Titel: | Bergbau.Neuerungen in der Tiefbohrtechnik. |
Autor: | E. Gad |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 169 |
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Bergbau.Neuerungen in der Tiefbohrtechnik.
Von E. Gad.
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Tiefbohrtechnik.
Der schwere Wettbewerb, zu welchem der preussische Bergfiscus die Privatindustrie,
besonders bei dem so regen Aufschluss immer neuer Kalisalzlagerstätten zwingt, hat
wenigstens den guten Erfolg gehabt, die private Tiefbohrtechnik auf einen so hohen
Stand gebracht zu haben, dass sie es erfolgreich mit den vortrefflichen
Tiefbohrgeräthen und Bohrmeistern der preussischen Bergbehörden aufnehmen kann. Eine
vorzüglich bewährte Tiefbohranlage privater Art ist die von E. Thumann, Halle a. S., die dieser im Modell 1897 sowohl in der
Industrie-Ausstellung zu Leipzig, wie auch auf dem Bohrtage zu Berlin ausgestellt
hat (D. p. J. 1897 806 169).
Diese Anlage erfüllt den Zweck, bei leichter Transportfähigkeit und schneller
Montirbarkeit, mit möglichst wenig Aufwand von Zeit und Arbeitskräften die für
Mittel- und Norddeutschland erprobten Bohrmethoden je nach Bedarf anwenden zu
können. Es sind dies für die jüngeren Gebirgsformationen zunächst die
Spülbohrmethode, wie demnächst das drehende Bohren am festen Gestänge, für festere
Gesteine aber das Freifallbohren mit und ohne Wasserspülung, und endlich das
Diamantbohren.
Textabbildung Bd. 307, S. 169
Fig. 1.Bohrthurm.
Von erster Bedeutung ist schon die schnelle Aufrichtung des Bohrthurmes, von der die
Abbildung (Fig. 1) eine Anschauung gibt. Die
Eckpfeiler sind aus zwei Theilen zu 10 m Länge gekuppelt, so dass der
Eisenbahntransport auf 10 m langen Eisenbahnwagen möglich ist. Der ganze Thurm mit
seiner Armirung bildet mit etwa 10000 k Gewicht eine einzige Waggonladung. Die
Aufstellung geschieht von acht Mann in einer 10stündigen Schicht. Die Höhe
erreicht mit dem Giebel 22 m und gestattet das Ziehen 15 m langer Gestänge.
Als Kraftquelle benutzt Thumann Wolff'sche ausziehbare,
auf Rädern fahrbare Röhrenkessel von 18,5 qm Heizfläche, als Antriebsmaschinen auf
Fahrgestell montirte zweicylindrige Dampfwinden, welche die Fördertrommel mittels
ausrückbaren doppelten Rädervorgeleges entweder schneller mit geringerer Förderlast,
oder langsamer mit grösserer Förderlast in Bewegung setzen. Die Antriebswelle bewegt
mittels Riemenübertragung die Transmissionswelle, welche die Rotationsbewegung beim
Diamantbohren vermittelt. Diese Transmissionswelle trägt eine ausrückbare
Seiltrommel für das Löffelseil, das beim Bohren ohne Spülung die Schmandförderung
besorgt.
Textabbildung Bd. 307, S. 169
Fig. 2.Thumann's Freifallapparat.
Als Spülpumpen dienen direct wirkende Dampfpumpen, sogen. Duplexpumpen.
Der Rotationsapparat für Diamantbohrung hängt an vier Ketten vom Thurme herab und
wird zur Arbeit durch zwei Klappschrauben an der Bühne befestigt. Bei Lösung der
Schrauben schwenkt der Apparat von selbst aus und lässt das Bohrloch für andere
Manipulationen frei. Der Wasserwirbel unter dem Rotationsapparate gestattet etwa 8 m
Spülung ohne Nachlass.
Textabbildung Bd. 307, S. 169
Fig. 3.Thumann's Fanggestänge.
Die Last des Bohrgestänges, das mittels einer kräftigen Klammschelle auf einem
wagerechten, am Bohrschwengel durch Schneckenrad nachlassbaren Kugellager ruht, wird
von Gegengewichten am hinteren Schwengelende ausbalancirt. Auf dem hinteren Ende des
den Bohrschwengel tragenden eisernen Schwengelbockes ist der Schlagcylinder, mit
automatischer oder mit Handsteuerung, zur Schwengelbewegung beim Freifallbohren
montirt. Die gesammte Schlagbohreinrichtung, wie auch die Fördermaschine, lassen
sich für den Transport fahrbar machen.
Von Einzelgeräthen ist zunächst eine verbesserte Fabian-Freifalleinrichtung (Fig. 2) zu nennen. In dem Schlitz des Mantelrohres a führt sich die seitlich einführbare Flügelstange b. Der Apparat dient zur Spülbohrung, wobei das
Spülwasser über das Kopfstück des Fabian-Apparates austritt und ausserhalb desselben
innerhalb des Mantelrohres bis vor Ort strömt. Diese Construction vermeidet
Nachtheile älterer Constructionen dadurch, dass sie einerseits eine Fallstange mit
solide angeschmiedeten Fangflügeln, andererseits ein durchaus solides Mantelrohr
gestattet. Dieses schwere Mantelrohr vermehrt das Schlagmoment, indem dieses Stück,
gegen die übliche Verwendungsweise, an die Schwerstange geschraubt wird, während
umgekehrt die Fallstange mit dem Gestänge verschraubt wird.
Eine andere Einzeleinrichtung, die noch hervorzuheben ist, betrifft die
Fanggestängeverbindung mit Differentialgewinde (Fig.
3), die den Gestängetheilen einen äusserst festen Halt gewährt, was bei
vielen schweren Fangarbeiten von hoher Bedeutung ist. Die beiden Gewinde a und b haben gleiche
Drehrichtung und Stärke, aber verschiedene Ganghöhe. Die Muffe c nähert beim Eingreifen in das gröbere Gewinde der
unteren Schraube b die beiden Gestängeenden und presst
sie fest zusammen. Statt der hier angewendeten Klauen d
kann man zum festen Halt auch z.B. Schlitz und Nase, oder stark schlüsselartige
Formen u. dgl. in einander greifen lassen.
Ein anderer verbesserter Freifallapparat für Wasserspülung ist von H. Winkel, Moskau (Fig.
4), construirt. Die Fallstange a, die
Fortsetzung des Spülrohrgestänges, bewegt sich gedichtet in dem Mantelrohr b. Die Nase c führt sich
leicht und sicher in den Schlitz des Fallstückes d ein,
wird beim Anheben nicht in Anspruch genommen, und fällt beim regelmässigen Umsetzen
leicht und sicher ab.
Textabbildung Bd. 307, S. 170
Fig. 4.Winkel's Freifallapparat.
H. Winkel hat auch eine sehr wirksame Methode
eingeführt, Dampfankerwinden zum Niederbringen von Verrohrungen anzuwenden. Sehr
fest sitzende Holzbündel werden an langen Hebelarmen von Seilen gedreht, deren jedes
Ende um je eine Stelle der Ankerwindenwelle zweimal umgeschlungen ist, und an jedem
losen Ende von je zwei Arbeitern angezogen bezieh. losgelassen wird. Durch eine
besondere Seilführung kann die sonst wippende Bewegung in eine Umdrehungsbewegung
des Rohres übergeführt werden. Ein Krückelführer sorgt am oberen Rohrende für
senkrechten Niedergang. Auf diese Weise sind in Moskau 30 cm weite Röhren 30 m tief
durch Geröll, Kalk und schwarzen Juralehm unter Spülung von vier Mann niedergebracht
worden, welche Arbeit sonst 20 Mann erfordert hätte.
Bei dem freien Wasserausfluss einer Bohrung, die Winkel
in Moskau 196 m tief mit 30 cm Anfangsdurchmesser ausgeführt hat, lieferte der
Erguss 55 cbm stündlich.
Für Brunnen, die des Pumpens bedürfen, hat Winkel eine
sehr wichtige Neuerung angewandt, das System der doppelt wirkenden Tiefbrunnenpumpe
mit einfachem Gestänge, die als „Pumpe mit zwei conaxial verbundenen, sich gleich
bewegenden Kolben“ das D. R. P. Nr. 93127 erhalten hat. Diese Pumpe (Fig. 5) ist dadurch gekennzeichnet, dass zwei
conaxiale Kolben, von denen der obere a
ein Ventilkolben und der untere b ein Ventil- oder
Scheibenkolben ist, je an einem durch die feste Scheidewand c getrennten oberen Cylinder d und unteren
Cylinder e liegen und an dem einfachen durch die
Zwischenwand durchführenden Hohlgestänge f (oder auch
massiven Gestänge) sitzen, und dass bei Flüssigkeitseintritt an nur einer für beide
Cylinder gemeinschaftlichen Stelle g des unteren
Cylinders jeder Kolben bei jedem Hube saugt und drückt, derart, dass die
Einzelwirkungen beider Kolben sich summiren, indem der untere Kolben Flüssigkeit
während seiner Abwärtsbewegung durch das Hohlgestänge (bezieh. durch den unteren
Pumpencylinder umgebende Kanäle) unter den dann ebenfalls abwärts gehenden und
Flüssigkeit durch seine Ventile h in das Steigrohr i einlassenden oberen Kolben drückt.
Textabbildung Bd. 307, S. 170
Fig. 5.Winkel's Pumpe.
Während die dargestellte Form hauptsächlich für Bohrlochs- und Schachtpumpen geeignet
ist, dienen andere, gleichfalls dem Erfinder Winkel
patentirte oder von ihm sonst vorgeschlagene Formen des gleichen Systems,
beispielsweise für Luftpumpen für Condensationsdampfmaschinen, für Feuerspritzen,
für wagerechte doppelt wirkende Pumpen u.s.w.
Recht complicirt nehmen sich neben diesen einfachen Winkel'schen Pumpenformen z.B. die neuen Pumpvorrichtungen für Oel- und
Wasserbrunnen von James S. Thompson, Taylorstown, Pa.
(Amerikanische Patente Nr. 586524 und 586525), aus, die auf der in den
pennsylvanischen Oelpumpen längst üblichen Zusammenstellung von äusserem und innerem
Pumpenrohr innerhalb der Verrohrung mit doppelten Kugelventilkolben beruhen, wobei
ein neben dem Pumpengestänge von dem Pumpenanker bis zu Tage führendes dünnes
Ventilrohr neu hinzu tritt.
Eine einfache Pumpvorrichtung für Oel- und Wasserbrunnen hat George W. Grimes, Bluffton, Ind. (Amerikanisches Patent Nr. 586027),
construirt. Das an einem Kurbelrade befestigte Pumpengestänge wird von einem anderen
Kurbelrade an derselben Achse betrieben, wobei ein Schwungrad mitwirkt, das zwischen
beiden Kurbelrädern gleichfalls auf derselben Achse sitzt.
Zur Verbesserung eines artesischen Brunnenbodens, falls dieser aus zu feinem Sande
besteht, gibt Delburt L. Barker, Providence, R. I.
(Amerikanisches Patent Nr. 587779), an. Während der Sand aufgespült wird, lässt man
durch den schwach aufsteigenden Spülstrom Kies und Steine hindurch, die mittels
ihres grösseren Gewichtes zu Boden sinken.
An der von Harvey S. Glenn und Coulter E. Glenn, New Brighton, Pa., neu construirten fahrbaren
Brunnenbohrmaschine (Fig. 6) (Amerikanisches Patent
Nr. 585668) besteht die hauptsächlichste Neuerung darin, dass vorn aus dem
Wagengestell eine mit zwei Frictionsrollen versehene Haltestange hervorragt, die dem
zu versenkenden Bohrrohr oder Futterrohr das senkrechte Niedergehen bei der
Eindrehung sichern soll. Die Drehung geschieht, indem das um das Rohr geschlungene
Drehseil von der auf dem Wagen befindlichen Seiltrommel aufgewickelt wird, während ein Arbeiter an
der äusseren Seite des Rohres das lose Seilende mit der Hand führt.
Textabbildung Bd. 307, S. 171
Fig. 6.Glenn's Brunnenbohrmaschine.
Bei vielen Tiefbohrungen spielt die Formung und Schärfung der schweren Bohrmeissel
eine solch erhebliche Rolle, dass die Herstellung besonderer maschineller
Einrichtung für diese Arbeit sehr förderlich erscheint. Der Apparat zum Richten und
Schärfen von Bohrmeisseln von Benjamin F. Anderson,
Belmore, Ohio (Amerikanisches Patent Nr. 587909), ist ein Krahn, der mittels einer
Kette den schweren pennsylvanischen Bohrmeissel innerhalb des Bohrthurmes ergreift,
handhabt und auf dem Amboss zurecht legt, wobei der Meisselschaft Stützung in zwei
stellbaren Lagern erhält. Die Maschine zum Formen und Schärfen von
Gesteinsbohrmeisseln von William Wandliss,
Johannesburg, Südafrikanische Republik (Amerikanisches Patent Nr. 584568), vereinigt
auf einer Bodenplatte zwei Dampfschmiedeapparate, von denen der eine mit stehendem
Dampfcylinder die Kluppe zum Formen, der andere mit liegendem Dampfcylinder die
Kluppe zum Schärfen der Bohrmeissel betreibt. Entsprechende Hebel dienen zum Aus-
bezieh. Einstellen der Maschinentheile nach Bedarf. Ein Wasserrohr führt Kühlwasser
zu. Ein besonderer Schärfapparat für Bohrrohrgewinde von Josef H. Wiehl, Harmony, Pa. (Amerikanisches Patent Nr. 584439), sei hier
mit erwähnt.
An Einzelheiten ist zunächst die Construction des elastischen Schwengelkopfes
von Anton Raky, Dürrenbach, Eis. (D. R. P. Nr. 91366),
Fig. 7 und 8 (D. p. J. 1896 301 152),
interessant. Der Bohrschwengel a hängt in verstellbaren
Stangen b, die sich auf den Balken c stützen. Letzterer ruht auf zwei Reihen Federn d, deren Zahl entsprechend der Zunahme der Länge und
des Gewichtes des Bohrgestänges vermehrt werden kann. Das Einschieben neuer Federn
erfolgt entweder in gespanntem Zustande, oder nach Hebung des Balkens c durch die beiden Schrauben e. Bei dieser Anordnung findet ein Zusammenarbeiten des Kurbelantriebes
für den Schwengel und der Federn d beim Heben und
Niedergange des Bohrgestänges statt. Die Federn können durch Luftpolster ersetzt
werden.
Textabbildung Bd. 307, S. 171
Raky's Bohrschwengelkopf.
Von dem russischen Ingenieur K. Gramoff, Warschau,
dessen Kernheber (D. p. J. 1897 304 87) schon beschrieben ist, wurde neuerdings eine Klappenventilbüchse
construirt, deren Bodentheil die Abbildung Fig. 9
zeigt. Diese ist dazu bestimmt, grössere Gesteinsstücke zu heben, wie sie sich beim
Bohren in härterem Gebirge, wie Kalk, Schiefer, Mergel, Sandstein u.s.w., ergeben.
Der eiserne Cylinder a ist unten mit den beiden
Eisenschienen b verschraubt, und unter beide Theile
wird der Eisenring c mit der Ventilklappe d untergeschraubt. Die Höhe der Büchse beträgt etwa das
Zehnfache der Weite, und oben wird die Büchse mit einem Klappdeckel verschlossen.
Die beiden Eisenschienen vereinigen sich oberhalb der Büchse zu einem Bügel mit
einem Schraubenzapfen, der zur Vereinigung mit dem Gestänge dient. Gramoff hat bei den Mineralquellen von Lipeck
erfolgreich mit diesem Instrumente gebohrt. Für weicheres Gestein, sowie für
nachfallende Bohrwände will er einen anders construirten Stahlring verwenden.
Textabbildung Bd. 307, S. 171
Fig. 9.Gramoff's Ventilbüchse.
Ferner hat Frank W. Bullard, Allentown, N. Y.
(Amerikanisches Patent Nr. 581001), einen Reiniger für Oelbrunnenrohre, und David W. Black, Butler, Pa. (Amerikanisches Patent Nr.
588384) eine Liderung für Tiefbrunnen mit besonderer Führung am Liderungskörper
construirt.
(Schluss folgt.)