Titel: | Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. |
Autor: | G. Luff |
Fundstelle: | Band 306, Jahrgang 1897, S. 189 |
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Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
(Schluss des Berichtes S. 161 d. Bd.)
Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
3) Gerste.
Ueber die Gersten der 1895er Ernte liegen Untersuchungen vor von Lang (Zeitschrift
für das gesammte Brauwesen, 1895 S. 333, 349, ferner a. a. O. 1896 S. 15), ferner von Prior
(Bayerisches Brauer-Journal, S. 505), dann von Schwackhöfer (Separatabdruck aus dem 7. Heft der
Mittheilungen der österreichischen Versuchsstation für Brauerei und Mälzerei in Wien), namentlich
über österreichische Gersten.
Gersten der Ernte 1896 wurden untersucht von Aubry (Zeitschrift für das gesammte
Brauwesen, 1896 S. 529 und S. 681), sowie von Hoffmann (Wochenschrift für Brauerei, 1896 S. 966
und 1110) und Ehrich (Der Bierbrauer, 1896 S. 163).
Die Proteïde der Gerste wurden von Osborne (nach einem Referate in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen) bestimmt. Bei 10,75 Proc.
Gesammtproteïngehalt der Gerste wurde gefunden:
Leukosin (bei 52° coagulirend)
0,30
Proc.
Edestin (= Pflanzenvitellin, ein Globulin, selbst über 90° nur theilweise
coagulirbar, aus Salz- lösungen durch Verdünnen, Dialyse und Säuren abscheidbar)
1,95
„
Hordeïn (= Mucedin [Ritthausen], löslich in 75procentigem Alkohol)
4,00
„
Bleiben also etwa 4,5 Proc. nicht weiter getrennte Eiweisssubstanz.
Ueber die Proteïnstoffe des Waizens vgl. O Brien, Chemiker-Zeitung, 1895 Nr.
32.
Ueber die Phosphorsäure in Gerste und Malz hat Fernbach, Director des
zymotechnischen Laboratoriums im Institut Pasteur, interessante Untersuchungen angestellt (nach einem Referate von
Griessmayer in der Allgemeinen Brauer- und Hopfenzeitung, 1896 S. 993).
Es wurde gefunden, dass während des Mälzungsprocesses in der Regel ein erheblicher Betrag an Phosphorsäure in die lösliche
Form
übergeführt wird, und zwar durch Einwirkung der bei der Keimung producirten organischen Säuren auf die unlöslichen
secundären und
tertiären Kalk- und Magnesiaphosphate (wurde auch schon von Prior ausgesprochen). Nur bei sehr hartem
Wasser wurde die Zunahme an löslicher P2O5 nicht constatirt, offenbar
weil die Phosphate durch die Basen des sehr harten Wassers wieder in die unlösliche Form verwandelt wurden. Gleichzeitig
nimmt bei der
Keimung die Menge der Totalphosphorsäure ab, indem einerseits ein Theil vom Weichwasser ausgezogen wird, andererseits
ein Antheil in
die Keime wandert. Im Malze selbst ist entgegen der bisherigen Anschauung keine freie Säure vorhanden, wie durch
Titration mit
Phenolphtaleïn, das für saure Salze sehr verlässig ist, und mit Methylorange, das nur gegen freie Säure sauer, gegen primäre
Phosphate neutral, gegen secundäre alkalisch reagirt, gefunden wurde.
Bei der Titration von Malzauszügen mit Lauge unter Anwendung von Methylorange als Indicator muss man erst eine gewisse Menge
freier
Säure zusetzen, bis saure Reaction eintritt, da eben freie Säuren im Malze nicht zugegen sind.
Zur Bestimmung der Speckigkeit der Gerste hat Braumeister Pohl einen neuen Kornprüfer construirt (Wochenschrift für Brauerei, 1895 S. 145), der dem bekannten Grobecker'schen Kornprüfer ganz ähnlich, aber mit Deckel für das eingelegte Getreide und auswechselbarer
schwarzer Platte, die die Schnittprobe enthält, versehen ist. Der Apparat ist von Windisch (a. a. O.) gut
empfohlen und Referent kann sich diesem günstigen Urtheile nur anschliessen; insbesondere eignet sich die schwarze
Platte sehr gut zur
Beurtheilung der Bräunung der Malzkörner.
Die Menge von Putz- und Abfallgerste ist für die Verarbeitung einer Gerste von hohem pecuniären und technischem Werthe und
sollte bei
Beurtheilung einer Gerste stets bestimmt werden; natürlich ist es dabei wünschenswerth, dass sich der im Laboratorium
ermittelte
Ausputz mit dem in der Praxis anfallenden deckt. Ein solcher Apparat zur Bestimmung von Ausputz in der
Gerste, ein kleines Handsieb, wie es seit Jahr und Tag in der Versuchsbrauerei der „Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei
in Berlin“ gebräuchlich ist, wird von Schönfeld (Wochenschrift für Brauerei, 1896 Nr. 39)
beschrieben und eine Calculation daran gereiht; der Apparat gibt etwas höhere Zahlen für den Ausputz als in der Praxis.
Eine Methode zur Bestimmung der Hitzigkeit der Gersten wurde von Wolf in der
Wochenschrift für Brauerei, 1895 S. 809, angegeben. Sie soll den Zweck haben, darüber Aufschluss zu
geben, wie sich eine Gerste auf der Tenne verhalten wird; die Subtilität der Manipulationen macht sie weniger für
den praktischen
Brauer, als vielmehr für die brautechnischen Laboratorien, und zwar neben der chemischen Analyse, brauchbar. Der
hierzu erforderliche
Apparat besteht aus einem Blechcylinder, dessen Höhe 20 cm, dessen Durchmesser 15 cm, der unten konisch verläuft,
und in einer Röhre
endet. Der Cylinder ist umhüllt von einem ebensolchen grösseren aus Pappe, dessen Dimensionen bezieh. 40 und 30 cm
sind und der unten
eine kreisförmige Oeffnung zum Durchtritt des Ablaufrohres des inneren Cylinders besitzt. Die Gerste gelangt als
Grünmalz mit gleicher
Anstelltemperatur (14° R.) dann in den Apparat, wenn der Wurzelkeim ¾ Kornlänge besitzt (zweiter Tag nach dem Spitzen),
und zwar auf
ein Drahtnetz, das an der Stelle eingefügt ist, wo die konische Gestalt des Cylinders beginnt. Der Zwischenraum zwischen
beiden
Cylindern wird mit Watte ausgefüllt und in die keimende Gerste selbst ein Thermometer eingesetzt, dessen Kugel gerade
in der Mitte des
Cylinders sich befindet. Man weicht 750 bis 800 g Gerste etwa 70 Stunden bis zu einem Weichgrad von etwa 55 Proc.
(?), lässt gut
ablaufen, dann in nicht zu dünnem Haufen unter täglich zweimaligem Wenden so lange wachsen, bis der Wurzelkeim ¾
Kornlänge besitzt,
und füllt dann genau 1 k in den Apparat ein. Die Temperaturerhöhungen werden halbstündig gemessen.
In einer beigegebenen Tabelle gibt der Verfasser das Verhalten von sechs Gersten, deren Proteingehalt in der Trockensubstanz
von
9,82 bis 14,65 Proc. schwankt, im Apparate an; es wurden Temperaturerhöhungen von 4⅛ bis 6⅜° R. beobachtet, wobei
scheinbar grössere
Erwärmung und höherer Proteïngehalt sich decken.
Wenn der Apparat sich bewähren sollte, dürfte er ein wichtiges Hilfsmittel für brautechnische Laboratorien werden. Nur muss
es Wunder
nehmen, dass von einem Weichgrad schlechthin, ohne Berücksichtigung des Wassergehaltes, gesprochen ist, den die Gerste
schon vor dem
Einweichen besitzt, sowie dass die Keimung und Aufstellung des Apparates nicht im feuchtigkeitgesättigten Raume vorgenommen
wird.
Ueber das Trocknen von Rohfrucht gibt Hoffmann in der Wochenschrift für Brauerei, 1895 S. 501, eine sehr interessante Darstellung, die sich zunächst auf die russischen
Ostseeprovinzen bezieht, wo stets ungünstige nasse Witterung die Ernten zu begleiten pflegt. Früher wurde dort das
Getreide im Halm
einfach in grossen Scheunen (Riegen) in der Mitte auf einer Erhöhung aufgestappelt und der ganze Raum durch einen
Ofen ohne
Schornstein erwärmt. Natürlich nahm das Getreide bei dieser Operation einen Rauchgeschmack an. Eine Verbesserung
geschah durch Hueck, indem er statt durch directe Flammengase die Trocknung durch an Heizröhren sich erwärmende Luft
ausführte. Als weitere Verbesserung, die heute noch im Gebrauche ist, wird die Sievers-Heimthal'sche
Darre beschrieben, bei der aber nur die Körner selbst zur Trocknung gelangen. Die Details sind im Original einzusehen,
woselbst auch
die Pläne der drei besprochenen Trockenvorrichtungen beigegeben sind.
Das künstliche Trocknen frischer Gerste behufs Erhöhung der Keimungsenergie bespricht auch Brand bei der XX. Generalversammlung der wissenschaftlichen Station für Brauerei in München (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1896 S. 603). „Eine Entfernung einer gewissen Wassermenge aus
der frischen Gerste, entweder durch Lagern und Umschaufeln auf luftigen trockenen Böden oder durch künstliche Trocknung,
wird
nicht nur dann von Wichtigkeit sein, wenn frische Gerste bald zur Mälzung kommt; es muss bekanntlich dieses Trocknen
auch
geschehen, wenn grössere Posten Gerste zur längeren Lagerung bestimmt sind, vor allem, wenn diese Lagerung in schwer
zu lüftenden
Räumen oder Silos stattfindet. Wenn Gerste mit hohem Wassergehalt in obiger Weise aufbewahrt wird, verliert sie
schon in
verhältnissmässig kurzer Zeit ihre Keimfähigkeit, sie bekommt einen dumpfigen Geruch, 'sie erstickt'.“
Die durch directe Bestimmung der Keimungsenergie vor und nach dem Trocknen von vielen Autoren constatirte Verbesserung der
ersteren
durch das Trocknen ist aber nicht allein durch die hierbei stattfindende Abnahme des Wassergehaltes, sondern auch
durch physiologische
Umwandlungen im Korne selbst bedingt. Auch eine Reihe praktischer Versuche sprechen mit Entschiedenheit für das Trocknen,
das daher
auch in solchen Ländern seit langer Zeit geübt wird, wo feuchtes Klima das natürliche Trocknen des Getreides bedeutend
verzögert.
Durch das Trocknen wird die Gerste im Wassergehalte gleichmässiger, was sich wiederum in gleich massigem Eintritt
der Quellreife
äussert. Ferner macht es unabhängig von Witterungseinflüssen, welche den Erfolg des zu gleichem Zwecke dienenden
Umschaufelns sehr in
Frage stellen kann.
Als Vorrichtungen zum Trocknen wird die bereits oben besprochene, in den Ostseeprovinzen gebräuchliche Sievers-Heimthal'sche Darre, sowie der amerikanische Gerstentrockenapparat empfohlen, den Schwackhöfer in seinem Berichte über die amerikanische Brauindustrie beschrieb. „Dieser Apparat besteht aus mehreren
endlosen Horden, welche über Rollen laufen und mittels Ketten durch ein Getriebe in Bewegung gesetzt werden. Die
zu trocknende
Gerste wird durch ein Becherwerk auf die oberste Horde gebracht, nach vorwärts bewegt, fällt dann auf die untere
Horde u.s.w., bis
sie in die am Boden des Apparates befindliche Gosse fällt, von welcher die Gerste, wenn selbe noch nicht trocken
genug ist, von
Neuem durch das Becherwerk nach oben gehoben wird. Auf diesem Wege wird die Gerste mit einem Strome massig erwärmter
Luft
behandelt, welche ein Ventilator in ein jedes Hordengehäuse mit einem kleinen Ueberdruck einbläst. Durch eine kleine
Calorifère
wird das Erwärmen der Luft besorgt.“
Die geeignetste Trockentemperatur wurde von einigen Forschern bei 20 bis 50° C. gefunden; andere geben an, dass man bis 87°
C. gehen
dürfe, ohne dass ungünstige Veränderungen eingetreten seien. „Hauptsache ist nur eine sehr langsame Temperatursteigerung. Unter
dieser Bedingung soll Gerste bis auf 100° C. erhitzt werden können, ohne ihre Keimfähigkeit zu verlieren.“
Ueber den Bakteriengehalt des Getreides liegt eine Untersuchung vom kaiserl. Gesundheitsamte (nach einem
Referate in Der Bierbrauer, 1896 S. 158) vor, die sich auf 33 Proben (Waizen, Roggen, Hafer und Gerste)
erstreckte. Die meisten Bakterien enthielt eine Probe russischen Hafers, nämlich 4636000 auf 1 g. Die niedrigste
Zahl wies
amerikanischer Waizen aus La Plata mit 11000 auf. Deutscher Waizen zeigt in 1 g 14000 bis 230000, russischer 256000
bis 309000,
deutscher Roggen 128000 bis 670000, russischer 756000 bis 1018000 und türkischer Roggen, der von allen untersuchten
Proben am meisten
mit fremden Bestandtheilen verunreinigt war, nur 30000 Bakterien in 1 g.
Ueber russische Braugerste vgl. Allgemeine Zeitschrift für Bierbrauerei und
Malzfabrikation, 1896 S. 549; die Arbeit bezieht sich namentlich auf die chemische Untersuchung der Gersten, wobei einige
interessante Abweichungen in der Zusammensetzung russischer Gersten gegenüber den bei uns angebauten constatirt werden.
Ueber verletzte Gerstenkörner, hitziges Wachsen und Schimmelbildung derselben schreibt Prior im Bayerischen Brauer-Journal durch Allgemeine
Zeitschrift für Bierbrauerei und Malzfabrikation, 1896 S. 27. Es ist in dieser Arbeit die Ansicht ausgesprochen, dass nicht
nur hoher Stickstoffgehalt ein hitziges Wachsthum bewirken kann, sondern auch verletzte, d.h. an den Kornenden beschädigte
Körner, da
diese nicht nur Wasser leichter aufnehmen und abgeben, sondern auch wahrscheinlich Sauerstoff, wodurch bei diesen
der Athmungsvorgang
und die dadurch bewirkte Temperatursteigerung intensiver verläuft.
Die Beurtheilung der Braugerste geschieht nach Ehrich (Der Bierbrauer, 1896
S. 145) nach folgenden Gesichtspunkten:
Vor allem ist auf gute Keimfähigkeit zu sehen, sowie auf einen nicht zu hohen Proteïngehalt (10 bis 12 oder 13 Proc). Zu hoher
Gehalt
an Stickstoffsubstanzen macht das reife Bier eher zu Trübungen durch Spaltpilze, Glutin u.s.w. geneigt, während andererseits im Interesse kräftiger Enzymentwickelung und Hefethätigkeit auch ein zu
niedriger Proteingehalt nicht wünschenswerth erscheint. Die Schnittprobe soll möglichst viele mehlige, wenig speckige
Körner
aufweisen, da nach Brown und Marris speckige Gerste stärker verholzte
Zellmembranen besitzt, die sich unter dem Einflüsse der Cytase nur schwer lösen. Der Wassergehalt sei nicht zu hoch;
einestheils aus
rein pecuniären Gründen, dann auch deshalb, weil feuchte Gerste sich am Lager leicht erhitzt, dumpf und stockig wird
und an
Keimfähigkeit verliert. Aus dem gleichen Grunde soll der Geruch der Gerste rein, d.h. nicht dumpf oder stockig sein.
An die Farbe
werden oft übertriebene Anforderungen gestellt und doch kann auch eine gelbe bis schwach dunkelgelbe Waare eine recht
gute Braugerste
sein; denn die dunklere Farbe der Spelzen ist ohne alle Beziehung zur Ausbildung von Embryo und Endosperm, und nach
Zoebl auf eine unschädliche Absorption von Ammoniak seitens der feuchten Spelzen zur Zeit des Ausreifens
und während der Nachreife zurückzuführen. Dagegen ist die graue Farbe beregneter Gerste auf saprophytische Pilze
zurückzuführen,
ebenso wie die Erscheinung der Braunspitzigkeit, und deshalb als schlechte Zeichen zu deuten. Die Körner sollen möglichst
gleichmässig, dünnhülsig und unverletzt sein. Stark gefaltete Spelzen lassen auf unvollkommene Ausbildung des Endosperms
schliessen.
Das Hectolitergewicht, welches nach der Ansicht vieler Brauer ein werthvoller Maasstab für die Qualität der Gerste
sein soll, wird
mehr durch die Form der Körner, als durch deren Zusammensetzung beeinflusst. „Besonders auffallend ist die Erhöhung des
Hectolitergewichtes durch Körner mit abgeschlagenen Spitzen und andererseits die Verminderung desselben durch Körner
mit lang
auslaufenden Spitzen.“
„Besonders ist darauf zu achten, dass die Gerste nicht vom schwarzen Korn wurm befallen ist, weil dieser nicht nur die Gerste
selbst minderwerthig macht, sondern sich auch noch auf den Böden festsetzt und sehr schwer zu vertreiben ist.“
Ueber das Thema: Welche Manipulationen kann der praktische Brauer vornehmen, um den Brauwerth der Gerste und
des Malzes möglichst vollkommen zu erkennen, hielt Lang bei der XIX. Generalversammlung der
wissenschaftlichen Station für Brauerei in München einen Vortrag (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen,
1895 S. 389), aus dem hier nur der Umstand hervorgehoben werden soll, dass manche rumänischen Gersten sich durch
hohen
Stickstoffgehalt und hitziges Wachsthum auszeichnen; man erkennt sie, da sie zu den sechszeiligen Gersten gehört,
auch in Mischungen
leicht an der bekannten, um die Längsachse gedrehten Form der Körner.
Ueber den sogen. Kornwurm liegen eine Reihe von Mittheilungen, namentlich über dessen massenhaftes
Auftreten im J. 1895, vor, vor deren kurzer Besprechung einiges Allgemeine vorausgeschickt werden möge. Man nennt
häufig die Larven
von Insecten wegen ihres wurmförmigen Ansehens im Volksmunde Würmer; so spricht man vom Mehlwurm, Drahtwurm, Holzwurm
u.s.w. und
endlich auch vom Kornwurm. Die letztere Bezeichnung bedarf noch einiger Erläuterung, denn im Getreide kommen mehrere
Kornwürmer vor,
deren wichtigste der Kornkäfer und die Kornmotte sind. So wenig nun zwar der Kornkäfer (Calandra granaria L.) genannte
kleine
Rüsselkäfer mit der Kornmotte (Tinea granella), einem Kleinschmetterling, verwechselt werden kann, so liegt doch die Gefahr der
Verwechslung näher bei deren, Larven bezieh. Raupen genannten, wurmähnlichen Entwickelungsformen, um so mehr, als
die Bezeichnung
„Kornwurm“ ja diese beiden Formen umschliessen könnte. Da ist es nun von Bedeutung, zu wissen, dass die Larve des
Kornkäfers fusslos ist, während das Räupchen der Motte acht Fusspaare besitzt, und dass ferner der Frass der letzteren
dadurch sehr
leicht kenntlich ist, dass hier die Raupe mehrere Körner sammt ihrem weisslichen Unrath zu sehr charakteristischen
Gespinnsten
verspinnt. Wenn im Folgenden von Korn wurm schlechthin gesprochen wird, so ist damit stets der Kornkäfer sammt Larve
gemeint. Dieser
Schädling hält nun einmal befallene Speicher hartnäckig besetzt und es ist ja längst bekannt, dass man seine Einschleppung
eher
hintertreiben kann als die Ausrottung auf heimgesuchten Kornspeichern. Der Schädling überwintert auf dem Speicher
oder in dessen Nähe,
kommt im Frühjahr hervor und schreitet Mai bis Juni zur Begattung, worauf das Weibchen meist ein Ei in je ein Korn
legt, das es vorher
mit dem Rüssel angestochen hat. Die Larve frisst das Korn aus, verpuppt sich darin und liefert etwa Juli den Käfer,
der alsbald das
Korn, angeblich in der Nähe des Keimes, durchbohrt, sich begattet und nach abermaliger Eiablage u.s.w. etwa im September
die zweite
Brut liefert, die dann gewöhnlich überwintert, um im nächsten Frühjahr den Kreislauf aufs Neue zu beginnen; doch
kann es, wenn auch
nur äusserst selten, wohl noch zu einer dritten Brut kommen.
Gegenmittel, die schon länger in Anwendung sind, sind folgende:
1) Fegen des Getreides zur Entfernung der ausgefressenen, also leichteren Körner, namentlich zur Brutzeit (Juli und September);
sind
Käfer darin, so verlassen sie gewöhnlich bei dieser Operation das Korn, zerstreuen sich auf dem Speicher und müssen
gefangen werden,
am besten mittels alter Tücher, die man um die Fege herumlegt und später verbrennt. Gesacktes Getreide soll öfters
abgebürstet werden,
um abgelegte Eier zu entfernen. Auch Erhitzen des Getreides auf 40 bis 50° ist empfohlen worden; wenn aber auch bei
dieser Operation
die Käfer auswandern und wiederum durch Säcke u.s.w., in die sie sich verschlüpfen und die man dann verbrennt, unschädlich
gemacht
werden können, so bleiben doch alle Larven im Korn, wenn auch im todten Zustande, die, wenn sie nicht beim Abschöpfen
der
Schwimmgerste mit den befallenen Körnern entfernt werden – und es scheint nicht der Fall zu sein, dass solche Körner
immer oben
schwimmen – doch eine sehr ekle Zuthat zum Malze sind.
2) Reinigen und Entleeren des Bodens; Verstreichen der Ritzen daselbst, sowie Vermörteln der Mauerfugen; wo es angeht, Einlagern
von
Hafer, dessen dicke Spelzen der Käfer nicht liebt.
Als Erkennungsmittel, allerdings nur des Käfers selbst, nicht der Larven, das in der kalten Jahreszeit
anzuwenden ist, wird empfohlen, die Gerste in einen warmen Raum zu verbringen und das eventuelle Herauskommen von
Käfern zu
beobachten; auch das Sonnenlicht soll zur Erkennung der lichtscheuen Käfer in einer Gerstenprobe angewendet werden
können. Befallene
Gerste ist natürlich vom Ankaufe auszuschliessen.
Eine Reihe von Mittheilungen (Wochenschrift für Brauerei, 1895 S. 1136, 1161, 1206; ferner Allgemeine Brauer- und Hopfenzeitung,
1895 S. 348, und Der Bierbrauer, 1896 S. 189) über den Kornwurm führen nun neben der schon geschilderten
Lebensweise und den zum Theil auch schon in obigen Bemerkungen enthaltenen Gegenmitteln auch noch einiges Neue an.
So ist auch das
Bestreuen der Gerste mit Kalkstaub, verbunden mit Umschaufeln und Bestreichen der Wände mit einer starken Salzlösung
(? soll wohl
heissen Salzsäurelösung. D. Ref.) empfohlen; ferner das Ausbreiten von Katzen- oder Schafhäuten, auch von altem Hopfen
über die
Haufen. Tritt der Käfer auch auf der Malztenne auf, so sind die Wände mit klebriger. Substanz zu bestreichen, auch
ist es gut, eine
kleine Probe trockener Gerste in einen Winkel zu legen, in welche sich der Käfer verkriecht. Interessant ist die
Beobachtung, dass der
Schädling auch ans Malz herangeht; ebenso auch die Mittheilung, dass es mittels eines Hochdruckventilators gelingen
soll, denselben
aus Silos zu vertreiben bezieh. fernzuhalten. Von Interesse ist ferner die Mittheilung, dass sich in Silos aufbewahrte
Gerste, die der
Käfer bewohnt, stark erwärmen soll und unter Umständen 20° R. mehr zeigt als die Umgebung, während die gleiche Gerste,
in Säcken
aufbewahrt, dies nicht zeigte. Die erstere weichte sehr rasch; es blieben aber nach 8 Tagen 70 Proc. aus; die gesackte
Gerste hatte
lange nicht so gelitten und es blieben nur 10 Proc. aus.
Schliesslich sei auch noch zweier neuen Krankheiten der Gerstenpflanze Erwähnung gethan. Die eine, verursacht durch den Pilz
Helminthosporium gramineum Eriks, beschreibt Werner (nach einem Referate der Allgemeinen Brauer- und Hopfenzeitung, 1896 S. 2019) als Blattfleckenkrankheit. Sie wird aus der Gegend von Freiberg,
Dresden, Plauen gemeldet, äussert sich in braunen, beiderseits sichtbaren Flecken an Blättern und Blattscheiden,
die sich vergrössern
und das Blatt, das dann mit feinem schwarzen Pulver bestäubt erscheint, zum Absterben bringen, in Folge dessen auch
nur dürftige oder
gar keine Aehren zur Ausbildung gelangen. Steglich empfiehlt dagegen, von solchen befallenen
Getreidefeldern kein Saatgut zu nehmen, kleinere Bestände zu verbrennen, das Saatgut im Frühjahre je 1 Minute lang
mit 1procentiger
Kupfervitriol- und 1procentiger Sodalösung zu beizen, dann zu trocknen und künftige Infectionsherde durch rechtzeitiges
Ausschneiden
zu beseitigen und deren Umgebung durch Bespritzen mit „Bordelaiser Brühe“ zu entpilzen. – Die andere Gerstenkrankheit wird von
K. Bruhne (durch ein Referat in Wochenschrift für Brauerei, 1895 S. 960)
als durch den Pilz Hormodendron Hordei nov. spec. verursachte und ebenfalls zu spärlicher Aehrenbildung führende
Blattkrankheit
beschrieben. „Merkwürdiger Weise erkrankte die Gerste stets zuerst in der Umgebung der Schutt- und Mullmassen, die von den
städtischen Abfuhrwagen in der Nähe der Felder abgelagert werden.“ Man gebe daher den Gerstenanbau in der Nähe dieser
Schuttmassen auf und entferne auch die zweite Wirthspflanze, Hordeum murinum (Mäusegerste), die an allen Rainen wächst.
G. Luff.