Titel: | Aufspeicherung von Kraftgas. |
Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 276 |
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Aufspeicherung von Kraftgas.
Mit Abbildungen.
Aufspeicherung von Kraftgas.
Aus den statistischen Veröffentlichungen der Fabrikanten von Gasmaschinen ist der
Schluss zu ziehen, dass in Deutschland sicher 80000 an GasmaschinenNach der
neuesten preussischen Statistik waren rund 30000 feststehende Dampfmaschinen
mit zusammen 888000 gezählt. thätig sind, welche aus
Gasanstalten mit Kraftgas versorgt werden. Unter diesem Gesichtspunkte sind die
Angaben von Interesse, welche O. v. Oechelhäuser im Verein zur Beförderung des Gewerbfleisses machte (vgl.
Zeitschrift dieses Vereins, Jahrg. 1896), indem er
die technische und wirthschaftliche Bedeutung der Gasleitungen als Kraftgascentralen
eingehend würdigte.
Die grösseren Gasanstalten Deutschlands versorgen Röhrensysteme von 200 bis 1000 km
Gesammtlänge bei einem Druckgefälle von etwa 55 mm Wassersäule oder ungefähr 1/180 at. Mit
einem wahrscheinlich geringeren Druckverlust transportiren z.B. die städtischen
Gasanstalten Berlins stündlich rund 65000 cbm Gas. Rechnet man 0,7 cbm Gasverbrauch
für 1 /Std., so würden also die städtischen Anstalten Berlins allein etwa
93000 vertheilen können, also etwa ⅓ mehr als alle Dampfdynamo in Preussen
zur Zeit an Kraft verbrauchen.
Auch eine Gaskraftfernleitung wird Berlin nächstens besitzen, nämlich in den beiden
Röhrenzügen von 845 mm Durchmesser und 4,7 km Länge, welche die neue grosse Berliner
Gasanstalt in Schmargendorf mit der Gasometerstation in der Wormserstrasse verbinden
sollen. Diese beiden Rohre werden zusammen stündlich 18000 cbm, entsprechend 25000
, übertragen können und dafür nur eine Kraft von etwa 5 nöthig
haben, um mit Exhaustoren einen Anfangsdruck von etwa 1/40 at zu erzeugen. Also wird die
Uebertragung von 25000 auf 4,7 km Länge mit einem ungefähren Kraftverbrauch
von 1/5000
bewirkt. Rechnet man den Nutzeffect der Exhaustoren nur zu 25 Proc. so werden sie
etwa 20 verbrauchen; dann würde der Kraftverbrauch 1/1250 sein und
unmittelbar in Vergleich mit der grössten bestehenden Anlage dieser Art gestellt
werden können.
Es ist dies die Gasleitung von Beckton nach London; sie leitet mit zwei gusseisernen
Röhren von je 1,22 m Durchmesser auf eine Entfernung von 13 km stündlich rund 85000
cbm Gas, entsprechend ungefähr 120000 . Das Druckgefälle beträgt 600 – 150 =
450 mm Wassersäule oder 1/22 at, die Exhaustoren leisten zusammen rund 120
. Also erfordert diese Fernleitung nur rund 1/1000 der übertragenen Kraft.
Die Uebertragungsleistungen der Gasröhren steigern sich also noch bedeutender, wenn
man nur Anfangsdrucke von 600 mm Wassersäule = 1/16 at anwendet, die man jederzeit auch
zur Verstärkung älterer Röhrensysteme anwenden kann. Und es steht nach den
bisherigen Erfahrungen nichts im Wege, um auf grössere Entfernungen die
Röhrendurchmesser noch kleiner zu erhalten, einen Anfangsdruck für Leuchtgas bis auf
1 at zu geben, da u.a. nach den Untersuchungen von E. C.,
Riley Steinkohlengas bei etwa 1⅓ at Druck nur 0,37 Proc. an Leuchtkraft
einbüsst.
Wenn sonach die vorhandenen Gasröhrensysteme eine Leistungsfähigkeit für
Kraftübertragung besitzen, wie sie in der Praxis bisher kein anderes
Kraftvertheilungssystem erwiesen hat, so haben die Gasanstalten vor allen übrigen
Systemen noch einen ganz besonderen Vorzug, nämlich den der grossartigsten und
billigsten Aufspeicherung von Kraft. Dies ist bekanntlich für die gleichmässige
Ausnutzung der erzeugenden Kraftanlagen in den 24 Stunden eines Tages von grossem
Vortheil und wird um so wichtiger werden, je mehr grosse und ununterbrochen
arbeitende Motorenanlagen an das Vertheilungssystem angeschlossen werden.
Wie billig aber diese Kraftaufspeicherung ist, geht aus folgendem Vergleich
hervor.
Eine elektrische Accumulatorenbatterie, welche 140 rund 4 Stunden lang, also
560 /Std. abzugeben im Stande ist und zur Zeit eine der grössten Sorten
darstellt, kostet ungefähr 70000 M. Anlagekapital, d. i. rund 125 M. für 1
/Std.
Der Gasometerraum für 560 /Std. beträgt rund 400 cbm und kostet bei kleinen
städtischen Gasometern rund 10000 M., also 17,8 M. für 1 /Std., und bei dem
neuesten Londoner Gasometer nur rund 1400 M. Anlagekapital, also 2,5 M. für 1
/Std. Es ist demnach die elektrische Kraftaufspeicherung bei der
gegenwärtigen Grösse der Accumulatoren und je nach der Grösse städtischer Gasometer
rund 7- bis 50mal theurer als die mittels Leuchtgases. Der Verlust bei den
Gasometern muss als Null in Beziehung auf Dichtigkeit angesehen werden, und nur im
strengsten Winter findet bei nicht umbauten Gasometern eine geringe Condensation
statt, gegenüber etwa 20 Proc. Verlust im Betriebe elektrischer Accumulatoren. Und
trotz dieser zur Zeit noch hohen Anlagekosten und Verluste erweist sich der
elektrische Accumulator für den Gleichstrombetrieb schon als ein grosser
Betriebsvortheil.
Zu der Billigkeit der Kraftaufspeicherung kommen die verhältnissmässig geringen
Kosten und Verluste der Leitungen.
Die Kosten städtischer Leitungen mit Hausanschlüssen betragen bei der D. C. G.
für je 1 Gasflamme im Durchschnitt von 12 Rohrsystemen, welche sich in weiter
Ausdehnung über 32 Städte und Ortschaften erstrecken, und wo auf je 1 m nur ½ Flamme
installirt ist, rund 16 M. Anlagekapital nach den heutigen Preisen.
Für das Dreileiterkabelnetz von Elektricitätswerken nimmt Uppenborn 50 M. für 1 Flamme an. Hiernach betragen also die Anlagekosten
der Gasleitung in den angezogenen Fällen nur etwa ein Drittel der
Dreileiterlichtkabel. Für Wechselstromanlagen sollen sich die Anlagekosten
ausgebauter Centralen auf etwa 30 M. für 1 Flamme (z.B. in Köln) stellen; es würde
auch in diesem Falle die Gasleitung noch etwa halb so billig sein wie das
Wechselstromsystem.
Will man nun die Röhren- und Kabelnetze als blosse Kraftübertragungsysteme ansehen,
so fehlen leider bisher nähere statistische Daten aus der Praxis der Elektromotoren
und elektrischen Kraftcentralen. Um indess wenigstens einen annähernden Vergleich
machen zu können und nicht absolute Kostenpreise, sondern nur Vergleichszahlen
aufzustellen, sei die Annahme gemacht, dass die Kosten der Röhrensysteme und
Kabelnetze bei zunehmender Leistung in gleichem Maasse steigen – was im grossen
Durchschnitt der verschiedenen Dimensionen nicht unwahrscheinlich ist – und zwar
direct proportional der Mehrleistung, was natürlich für beide Systeme den absoluten
Kosten nach viel zu hoch wäre.
Für die obengedachten Röhrensysteme der D. C. G. beträgt der Verbrauch einer
installirten Flamme am Tage und zur Stunde des grössten Verbrauchs im Durchschnitt
rund 70 l stündlich und der von 1 /Std. rund 400 l. Demnach würde unter den
gemachten Voraussetzungen die Vergleichszahl für das Kraftvertheilungssystem
\frac{400}{70}\,.\,16, also ungefähr 90 für eine übertragene
sein.
Die Vertheilung von Druckluft hat trotz der vortrefflichen Erfolge in Glasgow und
Paris nicht die erhoffte Bedeutung erlangt und ist auf verhältnissmässig kleine
Anlagen beschränkt geblieben. Auch die Verbindung der Druckluft mit Gas und
besonders den Abgasen aus Koks- und Hochöfen hat bisher nur in kleinen Anlagen
Anwendung gefunden.
Nun hat der Vortheil, welcher in der Anwendung von Kraftgasspeichern liegt, die
Erfindungsthätigkeit auf ein neuartiges Gebiet geführt, nämlich auf die Erzeugung
und Aufspeicherung besonderer Kraftgase unter Druck in kleinen Sammlern, aus denen
das Gas nur durch Expansion zur Wirkung gelangen soll.
In dieser Beziehung liegen mehrere eigenartige Vorschläge vor, welche nähere
Beachtung fordern.
Fr. Honigmann in Aachen (D. R. P. Nr. 62136) knüpft an
die Drucklufterzeugung an und beabsichtigt zum Betriebe der Luftverdichtungspumpen
die Druckluft aus der Sammelleitung zu benutzen.
Diese Arbeitsluft – ein Theil der comprimirten Luft – erhält durch starke Erhitzung
vor und während der Arbeitsleistung eine bedeutende Volumenvermehrung, so dass zur
Erzeugung von einem Volumen comprimirter Luft nur ein Theil dieses Volumens zur
Leistung der Compression erforderlich ist. Der andere Theil der comprimirten Luft
bleibt dann als Gewinn über und geht zur Luftleitung, um an der
Verbrauchsstelle durch ähnliche Vorwärmung entsprechend hohe Arbeitsleistung
abzugeben.
Fig. 1 zeigt schematisch
die Arbeitsweise der Compressionsanlage.
Die Compression der Luft geschieht in bekannter Weise: Die von aussen durch Ventil
a angesaugte Luft wird im Niederdruckcylinder A unter Kühlwassereinspritzung bis auf etwa 3 at
gepresst, dann durch Ventil b behufs vollständiger
Abkühlung in das Reservoir c gebracht, gelangt von dort
durch Ventil d in den Hochdruckcylinder B, um hier unter weiterer Kühlwassereinspritzung bis
auf die festgesetzte Normalpressung (6 at) gebracht und durch Ventil c in das Hauptreservoir R
übergeführt zu werden. Dieser Vorgang der Comprimirung der Luft ist durch das
Diagramm (Fig. 2)
verdeutlicht.
Textabbildung Bd. 305, S. 277
Arbeitsweise der Compressionsanlage.
Die Arbeit der Compression wird dagegen andererseits, anstatt wie bisher durch
Wasserdampf, durch einen Theil der gepressten Luft bewirkt.
Die dazu erforderliche Luftmenge wird dem Reservoir R
entnommen, in dem Erhitzer E1 (auf 300 bis 500° C.) erhitzt und durch Ventil e dem Hochdruckcylinder B zugeführt, wo sie
bis zu etwa 3 at expandirt, wie das Diagramm abcd in
Fig. 3 ergibt.
Vom Hochdruckcylinder B gelangt dann die Luft durch
Ventil f zum Erhitzer E,
um nach der Abkühlung durch die geleistete Arbeit hier wieder auf die höhere
Temperatur gebracht zu werden.
Vom Erhitzer E geht die Luft durch Ventil g zum Niederdruckcylinder A, um unter Expansion bis zum Atmosphärendruck die Arbeitsleistung zu
erzielen, wie sie durch das Diagramm defg in Fig. 3 weiter dargestellt
ist. Die ohne Spannung austretende Verbrauchsluft geht vom Cylinder A durch Ventil h zur
Feuerung F, wo sie sich durch Verbrennung weiter
erhitzt, dann ihre Wärme an die Erhitzer E1 und E nach dem
Gegenstromprincip abgibt und hierauf ins Freie entweicht.
Das Diagramm in Fig. 3
zeigt den Ueberschuss an Arbeitsleistung gegen den Verbrauch an Arbeit bei der
Compression im Diagramm der Fig. 2, wodurch der Betrieb des Luftcompressors ermöglicht ist.
Die stufenweise Expansion der Druckluft in zwei oder mehreren Cylindern, wie sie bei
diesem Verfahren der Luftcompression zur Anwendung kommt, bietet die Möglichkeit, in
den Zwischenräumen bei der Expansion starke Wärmezufuhr durch Erhitzer zu geben, was die
Arbeitsleistung bedeutend erhöht; die stufenweise Compression der Luft lässt
andererseits in dem geeigneten Zeitpunkt eine kräftige Wärmeentnahme durch
Wasserkühlung u.s.w. zu. Die Verbindung der Expansion mit der Compression der Luft
in demselben Cylinder, wie in Fig. 1 dargestellt, hat gegenüber der Anwendung der Expansion bezieh.
Compression in je einem besonderen Cylinder den Vortheil, dass höhere Temperaturen
bis zu 500° C. zu verwenden sind, da sich die Kolbendichtung nur in dem kühlen Theil
des Cylinders bewegt.
Nach dem Vorschlage von A. v. Jhering in Hagen i. W. (D.
R. P. Nr. 61499) werden Druckgase aus Explosionsgasen fester Stoffe mit Wasserdampf
gemischt gewonnen.
Textabbildung Bd. 305, S. 278
Fig. 4.Gasentwickler.
In Fig. 4 stellt A
schematisch den Gasentwickler dar. Am Boden oder irgend einer anderen Stelle ist der
zur Verpuffung des Explosivstoffes (Schiesspulver oder sonstige leicht entzündbare,
gasreiche Mischung) dienende Zündapparat B angebracht,
in welchem durch eine Flammenzunge, elektrischen Funken, glühenden Draht o. dgl.
eine geringe Menge des Explosivstoffes (0,1 bis 1 g) entzündet und verbrannt wird.
Der Zündapparat ist mit Wasserkühlung C versehen,
welche eine zu starke Erhitzung desselben verhindern soll, zugleich aber die bei der
Explosion freigewordene Wärme zur theilweisen Verdampfung des Kühlwassers nutzbar
machen soll.
Die Verdampfung kann jedoch auch im Gasentwickler A
durch Niedertropfen von Wasser auf eine über dem Zündapparat liegende, von der
Explosionsflamme getroffene und dadurch erhitzte Pfanne erzeugt werden.
Die zeitweise Nachfüllung des Pulvers geschieht durch einen Schaltapparat D auf dem Kessel A,
bestehend aus einem mit 1, 2 oder mehreren Winkelbohrungen versehenen, von einem
Schaltwerk in ruckweise Drehung versetzten Hähnchen, welches abwechselnd eine kleine
Menge Explosivstoff aufnimmt und durch das Rohr E in
den Zündapparat fallen lässt, worauf dieselbe nach kurzer Zeit oder sofort verpufft
wird.
Die am oberen Theil des Kessels angebrachten Manometer und Sicherheitsventile dienen
zur Sicherheit gegen zu hohen Druck.
Die im Kessel entwickelten Gase und Dämpfe werden durch ein Rohr nach der daneben
stehenden oder liegenden gewöhnlichen Cylindermaschine (mit oder ohne Schieber, fest
oder oscillirend) geleitet, in welcher die Gase entweder in allen Cylindern
gleichzeitig (wenn mehrere Cylinder vorhanden sind) oder in den einzelnen Cylindern
nach einander expandiren (doppelte oder dreifache Expansion).
Zur Zuführung des Explosivstoffs zum Einfüllhahn D dient
irgend eine Vorrichtung (Schnecke, Becherwerk o. dgl.), welche den Explosivstoff in
kleinen Mengen aus einem Vorrathsbehälter herbeischafft, welcher zur Sicherheit
gegen Explosion mit Wasser gekühlt und aus sehr dünnem, leicht nachgiebigem Material
(Holz, dünnes Blech, Papiermache o. dgl.) besteht, um keine stark widerstehenden
Theile für den Fall eines unbeabsichtigten Verpuffens zu haben.
Vom gleichen Erfinder rührt die in Fig. 5 dargestellte
Anordnung her (D. R. P. Nr. 66600).
In der Zündkammer A (bezieh. A1) werden die Gase durch Zündung
entwickelt, sodann durch ein Ventil B in den Gassammler
G eingelassen. Von hier aus strömen dieselben dem
Arbeitscylinder C, welcher oberhalb, seitlich oder
unterhalb des Kessels angebracht ist, zu, um in demselben einen Kolben zu
treiben.
Textabbildung Bd. 305, S. 278
Fig. 5.Maschine von Jhering.
Nach dem Vorschlage von O. Vogelsang in Plauen (D. R. P.
Nr. 89822) wird bei der in Fig. 6 dargestellten
Anordnung in den mit beweglichen Kolben o. dgl. versehenen Brennstoffbehälter A Gas durch Stutzen S
eingeführt. In dem Behälter b befindet sich Druckluft,
welche mittels Verbindungsrohres d auf die hintere
Kolbenseite im Brennstoffbehälter derart wirkt, dass durch Verschiebung des Kolbens
nach innen auf beiden Kolbenseiten gleicher Druck entsteht. Die Maschine wird
nunmehr aus beiden Behältern, und zwar durch Rohr H mit
Luft und durch Rohr J mit Brennstoff gespeist. Durch
Pumpe L, welche in irgend einer Weise mit der Maschine
gekuppelt ist, wird Luft nach dem Behälter b gepumpt,
wobei der constante Druck durch Sicherheitsventil p
geregelt wird.
Textabbildung Bd. 305, S. 278
Fig. 6.Maschine von Vogelsang.
A. Nobel in Paris (D. R. P. Nr. 67218) will Druckgas
durch die chemische Reaction bestimmter Stoffe entwickeln, die gestatten, mit Hilfe
eines einfachen und leichten Apparates jene beträchtliche Kraft auszunutzen, welche
dieselben zu entwickeln im Stande sind.
Diese Stoffe sind metallisches Natrium oder Kalium, oder Legirungen dieser beiden
Metalle, oder fein gepulvertes Mangan, oder eines jener Metalle oder jener
Metalllegirungen, welche bei gewöhnlicher oder um ein Geringes erhöhter Temperatur
Wasser oder andere, Sauerstoff, Chlor, Fluor oder Schwefel enthaltende Flüssigkeiten
zersetzen und dadurch Gase oder Dämpfe entwickeln, deren Expansion im Stande ist,
bewegende Kraft zu erzeugen.
Natrium in Verbindung mit Wasser zerlegt letzteres und verbindet sich mit dem
Sauerstoff desselben, wobei Wasserstoffgas entwickelt wird; auch in Berührung mit
Fluor, Wasserstoffsäure, Chlorwasserstoffsäure und Schwefelwasserstoffgas wird
Wasserstoff frei, während in Contact mit Schwefelsäure von entsprechender
Concentration auch Schwefligsäuredämpfe zur Entwickelung gelangen können.
Die Reaction der vorherbezeichneten Metalle oder Metallegirungen auf Wasser bedingt
die Entwickelung einer hohen Hitze, welche ebenfalls eine Quelle von bewegender
Kraft ist. Wenn 23 g Natrium mit 18 g Wasser in Contact gebracht werden, dann
entwickeln sich 43,1 Wärmeeinheiten, welche theoretisch einer Kraft von 182,30 k/m oder einer
durch 4 Minuten wirkenden Pferdekraft gleich kommen; demnach erzeugen theoretisch
345 g Natrium 1 für die Wirkungsdauer einer Stunde oder 10 für
jene von 6 Minuten.
In der Praxis werden sich die Ergebnisse der vorerwähnten chemischen Reactionen
selbstverständlich bedeutend niedriger stellen, doch wird der Verlust in Folge der
geringen Abmessungen der erforderlichen Maschine und des hohen Druckes, unter
welchem dieselbe vermöge ihrer Construction arbeiten kann, gering sein. Die Reaction
von Natrium oder Kalium auf Wasser und andere Flüssigkeiten ist eine
ausserordentlich heftige und hat nahezu den Charakter einer Explosion. Diese Wirkung
kann aber leicht durch Zusatz von Stoffen gemildert werden, welche weniger Affinität
zum Natrium oder Kalium besitzen. Derartige Stoffe gibt es viel und werden als
solche angeführt: Alkohol, Glycerin, Zucker u.s.w. Es soll aber vorzugsweise
Ammoniak verwendet werden und zwar wegen seiner chemischen Indifferenz zu den
vorbenannten Metallen und wegen des grossen Volumens, welches dasselbe einnimmt,
wenn es verflüchtigt wird. Wasser von niedriger Temperatur oder unter Druck
absorbirt eine grosse Menge Ammoniakgas, welches bei der durch die Reaction des
Natriums oder Kaliums auf Wasser erzeugten Hitze frei wird.
Wenn 23 g Natrium auf eine aus 27 g Wasser und 85 g Ammoniak (NH3) bestehende Flüssigkeit wirken, so ergeben sich
folgende Resultate:
Von den 43,1 frei werdenden Wärmeeinheiten sind deren 23 erforderlich, um die 85 g
Ammoniak zu verflüchtigen, während die übrigen 20,1 Wärmeeinheiten dazu dienen,
sowohl die Temperatur der 85 g Ammoniakgas als auch die gebildete Aetznatronlösung
(50 g) und das 1 g entwickelte Wasserstoffgas auf etwa 200° C. zu erhöhen. Das
Volumen des auf diese Weise erzeugten und expandirten Ammoniaks und Wasserstoffs
würde unter atmosphärischem Druck ein solches von etwa 210 cdm ergeben. Jeder zu
erzeugende Cubikmeter Gas würde also unter den obigen Bedingungen etwa 109,5 g
Natrium, 128,5 g Wasser und 404 g Ammoniak oder zusammen 642 g erfordern.
Das Verhältniss zum verwendeten Wasser muss derart regulirt werden, dass es das durch
die Reaction erzeugte Aetznatron auflöst, anderenfalls würde die Reaction
unregelmässig sein und zur Bildung von Aetznatronkrusten Anlass geben. Jede über das
vorbezeichnete Verhältniss zugesetzte Menge Wasser bewirkt, dass die chemische
Reaction beschleunigt wird.
Aus den vorher angegebenen Daten ist ersichtlich, dass bei dem Verhältniss von 85 Th.
Ammoniak zu 23 Th. Natrium die Temperatur des entwickelten Gases 200° C. sein
wird; wenn aber die Reaction unter hohem Druck stattfindet, dann kann diese
Temperatur dadurch bedeutend erhöht werden, dass man das Verhältniss des Ammoniaks
vermindert und jenes des Wassers vermehrt.
In der Praxis müssen diese Verhältnisse derart regulirt werden, dass sie sich nach
dem Druck richten, unter welchem das Ammoniakgas benutzt werden soll. Dieser Druck
wird durch den Querschnitt der Einlassöffnung für das Natrium oder Kalium oder der
Legirung dieser beiden Metalle oder auch durch ein Sicherheitsventil regulirt.
Man muss hierbei berücksichtigen, dass, je höher der Druck ist, unter welchem das
bezeichnete Gas entwickelt wird, man desto mehr Nutzeffect aus seiner Expansion
erhält und ebenso auch mehr Hitze durch diese Expansion absorbirt wird.
Es ist daher wünschenswerth, dass das Gas bei einer Temperatur entwickelt werde, die
hoch genug ist, um möglichst die durch die Expansion absorbirte Hitze zu ersetzen
und auf diese Weise den höchsten erreichbaren Nutzeffect zu sichern.
Da der Behälter, in welchem die Reaction stattfindet, von sehr geringen Abmessungen
sein kann, so ist kein Grund vorhanden, den Druck nicht auf eine Höhe von 50 bis 100
at und selbst mehr zu erhalten; die Zuführung des Natriums oder Kaliums zu dem
Wasser- und Ammoniakgemenge geschieht mit einer proportionellen Geschwindigkeit.
Das ammoniakalische Wasser ist nicht die einzige Flüssigkeit, auf welche die
benannten Metalle oder Legirungen eine Reaction ausüben und hierdurch Gas
entwickeln, doch ist dasselbe für diesen Zweck am geeignetsten und sichert eine
grosse Regelmässigkeit der Wirkung, weshalb es zu dem vorher beschriebenen Zweck
vorzugsweise verwendet wird.
Zur praktischen Durchführung dieser Erfindung wird ein Gefäss benutzt, welches einem
sehr hohen Druck widersteht und in welchem die die Reaction zu bewirkenden
Materialien mit einander in Berührung gebracht werden.
Dieses kann in mannigfacher Weise geschehen und zwar: a) Jeder der beiden auf
einander wirkenden Stoffe kann einzeln und allmählich in solcher Menge und in
solchem Verhältniss in das Gefäss eingespritzt werden, dass die erforderliche Menge
Gas in einer gewissen Zeit entwickelt wird, oder b) das Gefäss hat ein solches
Volumen, dass es die gesammte Menge von Ammoniak und Wasser, welche zur Entwickelung
der nöthigen Kraft erforderlich ist, bereits enthält, in welchem Falle das Natrium
oder Kalium oder die betreffende Legirung beider allein allmählich in die
Flüssigkeit eingeführt wird, auf welche dasselbe die Reaction ausüben soll.
Hierbei wird der volle mechanische Effect im Anfang etwas langsamer entwickelt, weil
es einiger Zeit bedarf, bevor die entstehende Reaction die gesammte, in dem Gefäss
enthaltene Menge Wasser und Ammoniak erhitzen kann.
Wenn Natrium als Oxydationsmittel verwendet wird, so muss dieses Metall entweder bei
einer solchen Temperatur in das Gefäss eingeführt werden, bei welcher dasselbe
flüssig wird, in welchem Falle es dann wie jede andere Flüssigkeit eingespritzt und
im Inneren vertheilt werden kann, oder wenn es in festem Zustande und bei
gewöhnlicher Temperatur verwendet wird, ist es durch passend in dem Gefäss
angebrachte Löcher in die Flüssigkeit eingedrückt worden. Dieses Zuführen des
Natriums, Kaliums oder einer Legirung beider kann mittels Hand bewirkt werden;
jedoch bedient man sich hierzu vortheilhafter einer mechanischen Vorrichtung, welche
so angeordnet ist, dass die Zuführung entsprechend der geforderten Kraft und Zeit,
während welcher dieselbe angewendet werden soll, erfolgt.
Wenn eine sehr rasche Zuführung nöthig ist, so vermenge ich vorzugsweise ein bei
gewöhnlicher Temperatur flüssiges, reagirendes Metall, wie eine Legirung von Natrium
und Kalium. Durch Einspritzen derselben in feinster Zerstäubung erhält man leicht
eine lebhafte Wirkung, durch welche in kurzer Zeit eine grosse Menge Gas entwickelt
wird. Dieser Vorgang bietet in Folge der allmählichen Zuführung keine
Explosionsgefahr.
Je höher der Druck in dem Gefäss gehalten wird, desto weniger wird die Flüssigkeit im
Stande sein, herauszuspritzen (zu moussiren), indem alsdann das entwickelte Gas
einen verhältnissmässig geringen Raum einnimmt und daher die Flüssigkeit weniger
aufbläht.
Wenn Natrium oder Kalium oder eine Legirung beider auf Wasser oder andere
Flüssigkeiten reagiren soll, welche hauptsächlich permanente Gase, wie Wasserstoff,
entwickeln, so ist eine Maschine oder irgend eine andere mechanische Vorrichtung für
die Verwerthung der entwickelten Kraft nicht absolut erforderlich, weil diese Gase,
wenn sie unter einem sehr hohen Druck gegen Wasser oder auch gegen Luft geleitet
werden, eine bedeutende vor- oder rückwärts bewegende Kraft entwickeln.
In der Regel wird es jedoch billiger und praktischer sein, das erzeugte verdichtete
Gas in derselben Weise zu verwenden, wie man jetzt Druckluft benutzt, um eine
Maschine oder irgend eine andere mechanische Vorrichtung, welche bewegende Kraft
entwickeln kann, zu speisen.
Betreffs des zur Ausübung dieses Verfahrens vorgeschlagenen Apparates wird auf die
Patentschrift verwiesen.
Die Kraftanlage von H. Haedicke in Remscheid (D. R. P.
Nr. 87521) besteht gemäss Fig. 7 aus einem nicht
dargestellten Generator, welcher die Gase zuführt, dem Kühler I und dem Gaskessel III.
Die heissen brennbaren Gase treten unverbrannt und bis dahin möglichst gegen
Abkühlung geschützt in den mittleren Raum des Kühlers I
und umspülen dessen wasserdurchflossene Röhren. Das hier erforderliche Kühlwasser
wird bei 1 eingepumpt, tritt in den unteren Raum des
Kühlers, durchströmt dessen Rohre und verlässt den Kühler, nachdem es auch den
oberen Raum desselben erfüllt hat, bei 2. Der Boden des
Mittelraumes ist geneigt und führt zu einem Hahn 3,
durch welchen ab und zu der sich dort ansammelnde Theer abgelassen werden kann.
Den erforderlichen Antrieb erhält das Gas durch eine Pumpe a, welche dasselbe, nachdem es auf die erforderliche Temperatur gebracht
worden ist, ansaugt und dem Mischapparat II zutreibt.
Eine zweite Pumpe (c) befördert eine entsprechende
Menge Luft in denselben Mischapparat, welche nach ihrem Eintritt das durchlöcherte
Gaszuführungsrohr umspült und eine explosionsfähige Mischung bildet, welche auf
irgend eine Weise, z.B. durch den elektrischen Funken in ganz kurzen Pausen oder
durch ein Glührohr continuirlich entzündet wird. In Folge dessen wird das Rohr b, welches die Verbindung des Misch- und Zündapparates
II mit dem Gaskessel III bildet, einen glühend heissen Gasstrom in den letzteren führen. Um nun
wieder eine für die weitere Verwendung erforderliche niedere Temperatur zu erzielen,
lässt man das in I vorgewärmte Wasser durch ein Rohr
2 4 5 6 in den Kessel III treten und sich dort zerstäuben, so dass nunmehr ein entsprechend
temperirtes Gemisch von Verbrennungsgasen mit Wasserdampf entsteht. Etwa zu viel
zugeführtes Wasser, erkennbar an einem unten angebrachten Wasserstandsglase, wird
nach Bedarf abgelassen.
Bei weiteren Ansprüchen mit Bezug auf Oekonomie kann der Kessel III mit einem Luftmantel umgeben werden, durch welchen
die von der Pumpe c angesaugte Luft vorgewärmt wird und
den Kessel gleichzeitig gegen Ausstrahlung schützt.
Für den Fall, dass die Pumpen a und c, obwohl eventuell regulirbar, mehr Betriebsgas
liefern sollten, als die Maschine verbraucht, dient ein auf dem Kessel befindliches
Sicherheitsventil zur selbsthätigen Abminderung der Spannung.
Textabbildung Bd. 305, S. 280
Fig. 7.Kraftanlage von Haedicke.
Des Weiteren ist der Kessel durch ein Rohr 7 mit einer
Maschine in Verbindung gesetzt, welche durch die gespannten Gase in gewöhnlicher
Weise angetrieben wird und daher irgend eine der bekannten Formen haben kann.
Die Pumpen a und c werden
von dieser Maschine – eventuell auch durch einen getrennten Motor – getrieben. Wird
die Maschine stillgestellt, so stehen auch die Pumpen still und das Gas im Kessel
III bleibt in seinem gespannten Zustande jederzeit
bereit, die Maschine wieder anzutreiben. Der Generator unterbricht, da der Zug durch
den Stillstand der Pumpe a abgestellt worden ist, seine
Thätigkeit, wird aber ebenfalls dieselbe sofort wieder aufnehmen, wenn die Zuführung
neuer Luft erfolgt, eventuell wird ein kleiner besonderer Kamin angebracht. Für
besondere Fälle wird man den Pumpen getrennten Antrieb geben und dieselben sehr
langsam weiter arbeiten lassen, um die Spannung im Generator auf ein zulässiges
Maximum zu bringen.
Gemäss der Erfindung von J. M. K. Pennink in Haarlem (D.
R. P. Nr. 83030) werden zwei Ströme von Explosionsgasen hoher und niedriger Spannung
erzeugt. Der hierzu erforderliche Apparat besteht aus einem gekühlten Gehäuse mit
drei um gewisse Winkel von einander abstehenden Stutzen innen und mit ringförmigen
Laufflächen aussen, in welchen letzteren in die Stutzenhöhlungen mündende Oeffnungen
angebracht sind. An den Laufflächen des Gehäuses drehen sich Trommeln mit Kammern und
Oeffnungen, welche letzteren denjenigen eines Stutzens entsprechen. Eine elektrische
Zündvorrichtung am Gehäuse entzündet die in den Trommelkammern enthaltenen Ladungen,
so dass comprimirtes explosibles Gemenge durch einen Stutzen der Reihe nach in die
Trommelkammern einströmt, an den Oeffnungen des zweiten Stutzens entzündet wird und
die Explosionsproducte aus den Trommelkammern theils durch den zweiten Stutzen in
die eine Rohrleitung, theils durch den dritten in die andere Rohrleitung
entweichen.