Titel: | Die grossen, anlässlich der Pariser Ausstellung in Ausführung begriffenen Eisenbahnbauten. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 8 |
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Die grossen, anlässlich der Pariser Ausstellung in Ausführung begriffenen Eisenbahnbauten.
Die grossen, anlässlich der Pariser Ausstellung in Ausführung begriffenen Eisenbahnbauten.
Auf Veranlassung des Präsidenten der Gesellschaft der französischen Zivilingenieure wurde von seiten dieser Vereinigung im
Sommer 1899 bei den anlässlich, der bevorstehenden Pariser Weltausstellung im Gange befindlichen Eisenbahnbauten eine Nachschau
unternommen, über deren Ergebnis im Septemberhefte der Memoires et compte rendu de traveaux de la société des ingenieur civil, dem Organ der Gesellschaft, E. Hubou einen eingehenden, sehr unterrichtenden Bericht erstattet, dessen Hauptinhalt wir nachstehend wiedergeben.
Im ganzen sind es drei ebenso grossartige als bewunderungswerte Bauausführungen, die den Gegenstand der in Rede stehenden
Erhebungen bilden, nämlich A. die Pariser Metropolitanbahn, ferner B. die neuen Linien der Westbahngesellschaft und zuletzt C. die Verlängerung der Orleansbahn bis zum Quai d'Orsay in Paris.
A. Die Pariser Metropolitanbahn.
Hinsichtlich dieser Unternehmung muss zuvörderst daran erinnert werden, dass der Munizipalrat von Paris erst in seinen Sitzungen
am 4. und am 30. DezemberDie Idee einer Pariser Stadtbahn wurde übrigens bereits im Jahre 1865 angeregt, namentlich zu Approvisierungszwecken, und
schon damals tauchten zahlreiche Entwürfe für eine solche Anlage auf, wovon aber keiner den Beifall der Kommune gefunden hatte.
7 Jahre später wurde die Stadtbahnangelegenheit durch die Gesellschaft der französischen Zivilingenieure wieder aufgefrischt,
aber sie kam auch damals infolge der ablehnenden Haltung der Kommune zu keinem gedeihlichen Abschlusse, obwohl sich im Jahre
1877 der Staat zu einer Subventionierung der Stadtbahn erboten hatte und die grossen französischen Eisenbahngesellschaften
sich bereit erklärten, den Bau der Bahn zu übernehmen. Eben mit dem letzteren Umstände vermochte sich die Stadtvertretung
durchaus nicht zu befreunden, da sie sich die Herrschaft über das Unternehmen in keiner Weise schmälern oder entwinden lassen
wollte. So verschleppte sich denn die ganze Frage trotz der wiederholten günstigen Anläufe bis zum Jahre 1896, wo die Kammer
das städtische Projekt konzessionierte. Letzteres war von vornhinein absichtlich so ausgearbeitet, dass ein Anschluss mit
den in Paris mündenden Eisenbahnen unmöglich wurde. Allerdings hat die Regierung wenigstens insofern Remedur geschafft, dass
sie die Normalspur verlangte. Inzwischen haben die grossen Eisenbahngesellschaften den Plan ins Auge gefasst, ein eigenes
Verbindungsbahnnetz zu bauen, das die sämtlichen Pariser Bahnhöfe untereinander in direkten Verkehr setzen soll. (Anm. d.
Red.)
1896 den Beschluss gefasst hat, ein doppelgeleisiges Stadtbahnnetz auszubauen, welches nachstehende, in Fig. 1 mit denselben Ziffern bezeichnete sechs Linien nebst Anschlüssen umfassen sollte: 1. vom Vincennesthor zum Maillotthor, 2. eine Ringbahn über die äusseren Boulevards, 3. vom Dauphinéthor nach Ménilmontant, 4. vom Clignancourtthor zum Orleansthor, 5. vom Strassbourg-Boulevard zur Austerlitzbrücke und 6. eine Linie von der Porte de Vincennes zur Place d'Italie nebst einer Abzweigung von der Austerlitzbrücke bis zur Brücke de Berey. Infolge dieses Beschlusses wurden die städtischen Ingenieure mit der Ausarbeitung eines bezüglichen Vorprojektes betraut,
das am 27. März 1897 fertig vorlag und unter der Annahme ausgeführt war, dass die Spurweite des Geleises 1,30 m, die grösste
Breite der Fahrzeuge 2,10 m und deren Maximalhöhe 3,40 m betragen sollten. Am 30. März 1898 erfolgte durch die Kammer die
Konzessionsverleihung für die im ganzen mit 62 km Länge projektierten Linien der Metropolitanbahn, deren Ausführung seitens
der Stadt vertragsmässig der Compagnie général de traction überlassen wurde, aus der zu diesem Zwecke die Société du Metropolitain hervorging, die auch den Betrieb übernehmen wird. Nach 35 Jahren fällt die gesamte Bahn einschliesslich aller zugehöriger
Elektrizitätswerke in das alleinige Eigentum der Stadt zurück, die zugleich das Recht hat, zu diesem Zeitpunkte die sämtlichen
Betriebseinrichtungen, Werkzeuge, Dienstgebäude,kurz alles Bestehende zu einem durch Schiedsgericht zu bestimmenden Preise zu erwerben. Auch hat die Stadt schon vom 1. Mai
1910 an das Rückkaufsrecht. Gelegentlich der staatlichen Konzessionserteilung hatte die Regierung eine Reihe von Bedingungen
gestellt, die die ursprünglichen Voraussetzungen in manchem wesentlich verschärften. Zu den wichtigsten dieser Vorbehalte
gehört die Bestimmung, dass das rollende Material eine Breite von 2,40 m zu erhalten hat, ferner dass neben dem Profil der
Fahrzeuge überall auf 2 m Höhe über Schienenoberkante ein freier Raum von mindestens 0,70 m vorhanden sein muss, und endlich,
dass die Geleise sämtlicher Strecken mit der Normalspur von 1,44 m auszuführen sind. Auf diese Weise wurde die Möglichkeit
angebahnt, dass wenigstens das rollende Material der Metropolitanbahn sich im Notfalle auf den Haupteisenbahnen benutzen lässt,
wogegen allerdings die Verwendung von Wagen oder Lokomotiven der Vollbahnen auf der Metropolitanbahn infolge des zu engen
Profils der letzteren ausgeschlossen ist. Der Bau des bewilligten Liniennetzes erfordert einen Kostenaufwand von 180 Millionen
Franken, die durch ein städtisches Anlehen gedeckt werden sollen. In Fig. 1 sind die Hauptlinien Porte de Vincinnes-Porte Maillot und die beiden Zweiglinien Etoile-Porte Dauphiné und Etoile-Trocadéro, d.h. nämlich jene Strecken, deren Ausführung zuerst, gleich nach der Konzessionsgewährung in Angriff genommen wurden, mit
kräftigeren Linien gekennzeichnet. Dieser Teil des Netzes, welcher eine Gesamtlänge von 14 km besitzt und mit Ausnahme der
Uebersetzung des St. Martin-Kanales (Arsenalbassin) ausschliesslich unterirdisch verläuft, soll bereits zur Eröffnung der
Weltausstellung von 1900 dem Verkehr übergeben werden; die diesfälligen Baukosten sind mit 37 Millionen Franken veranschlagt.
Auf der Hauptlinie Porte de Vincennes-Porte Maillot sind ausser den beiden Endstationen 18 Zwischenstationen in Aussicht genommen. Diese letzteren erhalten je zwei parallele
Bahnsteige von 75 m Länge und 4 m Breite, die entweder bloss durch Gewölbe abgeschlossen oder flach überdeckt sind, je nachdem
die Station tiefer oder seichter unter dem Strassenniveau liegt. Das Profil der als Ziegelmauerwerk in Cementmörtel ausgeführten
Umwölbung besteht aus zwei einander zugekehrten Ellipsen, wovon die des Deckengewölbes eine Pfeilhöhe von 3,50 m, jene des
gestürzten Bodengewölbes eine Pfeilhöhe von 2,20 m besitzt. Die lichte Weite der Station, die Spannweite der Gewölbe beträgt
14,14 m; die Gewölbsanläufe liegen 1,5 m über Schienenoberkante und die gesamte Höhe des ummauerten Raumes beläuft sich in
der Achse auf 5,2 m. Die Wandungen haben am Beginn der Gewölbe 2 m, im Deckenscheitel 0,70 m und im Scheitel des Fussgewölbes
0,50 m; nach aussen sind sowohl das Decken- wie das Bodengewölbe als flache Kreisbogen abgeschlossen. Hierzu kommt noch zu
bemerken, dass die Bahnhöfe grundsätzlich, wo immer der Stand des Grundwassers es nur gestattet, die Bahnachse tief genug
zu legen, gewölbt durchgeführt werden, und dass dabei für die Innenflächen durchwegs glasierte Ziegel zur Verwendung gelangen. Bei den seichtliegenden
Stationen beträgt die lichte Weite des Profils 13,50 m. Die beiden Seitenwände sind durch Pfeilermauern abgeschlossen, welche
am Fussende ebenso wie im früheren Falle durch ein gestürztes, elliptisches Bodengewölbe miteinander verbunden sind; dieselben
tragen als Decke einen quadratmaschigen, eisernen Trägerrost, dessen Felder durch flache Ziegelgewölbe ausgemauert werden.
Auch in diesen flachüberdachten Bahnhöfen sind die inneren Mauer- und Treppenwände aus glasierten Ziegeln hergestellt. In
den ganz tiefen oder stark belasteten oder sonstwie gefährdeten Strecken wird mittels der Schildmethode, in den weniger tiefen
nach den gewöhnlichen Stollenbaumethoden vorgegangen; nur die ganz seichten Partien werden als Einschnitte ausgeführt. Die Kopfstationen Vincennes, Maillot, Dauphiné und Etoile (für die Linie Etoile-Trocadéro) sind, wie es Fig. 2 ersichtlich macht, ösenförmig angeordnet, d.h. beim Anfange des Bahnhofes trennen sich die beiden Geleise immer mehr und
mehr voneinander, um schliesslich in einen Bogen von 30 m Halbmesser überzugehen, in welchen sie sich vereinigen. Für die
kommenden und gehenden Züge bestehen getrennte Bahnsteige. Der besagte Kehrbogen ist allerdings mit 30 m Halbmesser sehr scharf,
allein doch noch günstiger, als beispielsweise bei den Endbahnhöfen der Metropolitanbahnen in New York und Brooklin, wo der Halbmesser für die Kehrbögen nur etwa 27 m beträgt.
Textabbildung Bd. 315, S. 9
Fig. 1.Plan der Pariser Metropolitanbahn.
Die von der Pariser Ringbahn zunächst der Porte de
Vincennes ausgehende Linie 1 (Fig. 1), nimmt ihren Verlauf unter den Promenadeanlagen von Vincennes, biegt dann nach Süden zur Place de la Nation ab, folgt weiters dem Boulevard Diderot bis zum Lyoner Bahnhofe und dreht sich dann in einem Bogen von 75 m Halbmesser in die Lyonerstrasse, um, den Boulevard de
Contrescarpe und das Arsenalbassin überquerend, die St. Antoniusstrasse und die Rivolistrasse zu erreichen. Im ferneren Verlaufe
biegt die Linie zunächst der Rue Cambon nach der Seine zu ab, um in schräger Richtung die Place de la Concorde zu kreuzen und sodann auf der linken Seite der Avenue des Champs Elysées zu folgen, bis die Alexanderstrasse erreicht ist; sie benutzt weiters die Mitte der letztgenannten Strasse bis zur Place de l'Etoile, unter welcher sie in zwei Contrabögen, wovon der eine 80 m, der andere 76 m Halbmesser besitzt, die am Ende der Avenue de
Wagram gelegene Station passiert, von der sie sich wieder in einer gleichlangen, symmetrischen Doppelkurve der Avenue de la Grande-Armée zuwendet, deren Mittellinie sie bis zu ihrem Ende einhält. Eines der Hauptobjekte der Linie
1 ist die Station nächst des Lyoner Bahnhofes, in welcher vier getrennte Strecken mit zwei zentralen Bahnsteigen von 6 m Breite
und
100 m Länge sich vereinigen werden, nm den wechselweisen Uebergang zwischen der südlichen Abzweigung 6, der Ringlinie 2 und der Linie 1 zu vermitteln. Ausserdem wird hier auch noch für Rangierzwecke ein Sackgeleis von130 m Länge angelegt. Einen zweiten interessanten Punkt bildet zunächst der Station am Bastilleplatz, welche nebenbei bemerkt,
die einzige ist, die oberirdisch zu liegen kommt, die Uebersetzung des ungefähr 80 m breiten Arsenalbassins. Da die Unterquerung
mit allzugrossen Schwierigkeiten und Kosten verbunden gewesen wäre, musste man sich entschliessen, das Bassin zu überbrücken.
Zu diesem Ende wurde ein
50 m langer Erddamm angelegt und in seine Mitte eine 20 m lange Pilotenbrücke eingeschaltet, die für die Boote eine
5,16 m hohe Durchfahrt freilässt. Die Station
Champs Elysées, welche nach dem ursprünglichen Projekte in der Achse der Strasse vorgesehen war, wird nun endgültig unter der linksseitigen
Nebenallee am Ende der Avenue Alexander III. eingerichtet, gerade gegenüber dem Eingange des alten Industriepalastes. Die
Zugangstreppen für beide Richtungen befinden sich also in unmittelbarer Nähe der Thore der Weltausstellung, wodurch es den
Passagieren möglich sein wird, direkt von der Station in die Ausstellung zu gelangen, ohne durch das Gewirre des Strassenverkehrs
behindert oder belästigt zu werden. Als eine der wichtigsten und interessantesten Stellen, nicht nur der Linie 1, sondern des ganzen Metropolitanbahnnetzes, verdient wohl die Durchquerung der Place de l'Etoile bezeichnet zu werden, wo drei Linien bezw. fünf Strecken zusammentreffen, wie dies Fig. 1 und des näheren Fig. 3 es ersehen lassen. Für die beiden Linien Porte Vincennes-Porte Maillot, 1 (Fig. 3), und Place de l'Etoile-Trocadéro, 2, ist ein Doppelbahnhof erbaut, der für die erstgenannte Linie eine Zwischenstation, für die zweitgenannte hingegen eine Endstation
bildet, welch letztere in einer birnförmigen Geleisschleife liegt.
Textabbildung Bd. 315, S. 9
Fig. 2.Lageplan der Endstation Porte de Dauphiné.
Was aber die dritte von Porte Dauphiné einlangende Linie 3 betrifft, so unterfährt dieselbe im direkten Verlaufe die linksseitige Schleife der Linie 2 und auch den Doppelbahnhof, um in der Avenue de Wagram in die zur Place Clichy weiterführende Ringlinie 2' überzugehen. Eine etwa 200 m vor der Place de l'Etoile nach links ausbiegende Abzweigung 7 gelangt in die nach
Porte Maillot führende Hauptlinie 1, soll aber nur als Rangiergeleis benutzt werden. Dasselbe gilt auch hinsichtlich eines Nebengeleises 8, durch welches die Hauptlinien 1 mit dem Endbahnhofe der Trocadérostrecke 2 verbunden ist. Die Station Place de l'Etoile der Linien 3 bis 2' liegt unmittelbar neben der obenerwähnten Doppelstation in der Avenue de Wagram derart, dass zu den sämtlichen Bahnsteigen eine gemeinsame Haupttreppe vorhanden ist, wodurch den Fahrgästen das beliebige
Wechseln der Züge möglich wird, ohne erst zur Strasse emporsteigen zu müssen.
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Fig. 3.Unterirdische Geleisanlage der Metropolitanbahn an dem Place de l'Etoile.
Diese hiermit nur im allgemeinen und wesentlichsten geschilderten Anlagen sind derzeit in voller, lebhafter Bauausführung
begriffen. Die von der Place de l'Etoile nach dem Trocadéro führende Strecke 2 wird aber vorläufig nur etwa 125 m über die Station hinaus in der Richtung gegen den Quai de Passy fertiggestellt. Die Station Trocadéro erhält also nicht die gewöhnliche Anordnung als Endstation, sondern zum Geleiswechsel und Rangieren dienen daselbst bis zum
späteren Ausbau lediglich die beiden soeben angeführten Geleisverlängerungen.
Eine ganz besonders widerwärtige und kostspielige Schwierigkeit erwächst der Bauausführung durch das mehrfache Zusammentreffen
der Bahntrace mit den vorhandenen Stadtkanälen und mit der Wasserleitung. So trifft die Linie 1 die Sammelkanäle von Coteaux, Rivoli, Sebastopol, Asnières, Montaigne und Marceau. Nur vermöge einer nennenswerten Tieferlegung des Bahntunnels konnte der zuerst genannte Sammelkanal an seiner Stelle verbleiben.
Gleich der nächste aber an der Rue de Rivoli musste, um der Bahn den Durchgang zu verschaffen, nächst der litte Bourg-Tibourg beseitigt und durch drei neue, schmäler profilierte Abflusskanäle ersetzt werden, von denen der eine auf der rechten Seite
der Rivolistrasse entlang mit der Bahnlinie parallel läuft und in den Sammelkanal der Rue Sebastopol übergeht, während der zweite in die Rue des Halles, Saint Honoré und Avenue de l'Opéra verlegt ist, um sich dem Hauptkanal der Petits-Champs anzuschliessen, und der dritte von der Pyramidenstrasse ausgehend nach der Place de la Concorde auf der linken Seite der Rivolistrasse verläuft und in den Sammelkanal der Rue d'Asnières einmündet. Eine Kollision der Bahnlinie mit den Sammelkanälen des Boulevard Sebastopol und der Rue d'Asnières an der Place de la Concorde konnte allerdings wieder durch Tieferlegung der Geleise umgangen werden, allein mit argen Schwierigkeiten und Fährlichkeiten,
weil man dadurch gezwungen war, in wasserführende Bodenschichten einzudringen. Auf Grund der hier gemachten Erfahrungen ist
dann der Sammelkanal Montaigne, welcher die Metropolitanbahn in den Champs-Elysees trifft, nicht unterfahren worden, obwohl dies möglich gewesen wäre, sondern man hat es vorgezogen, das Profil des in Rede
stehenden Hauptkanals unter der Rue Montaigne, um für die Bahn Platz zu gewinnen, etwa auf die Hälfte zu verkleinern und als Ersatz einen neuen Kanal in der Avenue Gabriel zu erbauen. Endlich war man genötigt, unter der Rue de la Pompe einenneuen Sammelkanal herzustellen, der die Aufgabe hat, die Verbindung zwischen den Nebenkanälen, die dort infolge des Bahnbaues
zerstört worden ist, wieder herzustellen. Dieser Verbindungskanal geht durch die Avenue Bugeaud, unterfährt die Metropolitanbahn-Zweiglinie Place de l'Etoile-Porte Dauphiné und mündet in den Hauptkanal Pereire. Es versteht sich von selbst, dass die in den Sammelkanälen vorgenommenen Umbauten auch zahlreiche Aenderungen in den Zuleitungen
zur Folge hatten, und so hat man denn diesen verschiedenen Herstellungen eine Summe von 3841000 Franken opfern müssen. Ebenso
haben die bisher ergebenen vielen Verlegungen der Wasserleitung nennenswerte Kosten verursacht, die sich rund auf 800000 Franken
belaufen.
Um die Erdmassen zu beseitigen, welche infolge der für die Bahnzwecke erforderlichen Ausgrabungen angehäuft wurden, hatte
man besondere Abfuhrstollen hergestellt, die an den Seinequais münden und hier in Abladegeleisen endigen. Solche Abfuhrstollen
sind auf der Linie 1, Fig. 1, zwischen der Station Saint Paul und der Avenue de l'Alma ihrer vier vorhanden, welche der Reihe nach 220, 246, 212 und 1125
m Länge besitzen. Die Herstellungskosten für die drei erstangeführten Stollen – der vierte war zur Zeit der Begehung und Berichterstattung
noch nicht vollendet – berechnen sich mit 400000 Franken. Da auf sämtlichen Linien des Metropolitanbahnnetzes ausschliesslich
elektrischer Betrieb eingeführt sein wird, steht nicht zu gewärtigen, dass sich in den unterirdischen Strecken ein Erfordernis
für eigene Vorkehrungen zur Beschaffung frischer Luft herausstellen könne. Die Lufterneuerung wird also vorläufig lediglich
durch die Aufgänge der Stationen besorgt werden, die im Durchschnitte etwa 540 m voneinander liegen. Ganz besonders reichlich
wird hingegen sowohl auf den unterirdischen Stationen als längs den Tunnelstrecken für elektrische Beleuchtung gesorgt, so
dass der Uebergang von Tageslicht zum künstlichen Licht den Fahrgästen kaum auffallen wird. Als Fahrgebühr für jede beliebige
Strecke ist für die I. Klasse ein Einheitspreis von 20 Pf. und für die II. Klasse von 12 Pf. in Aussicht genommen.
B. Die neuen Linien der Westbahngesellschaft.
Mit Dekret vom 5. Juli 1893 hatte die französische Westbahngesellschaft die Ermächtigung erhalten, ihre Ringbahnlinie (Rive gauche) von den Gipsmühlen bis zum Invalidenplatze zu verlängern. Um
diese Linie mit ihren übrigen in Paris mündenden Strecken in Verbindung zu bringen, wurden der genannten Gesellschaft durch
ein Gesetz vom 14. Juli 1897 nachstehende drei Verbindungslinien konzessioniert, nämlich eine 6 km lange Schleife von Courcelle, Station der „inneren Gürtelbahn“, nach Passy und zum Champ de Mars, wodurch zwischen Courcelle und der Ringbahnstation bei der Avenue du Trocadéro eine viergeleisige Strecke entsteht, dann die 10 km lange Linie von Issy, Station der „äusseren Gürtelbahn“ nach der Westbahnstation Viroflay und schliesslich die Verbindungsstrecke von Plaisir-Grignon nach Epone, welche eine Länge von 18 km besitzen wird. Nach Herstellung der beiden letztangeführten Verbindungen wird es möglich sein,
die aus der Bretagne ebenso wie jene aus der Normandie eintreffenden Züge nach Belieben auf einen der drei Endbahnhöfe Montparnasse, Des Invalides oder De Saint Lazar zu lenken. Ausserdem wird man mit Hilfe der Zweiglinie „Courcelle-Invalides“ die innere Gürtelbahn einigermassen entlasten, die durch ihren Verkehrsumfang von 25 Millionen Kilometertonnen, der in den
letzten Jahren jährlich durchschnittlich um eine Million stieg, übermässig in Anspruch genommen ist. Auch wird bereits daran
gedacht, in nicht allzuferner Zeit die Verbindung des Westbahnnetzes mit dem der Orleansbahn herzustellen, was in Anbetracht
der geringen Entfernung der Bahnhöfe „Aux Invalides“ (Westbahn) und des Bahnhofes am „Quai d'Orsay“ (Orleansbahn) ohne grosse Schwierigkeiten durchführbar erscheint.
Jene Teile der vorstehend angeführten Neuanlagen der Westbahngesellschaft, welche
1900 zur Weltausstellung fertig sein müssen, sind in Fig.
4 mit kräftigeren Strichen ersichtlich gemacht. Der Bahnhof „Aux Invalides“ liegt fast ganz in einer tiefen Galerie; von hier aus tritt die doppelgeleisige Strecke in einen verdeckten Einschnitt von
etwa 250 m Länge, um sich dann dem Seineufer zuzuwenden. Die Ueberdeckung dieses Einschnittes, auf der während der Ausstellung
eine Reihe der verschiedensten Baulichkeiten Platz finden sollen, ist nur eine vorläufige und wird nach der Ausstellung wieder
beseitigt.
Textabbildung Bd. 315, S. 11
Fig. 4.Situation der beiden Linien Courcelles-Champ de Mars und Issy-Viroflay.
Von der Zwischenstation „Champ de Mars“ an ist es dann die ungeändert gebliebene alte Gürtelbahnlinie, welche längs des linken Seineufers die Fortsetzung der neuerbauten
Strecke bildet, bis zu der ungefähr 400 m ausserhalb der Festungswerke liegenden Station „Issy“, wo dann die zweite neu-erbaute Strecke über Meudon und Chaville nach Viroflay abzweigt. Diese Linie durchschneidet die Ebene von Issy teils auf Dämmen, teils auf Viadukten, zieht sich dann an der Lehne des Höhenzuges hin, der Issy überragt, zu deren Ende
sie sich nach links wendet und unter einem Bogen des Viaduktes der Hauptlinie der Westbahn (Versailles-Montparnasse) diese
Bahn kreuzt, um in das Fleurithal und darauf in das Thal von Meudon einzutreten, von wo aus sie den ganzen Meudonwald mittels eines 3350 m langen Tunnels passiert, der bei Chaville mündet. Kurz darauf nähert sich die neue Trace wieder der alten Westbahnlinie, unterfährt dieselbe neuerdings und läuft dann
neben ihr parallel bis zur Einmündungsstation Viroflay. Der bedeutende Höhenunterschied zwischen Issy und Viroflay wird durch Steigungen gewonnen, welche gleichmässig von Issy bis Meudon 10 ‰, im Tunnel 8 ‰ und von Chaville bis Viroflay wieder 10 ‰ betragen. Die Herstellung dieser Strecke erforderte bedeutende Erdarbeiten und im Tunnel eine Reihe besonderer
Einrichtungen für die Entwässerung, Lüftung und Beleuchtung. Namentlich im Fleurithale waren auch vielfach Sicherungen gegen
Rutschungen durchzuführen und zu dem Ende Dämme sowie Lehnenabschnitte mit ausgedehnten Entwässerungen und Stützmauern zu
versehen. Grosse Schwierigkeiten ergaben sich ferner bei den Fundierungen für die Pfeiler der in der Strecke vorhandenen fünf
grossen Viadukte, und zwar in der Ebene von Issy infolge des Flugsandbodens, der vom Seinewasser durchdrungen ist, sowie auch infolge der Tiefe, welche sich für die Grundmauern
der Pfeiler erforderlich machte. Manmusste nämlich zumeist bis unter das Niveau der Seine und dabei durch die Höhlen und unterirdischen Gänge niederteufen, die
in dieser Gegend in die Kreide von Meudon gegraben sind und der Champignonzucht dienen. Der grosse Tunnel wurde auf der Seite
gegen Meudon, wo der Boden weich und trocken ist, nach der belgischen Methode ausgeführt, die durch Verwendung eines Fahrstuhles, der an
den Verbindungsstellen der Arbeitsplätze hin und her fuhr, vervollkommnet worden war. Auf der Seite gegen Chaville musste jedoch mit Rücksicht auf das ungünstige Material die Schildmethode angewendet werden. Zu den bereits angeführten Kunstbauten
kommt auch noch eine Verbreiterung der zwischen Chaville und Viroflay bestehenden Brücke der alten Westbahnlinie Versailles-Montparnasse, die nunmehr vier Geleise aufzunehmen hat. Endlich ist auch noch erwähnenswert, dass mit Rücksicht auf die zu ändernde Geleisanlage
eine Verschiebung des alten Aufnahmegebäudes der Station Viroflay vorgenommen werden wird.
Textabbildung Bd. 315, S. 11
Fig. 5.Situation des Abschnittes Trocadéro-Champ de Mars.
Noch weitaus kostspieliger und schwieriger gestaltete sich die Bauausführung der Verbindungsstücke von Courcelles nach Passy und bis zum Bahnhofe „Champ de Mars“, welche von dem Punkte, wo sie die Trace der kleinen Ringbahn verlässt, d. i. von der
Rue Alphonse de Neuville bis zum Anschlusse im Champ de Mars 5605 m, vom Bahnhofe „St. Lazar“ aus 8120 m Länge besitzt. Sie weist in Hinsicht auf Bauschwierigkeiten zwei sehr ungleiche Teilstrecken auf, nämlich die
in Fig. 5 im vergrösserten Massstabe veranschaulichte Strecke vom Bahnhofe „Champ de Mars“ bis zur Avenue du Trocadéro einerseits und ihre Fortsetzung bis nach Courcelles (vgl. Fig. 4) andererseits. Der erstgenannte Teil trennt sich von der Ringbahn (Gipsmühlenlinie) bei dem kleinen Viadukt bei Passy und läuft von da ab vorläufig mit der letztgenannten Linie parallel bis zur Rue des Usines; von da wendet sie sich nach rechts,
um den Viadukt bezw. die Brücken zu erreichen, welche die Ueberfahrt über die Seine vermitteln. Dieser Viadukt wird eine äusserst
scharfe Krümmung erhalten und eigentlich aus zwei Hauptviadukten bestehen, von denen der eine den kleinen Arm der Seine, der
andere die schiffbare Seine überbrückt. Ersterer besteht aus drei, von eisernen Gitterpfeilern getragenen Feldern, von denen
die beiden äusseren 19,20 bezw. 33,50 m und das mittlere 43 m Spannweite besitzen. Die Achse dieses Viaduktes bildet ein derartiges
Polygon, dass die Geleise in einen Bogen von 155 m verlegt werden können. Zur Ueberbrückung des schiffbaren Seinearmes wird
nur ein einziges Feld mit Bogenträgern von 85 m Spannweite dienen, die die Flussachse unter einem Winkel von 67° schneiden. Man hat sich zu dieser Konstruktion, die der Schiffahrt freien Weg gewährt, sowohl aus Schönheitsrücksichten
veranlasst gefunden, als aus Rücksichten für die Erleichterung des Bahnbetriebes, der durch eine Dreh- oder eine Klappbrücke
entschieden wesentlich erschwert worden wäre. Die beiden Brücken über den kleinen Arm und den schiffbaren Arm der Seine sind
durch ein gemauertes Zwischenfeld verbunden, das mit seinem elliptischen Bogen die ganze Breite der Schwaneninsel überspannt.
Dem über den schiffbaren Arm gespannten Brückenfelde gliedern sich vier weitere Felder eines gemauerten Viaduktes an bis zum
Passythore, wo die Quaistrasse durch eine 20 m breite, aus eisernen Blechträgern hergestellte Durchfahrt überbrückt wird und
als Fortsetzung der Linie wieder fünf weitere gemauerte Viaduktbogen eingebaut sind. Von da an läuft die Strecke auf Dämmen
weiter, um schliesslich zur Durchquerung der Höhen von Passy zunächst der Raynouardstrasse in einen Tunnel einzutreten. Letzterer
besitzt eine Länge von 317,25 m und stösst an einen offenen Einschnitt von 106,94 m, der ganz in der Nähe der Kreuzung der
Rue Boulainvilliers und der Weinrebenstrasse vorübergeht, wo eine Haltestation errichtet wird. Hinter dem Einschnitte geht die Trace neuerlich
unterirdisch weiter, und zwar parallel mit der Rue de la Pompe in einem Tunnel von 345,05 m, der knapp vor der nach Muette führenden Landstrasse in einen offenen Einschnitt von 50 m Länge endigt. Dieses Stück der Teilstrecke „Champ de Mars-Avenue du Trocadéro“ ist in Fig. 6 und 7 besonders erläutert. In dem vorbezeichneten Einschnitt vor der Chaussée de la Muette (Fig.
6) beginnt eine Gabelung des Doppelgeleises, das sich in zwei völlig voneinander gesonderte, eingeleisige Strecken umwandelt.
Diese beiden Strecken treten nun wieder in Tunnels ein, die natürlich voneinander getrennt und nur eingeleisig profiliert
sind, und verlaufen in dieser Art bis zur Rue Edmound About. Auf diesem Wege schliesst sich das rechtsseitige Geleise seitlich
an die Ringbahn
(Kleine Gürtelbahnlinie Courcelles-Auteuil) an, mit dieser parallel weiterlaufend, während das linke Geleise die Ringbahn unterfährt
(Fig. 7), und sich successive an der anderen Seite der Auteuilerstrecke anschliesst, so dass die beiden Geleise der Champ de Marslinie
nach ihrem Austritte aus den Tunnels die alte Ringbahnlinie rechts und links einfassen. Die vereinigten Strecken verlaufen
nun hinter der Rue Edmound About viergeleisig in einem nur unter der
Avenue de la Tour überwölbten, sonst aber offenen Einschnitt, der unmittelbar vor der Station „Avenue du Trocadéro“ endigt.
Textabbildung Bd. 315, S. 12
Fig. 6.Vereinigung der Linie Champ de Mars mit der Ringbahn (Kleine Gürtelbahn).
Die Bauausführungen für den zweiten 3600 m langen Teil der in Rede stehenden Verbindungslinie begreifen im wesentlichen nur
solche Arbeiten, welche sich durch die Umgestaltung der alten, bis Courcelles durchaus in Einschnitten liegenden, zweigeleisigen Strecke in eine viergeleisige ergaben, und man bewerkstelligte dies, indem
die erforderliche Verbreiterung je nach den örtlichen Verhältnissen rechts oder links vorgenommen wurde. Sobald die neue Verbindungslinie
in Betrieb gesetzt wird, dann werden die beiden Geleise, die auf der der Stadt zugekehrten Seiteliegen, den gegen Champ de Mars und Auteuil verkehrenden Zügen vorbehalten sein, die beiden anderen hingegen werden die von Auteuil und von Champ de Mars kommenden Züge aufzunehmen haben. In jeder der vier Doppelstationen „Courcelles-Levallois“,
„Neuilly-Port Maillot“, „Avenue de Bois de Boulogne“ und
„Avenue du Trocadéro“ werden die beiden Geleise, welche von den in gleicher Fahrtrichtung verkehrenden Zügen durcheilt werden, mit getrennten Bahnsteigen
versehen, damit dem Publikum über das Ziel der Züge keinerlei Irrtum erwachsen könne. Diese Perrons werden von aussergewöhnlich
hoher Bauart sein, und zwar mit ihrem Niveau 0,85 m über Schienenoberkante liegen.
Auf dem Streckenabschnitte von Courcelles bis zum Trocadéro wird aufs eifrigste an der Ausführung der Neubauten gearbeitet, ohne den ausserordentlich lebhaften Verkehr auf der Gürtelbahn
irgendwie zu stören. Die alten Böschungen sind durchwegs weggerissen und durch Stützmauern ersetzt worden. Da wo der vorhandene
Durchstich zu schmal ist und bis unter die Bürgersteige der anschliessenden Strassen erweitert werden muss, stellt man die
Einschnittwände aus Betonmauern her, die Auslader erhalten, auf welchen die beseitigten Trottoirs wieder errichtet werden.
Derartige Strassengalerien finden sich besonders reichlich nächst des Bahnhofes „Courcelles“ und längs des Boulevard Pereire. Die vorgedachten Auslader oder Konsolen sind nach Monier's Bauweise aus Cement und Eisenflechtwerk hergestellt und untereinander durch Gewölbsbögen derselben Bauweise verbunden. Diese
Ausführungsart gestattet weitaus grössere Ausladungen, wie ein gewöhnlicher Ziegelbau und kommt doch noch billiger als Eisenkonstruktionen.
Innerhalb eines und desselben Streckenstückes sind diese Trottoirgalerien natürlich schon aus Schönheitsrücksichten aus ganz
gleichen Tragfeldern hergestellt, doch die verschiedenen Streckenstücke weichen sehr voneinander ab, da die Spannweite zwischen
den Konsolen und die Ausladung der letzteren eben von den sehr ungleichen örtlichen Bedürfnissen abhängen. So schwankt die
gegenseitige Entfernung der Konsolen zwischen
2,50 bis 3 m und das Mass der Ausladung zwischen 0,80 m und 3,50 m. Auch die Bogenhöhe der die Konsolen verbindenden
Gewölbe ist natürlich sehr verschieden. So hat man beispielsweise am Saume der Place Pereire, dann der Avenue du Bois de Boulogne und der Avenue Henri-Martin ganz flache Gewölbe anbringen müssen und in der Rue de la Grand Armée ist man sogar gezwungen gewesen auf Untermauerungen überhaupt zu verzichten und lediglich eiserne Tragröste anzuwenden, um
nicht das normale Profil der Bahn zu beengen. Es stellt sich ferner die Notwendigkeit heraus, die in den Stationen
„Neuilly“, „Port Maillot“ und „Bois de Boulogne“ bestandenen alten Aufnahmsgebäude der Gürtelbahn vollständig umzubauen. Desgleichen müssen alle Brücken, Durchlässe und Kanäle
der in Betracht kommenden Ringbahnstrecke am Planum um 16 m verbreitert werden.
Textabbildung Bd. 315, S. 12
Fig. 7.Unterfahrung der Ringbahn (Kleine Gürtelbalm) durch das rechte Geleise der Champ de Mars-Linie zwischen der Avenue du Trocadéro
et Passy.
Zur Fortschaffung des ausgehobenen Schuttmaterials sind an allen grösseren Arbeitsstellen Nebengeleise in die Gürtelbahn eingelegt
und darüber 1,5 bis 2 m hohe Schuttgerüste erbaut, wo das mittels Hundebahn zugeführte Material auf die darunter aufgestellten
Erdwagen ausgeschüttet wird. Die beladenen Erdwagen werden nachts in langen Zügen weggebracht und durch leere ersetzt. Der Schutt selbst wird nach Issy oder auch nach Viroflay verführt und dort als
Anschüttungsmaterial verwendet. Ganz ausserordentliche Schwierigkeiten hat der Bau der beiden eingeleisigen Tunnels verursacht
und besonders der des linken Geleises bei der Unterfahrung der Ringbahn
(Fig. 7), welche Kreuzung unter einem Winkel von nur 14° bewerkstelligt werden musste. Ausserdem war hier für den Durchgang nur eine
knapp zureichende Höhe zur Verfügung, so dass der Unterschied zwischen dem Gewölbsrücken des Tunnels und der darüberliegenden
Ringbahngeleise nur 0,68 m beträgt. Aussergewöhnliche Massnahmen machte an dieser Stelle endlich auch der Umstand notwendig,
dass der neu zu erbauende Tunnel einen Teil des vorderen Pfeilers an der Ueberbrückung der Chaussee de la Muette durchschneiden
musste. Trotz aller dieser Widrigkeiten wurde die Unterfahrung in weniger als 10 Wochen fertiggestellt, ohne irgendwie Betriebsstörung
auf der Ringbahn verursacht zu haben, was als eine ganz hervorragende, seltene Leistung gelten darf, wenn man bedenkt, dass
die Baustelle täglich von mehr als 400 Zügen befahren worden ist. Was die beiden zwischen Champ de Mars und Trocadéro im Bau begriffenen zweigeleisigen Tunnels anbelangt, so besitzen dieselben genau den gleichen Querschnitt. Das einen gedrückten
Bogen bildende Deckengewölbe besteht aus drei Bogen, nämlich aus den beiden Anlaufbogen von je 3,70 m Halbmesser und dem Scheitelbogen
von 4,80 m Halbmesser. Die hauptsächlichsten Abmessungen sind nachfolgende: Gewölbsstärke am Schlusse 1,00 m, am Anlauf 1,25
m; Dicke der vertikalen Fusswände am Gewölbswiderlager 1,25 m, am Fussende 1,75; lichte Weite zwischen den Tunnelwänden 9,00
m. An den Stellen, wo der Tunnel durch Thonschichten geht und die Gefahr nicht ausgeschlossen erscheint, dass durch Blähung
des Materials eine Verschiebung der Seitenwände erfolgen könnte, ist das Fussgewölbe durch eingezogene Eisenschliessen oder
durch eiserne Röste noch besonders verstärkt und versichert. Interessant ist die Methode, welche man anwendet, um die am Aussenrand
des Tunnelgewölbes durch die Risse und Verbrüche des Deckmaterials (Kalk, Kreide oder Thon) entstehenden Hohlräume zu verschliessen
und abzudichten.
Zu diesem Zwecke sind nämlich in bestimmten Entfernungen voneinander 5 cm starke Löcher im Deckengewölbe ausgespart, in welche
man einen Schlauch einführt, durch den mittels einer Handpumpe flüssiger Cementmörtel eingetrieben wird. Letzterer wird immer
erst an der Arbeitsstelle mit Hilfe einer Mischmaschine nach Massgabe und zur Zeit des Bedarfes angemacht. In jedem der grossen
Tunnels wird der Luftwechsel durch eine Anzahl ins Freie führende Querschläge und einen in der Tunnelmitte hergestellten Luftschacht
von 10 qm Querschnitt vermittelt; würden sich diese Vorkehrungen als unzulänglich erweisen, so werden sie durch die Indienststellung
von elektrisch angetriebenen Ventilatoren unterstützt werden. Es sind diesfalls dieselben Apparate in Aussicht genommen, wie
sie bei der Orleansbahn in Benutzung stehen, und die bei einer Geschwindigkeit von 85 Umdrehungen in der Minute 50 cbm Luft
pro Sekunde liefern, d. i. innerhalb einer Stunde 3mal so viel als von 400 Zügen verbrauchtwird, und 10- bis 11mal so viel als das ganze Luftvolumen des Tunnels ausmacht. Die beiden eingeleisigen Tunnels werden durch
einfache ausgemauerte Querstollen gelüftet, welche von 20 zu 20 m hergestellt sind, und die Stützmauern der Gürtelbahn durchbrechend
ins Freie führen. Gegenwärtig sind die einspurigen Tunnels bereits nahezu fertig und die Arbeit an den zweispurigen gleichfalls
schon soweit vorgeschritten, dass die rechtzeitige Vollendung der ganzen Verbindungslinie zu Anfang des kommenden Jahres ausser
Frage steht.
Zur Zeit ist man eben auch damit beschäftigt, zunächst des Bahnhofes bei den Gipsmühlen zwischen der Seine und der Bahnlinie
das Elektrizitätswerk zu erbauen, welches die für die Beförderung der Lokalzüge auf der Linie Aux Invalides-Versailles erforderliche
Kraft zu beschaffen, ausserdem die Beleuchtungsanlagen sämtlicher Stationen der neuen Linien bis Courcelles und Viroflay zu
speisen und den Betriebsstrom für eine Reihe anderer Hilfseinrichtungen, namentlich auch für Luftpressen zu liefern hat. Sie
wird Dynamomaschinen von 800 Kilo-Watt erhalten, deren jede, einen Dreiphasenstrom von 5000 Volt Spannung erzeugen wird. Dieser
hochgespannte Strom wird in unterirdischen Kabeln nach drei Transformatoren geleitet, von denen sich je einer auf der Station
„Champ de Mars“,
„Meudon“ und „Viroflay“ befindet. In jeder dieser Unterstationen kommen statische Transformatoren zur Aufstellung, die rotierende Kaverter speisen,
welche den Wechselstrom von 5000 Volt in Gleichstrom von 550 Volt umwandeln. Von den Kavertern wird der Strom unmittelbar
der als Schienenstrang ausgeführten Betriebsleitung zugeführt, von der er seitens der Lokomotiven mittels Gleitschuhkontakten
abgenommen wird.
Ausser den elektrischen Lokomotiven sind für den Vororteverkehr auch noch vier Pressluftlokomotiven vorgesehen, um den elektrischen
Betrieb zu unterstützen und namentlich für die Tunnels von Passy und Meudon als Reserve zu dienen. Für diese Lokomotiven befindet sich in der Station „Aux Invalides“ eine Speisestelle mit elektrischem Betrieb der Luftpressen, welche die aus der städtischen Pressluftleitung mit 6 kg Spannung
bezogene Luft vermittelst zweier Zwischenstufen bis auf eine Spannung von 80 kg komprimiert.
Unter den sonstigen Nebeneinrichtungen, welche die besagte elektrische Zentrale mit Betriebsstrom zu versehen haben wird,
gehören u.a. auch noch zur Beseitigung des Sickerwassers dienende Saugpumpen, und in allen Stationen bis Viroflay Gepäcksaufzüge,
Fahrstühle, Spille zum Wagenverschieben, Drehscheiben und Schiebebühnen u.s.w., insoweit daselbst derartige Einrichtungen
vorhanden sind. Endlich soll das Elektrizitätswerk künftighin die gesamten Betriebskräfte für die Reparaturwerkstätten in
Batignolle beistellen. Was hinsichtlich des Baues der Strecke hervorgehoben wurde, gilt auch in betreff des grossartigen Elektrizitätswerkes,
nämlich dass ohne Zweifel der Vollendungstermin pünktlich eingehalten werden wird. Diese lediglich von den Ingenieuren der
Westbahn entworfenen und ausgeführten Anlagen sind so bedeutend und werden nichtsdestoweniger so rasch der Vollendung zugeführt,
dass sie in der That der genannten Eisenbahngesellschaft zum grössten Ruhme gereichen.
(Schluss folgt.)