnahmefällenAuch der Serpollet-Omnibus auf dem Concours international des poids lourds 1898 besass neben weitgehender Füllungsregulierung zwei Uebersetzungsgetriebe,
siehe Le Génie civil, 5. August 1899 S. 226. die Fahrgeschwindigkeit durch variable Uebersetzungsgetriebe verändert wird, wurde soeben erwähnt; die übrigen Konstrukteure
ziehen mit Recht die altbewährte Methode vor, die Füllung des Cylinders mit Hilfe einer geeigneten Steuerung zu
verändern.
II. Steuerung; Regulierung der Fahrgeschwindigkeit.
Die Anpassung der Motorleistung an Fahrgeschwindigkeit und Fahrwiderstand, die bei den Benzinmotoren keine vollkommene Lösung
gefunden hat, beim Elektromotor wenigstens in Abstufungen gut bewerkstelligt werden kann, freilich mittels eines immerhin
noch recht komplizierten Apparates, des Fahrschalters, lässt sich beim gewöhnlichenDampfmotor in sehr einfacher Weise mit Hilfe der Steuerung durchführen.
Die Steuerung hat bekanntlich in erster Linie die Aufgabe, den jeweils arbeitenden Cylinderraum abwechselnd mit Energie zu
versorgen und danach wieder zu entleeren, was ebensowohl durch Schieber wie durch Ventile erreicht werden kann.
Mit Ventilsteuerung ist beispielsweise der viercylindrige Serpollet-Motor versehen (Fig. 113), da wenigstens der Dampfeinlass durch einfache, von einer rotierenden Welle mittels unrunder Scheiben gesteuerte Ventile
bethätigt wird. Diese Welle besitzt, der einfachen Cylinderwirkung entsprechend, dieselbe Umdrehungszahl wie die Kurbelwelle;
den Schluss des Ventils besorgen je zwei, an einer kleinen Traverse der Ventilstange angreifende Federn f, der Auslass besitzt keine besondere Steuerung, sondern erfolgt in der Zeit, während welcher der Kolben in der Nähe seiner
vorderen Totlage die Oeffnung a freigibt.
Die übrigen bisher erwähnten Motoren werden sämtlich durch Schieber gesteuert, und zwar arbeiten der Zwillingsmotor des Wagens
„Lokomobile“ (Fig. 112) und Hoch- und Niederdruckcylinder des Motors der Steam Carriage and Wagon Co. mit Flachschiebern, die übrigen (Fig. 114 und 115) mit Kolbenschiebern, die ganz in der gebräuchlichen Anordnung ihren Antrieb durch Exzenter von der Kurbelwelle aus erhalten.
Soll die Leistung des Motors nun verändert, z.B. vergrössert werden, so ist bekanntlich, vorausgesezt, dass Vollfüllung noch
nicht erreicht ist, nur erforderlich, die Einlassöffnung entsprechend länger offen zu halten, bei einer Verringerung der Leistung
umgekehrt. Soll der Wagen rückwärts fahren, so wird der Motor umgesteuert, d.h. es wird das Steuerorgan durch eine geeignete
Vorrichtung in eine solche Lage gebracht, dass die Dampfverteilung sich umkehrt.
Die gebräuchlichste derartige Vorrichtung, welche die erwähnten verschiedenen Funktionen der Steuerung, richtige Dampfverteilung,
Verlängern und Verkürzen der Eintrittsperiode und Umkehren der Dampfverteilung in einem recht einfachen Apparat vereinigt,
ist die Kulissensteuerung, häufig in der schon von Stephenson angegebenen Form benutzt, die aus Fig. 112 ersichtlich ist: die Stangen zweier unter
180° versetzter Exzenter e greifen an der einen Rahmen darstellenden Kulisse k an, in welcher das Ende der Schieberstange s so gelagert ist, dass die Kulisse darüber hinweggeschoben werden kann, wenn man den sie festhaltenden Hebel h entsprechend bewegt. In den Endstellungen entspricht der Schieberausschlag der Exzentrizität, ist also am grössten und gibt
grösste Füllung; in der Mittelstellung bleibt der Schieber unbewegt, in den Zwischenstellungen sind die verschiedenen Teilfüllungen
einstellbar, und zwar in stetiger Folge, so dass jede beliebige Fahrgeschwindigkeit innerhalb der möglichen Grenzen hergestellt
werden kann. Entspricht ferner das Bereich Mittel- bis Endstellung der einen Kulissenseite dem Vorwärtsgang, so bringt eine
Verschiebung über das Mittel hinaus die umgekehrte Dampfverteilung für den
Rückgang.
Der Zweicylindermotor braucht vier solcher Steuerexzenter, wie aus den Fig. 112 und 115 zu ersehen ist, ein Zuwachs an bewegten Teilen, der nicht nur merkliche Reibungsverluste im Gefolge hat, sondern insbesondere
auch befürchten lässt, dass bei der raschen Bewegung dieser schwingenden Massen störende Stösse auftreten. Es verdienen daher
Konstruktionen, welche diese Mängel beseitigen oder wenigstens auf ein Minimum reduzieren, aus demselben Grund unser Interesse,
wie früher unter den elektrischen Zündsteuerungen die Konstruktion von BoschD. p. J., 1900 315 * 82.. Bei Anwendung von Schiebersteuerung gelingt die Reduktion der bewegten Steuerteile durch Benutzung eines drehbaren Exzenters,
wie solche bei raschlaufenden stationären Maschinen häufig in Verbindung mit einem Schwungachsenregulator angeordnet werden.
Eine ähnliche, von Hand verstellbare Konstruktion wurde von
Clarkson-Capel bei dem sechscylindrigen-Motor
Fig. 114 zur Anwendung gebracht mit der folgenden Wirkungsweise:
Auf der Kurbelwelle sitzt, mit ihr fest verkeilt, die mit einer Längsnut n versehene Büchse b, auf der letzteren lose drehbar das Exzenter e, dessen büchsenartig verlängerte Nabe eine als steile Schraubennut erscheinende Durchbrechung d trägt. Die Muffe m greift mit einem bis in Nut n hinabreichenden Stift s durch die Exzenterbüchse und verursacht infolgedessen bei einer durch den Hebel h bewerkstelligten Längs Verschiebung eine relative Verdrehung zwischen Welle und Exzenter, wodurch Regulierung und Umsteuerung
bethätigt werden.
Einige Zwischenglieder mehr erfordert die Steuerung des Dreifachexpansionsmotors System Coulthard und Co.Revue industrielle, 11. Nov. 1899.. Um die der Kurbelwelle parallel gelagerte Steuerwelle w (Fig. 116) rotiert gegenläufig durch Vermittelung dreier Kegelräder abc, von denen das erste mit der Steuerwelle verschraubt ist, eine lange, die drei Exzenterkörper tragende Büchse
d. Aus jeder Verdrehung der Achse e von Rad b mittels des Hebels h resultiert eine Relativverdrehung der Büchse gegen die Steuerwelle um den doppelten Winkelbetrag, je nach dem Bewegungssinn
als Vor- oder Nacheilen auftretend.
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Fig. 116.Steuerung durch Verdrehung der Exzenter, System Coulthard.
Die geringste Massenwirkung wird indessen bei dem Serpollet-Motor (Fig. 113) zu konstatieren sein. Auch hier ist, wie bei Ventilsteuerung ja stets üblich, eine besondere Steuerwelle w vorhanden, welche in ihrem Antriebsrad r längsverschieblich mit Nut und Federkeil gelagert ist. Die als Sektoren von Doppelkegeln gestalteten Einlassnocken werden
infolge der Verschiebung längere oder kürzere Zeit auf die Ventilstange wirken, schliesslich den Sinn der Dampfverteilung
sogar umkehren. Zur Ermöglichung der Längsverschiebung rotiert die hohle Steuerwelle um eine leichte Stange s, an deren Ende t das Reguliergestänge angelenkt wird.
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Fig. 117.Flammröhrenkessel von Leyland.
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Fig. 118.Wasserröhrenkessel System Field.
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Fig. 119.Wasserröhrenkessel System De Dion et Bouton.
Als besonderer Vorzug der geteilten Ein- und Auslasssteuerung erscheint beim
Serpollet-Motor noch die hohe Kompression (man beachte die Lage der Ausströmöffnung a; bei zu hohem Ansteigen der Kompressionsspannung öffnet sich das Einlassventil selbstthätig), welche wegen des dadurch erzielten
ruhigen Ganges für alle Schnelläufer wünschenswert ist, bei der Schiebersteuerung mit verdrehbarem Exzenter aber nicht bis
zu der erforderlichen Höhe gebracht und auch für die verschiedenen Füllungen nicht konstant gehalten werden kann, weil sie
hier von dem Voreilwinkel abhängig bleibt.
III. Kessel.
Der Kessel ist für das Dampfautomobil in mehr als einer Hinsicht das, was der
Akkumulator dem Elektromobil, ein Energiebehälter, von dessen tadellosem Funktionieren die Ausführbarkeit einer Fahrt abhängt,
dessen richtige Behandlung aber keineswegs so einfach ist, als es im Interesse ungestörten Betriebs wünschenswert wäre.
Das Vorbild des Dampfwagens, die Lokomotive, hat auch bezüglich des Kessels teilweise als Modell gedient, trotzdem bei Gebrauch
von Flammröhren die rationelle Ausnutzung der Brennstoffwärme an eine bedeutende Länge dieser Röhren gebunden ist, für die
beim Motorwagen weder bei horizontaler noch bei vertikaler Anordnung der erforderliche Raum vorhanden ist.
Die hierher gehörenden amerikanischen Konstruktionen (Stanley, Crough, Barker) besitzen stets vertikale Anordnung, sind aber infolgedessen bei der geringen Röhrenlänge um so weniger zu empfehlen, als
dann die fast ungehindert geradlinig nach oben durchfliegenden Heizgase sehr viel Wärme unbenutzt mit fortführen.
Die Bauart dieser Kessel gestaltet sich, wie Fig.
117 zeigt, freilich sehr einfach; zwischen die Böden des cylindrischen Kessels sind eine grosse Zahl (im vorliegenden Fall 108)
kupferne Flammröhren eingezogen, welche im Verein mit der kupfernen Feuerraumdecke 4,65 qm Heizfläche ergeben. Der Kessel
fasst 400 l Wasser und ist für 13,5 at Betriebsspannung und eine Maschinenleistung von etwa 6 PS gebaut.
Im Prinzip gleiche Konstruktion wie dieser zum Break LeylandLe Génie civil, 5. Aug. 1899. gehörige Kessel zeigt der Kessel des oben bereits erwähnten Dampfwagens
„Lokomobile“. Er besitzt eine Höhe und einen Durchmesser von je 356 mm, 298 kupferne Flammröhrchen und eine totale Heizfläche von 3,9 qm und wiegt 48 kg. Seine Betriebsspannung ist etwa 11 at, die normale Maschinenleistung 4 bis 5 PS; zur Erhöhung
der Festigkeit ist die Kesselwand mit Stahldraht umwickelt.
Eine wesentlich bessere Ausnutzung dürften die Kessel des Wasserröhrensystems aufweisen, zu denen auch der Serpollet-Kessel gezählt werden darf.
Bei dem für schwere Lasten bestimmten Wagen von Scotte hat ein KesselIndustries and Iron, 25. Nov. 1898. Auch der in D. p. J. 1898 310 * 91 beschriebene Kessel des Cross-Wagens dürfte hierher gehören.
Field'scher Bauart Verwendung gefunden (Fig. 118) in ähnlicher Konstruktion, wie sie wegen ihrer Eigenschaft, sehr rasches Anheizen zu gestatten, auch bei Dampfspritzen Verwendung
findet. Der stehend angeordnete Kessel mit relativ geringem Wasserraum umgibt den cylindrischen Feuerraum, gleichzeitig sich
noch über denselben hinziehend. In die Decke des letzteren sind die bekannten Field'schen Röhren r derart eingehängt, dass sie frei in die Feuerung hineintreten. Zur Ermöglichung einer energischen Zirkulation sind in diese
Röhren noch entsprechend dünnere, konzentrische Röhren eingeschoben, in denen das Wasser nach unten strömt, um dann aussen
in lebhafter Verdampfung nach oben zu entweichen.
Das vom untersten Ende des Wasserraums zentral durch Feuerkiste und Kamin geführte, von oben wieder in den Dampfraum mündende
Rohr c soll die Temperaturdifferenzen ausgleichen, welche beim Speisen des Kessels entstehen; die in diesem heissesten Rohre besonders
lebhafte Verdampfung wird nämlich benutzt, um das aus dem Vorwärmer v eintretende Speisewasser, welches in den untersten Teil des Kessels hinabsinkt, dort wegzuführen, damit schädliche Dehnungen
infolge Ungleichheiten der Temperatur vermieden werden.
Ausserdem besitzt dieser Kessel noch die folgenden bemerkenswerten Einrichtungen: Der durch das Dampfsammelrohr d dem Kessel entnommene Dampf wird nochmals in der Spirale s von den Abgasen umspült, getrocknet bezw. überhitzt; der Abdampf wird zur Verstärkung der Zugwirkung in die Esse geblasen
(Rohr a), kann aber auch teilweise durch Rohr b unter den Schüttelrost e geblasen werden; das Kondensat des Abdampfes aus dem Vorwärmer wird dem Aschkasten durch Rohr f zugeleitet, um Funken und glühende Schlackenteile zu löschen; die Abgase passieren eine Schutzhaube h mit Zwischenwänden und Sieb, zu dem Zweck mitgerissene Funken zurückzuhalten und den eingeblasenen Abdampf nicht sichtbar
austreten zu lassen.
Der De Dion et Bouton-KesselLe Génie civil, 1899 S. 141. (Fig.
119) besitzt zwei Wasserkammern a und b mit ringförmigem Querschnitt; die beiden sind durch eine grosse Zahl schräg geneigter kurzer Wasserröhren miteinander verbunden,
während die Feuergase, diese Röhren umspülend, zwischen ihnen nach oben zur Esse c abziehen; der mittlere, für gewöhnlich oben abgeschlossene Raum d dient zum Einfüllen des Brennmaterials; unten im Feuerraum liegen die Vorwärmschlange e und die Ueberhitzerschlange f. Dieser für einen schweren Omnibus bestimmte Kessel liefert mit 0,18 qm Rostfläche und 6,45 qm Heizfläche Dampf von 14 at
normaler Spannung für eine 30pferdige Dampfmaschine.
Im Prinzip identisch, in der Ausführung wesentlich verschieden sind die den Schiffskesseln nachgebildeten Wasserröhrenkessel
(Fig.
120 und 121). Charakteristisch sind ihnen die im Vergleich zu Fig. 119 sehr langen, mehr oder weniger gekrümmten Röhren, welche die beiden vertikal übereinanderliegenden Wasserkammern verbinden
und bei diesen Kesseln in mehreren konzentrischen Reihen dicht nebeneinander eingezogen sind. Das System Thornycroft (Fig.
120) wird von der Steam Carriage and Wagon Co. verwendet, der Kessel Fig. 121 für den „Lifu“-MotorIndustries and Iron, 25. Nov. 1898. (Liquid Fuel Engineering Co.); demselben Typus gehört auch der Gillet-Kessel an.
Eine ganz eigenartige Form hat Serpollet unter Aufstellung eines völlig neuen Prinzips seinem Wasserröhrenkessel gegeben. Derselbe enthält weder einen Wasser- noch
einen eigentlichen Dampfraum, besteht überhaupt nur aus einer fortlaufenden Reihe von Röhren, welche einerseitsmit der Speisepumpe, andererseits mit dem Einlassorgan der Dampfmaschine kommunizieren, und die kontinuierlich arbeitende
Pumpe drückt jeweils nur so viel Wasser in diese Röhren, als momentan an Dampf benötigt wird. Auf diese Weise wird erreicht,
dass der Dampferzeuger bei grosser Sicherheit gegen Explosionsgefahr ein sehr geringes Gewicht und Volumen erhält.
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Fig. 120.Wasserröhrenkessel System Thornykroft mit künstlichem Zug.
Aus Fig. 122Revue industrielle, 3. Dez.
1898. und 123Le Génie civil, 5. Aug. 1899. ersieht man, dass an die Stelle des Kessels ein doppelwandiger, zum Schutz gegen Wärmestrahlung mit Asche ausgefütterter,
prismatischer Blechkasten getreten ist, in welchem die hin und her gewundenen Rohrschlangen in bestimmter Gruppierung so übereinander
lagern, dass sämtliche Verbindungen ausserhalb des Feuerraums in der Kammer h untergebracht werden konnten.
Textabbildung Bd. 315, S. 537
Fig. 121.Lifu-Kessel; Schiffskesseltype.
Für die richtige Wirkungsweise ist es erforderlich, dass das Wasser in sehr kurzer Zeit zur Verdampfung gebracht werden kann,
soll anders die Eintrittsspannung des Motors aufrecht erhalten werden. Deshalb benutzt Serpollet, soweit diese Verdampfung in Betracht kommt, flach zusammengedrückte Röhren sehr geringen Volumens, die zur Erzielung der
erforderlichen Steifigkeit entweder in sich verwunden (Fig. 122) oder bogenförmig eingedrückt sind (Fig. 123) oder aber im Innern durch ein konzentrisch eingeschobenes Rohr bis auf einen sehr schmalen Zwischenraum ausgefüllt werden.
Die untersten Rohrreihen u (Fig. 122) mit normalem Querschnitt dienen als Vorwärmer, gleichzeitig infolge ihrer im Hinblick auf die Wasserfüllung grössten Wärmeaufnahmefähigkeit
als Schutz wand für die Verdampferschlangen m, in welche sie das vorgewärmte Wasser überführen. Aus der obersten Reihe dieser Röhren tritt der noch nasse Dampf in die oberste
Gruppe o von oben ein, wird getrocknet und geht schliesslich in überhitztem Zustand zur Dampfmaschine. In Fig. 123 sind nur die bogenförmig gestalteten Querschnitte benutzt, doch wurde für die heissesten Stellen grössere Wandstärke ausgeführt.
Textabbildung Bd. 315, S. 538
Fig. 122.Serpollet-Kessel; Brenner unterhalb der Rohrleitungen.
Textabbildung Bd. 315, S. 538
Fig. 123.Serpollet-Kessel mit seitlichen Brennern.
Für den grösseren, für einen Motor von 15 PS normaler Leistung bestimmten Kessel
(Fig. 123) finden sich die folgenden Angaben: normale Spannung 15 bis 16 at, Heizfläche 7 qm, Fassungsraum nur 7 bis 8 l, mittlere
Leistung 200 kg überhitzten Dampfes von etwa 350° C. Temperatur, Gewicht 1250 kg. Der kleinere Kessel (Fig. 122) für eine 4pferdige Motorleistung hat nur 0,92 qm Heizfläche; sein geringer Raumbedarf erhellt aus den Aussenmassen: 534
mm Höhe, 412 mm Länge, 279 mm Breite, wodurch die für einen Dampf wagen sehr kompendiöse Bauart (Fig. 111) ermöglicht wurde.
Nach ähnlichen Grundsätzen scheint auch der Le Plant-Kessel konstruiert zu sein.
Während man für stationäre Dampfmaschinen von relativ so geringer Leistung wohl sehr häufig eine Kondensation nicht einrichten
würde, sieht man sich beim Dampfautomobil aus verschiedenen Gründen dazu gezwungen. Schon das lästige Auspuffgeräusch und
die insbesondere bei feuchter Witterung auftretenden Dampfwolken wären mit Rücksicht auf die Anforderungen des Strassenverkehrs
Veranlassung genug, den Auspuffdampf zurückzuhalten; viel wichtiger sind indessen die Rücksichten, welche man auf die Schwierigkeit
der Beschaffung ausreichenden und brauchbaren Speisewassers nehmen muss, liegt doch hierin eine der Hauptschwierigkeiten für
den Dampfbetrieb bei Automobilen.
Sieht man sich demnach nun in die Lage versetzt, einen Konsensator anwenden zu müssen, so steht man damit sofort vor der zweiten
Schwierigkeit, wie diese Kondensation durchzuführen sei; Einspritzkondensation istnatürlich ausgeschlossen, weil ja die erforderlichen Kaltwassermengen während der Fahrt nicht beschafft werden können, und
an die z.B. auf Schiffen gebräuchliche Oberflächenkondensation mit Wasserkühlung ist aus demselben Grund überhaupt nicht zu
denken.
So bleibt dem Konstrukteur nichts anderes übrig, als zu demselben Notbehelf zu greifen, auf den wir bereits bei der Cylinderkühlung
des Benzinmotors gestossen sind: er führt zwar einen Oberflächenkondensator aus, benutzt aber die Luft als Kühlmittel.
Textabbildung Bd. 315, S. 538
Fig. 124.Röhrenkondensator mit Luftkühlung mittels Ventilator; System Clarkson-Capel.
In der Regel findet sich der Kondensator in der Form von Rohrschlangen an einer der Luft frei zugänglichen Stelle angebracht,
bei omnibusähnlichen Wagen z.B. auf dem Wagendach, in anderen Fällen unter oder vor dem eigentlichen Wagengestell. Die letztere
Anordnung findet man bei den Automobilen des Systems
Clarkson-Capel, dessen Motor wir oben in Fig. 114 kennen gelernt haben. Dieser Kondensator
(Fig. 124) weist eine Besonderheit auf, nämlich eine künstlich verstärkte Luftbewegung durch Benutzung eines Ventilators, welcher vom
Motor aus durch Riemen angetrieben wird und die Luft durch das Rohrgitter des unmittelbar vor ihm stehenden Kondensators hindurchbläst.
Die Kühlröhren sind behufs Vergrösserung der wärmeableitenden Oberfläche mit Drahtspiralen umwickelt, und auch die Zuleitungen
zum Kondensator wurden dadurch, dass man ihnen eine grosse Länge gab, zur Kühlung mit herangezogenIndustries and Iron, 25. Nov. 1898..
Selbstverständlich gelingt es auf dem vorbeschriebenen Weg nicht, sämtlichen Arbeitsdampf zu kondensieren und dem Kessel wieder
zuzuführen, weil eben die Kühlung nur unvollkommen wirkt. Hieraus ergibt sich nicht nur die Notwendigkeit, einen Vorratsbehälter
für Speisewasser mitzuführen, sondern auch der Uebelstand, dass man unter Umständen während der Fahrt Wasser aufnehmen muss;
dies ist besonders bedenklich im Hinblick auf die mechanischen und insbesondere chemischen Verunreinigungen, welche in den
engen Wasserröhren sehr bald Störungen hervorrufen würden, denn diese empfindlichen Konstruktionen sollten eigentlich nur
mit destilliertem Wasser gespeist werden.
Ist übrigens die Angabe richtig, dass es mittels des Clarkson-Capel-Kondensators gelingt, die dem Auspuff schliesslich noch zuzuführende Dampfmenge so gering zu halten, dass sie bei einem 24stündigen
Dauerbetrieb nur 22 l Speisewasser entspricht, so wären damit die Bedenken so ziemlich beseitigt, zumal man ja ohnedies einigen
Auspuffdampf nicht wird entbehren können, um den erforderlichen Zug des Feuers zu erzeugen (vgl. den Field-Kessel Fig.
118).
IV. Feuerung.
Bei den neueren Dampfautomobilen sind zwei Feuerungssysteme in Gebrauch: die Feuerung mittels Koks auf einem gewöhnlichen
Host und die Feuerung mit flüssigem Brennstoff durch einen geeignet konstruierten Brenner. Steinkohlen sind aus dem Grund
ungeeignet, weil sie zu viel Rauch erzeugen würden.
Die Koksfeuerung ist auf die grösseren Wagentypen beschränkt; sie findet sich beispielsweise bei den Kesseln der Omnibusse
Scott
(Fig. 118), De Dion et Bouton (Fig. 119) und der Steam Carriage and Wagon Co. (Fig. 120). Die beiden letztbezeichneten Konstruktionen zeichnen sich noch besonders dadurch aus, dass der Brennstoff aus einem Fülltrichter
stetig nach unten gleitet, wodurch die Arbeit des Heizens wesentlich vereinfacht wird.
Die Regulierung der Feuerung erfolgt bei diesen mit festem Brennstoff arbeitenden Kesselsystemen in bekannter Weise durch
Regeln der Luftzufuhr; doch genügt bei lebhafter Dampfentnahme der natürliche Luftzug nicht zu der erforderlichen Steigerung
der Verdampfung, weshalb das von der Lokomotive her bekannte Blasrohr zu Hilfe genommen wird. Der Field-Kessel (Fig. 118) besitzt ausser dem Blasrohr a noch einen Dampfbläser b, welcher unter dem Rost zu arbeiten bestimmt ist, und bei der Schiffskesseltype von Thornycroft (Fig. 120) wurde sogar ein Ventilator eingebaut, der, von der Maschine durch einen Riemen angetrieben, die Feuergase durch sich hindurchsaugt.
Für leichtere Wagen mit ihren sehr zierlichen Kesselchen ist indessen die Koksfeuerung nicht geeignet, da nicht nur der Feuerraum,
sondern auch die Vorratsräume im Wagen viel zu viel Platz fortnehmen würden; hier bietet die bei stationären Anlagen und auch
Lokomotiven schon langer erprobte Feuerung mit flüssigem Brennstoff einen sehr willkommenen Ersatz. Denn abgesehen davon,
dass dieses flüssige Brennmaterial einen grösseren Heizwert besitzt als der Koks
(durchschnittlich etwa 10000 bis 14000 gegen 8000 Kal.), lässt es sich auf einen wesentlich kleineren Raum zusammendrängen
und in Gefässen ganz beliebiger Form aufbewahren.
Die Konstruktion einer solchen Feuerungsanlage läuft im wesentlichen auf das Prinzip des Bunsenbrenners hinaus und hat Aehnlichkeit
mit der Zündflammeneinrichtung der Benzinmotoren (vgl. Fig. 36D. p. J.,
1900 315 * 81. dieses Aufsatzes). Doch genügt im vorliegenden Fall die in den Metallteilen der Brennermündung herrschende Temperatur nicht
wie dort zur Vergasung des Brennstoffs, sondern es muss dazu eine viel energischer wirkende Einrichtung vorgesehen werden,
weil es sich hier um wesentlich weniger flüchtige Kohlenwasserstoffe handelt; in Betracht kommen nämlich insbesondere die
schwer flüchtigen Rückstände der Petroleumdestillation,die schweren Oele, sonst wohl nur noch als Schmiermaterial geeignet.
Dieser Brennstoff muss zunächst durch Erhitzung von aussen flüssiger gemacht und schliesslich verdampft werden, damit er innig
mit Luft gemischt und rauchlos verbrannt werden kann. Die Zuführung zum Brenner erfolgt stets unter relativ hohem Druck, der
am einfachsten durch Pressluft hervorgerufen wird, die dauernd durch eine kleine, vom Motor mitbetriebene Pumpe in den Vorratsbehälter
gepresst wird, während für das Anstellen der Feuerung eine kleine Handpumpe vorgesehen ist.
Diese Methode wird beispielsweise von Serpollet benutzt (Luftspannung je nach der Intensität der Heizung 0,25 bis 1,5 at). Der Brenner liegt dabei in Fig. 122 unter den Vorwärmschlangen und ist dreifach gegabelt; damit bei längerer Aufenthaltszeit nicht zuviel von der aufgespeicherten
Wärme verloren gehe, wodurch ein neues Anheizen erforderlich würde, hat Serpollet bei diesem Kessel den Vorratsbehälter für Brennstoff über die Brennermündung gelegt, so dass das vorhandene Gefälle ausreicht,
um durch die Pumpenventile hindurch soviel Flüssigkeit selbstthätig dem Brenner zuzuführen, dass der Wärmevorrat nahezu konstant
gehalten wird. In Fig. 123 ist der Brenner sehr zweckmässig hinaus vor den Feuerraum gelegt und bläst die Flammen aus dreimal zwei Düsen über eine kurze
Feuerbrücke zwischen die untersten Rohrschlangen. Seitlich über der Austrittsöffnung liegen die durch die Flammen selbst geheizten
Verdampferräume für den Brennstoff.
An Stelle von Pressluft lässt sich auch ein dem Kessel entnommener Dampf strahl verwenden, welcher bei geeigneter Anordnung
den Brennstoff und auch beim Austritt die erforderliche Luftmenge ansaugt und beide sehr gut durcheinandermischt. Diese Konstruktion,
welche für Kessel grosser Leistung
(Lokomotiven) die Regel bilden dürfte, ist bei dem oben bereits erwähnten Cross-Wagen zur Anwendung gekommen.
Schliesslich kann man aber auch, sofern Vorverdampfung des Brennmaterials zur Anwendung gelangt, die hierbei auftretende Dampfspannung
selbst als treibende Kraft benutzen. Barker führt deshalb das Brennstoffzuflussrohr erst durch den Kesselfeuerraum, bevor es in den Brenner einmündet; die durch die
hohe Temperatur gebildeten Dämpfe treten aus vielen
(114) kleinen Oeffnungen des gerade unter dem Kessel liegenden Sammelraums gleichzeitig aus und mischen sich dabei
mit Luft, welche durch von unten her konzentrisch in jene Oeffnungen eindringende dünne Kupferröhren (nach Art bekannter Spiritusbrenner)
zugeleitet wird.
Textabbildung Bd. 315, S. 539
Fig. 125.Brenner mit Vorverdampfung des Lifu-Kessels.
Nach ähnlichem Prinzip, aber mit nur einem Brenner, arbeitet die Feuerung des Lifu-Kessels (Fig.
121); die dort benutzte Einrichtung soll in Fig. 125 kurz erläutert werden.
Das Schweröl tritt bei b in den von schlangenförmigen Kanälen durchzogenen Verdampfer a, und wird nach erfolgter Verdampfung von dem Dampfdruck selbst durch die Leitung c in den unterhalb angeordneten Bunsen-Brenner d gepresst. Die infolge des Ueberdrucks vorhandene Austrittsgeschwindigkeit genügt, um die zur vollständigen
Verbrennung erforderliche Luftmenge mitzureissen, und so schlägt die Flamme um den Verdampfer herum gegen die Röhren des Kessels.
Man sieht, wie diese Brennerflamme selbst die Vergasung des Brennstoffs unterhält; damit übrigens auch bei zufälligem Erlöschen
des Brenners die Verdampfung wenigstens eine Zeitlang fortdauert und die Möglichkeit, die Feuerung ohne weiteres wieder in
Betrieb zu setzen, erhalten bleibt, ist oberhalb des Verdampfers ein Wärmespeicher angeordnet, dessen Wärmevorrat durch die
metallene Verbindung hindurch noch längere Zeit den Verdampfer in Thätigkeit zu erhalten vermag. – Andere Brennerkonstruktionen
sind in den Fig. 122 und 123Auch die amerikanischen Systeme Stanley und Whitney haben Petroleumfeuerung. angedeutet; wie schon erwähnt, wird bei diesen Kesseln der Brennstoff durch Druckluft aus dem Vorratsbehälter dem Verdampfer
zugeführt, doch steht der erstere so viel über der Brennermündung, dass auch ohne Luftpressung etwas Brennstoff auszutreten
vermag, gerade soviel, als zum Warmhalten des Kessels ohne Drucksteigerung erforderlich ist; der letztere kann auf diese Weise
auch bei längerem Stillstand stets betriebsbereit gehalten werden.
V. Regulierung des Dampfdrucks.
Zur Aufrechterhaltung des Betriebs gehört beim gewöhnlichen Dampfkessel die Beobachtung des Wasserstandes, des Manometers
und des Feuers; einem Laien kann und darf im allgemeinen nicht zugemutet werden, nach diesen Beobachtungen den Stand des Feuers
und die Speisung des Kessels zu regeln, weshalb man bei Dampfautomobilen schwererer Bauart einen besonderen Heizer nicht entbehren
kann.
Für leichte Wagen nach Art der Fig. 111 würde dies aber ein ernstliches Hindernis sein, da diese in der Regel nur für zwei Personen bestimmt sind. Auch stellt es
sich hier als fast unmöglich heraus, den Kessel in der angedeuteten Weise zu kontrollieren, da er hinten im Wagenkasten, ziemlich
tief unterhalb des Führersitzes, verborgen liegt; die bereits versuchte Anordnung von Spiegeln zur Beobachtung erscheint durchaus
nicht zuverlässig.
Aus diesem Grund versah man die Brenner mit einem selbstthätig wirkenden Drosselventil, welches die Brennstoffzufuhr entsprechend
vermindert, sobald die Kesselspannung ihre obere Grenze erreicht hat.
Textabbildung Bd. 315, S. 540
Fig. 126.Dampfspannungsregulator von Cross.
Ein derartiges Regulierventil, dem Cross-WagenVgl. auch D. p. J., 1898 310 * 91. entstammend, ist in Fig. 126 zur Darstellung gebracht. Dem Zerstäubungsbrenner i (vgl. oben) wird der Brennstoff durch das Ventil f, der Dampf durch das Ventil g zugeführt. Letzteres hat die eben erwähnte Funktion der Dampfdruckregelung zu erfüllen, indem eine Membran
e, deren Federbelastung das Ventil Fig. 126. offen zu halten sucht, durch den Druck des bei a eintretenden Kesseldampfes je nach dessen Spannung mehr oder weniger angehoben wird. Damit nun auch der Oelzufluss der gedrosselten
Dampfspannung entsprechend sich richtig einstelle, d.h. bei grösserer nach i durchgelassener Dampfmengegrösser, bei verringerter kleiner werde, ist das Ventil f vorgesehen; es öffnet sich um so weiter, je grösser die Spannung bei b, also je geringer die Drosselung bei g ausfällt. Ganz ähnliche Einrichtungen besitzen z.B. die Wagen von Stanley und Barker.
Ein Nachteil dieser Konstruktion liegt offenbar in den sehr kleinen und empfindlichen Membranventilen, denn es ist klar, dass
ein Versagen der Regulierung leicht recht üble Folgen haben kann; es werden daher bereits Stimmen laut, welche einen so weitgehenden
Ersatz des Heizers für unthunlich halten und die Regulierung der Erwägung des Fahrenden vorbehalten wollen. Dies wird z.B.
ermöglicht durch die regulierbare Wasser- und Brennstoffspeisevorrichtung von
Scrpollet (Fig.
127).
Textabbildung Bd. 315, S. 540
Fig. 127.Regulierung der Brennstoff- und Speisewasserzufuhr, System Serpollet.
Die Brennstoffpumpe a und die Wasserpumpe b werden, parallel nebeneinander gelagert, unter Zwischenschaltung kurzer Schubstangen durch einen gemeinsamen Hebel c angetrieben. Die Bewegung erfolgt von der hinteren Radachse aus durch ein Exzenter f, jedoch nicht direkt, sondern durch Vermittelung einer dritten Schubstange d und eines kulissenartigen Balanciers e, in welchem der den oberen Gelenkzapfen von d tragende Stein g verschiebbar gelagert ist. Je weiter man den Stein mittels des Handhebels h nach rechts schiebt, in um so geringerem Verhältnis überträgt sich der Exzenterhub auf den Pumpenhebel und um so kleiner
sind die pro Hub geförderten Flüssigkeitsmengen. Damit aber auch eine Aenderung des relativen Förderverhältnisses zwischen
a und
b ausführbar sei, was schon mit Rücksicht auf die Möglichkeit der Benutzung von Brennstoffen verschiedenen Heizwerts gefordert
werden muss, kann der Hub der Brennstoffpumpe auch noch für sich allein verstellt werden, indem man die Hülse i mittels der bei k gesicherten Schraube l nach rechts oder links schiebt. Um dabei eine zu einseitig schräge Lage der Schubstange zu vermeiden, wurde sie länger gehalten
als die der Wasserpumpe.
Trotz der Anstrengungen, die insbesondere von Seiten amerikanischer Konstrukteure gemacht werden, um mit dem Dampfautomobil
die Benzinwagen aus dem Feld zu schlagen, lassen sich bisher entschiedene Vorteile des Dampfbetriebs nicht wahrnehmen, wenn
auch nicht geleugnet werden soll, dass die Dampfwagen anscheinend ebenbürtige Leistungen aufweisen können.
Hatten wir seiner Zeit die grosse Zahl der zum Antrieb und zur Regulierung erforderlichen Teile als Mangel des Benzinautomobils
bezeichnet, so müssen wir diesen Vorwurf dem Dampfautomobil in seiner jüngsten Form eher in noch verstärktem Mass entgegenhalten.
Hierzu kommt die Schwierigkeit, die engröhrigen Kessel dauernd von Kesselstein und Oelansammlungen aus dem kondensierten Dampf
frei zu halten und die vielen unter hoher Spannung stehenden Dichtungsflächen zu überwachen, ferner die relativ lange Anheizdauer
(etwa 30 Minuten), Punkte, welche die Führung eines Dampfautomobils durch Laienhand als recht bedenklich erscheinen lassen;
es fehlt also auch hier noch recht viel von den Eigenschaften des Idealmotors für das Automobil der Zukunft.