Titel: | Maschinen zur Ortsveränderung (Neuere Transport- und Hebewerke). |
Fundstelle: | Band 311, Jahrgang 1899, S. 6 |
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Maschinen zur Ortsveränderung (Neuere Transport-
und Hebewerke).
Maschinen zur Ortsveränderung (Neuere Transport- und
Hebewerke).
Hebezeuge, Maschinen zur Aenderung der Ortslage von Einzellasten und
Massengütern haben sich in der Neuzeit ein gewaltiges Anwendungsgebiet errungen und
eine stets zunehmende Verwendung gefunden. Einesteils ist die Erkenntnis des
Vorteiles, welche die elementare Maschinenarbeit gegenüber der Leistung der
Menschenkraft an der Maschine einnimmt, bestimmend, welche den Wirkungskreis
erweitert, andererseits zwingt aber die direkte Notlage zur Anwendung von Maschinen,
wenn es sich darum handelt, riesige Lasten oder ungeheure Mengen in verhältnismässig
kurzer Zeit zu bewältigen, wozu Menschenkraft kaum zureicht. Aber auch da, wo die
Maschine längst in Thätigkeit gewesen ist, haben Verbesserungen selbst auf Kosten
der Einfachheit sich bewährt. So tritt z.B. an die Stelle des einfachen Rollen- und
Maschenzuges mit Vorteil die verwickelte Flaschenzugswinde für Handbetrieb und an
die Stelle des Handbetriebes grösserer Laufkrane der Maschinenbetrieb ein. Wo dieser
schon vorhanden war, da wird der Kraftantrieb verbessert. Bei Neuanlagen in
gedecktem Raume stehen Transmissionsbetrieb mit Seilantrieb, beide mit der
elektromotorischen Betriebsweise, in Wettbewerb. Bei Personen- und Lastaufzügen ist
der direkte Kolbenantrieb mittels Presswassers, durch Seilantrieb und selbst mit
Anwendung von Schraubenspindelwerken der elektrische Betrieb in steigender
Anwendung. Bremswerke bewirken sonst den Gleichgang während der Niederfahrt. Selbst
das Bremswerk wird entbehrlich und der Ueberschuss der Niedergangsarbeit in die
Antriebswelle zurückzuführen gesucht und nutzbar gemacht. Abgesehen von den
Bergwerksfördermaschinen, behauptet sich der Dampfbetrieb bei Kranen im Freien. Doch
wird oft bei kleineren Kranwerken der Dampfbetrieb durch Elektromotoren vorteilhaft
ersetzt. Nur da, wo grosse und ausgedehnte Krananlagen mittels Presswasser oder
Pressluft betrieben werden, kann der elektrische Antrieb für die Hebewerke schon aus
dem Grunde schwer Eingang finden, weil die Eigenart der Bauweise dieser Maschinen
nur in vereinzelten Ausnahmefällen die Anordnung der Elektromotoren zulassen. Im Hüttenwesen
sind seit Einführung der Bessemer-Stahlbereitung gewaltige Hebewerke in allgemeiner
Anwendung, welche in der Neuzeit, auf andere Verrichtungen erweitert, auch im
Grossmaschinenbau vereinzelt Eingang gefunden haben. Aber auch das Kriegswesen
beansprucht die Ausbildung gewaltiger Maschinen, zum Drehen der Panzertürme, zur
Munitionsförderung, zum Laden und Richten der gewaltigen Geschütze. Auch hier
treten, wie einzelne Beispiele zeigen werden, der Presswasser- und der
Pressluftbetrieb, sowohl gegeneinander, als auch beide mit dem elektrischen Betrieb
in Wettbewerb.
Textabbildung Bd. 311, S. 7
Weston's Flaschenzugwinde.
Der eigentliche Tummelplatz für die Hebezeuge ist wohl der Schiffshafen. Nicht nur zu
seinem Bau, sondern auch zu seiner Erhaltung, sowie zu seinem Betriebe sind
Hebemaschinen in grosser Mannigfaltigkeit erforderlich; und da mit dem Hafen beinahe
stets der Speicherbetrieb verbunden ist, so werden nicht nur Stückgüter, sondern
auch Sammelgüter, Getreide und in der Neuzeit auch Kohlen mittels mechanischer
Hilfsmittel hin und her gefördert. Zum Bau, sowie zur Erhaltung der Wasserstrassen
sind aber Maschinen unentbehrlich, die nach strengem Wortsinn Arbeitsmaschinen, in
der äusseren Form aber Transportmaschinen im landläufigen Sinne sind, die Bagger.
Auch hier hat sich, wie bei der Getreidebewegung, eine Umwälzung vollzogen, indem
beim Getreide an Stelle der Becher- und Schneckenwerke der Luftzug, die pneumatische
Förderung, beim Baggern die Saugwirkung des Wasserstrahls, also die hydraulische
Förderung eingetreten ist, dagegen bei schwerem Schottermaterial, loser Kohle und
bei trockener Erde haben sich die Eimerkette und das Kübelwerk erhalten.
Weston's Flaschenzugwinde.
Eine besondere Ausführungsform des bereits früher beschriebenen Flaschenzuges (vgl.
D. p. J., 1892 286 158)
ist in Fig. 1
bis 3 nach
Revue de Mécanique, 1897 Bd. 1 Nr. 4 * S. 393
dargestellt. Am Hakenquerstück a sind die Schilde b angesetzt, die vermöge drei Verbindungsschrauben c zusammengehalten werden. In diesen Lagerschilden
läuft die Getriebswelle d mit der losen
Handkettenscheibe l, die vermöge des Sperrraddaumens
f die Bewegung auf die Getriebswelle d, durch Gegendaumen g
aber auf das Stirnradgetriebe i überträgt. Das Getriebe
d bethätigt eine Zahnkranzscheibe n, durch welche die kleine Kettennuss r gedreht wird, deren Welle ausserdem in einem
Zwischenblock m lagert, der eine Anzahl Ringlamellen
o trägt, die abwechselnd am Zwischenblock m und an der Nebenverlängerung der grossen Kettennuss
s gehalten, d.h. an der Drehung verhindert bezw.
dazu veranlasst werden. In das vorerwähnte Stirnrad i
greift ein zweites Rad h, an dessen Stirnnabe
Schraubenzähne vorhanden sind, durch welche in einem Drehsinn die grosse Kettennuss
s mitgenommen, im anderen entgegengesetzten
Drehsinn aber achsial nach aussen geschoben und an die Ringlamellen o gedrückt wird, wodurch eine Reibung bezw. Bremsung
des Werkes bei hängender Last erreicht wird, wobei federnde, in die Radzähne
einsetzende Sperrknaggen t die Sicherheit erhöhen.
Bei hängender Last will sich die grosse Kettennuss s
rückwärts drehen, wobei die an der Nabe befindlichen Schraubenzähne auf die im Rade
h befindlichen ansteigen, wodurch die Bremsung in
o veranlasst wird. Soll dahingegen die Last
niedergelassen werden, so braucht bloss das Rad in entgegengesetztem Sinne gedreht
zu werden, wodurch eine Lüftung der Bremse herbeigeführt wird, die sofort aufhört,
wenn die Drehung des Rades h durch das Handkettenrad
unterbrochen wird. Um ein rascheres Niederlassen der Last zu erzielen, ist sowohl
die Kettennuss s grösser gemacht, als auch der
Rädersatz (hi) mit kleiner Uebersetzung versehen.
Textabbildung Bd. 311, S. 7
Eades-Matthews' Flaschenzugwinde.
Eades-Matthews' Flaschenzugwinde.
Textabbildung Bd. 311, S. 7
Unruh-Liebig's 12-t-Giessereilaufkran.
Die Hemmung der Last erfolgt durch einen Daumen auf der Antrieb welle, durch welchen
eine Unrundscheibe derart gedreht wird, dass ein Röllchen zwischen dieser und einer
Schale sich einklemmt, die am Gehänge angebracht ist. Beim Hebebetrieb wird dieses
Röllchen frei, weil in der Rechtsdrehung (Fig. 4 und 5) des Daumens
die Unrundscheibe mitgenommen wird und das Röllchen in den weiteren Raum
gelangt. Wenn aber das Handkettenrad bloss ein wenig im Sinne des Hebebetriebes
gelüftet wird, so sinkt die Last. Nach dem englischen Patent Nr. 6032/1897 treibt
das Handkettenrad a die Welle b, auf der ein Zahnradgetriebe c angefräst
ist, das vermöge eines Schwesterrades d die als
Zahnkranz ausgebildete Kettennuss f treibt, welche auf
den Schildzapfen g frei aufläuft, der zugleich Lager
für Antriebspindel b abgibt. An diese ist nun der
vorerwähnte Daumen i angesetzt, welcher die
Unrundscheibe h durch Vermittelung von zwei
Anschlagnasen treibt. In der spiralig ansteigenden Unrundscheibe Liegt das Röllchen,
welches sich an die am Gehänge l angeschlossene Schale
h klemmt.
Unruh-Liebig's 12-t-Giessereilaufkran mit Handbetrieb.
Textabbildung Bd. 311, S. 8
Fig. 9. Unruh-Liebig's 12-t-Giessereilaufkran.
Die Maschinenfabrik Unruh und Liebig in Leipzig-Plagwitz
baut Hebewerke der verschiedensten Art. Der in Fig. 6 bis 11
dargestellte Giessereilaufkran für einseitigen Handbetrieb trägt 12 t bei 12 m
Spannweite und 9,2 m Laufkatzenverschiebung und ist ein bemerkenswertes Beispiel
einfacher und gedrängter Bauart. Die beiden 550 mm hohen ⌶-Träger stehen in 500 mm Mittelabstand und sind mittels Kopf bleche an
die 300 mm hohen ∪-Eisen angeschlossen, welche Wagen
von 1948 mm Radstand bilden, deren Radachserzapfen in Kugellagern (d = 22,2 mm Kugeln) laufen, welche die in Fig. 7 und 8 gezeigte Ausführung
erhalten. An den Laufrädern der einen Brückenseite sind Stirnräder mit z = 52 Zähnen und t = 12
π Teilung angegossen, welche durch Getriebe auf
gemeinschaftlicher Welle in bekannter Weise durch ein Handkettenrad (d = 7 mm) bethätigt werden. Mittels Kettenzug (d = 20 mm) wird die Laufkatze mit Rollen in 600 mm
Radstand und unteren Leitrollen für die gallische Kette, die ihren festen Anschluss
am rechtsseitigen Brückenende findet, durch ein Windwerk betrieben. Das 730 kg
schwere Hakengehänge enthält die auf 70 mm Zapfen gehende Kettenrolle (z = 18 und t = 65) und den
auf 15 mm Stahlkugeln auflaufenden Haken von 68 mm Halsstärke. Das in Fig. 10
dargestellte Transportwindwerk für die Laufkatze besitzt drei Wellen (d= 40, 55 und 90 mm) mit Kettenrad, Zwischenrädern (z = 33, t = 26),
Hohlzahnkranz und Getriebe (z = 60 und 10 bei t= 11 π), sowie Kettennuss
(z = 6 und t = 55).
Dagegen wird die Lastwinde (Fig. 11) durch zwei
Kettenräder auf d = 45 mm starker Welle, doppelten
Stirnrädersatz (48 : 12) und (40 : 20) mit t= 10 π Teilung, sowie Hohlzahnkranz mit Getriebe z = 78 und 10 mit t = 12 π
Teilung mit 8zähnigem Kettenrad bei t = 65 mm Teilung
auf d = 80 mm Welle bethätigt.
Textabbildung Bd. 311, S. 8
Unruh-Liebig's 12-t-Giessereilaufkran.
Nagel-Kaemp's Baugerüstlaufkran von 15 t Tragkraft und
elektrischem Antrieb.
Textabbildung Bd. 311, S. 8
Nagel-Kaemp's Baugerüstlaufkran.
Bei Monumentalbauten sind bedeutende Lasten auf beträchtliche Höhen zu befördern,
welche mit Menschenkraft zu überwinden nicht nur kostspielig, sondern auch
zeitraubend ist. Um diese den Baufortschritt hemmende Transportweise zu verbessern,
ist man zum elektrischen Kraftbetrieb übergegangen und hat für die Gerüstbühnen
Laufkrane vorgesehen,
welche jenen in Maschinenfabriken gebräuchlichen nicht unähnlich sind. So hat für
den Dorabau in Berlin das Eisenwerk vorm, Nagel und Kaemp
A.-G. in Hamburg-Uhlenhorst vier elektrische Laufkrane gebaut, von denen
einer von 10 m Spannweite für den Kuppelbau auf einem Ringgeleise von 44 m
Aussendurchmesser in 60 m Höhe läuft.
Textabbildung Bd. 311, S. 9
Schneider's 150-t-Laufkran.
Nach der Deutschen Bauzeitung,
1896 Nr. 42 S. 265, besteht der in Fig. 12 bis 14 skizzierte
Laufkran aus der Brücke a, Kopf wagen mit Seilrolle b, Hauptwagen mit Windwerk und Seiltrommel c, welche 120 m Pflugstahldrahtseil aufzunehmen vermag;
ferner Laufkatze d mit loser Hakenrolle f. Zum Betrieb des Laufkranes ist ein 10pferdiger
Elektromotor g mit Nebenschlusswickelung aus dem Grunde
gewählt, um beim Leerlauf ein Durchgehen zu verhindern und beim Lastsenken die
Bremswirkung nutzbar zu machen. Mittels dreier Wendegetriebe h wird der Antrieb auf die drei Kranbewegungen verteilt. Bemerkenswert ist
eine Vergleichsrechnung zwischen Hand- und elektrischem Kraftbetrieb. Zum Heben
einer Last von 15 t auf 60 m Höhe wird eine mechanische Arbeit von A = 60 . 15000 = 900000 mkg aufzuwenden sein, zu
welcher bei v = 2,5 mm/sek Fördergeschwindigkeit bei
Handbetrieb und zwei Mann 60000 : 2,5 = 24000 Sekunden oder 400 Minuten bezw. rund 6
Stunden gebraucht werden. Bei einem Stundenlohn von 0,35 Mark für einen Mann sind
daher für eine Förderschicht 2 . 0,35 . 6 = 4,2 Mark Löhne und 0,8 Mark Tilgung und
Verzinsung der Anlage, insgesamt 5,0 Mark Kosten einer Förderung anzusetzen. Bei
elektromechanischem Betrieb erfolgt die Förderung von 15 t auf 60 m Höhe in 40
Minuten bezw. 0,6 Stunden bezw. mit 25 mm/sek Geschwindigkeit, wozu
\frac{15000\,.\,0,025}{75\,.\,0,6}=8\mbox{
Kilo-Watt}
gebraucht werden, wobei, der Strompreis 0,16 Mark für die
Kilo-Watt-Stunde angesetzt, als Kosten
8\,.\,0,16\,.\,\frac{40}{60}=0,85\mbox{
Mark}
für den Stromverbrauch folgen.
Werden 0,5 Mark als Stundenlohn für den Kranführer, 40 also für eine Förderung auf 40
m Höhe \frac{40}{60}\,.\,0,5=0,35 und 0,4 Mark als Verzinsung und
Tilgung der Krananlage (10 % jährlich von 7500 Mark) angenommen, so folgen als
Kosten einer Förderung 0,85 + 0,35 + 0,4 = 1,20 Mark.
Schneider's 150-t-Laufkran.
Im Stahlwerk Creusôt ist ein Laufkran von 22,5 m
Spannweite und 150 t Tragkraft mit elektrischem Kraftbetrieb in Gebrauch, welcher
die volle Last mit 15,5 mm/sek Geschwindigkeit auf 13,5 m Höhe hebt, während
der Laufkatzenschlitten 133 mm/sek bei 15,6 m Querbewegung und der ganze Kranwagen
180 mm/sek
Fahrbewegung erhält. Die Kranbrücke besteht aus zwei 23,4 m langen, in der
Längsmitte 1,7 m hohen kastenförmigen Stahlblechträgern a (Fig.
15 bis 17) von 15 mm Blechstärke, welche durch Zwischenbügel b verbunden sind, unter welche der Schlitten c durchgeht, über dessen Rollen d die gallische Kette f geführt ist. Diese
11,8 t schwere, 57,4 m lange Kette besteht aus 8 tragenden Kettengliedern von je
12,5 mm Stärke, welche mit Stahlbolzen in bekannter Art verbunden sind, trägt mit
einfacher Rolle das Hakengehänge g. Bemerkenswert ist
nach Engineering, 1898 I Bd. 65 S. 326, noch der
Kranwagen h mit dem elektrischen Triebwerk, zwei Ganz'sche Elektromotoren von zusammen 120 bei
220 Volt elektromotorischer Kraft, deren Riemenscheiben i in 6150 mm Mittelabstand abstehen und die erste in Kammlagern laufende
Welle k bethätigen. Bei Lastgrössen unter 80 t wird nur
ein Elektromotor in Betrieb gesetzt. Mittels Reibungsscheibenkuppelungen, Stirn- und
Winkelräderwendewerke werden nicht nur die Bewegungsrichtungen umgekehrt, sondern es
wird durch Räderwechsel auch die Geschwindigkeit der Lasthebung für kleinere
Lastgrössen in der Weise gesteigert, dass 50 t mit 42 mm/sek, 30 t aber mit 60 mm/sek gehoben
werden. Beim Lastsenken tritt dagegen eine Bandbremse in Thätigkeit, und während das
Verschieben des Laufschlittens c mittels zwei
gallischen Ketten, welche in zwei durch Winkelböckchen getragene Riemen l gestützt werden, erfolgt, findet die Fahrbewegung
durch das aus Fig.
12 ersichtliche Triebwerk statt. Vgl. D. p.
J., 1894 293 134.
(Fortsetzung folgt.)