Feuerungstechnik.Patentfeuerung von
Wiedenbrück und Wilms in Köln-Ehrenfeld.Mit Abbildung.Patentfeuerung von Wiedenbrück und Wilms.Die Patentfeuerung, System „Wiedenbrück und
Wilms“ (D. R. P. Nr. 87958), besteht aus einem Planrost, dessen Stäbe
Luftcirculationskanäle enthalten, und wird mittels Dampfstrahl- oder
Ventilatorgebläses betrieben. Die Luft gelangt zunächst in den als Rostträger
ausgebildeten Windvertheilungskasten, auf dessen Düsen die Roststäbe mit dem einen
Kopfende aufgelegt und verdichtet werden. Durch diese Düsen tritt die Luft in die
Stäbe ein und durchzieht hier zuerst den oberen Kanal unter der Feuerbahn, hält
dadurch diese relativ kühl, verhindert also auf diese Weise das Anbacken der
Schlacken, sowie das Verziehen und vorzeitige Abbrennen der Roststäbe. Auf dem Wege
durch den oberen Kanal hat die Luft sich nun mittlerweile vorgewärmt und tritt jetzt
durch die vielen links- und rechtsseitigen, etwas schräg nach oben gerichteten,
kleinen Luftlöcher des unteren Kanals in die Brennschicht. Letztere wird dadurch
einer sehr intensiven, weil sehr stark vertheilten, Wind-, d.h. Sauerstoffzuführung
und Verbrennung, also einer sehr rationellen, gründlichen Ausnutzung des
Brennstoffes unterworfen.
[Textabbildung Bd. 310, S. 186]
Patentfeuerung von Wiedenbrück und Wilms.Die Luft gelangt mit einem Drucke von etwa 60 bis 70 mm Wassersäule in den
Windvertheilungskasten, von welchem aus die Vertheilung in die einzelnen Stäbe
erfolgt. An den Austrittsöffnungen der Luft aus den Stäben unter das Brennmaterial
besitzt die austretende Luft noch eine Pressung von etwa 25 bis 30 mm Wassersäule,
mit welchem Druck sie unter das Brennmaterial getrieben wird. Da die Luft nur durch
die vorgesehenen Oeffnungen in den Stäben austreten kann, so herrscht oberhalb des
auf dem Roste befindlichen Brennmaterials nur eine etwa um 2 mm höhere Zugstärke als
bei gewöhnlichem Planrost, also etwa 10 bis 12 mm Wassersäule, wodurch die Bildung
von Flugasche vermieden wird, während durch die erwähnte starke, äusserst
gleichmässige Wind vertheilung ein Auftreten von Stichflamme unmöglich gemacht wird.
Bei dieser Feuerung bleibt der Aschenfall vollständig offen.Prof. Dr. E. Dürre-Aachen lässt in einer
gutachtlichen Aeusserung diesem Rostprincip die nachstehende Kritik zu Theil
werden.Diese Luftzuführung, welche in weit regelmässigerer Vertheilung erfolgen muss, als
wenn die Luft frei durch die ganze Rostspalte austritt (wie bei den gewöhnlichen
Unterwindbetrieben), wirkt gleichzeitig weit hemmender auf das Durchfallen des
Brennstoffes und gestattet selbstredend ein feineres oder kleineres Korn desselben
anzuwenden, als wenn ein gewöhnlicher Planrost bei Essenzug betrieben werden soll.
Gleichzeitig kann man mit geringerem Luftüberschuss arbeiten als im vorgedachten
Falle, weil die Luft in gleichmässigster, sicherer Vertheilung eintritt und den
Brennstoff erreicht. Der Effect muss sich deshalb auch steigern, und es wird bei
sonst gleichen Verhältnissen die Dampfproduction in der Zeiteinheit eine grössere
sein, als mit Planrost von gleicher Fläche, also auch kleinere Kesselflächen
gestatten. Namentlich bei täglicher Inbetriebsetzung wird sich dies bemerkbar
machen, und es werden wenige Minuten Blasens genügen, um ein eventuell während der
Betriebspausen auf dem Rost erhaltenes Feuer wieder anzufachen und zu vollster
Leistung zu steigern.Die Vorzüge des Patentrostes Wiedenbrück und Wilms gehen
auch bis zu einem gewissen Grade aus den Versuchen hervor, welche der Rheinische
Dampfkessel-Ueberwachungsverein am 21. und 23. November 1896 mit dem Rost in
Vergleich mit einem gewöhnlichen Planrost unter einem Dampfkessel der Erfinder
angestellt hat.Der zur Untersuchung verwendete Kessel ist im J. 1891 für 6 at Ueberdruck erbaut
worden. Derselbe hat eine Heizfläche von 50,235 qm und eine Rostfläche von 1,44 qm.
Der Kesseldruck, der Wasserstand im Kessel, die Temperatur im Fuchs, der Zug in
Millimeter Wassersäule, sowie die Temperatur des Speisewassers wurden alle 15
Minuten notirt.Zu Anfang einer jeden Untersuchung befand sich die Kesselanlage in einem
vollständigen Beharrungszustande und wurde besonders darauf geachtet, dass zu Anfang
und Ende einer jeden Untersuchung der Wasserstand im Kessel und im Speisebassin,
sowie der Zustand des Feuers auf dem Rost dieselben waren.Bei der ersten Untersuchung am 21. November wurden Förderkohlen von der Zeche
Westende Meiderich auf gewöhnlichem Planrost verstocht. Für die zweite Untersuchung
war ein Patentrost von Wiedenbrück und Wilms (D. R. P.
Nr. 87958) eingebaut. Die gesammte Fläche desselben entsprach derjenigen des
Planrostes. Bei dieser Untersuchung wurde Feinkohle der Zeche Constantin der Grosse,
Bochum-Riemke, verwendet.Die damals verwandten Roststäbe bestanden aus zwei Lamellen, welche an einander
genietet waren. Zwischen dieselben war Asbestpackung eingelegt.In nachstehenden Tabellen sind die bei den Untersuchungen gemachten Notirungen und
die daraus erhaltenen Resultate zusammengestellt.Während der Untersuchungen wurde in kurzen Zwischenräumen nach dem Beschicken mit
frischen Kohlen bezw. nach dem Schüren des Feuers die Schornsteinmündung beobachtet
und dabei festgestellt, dass der
LaufendeNr.I. Mechanische Verhältnisse der
Kesselanlage.1Totale vom Wasser bespülte Heizfläche
qm50,2352Totale
Rostfläche
qm1,443Verhältniss der Rost- zur Heizfläche1 : 34,884Concessionirte Dampfspannung in Atmosphären Ueberdruck6
LaufendeNr.II. Notirungen während der Untersuchungen.21. Nov. 1896PlanrostFörderkohle.23. Nov. 1896PatentrostFeinkohle. 1Beginn der Untersuchung 7,40 8,19 2Ende „ „ 3,43 4,24 3Dauer „ „ in Minuten 483485 4Kohlenverbrauch, abgewogen in Kilogramm 900 833,5 5Asche und Schlacke, abgewogen in Kilogramm 74 109,0 6Kohlenverbrauch nach Abzug der Rückstände in Kilogramm 826 724,5 7Asche und Schlacke in Procenten 8,22 13,07 8Wasserverbrauch, abgewogen in Kilogramm52925008,8 9Mittlerer Wasserstand im Kessel über dem
niedrigsten mm204,8 224,0910Mittlere Temperatur des Speisewassers in Grad Celsius 17,13 16,2111 „ „ der abziehenden Gase in Grad Celsius298,4 297,612 „ Zuggeschwindigkeit der Feuergase in Millimeter
Wassersäule 7,48 7,6613 „ Dampfspannung in Atmosphären Ueberdruck 6,02 6,0114Temperatur des Dampfes nach Zeuner in Grad Celsius 164,1428 164,056415Gesammtwärme des Dampfes nach Regnault in Calorien 656,56 656,5416Erzeugungswärme des Dampfes in Calorien 639,43 640,3317Coëfficient zur Reduction auf 600 Calorien 1,06572 1,067218Preis pro 1000 k Förderkohle (Zeche Westende Meiderich) ab
Zeche M. 8,30–19Desgl. franco Fabrik von Wiedenbrück und Wilms,
Köln-Ehrenfeld M. 11,75–20Preis pro 1000 k Feinkohle (Zeche Constantin d. Gr., Bochum-Riemke) ab
Zeche M.– 6,0021Desgl. franco Fabrik von Wiedenbrück und Wilms,
Köln-Ehrenfeld M.– 9,77
LaufendeNr.III. Resultate21. Nov. 1896PlanrostFörderkohle.23. Nov. 1896PatentrostFeinkohle.1Verdampftes Wasserquantum, reducirt auf 600 Calorien in Kilogramm5639,795345,392 „ „ a) pro Kilogramm Kohle
brutto in Kilogramm 6,27 6,41 „ „
b) „ „ „ netto „ „ 6,83 7,38 „ „ c) „ Quadratmeter
Heizfläche und Stunde in Kilogramm 13,95 13,163Aufgeworfenes Kohlenquantum a) pro Quadratmeter Rostfläche und
Stunde in Kilogramm 77,638 71,6 b) „ „
Heizfläche „ „ „ „ 2,225 2,054100 kg Dampf kosten mithin der Firma Wiedenbrück und Wilms in
Pfennigen 18,7 15,25100 kg Dampf kosten unter Berücksichtigung der Preise ab Zeche in
Pfennigen 13,2 9,3
Schornstein bei der Untersuchung mit dem Patentrost
unmittelbar nach diesen Perioden ungefähr 3 bis 3½ Minuten rauchte. Jedoch entstieg
dem Schornstein während dieser Zeit keine dicke Rauchwolke, sondern nur ein leichter
Rauch, welcher sich sehr bald verdünnte, um nach der angeführten Beobachtungszeit
gänzlich zu verschwinden.Bei den Untersuchungen mit dem Planrost dagegen wurde ein dickes Rauchen des
Schornsteins nach dem Beschicken bezw. Schüren des Feuers während einer Dauer von 6
bis 7 Minuten beobachtet.Ein am 23. März 1898 an einem Dürr'schen Röhrenkessel
des Städtischen Gaswerks zu Köln mit Koksabfällen (Breeze) vorgenommener
Verdampfungsversuch lieferte bei Anwendung eines Körting'schen Dampfstrahlgebläses von 304 mm Ausblaseöffnung folgendes
Ergebniss:
Breezeverbrauch, abgewogen in Kilogramm2200,00Asche und Schlacke, abgewogen in Kilogramm640,00Breezeverbrauch in Kilogramm nach Abzug der Asche und
Schlacke1560,00Wasserverbrauch in Kilogramm13570,00Mittlere Temperatur des Speisewassers in
Grad Celsius59,5Mittlere Dampfspannung in Atm. Ueberdruck3,47Gesammtes verdampftes Wasserquantum, reducirt auf 600
Calorien13380,02Verdampftes Wasserquantum pro Kilogr. Breeze brutto,
reducirt auf 600 Calorien6,08Verdampftes Wasserquantum pro Kilogr.
Breeze netto, reducirt auf 600 Calorien8,57Verdampftes Wasserquantum per Quadratmeter Heizfläche
und Stunde, reducirt auf 600 Calorien7,85
Prof. Dürre-Aachen spricht sich in seinem Gutachten
betreffs der Anwendungsfähigkeit dieses Rostes dahin aus, dass seine allgemeinere
Einführung insbesondere die Verwendung der Feinkohle erheblich fördern würde, welche
bei schwach oder nicht backender Beschaffenheit in grossen Mengen gewonnen wird und
bei der Verstochung stets Schwierigkeiten bietet.