Titel: | Ueber Glühkörper für elektrische Glühlampen und ihre Entwickelung. |
Autor: | Fr. Schüler |
Fundstelle: | Band 311, Jahrgang 1899, S. 15 |
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Ueber Glühkörper für elektrische Glühlampen und
ihre Entwickelung.
Von Fr. Schüler,
Ingenieur.
Ueber Glühkörper für elektrische Glühlampen und ihre
Entwickelung.
Infolge der beispiellosen Erfolge des Gasglühlichtes mehren sich in der neueren
Zeit die Versuche, auch die Leuchtkörper der elektrischen Glühlampen zu verbessern,
sei es durch den Ersatz des Kohlefadens durch ein widerstandsfähigeres Material, sei
es durch Verwendung der sogen. seltenen Erden oder auf anderen Wegen. Einige dieser
Versuche, denn nur um solche dürfte es sich auch heute noch handeln, haben erst vor
kurzem erhebliches Aufsehen erregt. Es sind dieses die Erfindungen von Nernst und Auer.
Der Zweck der nachstehenden Zeilen ist es, einen kurzen Ueberblick über die
wichtigsten Erscheinungen auf diesem Gebiete zu geben. Eine Hauptquelle bieten die
Patentschriften und unter diesen wieder die englischen. Indessen sind viele von
diesen Veröffentlichungen, namentlich die älteren englischen Patentschriften, nicht
von besonderer Bedeutung. Die Erfinder teilen allerdings mit, dass sie die seltenen
Erden und andere Stoffe mit ähnlichen Eigenschaften für die elektrische Beleuchtung
mit Glühlampen benutzen wollen, geben aber kaum einen Fingerzeig, auf welchem Wege
diese Benutzung erfolgen könnte. Von der Erkenntnis aber, dass derartige Stoffe in
der Glühlampe verwendet werden könnten, bis zur wirklichen Ausführung solcher Lampen
ist ein grosser Schritt. Die Schwierigkeiten, welche sich der praktischen Ausführung
in den Weg stellen, sind so erheblich, dass bis jetzt von den überaus zahlreichen
Vorschlägen nur verschwindend wenige zu wirklich praktischer Bedeutung gelangt
sind.
Die Versuche bewegen sich im grossen und ganzen in drei Richtungen. Die einen wollen
den Kohlefaden durch einen anderen widerstandsfähigeren Leiter ersetzen oder ihn
durch mechanische oder chemische Verbindung mit anderen Leitern widerstandsfähiger
machen. Die anderen verbinden den Kohlefaden oder einen anderen Leiter mit Stoffen,
welche praktisch, d.h. bei gewöhnlicher Temperatur nicht leiten. Die letzten
schliesslich benutzen nur solche nichtleitenden Körper oder, wie sie auch genannt
werden, Leiter zweiter Klasse. Dementsprechend lassen sich die Glühkörper in
folgenden Gruppen unterbringen: I. Glühkörper aus Leitern; a) aus Metallen, deren
Legierungen oder leitenden Verbindungen, b) aus Kohle und Metall bezw. deren
Verbindungen (Karbide). II. Glühkörper aus einer Kombination von Leitern und
Nichtleitern (Leitern zweiter Klasse); a) Nichtleiter in der Nähe von Leitern, b)
Nichtleiter in Verbindung mit Leitern (Ueberziehen, Tränken, Mischen). III.
Glühkörper aus reinen Nichtleitern (Leitern zweiter Klasse). In dieser Reihenfolge
sollen die Glühkörper nachstehend behandelt werden. Es muss jedoch bemerkt werden,
dass eine vollkommen scharfe Trennung zwischen den einzelnen Gruppen zuweilen nicht
möglich war, zumal über die Leitungsfähigkeit einzelner Körper Angaben nicht zu
erhalten waren.
Die Glühkörper aus Metallen sind, wie allgemein bekannt, bedeutend älter als die aus
Kohle. Die älteste Nachricht über die Verwendung von glühenden Metallfäden u. dgl.
zur Lichterzeugung mittels des elektrischen Stromes stammt, soweit sich ermitteln
liess, aus dem Jahre 1841. Die Nachricht betrifft eine Lampe von de Moleyns, die eine Platindrahtspirale enthielt. In
den folgenden Janren sind mehrfach ähnliche Lampen aufgetaucht, so die von King mit Platinfolie (1845), von Staite mit Iridium- oder Platiniridiumstreifen (1848),
von Pétrie ebenfalls mit Iridium (1849), von Changy mit Platindrahtspiralen im Vakuum (1858), von
van Tenac mit Platindrahtspirale in Verbindung mit
einer tragbaren Batterie (1875) und von vielen anderen. Auch Edison benutzte zunächst Metallstangen, -kugeln u. dgl. (1878) (D. R. P.
Nr. 9165). Ausser Platin wurden Iridium, Ruthenium, Rhodium, Osmium, Titan,
Silicium, Bor und andere Metalle, welche erst bei sehr hoher Temperatur
schmelzen, verwendet und ebenso auch leitende Oxyde der Metalle, wie
beispielsweise Titanoxyd. Trotz des hohen Schmelzpunktes dieser Stoffe brannten die
Glühkörper sehr leicht durch. Edison erfand deshalb
eine Reihe sehr sinnreicher Einrichtungen, um eine zu starke Beanspruchung der
Körper zu vermeiden. Fig. 1 zeigt z.B. eine derartige
Einrichtung. Der lichtgebende Körper a ist zwischen
zwei Platin- oder Kohlestäbe b gebracht und wird durch
eine Feder c in dieser Lage gehalten. Durch die infolge
der Erwärmung eintretende Ausdehnung des Glühkörpers und der Halter wird die Lampe
bei e kurzgeschlossen, bevor der Körper a durchgebrannt ist.
Textabbildung Bd. 311, S. 15
Fig. 1.
Allein trotz aller Vorkehrungen war die Lebensdauer derartiger Lampen sehr kurz. Das
Metall des Glühkörpers wurde bald brüchig und unbrauchbar. Edison fand, dass die Ursache hiervon in den Luftteilchen zu suchen sei,
welche in den Poren des scheinbar so festen Metalls vorhanden waren. Seine weiteren
Versuche gingen deshalb darauf hinaus, diese Luftteilchen zu beseitigen, die Poren
zu schliessen und das Metall zu verdichten (D. R. P. Nr. 14058). Ferner schliesst
Edison den Glühkörper nunmehr vollständig von der
Luft ab. Er bringt eine Spirale, einen Draht oder einen anderen Körper aus Platin in
eine Glasröhre oder einen Kolben, ebenso wie den Kohlefaden der jetzt gebräuchlichen
Glühlampen. Dann wird der Behälter ausgepumpt. Darauf wird der Draht durch den Strom
auf etwa 65° C. erwärmt und 10 bis 15 Minuten auf dieser Temperatur gehalten.
Während der Zeit wird die Quecksilberluftpumpe fortwährend in Thätigkeit gehalten.
Schliesslich wird der Glühkörper ganz allmählich bis zur lebhaften Weissglut
gebracht. Die Drähte erscheinen nach dieser Behandlung vollständig poliert. Aehnlich
können Platiniridiumdrähte, auch Eisen- und Nickeldrähte für die Benutzung in
elektrischen Glühlampen geeignet gemacht werden. Trotz alledem konnten aber auch bei
Verwendung der verbesserten Glühkörper die oben erwähnten Kurzschluss- und andere
Vorrichtungen nicht entbehrt werden.
In der späteren Zeit wurde dann bekanntlich ein anderer Weg eingeschlagen, man
benutzte Kohlestifte und -fäden. Die Versuche mit rein metallischen Glühkörpern
ruhten fast vollständig. Erst im Jahre 1893 wieder meldete A. de Lodyguine in Amerika Patente auf die Herstellung von solchen
Glühkörpern an, welche von Wichtigkeit sind (U. S. P. Nr. 575002 u. 575668). Er hält
vier Gruppen von Metallen für besonders geeignet, nämlich Molybdän und Wolfram,
Rhodium und Iridium, Ruthenium und Osmium und schliesslich Chrom. Die Herstellung
der Glühkörper weicht wesentlich von allen bisher benutzten Verfahren ab und ist bei
den vier Metallgruppen verschieden. Bei jedem dieser Verfahren wird ein äusserst
dünner Platinfaden als Träger für den Ueberzug aus den genannten Metallen benutzt.
Um einen Ueberzug aus Molybdän oder Wolfram zu erhalten, verflüchtigt de Lodyguine Chlorverbindungen bezw. chlorsaure Salze
der Metalle, mischt die entstehenden Dämpfe mit Wasserstoff und glüht den
Platinfaden in dieser Atmosphäre durch den elektrischen Strom oder auf andere Weise.
Er erhält dann den gewünschten Ueberzug. Die Chlorverbindungen könnten auch
geschmolzen werden und dann als Elektrolyt dienen, so dass der Ueberzug als
galvanischer Niederschlag erhalten wird.
Bei der zweiten Gruppe von Metallen – Rhodium und Iridium – werden Lösungen der
Oxyde, Haloid- oder Oxysalze als Elektrolyt benutzt. Hierbei wird entweder ein
Metallniederschlag oder aber ein Niederschlag von Metalloxyd erzielt. In letzterem
Falle wird das Metalloxyd durch Wasserstoff zum Metall reduziert.
Bei der dritten Gruppe – Osmium und Ruthenium – werden die beim Erhitzen der
Säuren sich bildenden Dämpfe mit Wasserstoff gemischt und wie bei der ersten Gruppe
durch Glühen des Platinfadens der Niederschlag erzeugt, oder es wird ebenfalls,
ähnlich wie bei der ersten Gruppe, ein galvanischer Ueberzug hergestellt.
Das Metall der vierten Gruppe endlich – Chrom – soll z.B. in folgender Weise
niedergeschlagen werden. Der Faden wird in den aus Chromoxychlorid (CrO2Cl2) entwickelten
Dämpfen geglüht und erhält einen Ueberzug von Chromoxyd nach der Formel 2CrO2Cl6 = Cr2O3 + 2Cl2 + O. Dann erst findet die Reduktion zu Chrom durch
Glühen in Wasserstoff statt, weil sonst Explosionen zu fürchten wären. Ausser einer
Reihe ähnlicher chemischer Verfahren schlägt de
Lodyguine auch hier galvanische Ueberzüge vor.
Bemerkenswert ist, dass der Erfinder mehrfach betont, dass der Platinfaden nur bei
der Herstellung des Glühkörpers unbedingt erforderlich sei, später könnte er
ebensogut entfernt werden. Der Faden spielt gewissermassen dieselbe Rolle wie die
Form beim Giessen.
In ganz ähnlicher Weise stellt Dr. Auer einen seiner
elektrischen Glühkörper her. Das Verfahren wird folgendermassen beschrieben (Elektrotechnischer Anzeiger 1898, S. 845, und
Schweizerisches Patent Nr. 16133): Ein 0,02 mm starker Platindraht wird in eine
Kohlenwasserstoffatmosphäre gebracht, welche reichlich mit Wasserdampf (?) vermischt
ist und in welche von Zeit zu Zeit kleine Mengen von Ueberosmiumsäureanhydrid
eingeblasen werden. Darauf glüht man den Draht in dieser Atmosphäre, infolgedessen
schlägt sich auf demselben eine dünne Schicht von metallischem Osmium nieder. Das
Glühen wird fortgesetzt, bis sich der Platindraht verflüchtigt und sich eine
homogene Osmiumhülle gebildet hat, welche aus einem Röhrchen aus reinem Osmium
besteht. Die Hülle soll elastisch sein und fast die Farbe des Platins besitzen.
Ein solcher Osmiumfaden lässt sich auch in der Weise herstellen, dass man den
Platindraht durch eine Lösung eines Osmiumsulfides oder eines Osmiumoxydhydrates
zieht und darauf im Vakuum ausglüht. Um möglichst dünne Lagen zu erhalten, muss
dieses Verfahren etwa hundertmal wiederholt werden.
In der ungarischen Patentschrift wird ausserdem ein elektrolytisches Verfahren
erwähnt, indessen ist dieser Teil der Beschreibung sehr unbestimmt gehalten.
Gibson, dessen Mitteilungen die vorstehenden Angaben
entnommen sind, bemerkt, dass es sich hier vorläufig nur um Laboratoriumversuche
handelt. Zwar sollen nach Auer's Angabe bereits Lampen
hergestellt worden sein, die eine Reihe hervorragender Eigenschaften besassen,
allein über den Nutzeffekt und die Brenndauer liegen keine Angaben Auer's vor, während andererseits berichtet wird, dass
der Energieverbrauch für die Normalkerze unter 2, ja fast 1,5 Watt betrage.
Aus den Patentansprüchen (Elektrotechnischer Anzeiger,
1898 S. 755) ergibt sich, dass statt des reinen Osmiums auch Osmium mit einem Gehalt
von anderen Platinmetallen, wie Platin, Iridium, Rhodium und Ruthenium, oder auch
Legierungen von Osmium mit diesen Metallen, oder den Metallen selbst oder
schliesslich deren Legierungen benutzt werden sollen.
Auf den weiteren Inhalt der Auer'schen Patentschrift
werden wir weiter unten noch mehrfach eingehen.
An dieser Stelle soll noch auf einen Vorschlag von Grünwald hingewiesen werden, der zwar streng genommen nicht hierhin
gehört, da er sich auf kein Metall, sondern auf ein Metalloid bezieht (Elektrotechnischer Anzeiger, 1898 S. 375). Der
Vorschlag geht dahin, die von le Roy (Eclairage électrique, Bd. 14 S. 317) für elektrische
Heizungszwecke benutzten Widerstände aus krystallisiertem Silicium und ähnliche
Stoffe als Glühkörper für elektrische Glühlampen zu verwenden. Le Roy fand, dass Stäbe von 40 qmm Querschnitt und 10
cm Länge aus gepresstem Silicium einen Widerstand von 200 Ohm (kalt) besassen,
während ebensolche Stäbe aus Bogenlichtkohle 0,15 Ohm und aus Neusilber 0,00085
Ohm Widerstand zeigten. Das krystallisierte Silicium lässt sich durch Glühen von
Kieselfluornatrium mit Natrium und Zink erhalten. Das Silicium löst sich in dem
geschmolzenen Zink, scheidet sich beim Erkalten krystallinisch aus und kann durch
Behandeln der Schmelze mit Salzsäure gewonnen werden. Wenn ferner Aluminium mit 20
bis 40 Teilen Kieselfluorkalium oder mit 5 Teilen Wasserglas und 10 Teilen Kryolith
zusammenschmilzt, die Metallkörper mit Salzsäure und den Rückstand mit
Fluorwasserstoffsäure behandelt, so erhält man graphitähnliche, undurchsichtige,
bleigraue und mattglänzende Blättchen, welche zerrieben ein dunkelbraunes Pulver
geben, härter als Glas sind, die Elektrizität leiten, selbst bei Weissglut in
Sauerstoff nicht verbrennen und allen Säuren widerstehen. Dieses, Material liesse
sich nach Grünwald vielleicht auch zur Erzeugung von
elektrischem Glühlicht verwenden.
Unter den Glühkörpern der oben angeführten Gruppe Ib ist zunächst eine Anordnung von
Edison (1878) zu erwähnen, die darin besteht, dass
eine Platindrahtspirale mit Kohle umpresst und letztere als eigentlicher
Leuchtkörper durch den glühenden Platindraht zum Glühen gebracht wird (D. R. P. Nr.
9165). Statt dessen benutzte Edison auch Gemische von
Metallpulvern (oder Metalloiden) und Kohle. Derartige Glühkörper fertigt er
beispielsweise auf folgende Art an (Englisches Patent Nr. 1918/1881): Silicium, Bor,
Zirkon o. dgl. wird zu einem unfühlbar feinen Pulver zerrieben und unter Zusatz von
Holzkohle in einer Form mittels hydraulischer Pressen zu einer festen Platte
gepresst. Der Zusatz von Holzkohle ist übrigens nicht unbedingt erforderlich. Ist er
aber vorhanden, so wird die Masse vor dem Pressen zweckmässig mit einem flüssigen
Kohlen Wasserstoff befeuchtet, getrocknet, gepulvert und dann erst gepresst. Je nach
der Menge der zugesetzten Holzkohle lässt sich der Widerstand der Masse verändern.
Auch durch Veränderung des Druckes lassen sich Glühkörper verschiedenen Widerstandes
erzielen. Aus den gepressten Platten wird der Glühkörper ausgestanzt, ausgeschnitten
o. dgl. Vielfach wird schliesslich der Körper noch nach dem aus der Herstellung der
Lampen mit Kohlefaden bekannten Verfahren durch Glühen in Kohlenwasserstoffen mit
einem Kohleüberzug versehen. Aehnliche Verfahren wurden noch mehrfach angegeben.
Bemerkenswert ist ein Verfahren von H. Müller (1892),
der, wie bei der zuerst erwähnten Anordnung von Edison,
ebenfalls einen Metallfaden als Träger des eigentlichen aus Kohle bestehenden
Leuchtkörpers benutzt (D. R. P. Nr. 67840). Statt eines Platindrahtes wird ein Draht
benutzt, der aus einer Legierung von zwei Teilen feinem Gusseisen mit einem Teil
Aluminium besteht. Diese Legierung eignet sich vor allem deswegen gut zum Träger der
Kohle, weil sie an sich schon kohlenstoffreich ist, die erwünschte Porosität zeigt,
zum Drahtziehen bei gehörigem Ausglühen genügend geschmeidig ist und zudem nicht
besonders gut leitet. Der Draht wird zuerst mit einem flüssigen schweren
Kohlenwasserstoff, also solchem mit recht hohem Siedepunkt, durch Kochen sorgfältig
durchtränkt. Bevor der Kohleüberzug auf bekannte Weise hergestellt wird, wird der
Draht mit einem Lack überzogen, der aus mit Alkohol verdünntem Steinkohlenteer mit
etwas Graphit oder Russzusatz besteht. Darauf wird der Faden durch den Strom schwach
erwärmt, so dass die verdunstbaren Bestandteile des Lackes verdunsten und aus dem
den Faden umgebenden Gefäss durch eine Luftpumpe abgesaugt werden können.
Unmittelbar nachdem der Faden auf diese Weise getrocknet worden ist, wird dann der
Kohleüberzug hergestellt.
Aehnlich ist das Verfahren von Zanni (D. R. P. Nr.
24370/1882), der ebenfalls auf einem dünnen Draht einen Kohleniederschlag erzeugt.
Nach einem anderen Verfahren desselben Erfinders wird der Draht durch einen dünnen
Strohhalm gezogen und letzterer darauf karbonisiert.
(Fortsetzung folgt.)