Titel: | Glasindustrie.Zur Technologie des Glases. |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 142 |
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Glasindustrie.Zur
Technologie des Glases.
Mit Abbildungen.
Zur Technologie des Glases.
Physikalische und chemische Eigenschaften der Gläser.
Ueber die Elasticität und über die Zug- und Druckfestigkeit
verschiedener neuer Gläser in ihrer Abhängigkeit von der chemischen
Zusammensetzung von A. Winkelmann und O. Schott (Wied. Annalen,
1894 N. F. Bd. 51 S. 697 bis 729).
Die Elasticitätscoëfficienten wurden aus Biegungsbeobachtungen, zu denen die Methode
von A. König benutzt wurde, berechnet. Ein massives
Stativ von Messing trug zwei Stahlschneiden in einem Abstande von 100 mm, auf die
der zu untersuchende Stab gelegt wurde. An den Enden des Stabes waren durch
Fassungen zwei Spiegel mit ihren Flächen so gegen einander gerichtet, dass ein
Lichtstrahl, von einer entfernten Scala ausgehend, von einem zum anderen Spiegel und
von da in ein Fernrohr geworfen wurde. Durch Herablassen einer, eine Wagschale
tragenden Schneide wurde eine Durchbiegung des Glasstabes bewirkt, welche eine
Neigung der Spiegel zur Folge hatte.
Wird durch eine Belastung von P k eine Neigung von φ eines jeden der beiden Spiegel bewirkt, so ist
E=\frac{3}{4}\
\frac{l^2}{a^2\,.\,b}\,.\,\frac{P}{tg\,\varphi},
wo E den
Elasticitätscoëfficienten (Kilo Gewicht auf 1 qmm), l
den Abstand der beiden festen Schneiden in Millimeter, a die Höhe des rechteckigen Stabquerschnittes in Millimeter, b die Breite des Stabquerschnittes in Millimeter
bedeutet.
Die Beobachtungsresultate finden sich in Tabelle I, die chemische Zusammensetzung der
Gläser in Tabelle IV.
Tabelle I.
FortlaufendeNr.
Dickedes Stabes ain mm
Breitedes Stabes bin mm
Maximal-belastungk
Elasticitäts-coëfficientE ink/qmm
19 oder 5
3,258
15,577
7,15
7296
20
3,196
16,299
2,65
5088Bei
einer zweiten Belastung mit dem angegebenen Gewichte zerbrach das
Glas.
21
3,262
15,848
5,15
5474
22 oder 2
3,286
16,348
5,15,
4699
23
2,911
15,122
6,15
7952Bei
einer zweiten Belastung mit dem angegebenen Gewichte zerbrach das
Glas.
24
2,6952,763
13,29313,394
2,653,15
53845393
25
3,165
15,402
4,15
6498Bei
einer zweiten Belastung mit dem angegebenen Gewichte zerbrach das
Glas.
26
3,334
16,076
5,5
5467
27
2,859
15,383
5,15
6780Bei
einer zweiten Belastung mit dem angegebenen Gewichte zerbrach das
Glas.
28
3,133
15,054
6,15
6626
29 oder 8
2,863
15,768
4,15
6514
31
3,000
15,672
4,65
6296Bei
einer zweiten Belastung mit dem angegebenen Gewichte zerbrach das
Glas.
32
3,151
16,040
5,15
5862
33
3,028
15,750
4,15
5512Bei
einer zweiten Belastung mit dem angegebenen Gewichte zerbrach das
Glas.
34
4,159
9,269
7,5
7001
35 oder 7
4,335
9,314
6,5
7077
Die zahlengemässe Darstellung des Einflusses der chemischen Zusammensetzung auf die
Grösse des Elasticitätscoëfficienten lässt sich schwer erreichen.
Besteht das Glas aus den Bestandtheilen 1, 2, 3.., die in den Gewichtsmengen a1, a2, a3... vorhanden sind,
wo
a1 +
a2 + a3 = 100
ist, so wurden in der Gleichung
E = a1x1 + a2x2 + a3x3 +...
die Grössen aus den beobachteten Werthen ermittelt. Man
erhielt die Zahlen:
Tabelle II.
Na2O
K2O
B2O3
Al2O3
SiO2
PbO
100
71
20
160
65
47
As2O3
BaO
ZnO
MgO
P2O5
CaO
40
100
15
600(?)
38
100
Mit diesen Werthen wurden die in Tabelle III enthaltenen Elasticitätscoëfficienten
berechnet:
Tabelle III.
GlasNr.
Elasticitätscoëfficient
Differenzbeob.-ber. in Proc.
beob.
ber.
19 oder 5
7296
6695
+ 8
20
5088
5060
+ 1
21
5474
5323
+ 3
22 oder 2
4699
4910
– 4
23
7952
7694
+ 3
24
5389
5619
– 4
25
6498
6495
± 0
26
5467
5502
– 1
27
6780
6714
+ 1
28
6626
6894
– 4
29 oder 8
6514
6714
– 3
31
6296
6461
– 3
32
5862
5817
+ 1
33
5512
5301
+ 4
34
7001
7275
– 4
35 oder 7
7077
7125
– 1
36
7260
6820
+ 6
37
7232
6922
+ 4
38
7340
7032
+ 4
Die Differenzen gehen bis zu 8 Proc. eine grössere Uebereinstimmung war von
vornherein nicht zu erwarten.
Die Werthe in der Tabelle II, die den Einfluss der einzelnen Bestandtheile auf den
Elasticitätscoëfficienten angeben, verdienen um so mehr Vertrauen, je häufiger und in je
stärkerer Menge diese Bestandtheile in den untersuchten Gläsern vorkommen; am
unsichersten in dieser Beziehung stellen sich As2O5, MgO, CaO. Sieht man hiervon ab, so
ordnen sich die Bestandtheile in folgender Reihenfolge:
ZnO, B2O3, P2O5,
PbO, SiO2, K2O, BaO,
Na2O, Al2O3.
Zugfestigkeit.
Die Bestimmung der Zugfestigkeit geschah mit dem in der Fortsetzung (Fig. 1)
abgebildeten Apparate.
Die Belastung ging mehrfach über 100 k hinaus und geschah nicht durch zufliessendes
Quecksilber, sondern bloss durch Gewichte, so dass eine besondere
Arretirungsvorrichtung slm nöthig wurde.
Eine besondere Schwierigkeit bei diesen Versuchen ergab sich aus dem Umstände, dass
die geringsten Verletzungen der Oberfläche, namentlich kleine, vom Schleifen
herrührende Verletzungen senkrecht zur Längsrichtung der Stäbe, einen Bruch der
letzteren herbeiführten und kein eigentliches Zerreissen.
Es wurde deshalb in der gleichen Weise, wie dies Voigt
hatte ausführen lassen, eine Verjüngung des mittleren Querschnittes dadurch
herbeigeführt, dass auf den vier Seitenflächen des Stäbchens mittels eines Cylinders
flache Höhlungen eingeschliffen und diese dann in der gleichen Richtung polirt
wurden. So erhielt man Rissflächen, die, mit Ausnahme eines sehr kleinen Stückchens,
ein faseriges Aussehen hatten, also wirklich durch Zerreissen zu Stande gekommen
waren.
Trotz dieser Vorsichtsmaassregeln zeigen die in Tabelle IV wiedergegebenen Werthe für
die Zugfestigkeit bei ein und demselben Glase zuweilen grosse Unterschiede.
Der Grund davon ist darin gelegen, dass bei Festigkeitsbestimmungen kleine Fehler,
Risse u. dgl., den Ausschlag geben: an der fehlerhaften und geschwächten Stelle
beginnt der Sprung, der sich von dort aus unaufhaltsam weiter ausbreitet.
Tabelle IV.
Textabbildung Bd. 307, S. 142
Fortlaufende Nr.; Chemische
Zusammensetzung; Zerreissungsgewicht; Querschnitt; Zeit in Sec. bis zum
Zerreissen; Maximal- und Mittelwerth
Textabbildung Bd. 307, S. 142
Fortlaufende Nr.; Chemische
Zusammensetzung; Zerreissungsgewicht; Querschnitt; Zeit in Sec. bis zum
Zerreissen; Maximal- und Mittelwerth
Die Maximalwerthe der Zerreissungsfestigkeit kommen den wahren Werthen
wahrscheinlich näher als die Mittelwerthe, und wurden deshalb auch der Berechnung zu
Grunde gelegt.
In der Formel:
P = a1y1 + a2y2 + a3y3...
bedeuten a1
a2, a3... die
Gewichtsmengen der einzelnen Bestandtheile; y1, y2, y3... werden aus den
beobachteten Werthen ermittelt; man erhielt so folgende Grössen:
Tabelle V.
Na2O
=
0,02
As2O5
=
0,03
K2O
=
0,01
BaO
=
0,05
B2O3
=
0,065
ZnO
=
0,15
Al2O3
=
0,05
MgO
=
0,01
SiO2
=
0,09
P2O5
=
0,075
PbO
=
0,025
CaO
=
0,20
Mit diesen Grössen erhält man:
Tabelle VI.
Nr.
Zugfestigkeit in k/qmm
Differenzbeob.-ber. in Proc.
beob.
ber.
19 oder 5
6,95
7,75
– 11
20
3,53
3,80
– 8
21
6,12
5,98
+ 2
22 oder 2
5,76
5,79
– 1
23
7,52
7,33
+ 3
24
6,07
5,27
+ 13
25
8,51
8,53
± 0
26
5,39
5,16
+ 4
27
5,56
6,21
– 12
28
6,76
7,06
– 5
29 oder 8
6,79
7,38
– 9
30 oder 10
7,82
7,24
+ 7
31
7,63
6,50
+ 15
32
8,32
7,78
– 6
33
5,32
4,37
+ 18
34
8,16
7,56
+ 7
35 oder 7
8,35
9,19
– 10
Die Differenzen zwischen den berechneten und beobachteten Werthen gehen bis zu 18
Proc. im Mittel beträgt diese Differenz 7,7 Proc. Eine grössere Uebereinstimmung
konnte nicht erwartet werden.
Von den Werthen in der Tabelle V, die den Einfluss der einzelnen Bestandtheile auf
die Zugfestigkeit darstellen, enthalten diejenigen für As2O5, MgO, CaO eine grosse Unsicherheit, da
diese Bestandtheile nur in geringer Menge vorkommen. Sieht man von diesen Werthen
ab, so ordnen sich die Bestandtheile in folgender Reihenfolge:
ZnO, SiO2, P2O5, B2O3, BaO, Al2O3, PbO, Na2O, K2O,
so dass ZnO den günstigsten Einfluss, K2O den ungünstigsten Einfluss auf die Zugfestigkeit
ausübt.
Druckfestigkeit.
Die Bestimmung der Druckfestigkeit wurde mit einer hydraulischen Presse ausgeführt,
die gestattete, Druck bis zu 10000 k auszuüben. Nachdem Vorversuche erwiesen hatten,
dass weiche Körper, wie Zinn und Kupfer, als Unterlage für die Glasplatten
ungeeignet sind, da sie in die sich etwa bildenden Risse des Glases eindringen und
eine Erweiterung derselben herbeiführen, so wurden harte, frisch abgeschliffene
Stahlplatten verwendet, mit welchen die besten Resultate erhalten wurden.
Tabelle VII.
Nr.des Glases
Druck-festigkeitk/qmm
Verhältniss derDruckfestigkeitzur
Zugfestigkeit
Druckfestigkeit
a
b
ber.
Differenzber.-beob.in Proc.
19 oder 5
120,8
17,9
17,4
110,9
+ 16
20
60,6
18,5
17,2
63,0
– 4
21
105,7
18,7
17,3
88,2
+ 17
22 oder 2
81,2
16,5
14,1
87,9
– 8
23
84,0
11,6
11,2
87,8
– 5
24
77,5
12,9
12,8
77,9
– 1
25
97,8
12,5
11,5
95,7
+ 2
26
84,3
18,1
15,6
75,7
+ 10
27
71,7
13,1
12,9
72,0
± 0
28
91,6
15,0
13,6
90,7
+ 1
29
99,0
15,4
14,6
102,3
– 3
30 oder 10
68,3
9,1
8,7
76,6
– 12
31
74,6
10,1
9,8
73,3
+ 2
32
73,9
9,1
8,8
79,2
– 7
33
67,3
13,5
12,7
68,8
– 2
34
99,3
12,5
12,2
110,9
– 12
35 oder 7
112,9
15,1
13,5
105,2
+ 7
BergkrystallDruck- undZugrichtung ∥
Achse
181,6
11,1
∥ Achse
160,0
12,8
Zum Vergleiche wurde die Druckfestigkeit einiger anderer Körper bestimmt:
k/qmm
Schwarzer belgischer Marmor
25,4
Weisser italienischer Marmor
7,1
Sächsischer Granit
19,1
Harter Marmor
10,4
Gusseisen
94,1Corund hat die Druckfestigkeit 60k/qmm und Gusstahl 430 k/qmm.
Bei allen Versuchen zur Bestimmung der Druckfestigkeit wurde der Druck so weit
gesteigert, dass ein vollständiges Zerstäuben der Glasmasse unter Detonation
stattfand.
In der Tabelle VII sind in der vorletzten Verticalspalte die Druckfestigkeiten nach
der Formel:
D = a1z1 + a1z2
+ ...
berechnet, in der a1, a2... die procentischen Gewichtsmengen der einzelnen
Bestandtheile in den Gläsern darstellen, und z1, z2... aus den Beobachtungen ermittelt sind. Für diese
Grössen wurden folgende Werthe benutzt:
Tabelle VIII.
Na2O
=
0,6
BaO
=
0,62
K2O
=
0,05
ZnO
=
0,6
B2O3
=
0,9
MgO
=
1,1
Al2O3
=
1,0
P2O5
=
0,76
SiO2
=
1,23
CaO
=
0,2
PbO
=
0,48
Die letzte Verticalspalte der Tabelle VII gibt die Differenz zwischen den
beobachteten und berechneten Werthen in Procenten der ersteren an. Diese Differenzen
erreichen im Maximum den Betrag von 17 Proc; der Mittelwerth ist 6,5 Proc. Die
Rechnung wurde ebenso wie die entsprechenden bei der Untersuchung der
Elasticitätscoëfficienten und Zugfestigkeiten durchgeführt, um den Einfluss der
einzelnen Bestandtheile auf die ermittelte Eigenschaft der untersuchten Gläser
wenigstens annähernd darzustellen.
Ueber die Wärmeleitung verschieden zusammengesetzter
Gläser von Otto Paalhorn
(Inaugural-Dissertation, Jena 1894). Die Bestimmungen der Wärmeleitungsfähigkeit
wurden nach der
Methode von Christiansen mit der von Winkelmann (Wied. Annalen,
Bd. 29 S. 68) angegebenen Abänderung ausgeführt.
In der folgenden Tabelle bedeutet kg das Wärmeleitungsvermögen des Glases für
die Temperatur \frac{t_2+t_3}{2}, bezogen auf Luft von 0° C. als
Einheit. Der für cm/gr/Sec. berechnete absolute Werth von K findet sich in der letzten Spalte.
Tabelle IX.
Textabbildung Bd. 307, S. 144
Nr.; Chemische Zusammensetzung;
Temperatur des untersuchten Glases
Nachträglich wurden noch drei Gläser untersucht. Zusammensetzung und
Leitungsfähigkeit der Gläser sind:
Nr. 13.
Nr. 14.
Nr. 15.
K2O
16
Proc.
SiO2
67,9
Proc
Na2O
23
Proc.
Na2O
2
„
ZnO
5,8
„
Al2O3
15
„
CaO
11
„
PbO
8,1
„
Mn2O3
0,1
„
Mn2O3
0,1
„
Al2O3
1,0
„
As2O5
0,3
„
As2O5
0,3
„
As9O5
0,3
„
SiO2
61,6
„
SiO2
70,6
„
Na2O
16,8
„
Mn2O3
0,1
„
K (13) =
0,001952
K (14) =
0,001938
K (15) =
0,001972
Nimmt man an, dass die Bestandtheile der Gläser keine Verbindungen eingehen, sondern
dass nur Mischungen gebildet werden, sowie, dass beim Schmelzen der Gläser keine
Volumänderungen eintreten, so kann die Beziehung zwischen der Leitfähigkeit der
Gläser und ihrer Bestandtheile durch eine Gleichung:
K (a1 + a2 + a3 + ...) = a1
x1 + a2x2 + asx3...
ausgedrückt werden, in welcher K
die Wärmeleitungsfähigkeit des Glases, x1, x2, x3 diejenige der Bestandtheile und a1, a2, a3 die Gewichtsmengen
der Bestandtheile bedeuten.
Die folgende Tabelle enthält die daraus berechneten Werthe.
Tabelle X.
1.
CaO
0,0320
2.
SiO2
0,0220
3.
Al2O3
0,0200
4.
Na2O
0,0160
5.
P2O5
0,0160
6.
B2O3
0,0160
7.
ZnO
0,0110
8.
BaO
0,0110
9.
MgO
0,0082
10.
PbO
0,0080
11.
As2O5
0,0020
12.
K2O
0,0010
Den grössten Einfluss auf die Wärmeleitungsfähigkeit des Glases hat demnach das
Calciumoxyd, daran schliessen sich Kieselsäure und Thonerde, den geringsten Antheil
an der Leitfähigkeit dagegen das Bleioxyd, die Arsensäure und das Kaliumoxyd.
Berechnet man aus obigen Werthen die Leitfähigkeit der Gläser, so erhält man Werthe,
die mit den beobachteten nicht vollkommen übereinstimmen. Die Differenzen betragen 1
bis 13 Proc. und sind wahrscheinlich auf Volumänderungen zurückzuführen. (Es ist
ferner zu berücksichtigen, dass die Gläser nicht blosse Gemenge der Oxyde sind, aus
welchen sie bestehen, sondern Gemenge von Verbindungen dieser Oxyde unter einander,
und dass die Art der Bindung jedenfalls auch eine Rolle spielt. D. Ref.)
(Fortsetzung folgt.)