Titel: | Faserstoffe.Ueber appretirte mercerisirte Baumwolle. |
Autor: | Ed. Hanausek, R. Zaloziecki |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 181 |
Download: | XML |
Faserstoffe.Ueber
appretirte mercerisirte Baumwolle.
Von Prof. Ed. Hanausek
und Docent R. Zaloziecki.
Mit Abbildungen.
Ueber appretirte mercerisirte Baumwolle.
Textabbildung Bd. 307, S. 180
Fig. 1.Mechanisch appretirte mercerisirte Baumwollhaare mit Längs- und
Querklüfte. Vergr. 350 : 1.
Die eigenthümlichen Veränderungen an der mercerisirten Baumwolle wurden in
eingehender Weise in der Abhandlung„Mittheilungen des Laboratoriums für Waarenkunde an der Wiener
Handelsakademie“, Jahresbericht 1897 S. 144; D. p. J. 1897 306 19.
„Ueber Mercerisirung und Deformation der Baumwolle“ besprochen. In derselben
wurde auch darauf hingewiesen, dass die Firma F. Mommer
und Co. in Barmen-Rittershausen durch eine mechanische Appretur mittels
Stahlplatten oder Walzen, welche eine parallele lineare Gravur haben, die Hebung des
Seidenglanzes vornimmt. Die genannte Firma hat zur Untersuchung eine Anzahl solcher
mit einem „Seidenfinish“ versehene Zeuge zur Verfügung gestellt.
Textabbildung Bd. 307, S. 180
Fig. 2.Mechanisch appretirte mercerisirte Baumwollhaare mit Längs- und
Querklüfte. – Vergr. 350 : 1.
An diesen Stoffen kann man schon mit freiem Auge ohne Schwierigkeit gepresste Stellen
beobachten, welche dem Zeuge je nach Art der Gravur ein gemustertes Aussehen
ertheilen. Die Betrachtung der Oberfläche dieser Gewebe mit Hilfe der Lupe lässt
auch eine zarte Streifung und starke Rillen erkennen.
Textabbildung Bd. 307, S. 180
Fig. 3.Mechanisch appretirtes mercerisirtes Baumwollhaar mit Längsklüfte
und ausgeprägter Längsstreifungen. – Vergr. 450 : 1.
Vom wissenschaftlichen Standpunkte ist die Erforschung der mechanischen Einflüsse auf
die mercerisirte Baumwolle nicht ohne Interesse, insbesondere im Vergleiche mit
natureller Baumwolle.
Textabbildung Bd. 307, S. 180
Fig. 4.Mercerisirtes Baumwollhaar ohne Appretur nach Behandlung mit
Kupferoxydammoniak. – Körnelung deutlich. – Vergr. 450 : 1.
Um die gepressten Stellen an den Zeugen auch unter dem Mikroskope kenntlich zu
machen, wurden dieselben mit einem farbigen Stift markirt. Die Durchmusterung dieser
Stellen bei schwacher Vergrösserung liess selbstverständlich constatiren, dass die
Faserbündel der Fäden abgeplattet und verdichtet waren. Hierauf wurden einzelne der
markirten Fäden vorsichtig zerfasert, die isolirten Baumwollhaare bei stärkerer
Vergrösserung in der Luft, dann unter Wasser und endlich unter Glycerin betrachtet.
Die durch den Druck bei der Nachappretur voraussichtlich deformirten Strecken der
Haare waren durch die oben bezeichnete Markirung bleibend kenntlich gemacht.
Textabbildung Bd. 307, S. 181
Fig. 5.Mechanisch appretirte mercerisirte Baumwollhaare mit Demolirungen
nach Art der Spaltentüpfel. – Vergr. 850 : 1.
Die mercerisirten Baumwollhaare der in Rede stehenden Zeuge zeigten im Allgemeinen in
ihrem Längsverlaufe und an der Oberfläche dieselben Erscheinungen, wie diese in der
citirten Abhandlung entwickelt wurden. Die Fasern sind zumeist gestreckt, schlicht,
also nur an kurzen Strecken oder gar nicht korkzieherartig gewunden, knorrig oder
wulstig, eng- oder ungleichlumig, an der häufig streifigen Oberfläche mit Längs- und
Querfalten behaftet und meist ohne Cuticula. Die mit Kupferoxydammoniak behandelte
nur mercerisirte Faser lässt eine streifige
Zellwand und den Innenraum körnelig erkennen (Fig.
1). Die mechanisch appretirten Fasern sind regellos längs- oder querstreifig;
ihre Streifung ist zerklüftet (Fig. 2 bis 4). Allein diese Deformationen bieten keine
charakteristischen Merkmale; die sorgfältige Prüfung der farbig markirten Fasern
ergab andere und specifische Kennzeichen.
Textabbildung Bd. 307, S. 181
Fig. 6.Mechanisch appretirte mercerisirte Baumwollhaare mit Demolirungen
nach Art der Spaltentüpfel. – Vergr. 350 : 1.
Textabbildung Bd. 307, S. 181
Mechanisch appretirte mercerisirte Baumwollhaare mit Demolirungen nach Art der
Spaltentüpfel. – Vergr. 350 : 1.
Man findet bei scharfer Beobachtung an den einzelnen markirten Fasern eigenartige
Demolirungen, welche von denen des Spinnprocesses verschieden sind. Die
Deformationen aus diesen mechanischen Processen sind vorwiegend entweder Längsrisse
oder nach der ganzen Breite der Faser laufende Falten, seltener wirkliche
Querrisse. Die Demolirungen der durch Zug und Druck beanspruchten mercerisirten
Faser, wie dies bei einer mechanischen Nachappretur der Fall ist, zeigen Querrisse, die in der Form ähnlich den sogen. Spalttüpfeln sind. Diese Querrisse durchqueren öfter
mondsichelförmig die Faser (Fig. 5 bis 9). Im Falle mehrfacher ungünstiger Beanspruchung der
Cohärenz der Faser, können auch seitliche Einrisse
constatirt werden (Fig. 9).
Nicht mercerisirte Baumwollhaare sind nach solchen
mechanischen Processen in den Deformationen ziemlich übereinstimmend mit den Haaren
aus dem äusseren Theile eines Grob- bezieh. Mittelflyergarnes (Fig. 10 und 11); die Haare sind hier
verbreitert, gebrochen oder geknickt und haben schraubenförmig angeordnete Längs-
und Querlinien.
Textabbildung Bd. 307, S. 181
Fig. 9.Mechanisch appretirtes mercerisirtes Baumwollhaar mit Spaltentüpfeln und seitlichen Einrissen; das Haar ist auffallend demolirt. – Vergr. 450 :
1.
Die eigenthümlichen Spalttüpfeldemolirungen an den mechanisch appretirten
mercerisirten Baumwollhaaren können als ein diagnostisches Merkmal (Fig. 5 bis 9) neben der
im Längsverlaufe kenntlichen Zerklüftung der mercerisirten Baumwollhaare betrachtet
werden. Letztere Erscheinung kommt namentlich durch die Quellung in
Kupferoxydammoniak deutlich zur Geltung.
Die vorstehenden Resultate bestätigen eine gesteigerte
Widerstandsfähigkeit der mercerisirten Baumwollhaare. Die Nachappretur ist
bei geeigneter Durchführung ein zweckmässiges Verfahren zur Hebung des
Seidenglanzes.
Textabbildung Bd. 307, S. 181
Nicht mercerisirte mehrfach typisch deformirte
Baumwollhaare aus dem äusseren Theile eines Grob- bezieh.
Mittelflyergarnes.
Laboratorium für Waarenkunde an der Wiener Handelsakademie.