Titel: | Die Gaskraftmaschinen auf der II. Kraft- und Arbeitsmaschinen-Ausstellung zu München 1898. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 311, Jahrgang 1899, S. 104 |
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Die Gaskraftmaschinen auf der II. Kraft- und
Arbeitsmaschinen-Ausstellung zu München 1898.
Von Prof. Fr.
Freytag.
(Fortsetzung des Berichtes S. 85 d.
Bd.)
Die Gaskraftmaschinen auf der II. Kraft- und
Arbeitsmaschinen-Ausstellung zu München 1898.
Die Motorenfabrik Oberursel, A.-G., in Oberursel
bei Frankfurt a. M. hatte nachstehend verzeichnete eincylindrische Motoren und
Lokomobilen ausgestellt:
1
stehenden
Petroleummotor
von
4
1
„
„
„
10
„
1
„
Gasmotor
„
2
„
1
„
„
„
0,5
„
1
„
Benzinmotor
„
8
„
1
liegenden Petroleummotor
„
8
„
1
Petroleumlokomobile, Modell A
„
6
„
1
„ „ A
„
10
„
1
„ „ B
„
4
„
Den unter dem Namen „Gnom“ in den Handel gedachten stehenden Petroleummotor von 4 bezw. 10 zeigen Fig. 42 und 43. Der
Kolben K saugt beim Niedergange durch das selbstthätige
Ventil I eine mittels Schiebers H (Fig. 43) regelbare Menge Luft und durch
das Ventil p eine genau einstellbare Menge Petroleum
an, welches in dem durch die mit Anwärmeteller T und
Brenner G versehene Lampe L erhitzten Vergaser V verdampft und mit der
angesaugten Luft das zur Explosion kommende Gemisch bildet, welches sich nach
gehöriger Verdichtung im Explosionsraum E des Cylinders
C an den glühenden Wandungen des Vergasers
entzündet.
An der Rückseite des Motors ist der Petroleumbehälter B
befestigt, in dem die ohne Ventile Arbeitende, von der Kurbelwelle mittels
Schnurscheiben betriebene Petroleumpumpe d, der
Windkessel b und das kleine Petroleumgefäss g untergebracht sind. Die Pumpe fördert ununterbrochen
Petroleum in den Windkessel; aus diesem gelangt es durch ein Steigrohr mit
belastetem Ueberdruckventil, welches sich bei einem bestimmten Druck öffnet, in das
Gefäss g, dessen Flüssigkeitsspiegel eine konstante
Höhe einnimmt, und weiter nach dem Passieren eines mittels Hebels einstellbaren
Injektors q durch das Petroleumventil p beim Saughube des Kolbens in den Vergaser V. Damit der Druck, unter welchem das Petroleum dem
Injektor zuströmt, stets gleich bleibt, ist das Gefäss g mit einem Ueberlaufrohr M versehen, durch
welches das zu viel geförderte Petroleum in den Behälter B zurückfliesst. Eine zweite vom Windkessel b
ausgehende Rohrleitung führt der Lampe L mit
aussenliegender Feder f das nötige Petroleum unter
konstantem Druck zu.
Zur Erreichung des Viertaktes bezw. zur Betätigung des Auslassventils A dient eine Exzentersteuerung (D. R. P. Nr. 74547).
Dieselbe besteht aus einem, auf der in langen Lagern W
geführten Kurbelwelle befestigten Exzenter S, dessen
durch einen Lenker gehaltener Ring mit Ansätzen zur Führung eines Schiebers
versehen ist, der mittels Stiftes die Spindel des Auslassventils bethätigt. Damit
aber bei jeder zweiten Umdrehung der Kurbelwelle der Stift an der genannten Spindel
vorbeigeht, greift das Exzenter mit einer Anzahl Schneckengängen in ein Schneckenrad
von doppelter Zähnezahl, und dieses schiebt durch einen Daumen den unter Federdruck
stehenden Schieber mitsamt dem Stift aus dem Bereich der Spindel des Auslassventils,
so dass letzteres geschlossen bleibt. Um die Kompression ausrücken zu können, ist
ein Hebel i angeordnet, dessen bezügliche Lage eine
Bethätigung der Auslassventilspindel seitens des genannten Stiftes bei jeder
Umdrehung der Kurbelwelle zulässt.
Textabbildung Bd. 311, S. 103
Fig. 42. Stehender Petroleummotor von 4 bezw. 10 HP der Motorenfabrik
Oberursel.
Zur Regelung der Geschwindigkeit dient ein auf der Kurbelwelle
sitzender Zentrifugalregulator R, der aus einem festen
Ring besteht, welcher mit Schwungkugeln derart gelenkig verbunden ist, dass je nach
deren Bewegung ein auf der Kurbelwelle gleitender Ring mittels Hebels in dem einen
oder anderen Sinne bewegt wird. Dadurch wird mittels Gestänges eine aussenliegende
Sperrklinke s mit einem Anschlag u auf der Spindel a des
Auslassventils in oder ausser Eingriff gebracht, derart, dass bei der
Ueberschreitung einer festgesetzten Umlaufszahl dieses Ventil so lange geöffnet
bleibt, bis der Motor seine normale Geschwindigkeit wieder angenommen hat.
Textabbildung Bd. 311, S. 104
Fig. 43. Stehender Petroleummotor von 4 bezw. 10 HP der Motorenfabrik
Oberursel.
Der Cylinder ruht auf einem durch Deckel geschlossenen kastenförmigen Gehäuse F, das bis zu einer bestimmten Höhe mit Schmieröl
angefüllt ist, in welches die beweglichen Teile des Motors bei ihrer Umdrehung
eintauchen. Ein besonderer Tropföler U dient zum
Schmieren des Kolbens und gleichzeitiger Ergänzung des im Sockel befindlichen
Schmieröles, ein Röhrchen m zur Schmierung der Spindel
a des Auslassventils.
Der stehende Gasmotor von 2 entspricht in
seiner Gesamtanordnung dem vorbesprochenen Petroleummotor. Das selbstthätige
Einlassventil für die zur Explosion kommende Ladung ist als Doppelventil
ausgebildet, so dass der Eintritt des Gases und der Luft gleichzeitig erfolgt. Die
Regulierung der Umdrehungszahl des Motors wird ebenfalls durch Offenhalten des
Auslassventils bezw. durch Ausfallen von Zündungen bewirkt. Zur Zündung der
verdichteten Ladung dient ein mittels Bunsen-Brenners von aussen erhitztes
Porzellanglührohr.
Der stehende Gasmotor von 0,5 hat, im Gegensatz zu den übrigen
„Gnommotoren“, eine durch Zahnradübersetzung angetriebene Steuerwelle,
von der aus das Auslassventil und der Pendelregulator bethätigt werden. Die
Steuerung besteht aus einer Kurvenscheibe in Verbindung mit einer Stossstange, die
sowohl das Oeffnen und Schliessen des Auslassventils, wie auch die Regulierung der
Geschwindigkeit des Motors bewirkt. Bei normaler Umdrehungszahl trifft die
Stossstange mit der Spindel des Auslassventils zusammen und öffnet dieses, während
es bei Ueberschreitung der Umdrehungszahl geschlossen bleibt. Die im Cylinder
verbleibenden Verbrennungsrückstände verhindern infolgedessen das Einsaugen frischer
Ladung durch das selbstthätig wirkende Mischventil derselben Bauart wie bei dem
2pferdigen Gasmotor so lange, bis bei normaler Geschwindigkeit das Auslassventil
wieder geöffnet wird. Durch eine Regulierfeder lässt sich die Schwingungsdauer der
Stossstange und damit auch die Umdrehungszahl des Motors während des Betriebes
verändern.
Textabbildung Bd. 311, S. 104
Fig. 44. Stehender Benzinmotor von 8 HP der Motorenfabrik Oberursel.
Der stehende Benzinmotor (Fig.
44) von 8 gleicht in seiner Bauart den vorstehend beschriebenen
Motoren. Das Kraftmittel wird in einem in nächster Nähe des Motors, aufgestellten
Gasapparat erzeugt. Derselbe besteht aus einem gusseisernen Behälter, in den ein
starkwandiges mit Benzin gefülltes Blechgefäss eingesetzt ist. In diesem befindet
sich das Luftsaugerohr mit tellerförmigen Siebplatten am unteren Ende, die in das
Benzin eintauchen. Der Behälter ist auf einem gusseisernen Untersatz befestigt, der
je nach Stellung einer Dreiwegeklappe durch Auspuffgase angeheizt werden kann. Um
den Benzinstand von aussen erkennen zu können, ist ein Schwimmer angeordnet. Damit
bei einer vorzeitigen Entzündung des Gemisches in der zwischen Gasapparat und Motor
liegenden Saugleitung Druckäusserungen auf den ersteren bezw. den Benzinbehälter verhindert werden,
sind ein mit Kieselsteinen angefüllter Sicherheitstopf, ferner eine Rückschlag- und
Sicherheitsklappe in die Leitung eingeschaltet.
Zur Zündung des Gemisches dient in der Regel ein aus drei Hufeisenmagneten mit
zwischengelagerter Induktionsspule zusammengesetzter magnetelektrischer Apparat
bekannter Konstruktion.
Textabbildung Bd. 311, S. 105
Liegender Petroleummotor von 8 HP der Motorenfabrik Oberursel.
Textabbildung Bd. 311, S. 105
Petroleumlokomobile, Modell A, von 6 bezw. 10 HP der Motorenfabrik
Oberursel.
A Fest- und Losscheibe; B
Petroleumvorratsbehälter; c Petroleumpumpe; D Apparat zur Abkühlung des
Kühlwassers; E Ventilator auf beiden Seiten; F Spannrolle; G
Kühlwasserzentrifugalpumpe; H Auspufftopf; J Petroleumbehälter; K Rohr für
Abgase; L Regulierhahn für Kühlwasser; M Abzugsrohr für die Lampe; N Drehbare
Windschutzhaube; O Riemenausrücker für die Fest- und Losscheibe.
Der liegende Petroleummotor von 8 mit 200
minutlichen Umdrehungen besitzt, wie Fig. 45 und 46 erkennen
lassen, ein am Cylinderdeckel angeordnetes gesteuertes Auslassventil A, darüber das selbstthätige Einlassventil B, und ferner ein kleines Petroleumventil C (Zerstäuberventil) am Ende des Vergasers. Die in dem
Vorratsbehälter D für das Petroleum untergebrachte
oscillierende Pumpe E fördert den Brennstoff, in
ähnlicher Weise wie bei den stehenden Petroleummotoren, zunächst nach dem Windkessel
F und durch eine Leitung G mit Ueberdruckventil in das Gefäss H; von
hier gelangt es nach dem Injektor L bezw. durch eine
Leitung K nach der Vergaserlampe. Das überschüssige
Petroleum fliesst durch das Ueberlaufrohr J in den
Behälter D zurück. Auch die Zerstäubung des Petroleums
und die Einführung in den Vergaser erfolgt in derselben Weise wie bei den stehenden
Petroleummotoren. Zur Regulierung der Geschwindigkeit dient ein von der Steuer welle
angetriebener Zentrifugalregulator M, der bei
Ueberschreitung einer festgesetzten Umdrehungszahl mittels Winkelhebels N den Auslassventilhebel O
abstützt und damit das Einsaugen einer frischen Ladung verhindert. Mittels einer am oberen
Teile des Regulators angebrachten stellbaren Feder lässt sich die Umdrehungszahl des
Motors auch während des Betriebes verändern. Zur Kolbenschmierung dient eine
Oelpumpe P. Dem Kurbellager der Pleuelstange wird das
Oel mittels eines Zentrifugalschmierringes zugeführt.
Textabbildung Bd. 311, S. 106
Fig. 49. Gasdynamo von 7,1 HP von Gebr. Körting.
Die Bauart der Petroleumlokomobile, Modell A, von 6
bezw. 10 zeigen Fig. 47 und 48. Der
Sockel des stehenden Motors hat eine besondere Form und ist sattelförmig in den aus
⊏-Eisen gebildeten Rahmen des Lokomobilwagens
eingesetzt, so dass der Schwerpunkt tief zu liegen kommt. Um die Schwankungen des
Wagens beim Arbeiten des Motors herabzumindern, sind die in Betracht kommenden
rotierenden bezw. hin und her gehenden Massen durch auf den Kurbelarmen sitzende
Gegengewichte nahezu ausgeglichen.
Im übrigen sind die Motoren nach denselben Grundprinzipien gebaut wie die stationären
Motoren. Um ein Auslöschen der Vergaserlampe durch Windstösse zu verhindern, ist die
Lampe mit einer doppelten Ummantelung versehen; ferner ist das Abzugsrohr der Lampe
oben durch eine selbstthätig drehbare Windschutzhaube abgeschlossen.
Das zur Kühlung des Cylinders dienende Wasser wird mittels Zentrifugalpumpe einem
Behälter entnommen, über dem sich ein mit Ventilator versehenes Kühlwerk bekannter
Konstruktion befindet. Zentrifugalpumpe und Ventilator werden durch einen
gemeinschaftlichen Riemen von der Kurbelwelle aus angetrieben.
Die Lokomobile ist mit einem Schutzdach versehen und kann auch seitlich durch
Jalousien gegen Witterungseinflüsse geschützt werden. Eine derartige, von der
Maschinenprüfungsanstalt der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen zu Halle
a. S. im Februar 1898 geprüfte Lokomobile von 10 bis 12 hat einen auf dem
Unterwagen montierten Motor von 260 mm Cylinderdurchmesser und 260 mm Kolbenhub, der
mit 270 minutlichen Umdrehungen 16,4 i bezw.
11,51 e – entsprechend 11 51 einem
Wirkungsgrad von \frac{11,51}{16,4}=0,70 – entwickelte. Als
Brennstoff diente in diesem Falle Solaröl, dessen Verbrauch zu 3,9 kg in der Stunde
angegeben wird.
Die Petroleumlokomobile, Modell B, von 4 ist mit einem normalen
stehenden Petroleummotor versehen, der auf einem auf drei oder vier Rädern ruhenden
Eisenrahmen montiert ist. Die Kühlung des Cylinders erfolgt durch eine vom Motor
angetriebene Flügelpumpe, welche das Wasser aus einem seitlich aufgestellten Fass
entnimmt. In dieses fliesst es nach erfolgter Cylinderkühlung durch eine Brause
zurück.
Gebr. Körting in Hannover stellten eine mit einer
Gleichstromdynamo gekuppelte liegende Gasmaschine von 6 , einen stehenden
Benzinmotor von 1 mit angekuppelter Pumpe, und einen liegenden
Spiritusmotor von 4 aus. Die Fig. 49
ersichtliche Gasdynamo hat eine Leistungsfähigkeit von 54 Ampère bei 65 Volt. Sie
ist mit einer Präzisionsregulierung versehen, derart, dass der Regulator eine
zwischen Einlass- und Mischventil liegende Drosselklappe bethätigt; hierdurch wird
dem Gemisch bei geringer Belastung der Eintritt in den Cylinder erschwert, so dass
die eingesogene Gemischmenge sich je nach der Leistung ändert. Derartige Maschinen
werden von Gebr. Körting in neuerer Zeit mit
magnetelektrischen Zündapparaten versehen. Bei einem Probelauf in der Fabrik
verbrauchte die Maschine nach Angaben der Erbauerin bei einer Leistung von 7,1
und bei einer Gas wärme von 0° nur 461 l Gas für 1 /Stunde, bei
3,75 600 l und im Leerlauf 1219 l. Die Gas wärme des zur Verfügung
stehenden Leuchtgases ist durchschnittlich 4700 Kal. unterer Heizwert. Obige Angaben
beziehen sich auf einen Barometerstand von 760 mm Quecksilbersäule.
Der stehende Benzinmotor von 1 (Fig. 50)
zeigt die bekannte Konstruktion derartiger von Gebr.
Körting erbauten Motoren.
Textabbildung Bd. 311, S. 106
Fig. 50. Stehender Benzinmotor von 1 HP von Gebr. Körting,
Das flüssige Benzin wird beim Saughube des Kolbens, nachdem es den engen ringförmigen
Schlitz eines Zerstäubers passiert hat, in regelbarer Menge durch die einströmende
Luft mitgerissen und gelangt vollständig zerstäubt und verdampft in den Cylinder.
Zwischen diesem und dem Mischventil ist noch ein selbstthätiges Rückschlagventil aus
Stahl eingeschaltet, welches den hohen Explosionsdruck nach der Zündung aufnehmen
und einen dichten Abschluss nach dem Cylinder hin schaffen soll. Das Auslassventil
und der Zünder – letzterer besteht aus einem Porzellanröhrchen, welches durch einen
Flammenapparat rotglühend erhalten wird – werden durch einen Hebel gesteuert, dessen
Rolle, um das Auslassventil zu öffnen, durch einen Daumen auf der verlängerten Nabe
des auf der Steuerwelle sitzenden grossen Stirnrades nach aussen gedrückt, zum
Zwecke der Zündung nach der entgegengesetzten Seite hin in eine Vertiefung der Nabe
gezogen wird. Die Regulierung des Motors geschieht durch Offenhalten des
Auslassventils mittels eines im grossen Stirnrad befindlichen Regulators, dessen
Schwunggewicht mit einer an einem Hebel befestigten Schraubenfeder verbunden ist,
die mittels Stellschraube für eine festgesetzte Umdrehungszahl des Motors
eingestellt werden kann.
Die stündliche Leistung der Pumpe soll 6000 l betragen.
Der liegende Spiritusmotor von 4 gleicht vollständig den neuesten
Gasmaschinen der Firma; er besitzt wie diese Präzisionssteuerung und ferner einen
elektrischen Zünder. Zur Verdampfung des Spiritus ist eine Vorwärmeeinrichtung
vorhanden, welche durch die Auspuffgase bethätigt wird. Der Spiritus wird nach
Art der an den Benzinmotoren der Firma befindlichen Zerstäubungsventilen zerstäubt
und mit der Luft in Berührung gebracht. Die Verbrennung des Spiritus erfolgt so
vollkommen, dass es möglich ist, unter Beibehaltung eines guten Nutzeffektes die
Maschine vom Voll gang bis zum Leergang mit veränderlichen Ladungen arbeiten lassen
zu können. Der Verbrauch an Spiritus soll 0,5 l für 1 /Stunde betragen.
(Fortsetzung folgt.)