Titel: | Neue Gasmaschinen. |
Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 150 |
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Neue Gasmaschinen.
Patentklasse 46. Mit Abbildungen.
Neue Gasmaschinen.
Die letzten Jahre haben die Bedeutung der Gasmaschine auf eine nicht erwartete Stufe
gehoben. War die Gasmaschine in den ersten beiden Jahrzehnten ihres nunmehr
30jährigen praktischen Gebrauches nur als Erzeugerin kleiner Kräfte gedacht, als
eine Ergänzung der für kleinen Betrieb nicht vortheilhaften Dampfmaschine, so haben
die letzten Jahre gezeigt, dass auch für grosse Kraftleistungen die Gasmaschine die
besten Dienste leistet. Thatsächlich sind denn auch Gasmaschinen mit einer
Einzelleistung von 400 gebaut und in Betrieb gesetzt. Wirklich eine
ungeahnte und überaus schnelle Entwickelung.
Die Gasmaschinen werden für grosse Leistungen gewöhnlich als Zwillingsmaschinen
gebaut; in Deutschland ist auch mit Erfolg der Bau von Tandemmaschinen, d.h. mit
hinter einander axial gelegenen Arbeitscylindern angebahnt. Jedoch hat man auch
eincylindrige Maschinen mit grossen Leistungen in Betrieb gesetzt, so z.B. in der
Mühle von Legrand in Pantin bei Paris eine Maschine
nach System Simplex, welche 380 i haben
soll.
Für diese grossen Maschinen wird von der Verwendung des Leuchtgases wohl völlig
abgesehen; dasselbe ist fast vollständig durch das bekannte Generatorgas
(Dowson-Gas, Kraftgas, gaz pauvre) ersetzt (vgl. D. p. J. 1897 304 * 184).
Besonders Frankreich und Deutschland haben die Verwendung von Kraftgas
ausserordentlich entwickelt und Erfolge erzielt, welche die mit guten Dampfanlagen
erreichten Leistungen übertreffen.
Der Wunsch der Praxis nach Gasmaschinen mit sehr grossen Leistungen hatte die
Gasmaschinenindustrie in eine gewisse Gefahr gebracht. Es war selbstverständlich,
dass die für kleine Kraftleistungen so vorzüglich sich bewährenden Formen und
Ausführungen durch entsprechende Vergrösserung der Abmessungen für die gesteigerte
Leistung gebrauchsfähig gemacht wurden. Dieser Umstand hat manchen Fehlschlag
bewirkt; jedoch hat das Lehrgeld den Erfolg gehabt, auch für grössere
Abmessungen die richtigen Ausführungen finden zu lassen. So sind denn thatsächlich
die neueren grossen Gasmaschinen von einer vorzüglichen zweckmässigen Durchbildung,
welche der Eigenart der Kraftäusserung durchaus entsprechen.
Aber nicht nur die äusseren Formen der Gasmaschinen haben Wandlungen erfahren, auch
im inneren Arbeitsgange sind wichtige Aenderungen vor sich gegangen. Am
einschneidendsten ist die Verwendung wesentlich erhöhter Verdichtungsdrücke und
damit gesteigerter Anfangsspannungen. Bis vor Kurzem wurde die Verdichtung der
Ladung kaum über 2,5 at getrieben, so dass Anfangsspannungen von 12 bis 13 at sich
ergaben. Jetzt wird die Verdichtung so hoch gehalten, dass Anfangsspannungen von 18
bis 20 at entstehen, ohne dass irgend welche Nachtheile für die günstige Arbeit der
Maschine sich herausstellen.
Die Verwendung von Acetylengas zum Betriebe von
Gasmaschinen erscheint ausgeschlossen, weil dieses Gas zu heftig explodirt,
fast wie ein Sprengstoff. Die Zündungstemperatur liegt bereits bei 480°, während
Kohlengas- und ähnliche Gemische erst bei 600° zünd bar sind. Raval hat einem Bericht im Journal für Gasbeleuchtung zufolge bei Versuchen an einer 2pferdigen
Maschine gefunden, dass beim Betriebe ausserordentlich heftige Stösse auftreten,
welche den praktischen Betrieb unmöglich machen. Schon bei 5 Proc. Acetylengehalt
traten sprengstoffartige Explosionen auf. Auch bezüglich der Betriebskosten ist die
Verwendung von Acetylen nicht verlockend, da etwa der 5fache Preis wie mit Kohlengas
sich ergibt, trotzdem für 1 /Std. nur etwa 380 1 benöthigt werden.
Wenn dazu in Vergleich gestellt wird, dass z.B. die grosse Gasmaschine der Mühle in
Pantin einen Verbrauch von 0,468 k Magerkohle für 1 i/Std. aufweist, so ist die Anwendung von Acetylen
nicht verlockend.
Viertactmaschinen.
Eine der eigenartigsten neuen Formen von Gasmaschinen, welche sich ihres ruhigen
Ganges wegen besonders für den elektrischen Lichtbetrieb als nützlich erwiesen
haben, ist die Tandemmaschine von Gebr. Körting in
Körtingsdorf bei Hannover, welche als gekuppelte Gasdynamo angeordnet ist.Die
Beschreibung und Abbildung derselben ist 1896 301
* 201 gelegentlich eines Berichtes über die Stuttgarter Ausstellung bereits
gegeben worden und beziehen wir uns hier auf dieselben.
Beim Tandemmotor arbeiten die Kolben zweier hinter einander liegender Cylinder mit
einer Kolbenstange auf eine einzige Kurbel. Aus diesem Umstände ergibt sich der
Fortfall eines Theiles der dem Zwillingsmotor anhaftenden Nachtheile. Sorgfältige
Versuche bezüglich der Reibungsverhältnisse haben den Beweis erbracht, dass diese
zunächst rechnerisch und augenscheinlich vorhandenen Vortheile praktischen Werth
genug besitzen, um die Einführung der Tandemgasmaschine in die Praxis als
vortheilhaft erscheinen zu lassen.
Hierzu kommt noch der Umstand, dass der Tandemmotor es erlaubt, bei der Einrichtung
von Fabriken zunächst den Gasmotor nur so gross zu wählen, als die anfängliche
Leistung der Fabrik es erfordert. Man wird dann den Motor in einen Raum einbauen,
der Platz zur Aufstellung der anderen Motorhälfte bietet. Wenn später eine
Fabrikerweiterung die Verdoppelung der Maschinenleistung verlangt, so hat man weiter
nichts nöthig, als den zweiten Cylinder an den vorhandenen anzuhängen bezieh.
anzukuppeln. Daraus geht hervor, dass bei Benutzung eines Tandemmotors dem
Unternehmer im Verhältniss nur geringe Mehrkosten erwachsen, während bei der
Anwendung des gewöhnlichen Eincylindermotors und Umbau desselben zum Zwillingsmotor
das spätere Hinzufügen der zweiten Maschinenhälfte mit vielen Schwierigkeiten
verknüpft, bei der Benutzung von Zwillingsmotoren sogar vollständig ausgeschlossen
ist. Beim Tandemmotor hat man sogar, wie dies eine von Gebr.
Körting auf der Deutsch-Nordischen Ausstellung zu Lübeck installirte 200
-Gasmaschine beweist, die Möglichkeit, die einfache Tandemmaschine zur
Zwillings-Tandemmaschine umzugestalten, indem man einen zweiten Tandemmotor mit dem
ersten kuppelt. Die in Lübeck ausgestellt gewesene Maschine treibt eine Dynamo von
110 Volt bei 1200 Ampère. Die Kurbeln dieser Maschine sind um 180° zu einander
versetzt, so dass sich für jeden Tact der Maschine ein neuer Kraftimpuls ergibt. Auf
diese Weise werden die dem im Viertact arbeitenden Motor anhaftenden Nachtheile
aufgehoben.
Die vordere Gasmaschine ist als normaler Eincylindermotor mit einer Kurbel
construirt. Der hintere Cylinder steht in einem gewissen Abstand vom vorderen auf
demselben Fundament und seine Kolbenstange ist an die Kolbenstange des vorderen
Motors angeschlossen. Die Verbindung ist eine starre. Jeder der beiden Cylinder
besitzt seinen vollständigen Zündungs- und Steuerungsmechanismus.
Die Steuerungsvorrichtungen beider Cylinder liegen auf derselben Seite und werden von
derselben Welle aus bethätigt. An diese Welle ist ein Schwungkugelregulator durch
Gelenkhebel angeschlossen. Dieser regulirt die Thätigkeit der Gaszufuhr und
ermöglicht es demnach, in beiden Cylindern mit variablen Füllungen zu arbeiten. Der
grösseren Sicherheit halber sind beide Cylinder noch durch Zuganker unter sich
verbunden. Ebenso ist für permanente Schmierung der Cylinder durch Automaten
gesorgt.
Jeder Cylinder besitzt Einlass- und Auslassventil. Einen wesentlichen Theil des
Einlassventils bildet das Mischventil. Dieses soll bewirken, dass der Eintritt von
Luft und Gas so geregelt wird, dass beide Stoffe in einem bestimmten, sich
gleichbleibenden Mischungsverhältnisse während der ganzen Dauer des Ansaugespiels in
den Cylinder gelangen. Gas und Luft werden durch gleichzeitig abschliessende
Dichtungsflächen abgesperrt. Oeffnet sich das Ventil, so tritt das Gas durch kleine
Schlitze, die im cylindrischen Theil des Ventilkegels sich befinden, und die Luft
durch die am Umfange des Ventilkegels frei werdende Ringfläche ein. Zwischen dem
Mischventil und dem Eingang in den Cylinder ist ein selbsthätiges Rückschlagventil
eingeschaltet; dasselbe soll den hohen Druck nach der Zündung aufnehmen und einen
dichten Abschluss gegen die Mischleitung hin schaffen.
Der Zünder ist an dem Deckel des Rückschlagventils angeordnet. Er besteht aus einem
Porzellanröhrchen, welches durch einen Bunsen-Brenner rothglühend erhalten wird;
ausserdem gehört dazu ein Abschlussventil, welches die Verbindung mit dem
Explosionsraum herstellt und unterbricht. Das Abschlussventil ist beim Ansaugen
des Gasgemisches geöffnet. Es stellt sich somit in dem Porzellanröhrchen ein der
Ansaugespannung entsprechender Druck ein. Beim Beginn des Verdichtungshubes
schliesst sich das Abschlussventil, um sich kurz vor dem todten Punkt zur Zündung zu
öffnen. Das Auslassventil wird kurze Zeit, bevor der Kolben den todten Punkt
erreicht hat, geöffnet und bleibt offen, bis der Kolben in dem unteren todten Punkte
angekommen ist, um den verbrannten Gasen den Austritt zu ermöglichen.
Zur Verbesserung der inneren Arbeit der Gasmaschine sind die vielseitigsten
Vorschläge gemacht. Dieselben gehen im Wesentlichen dahin, eine gleichmässigere
Druckwirkung der Arbeitsgase herbeizuführen, für eine thunlichst günstige
Verbrennung zu sorgen und die Temperatur im Cylinder herabzusetzen.
Bei der Condensations-Verbundmaschine von G. Schimming
in Martinikenfelde-Berlin (D. R. P. Nr. 78730) wird das alte Problem der
Wassereinspritzung in den Arbeitscylinder in neuer Form zur Anwendung gebracht.
Das durch Einspritzung von Wasser in das explodirte Gas erzeugte Dampfgasgemisch soll
eine ähnliche Arbeitswirkung hervorbringen, wie in der Dampfmaschine der
Wasserdampf; die Abdämpfe sollen in einem Condensator niedergeschlagen werden.
Die Art der Einspritzung kommt hierbei nur insofern in Betracht, als die Einspritzung
während des Arbeitshubes in das explodirte Gemisch erfolgen soll; welches Verfahren
und welche Mittel bei einer solchen Einspritzung angewendet werden, ist ohne
Einfluss auf die Maschine.
Textabbildung Bd. 305, S. 150
Fig. 1.Condensations-Verbundmaschine von Schimming.
Die Maschine stellt eine solche Combination einer im Viertact arbeitenden
Explosionsmaschine mit einem Verbundcylinder dar, dass die Expansion, wie bei den
Verbunddampfmaschinen, durch Verbindung der beiden Cylinder während des grössten
Theiles des Auspuffhubes des kleinen Cylinders von einem Cylinder in den anderen
erfolgt und dass der Auspuff in den Condensator, wie bei den Dampfmaschinen,
ebenfalls während des ganzen Hubes vorgenommen wird. Durch diese Art der Expansion
unterscheidet sich diese Maschine von der unter Nr. 50771 (A. B. Drautz in Stuttgart) patentirten Maschine, bei welcher der Auspuff
nur während des Hubwechsels erfolgt, bei welcher also nicht ein beständiges
Ueberfüllen unter möglichster Vermeidung eines jeden Spannungsabfalles, sondern ein
Ausstossen durch Spannungsabfall während eines sehr kurzen Theiles des Hubes
erfolgt.
In Fig. 1 ist die Maschine in der einfachsten
Gestalt gegeben.
In dem Cylinder A bewegt sich der Kolben B, welcher durch die Kolbenstange C mit dem Kolben D des
Cylinders E verbunden ist. Die Kolbenstange F überträgt die Drucke der Kolben auf das Triebwerk der
Maschine. An den Cylindern befinden sich die Absperrorgane GHJK und neben den Cylindern der Condensator N. Die gasförmigen Producte der Condensation entweichen aus N durch R, die flüssigen
durch S. Die Wassereinspritzung in den Condensator
erfolgt durch O. Der Kolben B im Cylinder A saugt bei dem ersten Hub
Luft- und Gasgemisch an und comprimirt dasselbe bei dem zweiten Hub. Während des
dritten Hubes wird nach der Entzündung und Explosion durch Einspritzung von Wasser
in irgend einer Weise eine aus hocherhitzten Gasen und überhitztem Wasserdampf
bestehende motorische Substanz erzeugt, welche während des dritten Hubes die
verbundenen Kolben nach abwärts treibt. Während des vierten Hubes sind die Auslass-
und Einlassorgane GJ geöffnet, das Gas- und
Wasserdampfgemisch wird von A aus durch H nach E
arbeitsverrichtend übergefüllt und ausgedehnt. Bei dem ersten Hub der nächsten Reihe
von vier Hüben sind die Einlass- und Auslassorgane G
und J geschlossen und ist K geöffnet. Der Kolben D drückt nun aus E durch das Rohr L und das
Rückschlagventil M das Dampf- und Gasgemisch in den
Condensator N. Hier wird der Wasserdampf durch das von
O aus einspritzende Wasser niedergeschlagen und
eine theilweise Luftleere erzeugt. In Folge Abwärtsgehens des Kolbens D steigt der Druck im Condensator bis auf den
Luftdruck, das Rückschlagventil P öffnet sich und lässt
die Gase durch R austreten, während das
niedergeschlagene Wasser durch das Rohr S und das
Rückschlagventil T entweicht.
An Stelle des Einspritzcondensators kann auch ein Oberflächencondensator verwendet
werden.
Der Raum zwischen den Kolben B und D bleibt für die Wirkung der motorischen Substanz
unbenutzt. Derselbe kann offen gelassen werden, so dass die atmosphärische Luft ein-
und ausgeführt wird; derselbe kann, ohne den Arbeitsvorgang der Maschine zu
verändern, geschlossen werden, um durch das entstehende Luftkissen eine andere
Kraftvertheilung auf die Kolbenstange während der vier Hübe zu erzielen. Da dieser
Zwischenraum zwischen den Cylindern für den Arbeitsprocess vollständig ausser
Betracht kommt, so kann demselben jede für zweckmässig erachtete Grösse und Gestalt
gegeben werden, es kann z.B. der grosse Cylinder neben dem kleinen angeordnet
werden, ohne dass dadurch der Arbeitsvorgang irgend eine Aenderung erfährt und die
im Patentanspruch gekennzeichneten Eigenschaften der Maschine verändert werden.
Während des vierten und ersten Hubes des Kolbens im kleinen Cylinder macht der Kolben
im grossen Cylinder Leerhübe.
Die zweite Stufe der Expansion kann, ohne dass dadurch der Arbeitsprocess dieser
Maschine im Wesentlichen geändert wird, wie bei den Dampfmaschinen, nochmals
getheilt werden, so dass drei- oder vierfache Expansion eintritt.
Ferner kann die Maschine in der verschiedensten Weise mit sich selbst combinirt
werden. Wird die Maschine z.B. als Zwillingsmaschine verwendet, so wäre es verfehlt,
denselben zweimal in seiner Urform nach Fig. 2 neben einander zu
stellen. Es ist selbstverständlich, dass in diesem Falle beide Maschinen nur einen
grossen Cylinder gemeinschaftlich erhalten. Die Arbeitsvorgänge werden dann in einer
solchen Weise combinirt, dass die zwei Leerhübe der einen Maschine während der zwei
Leerhübe der anderen Maschine fallen.
Eine dritte Combination ergibt sich aus vier Condensations-Verbundgasmaschinen mit
Viertact des kleinen und zwei Leerhüben des grossen Kolbens. Die Patentschrift gibt
Beispiele für diese Ausbildung der Maschine.
Von O. Brünler und der Firma J.
M. Grob und Co. in Eutritzsch-Leipzig (D. R. P. Nr. 77245) soll eine
langsame Verbrennung und eine Steigerung der Verdichtung durch Einleitung der
Verbrennung vor dem Kolbenrückgange bewirkt werden.
Um am Ende des Auspuffhubes im Arbeitscylinder eine erhebliche Verdichtung zu
erlangen, welche in gleicher Weise wie bei den Dampfmaschinen als Kissen zur
Vermeidung von Stössen und zur Entlastung des Einlassventils dient, kann man nicht
eine entsprechende Menge Rückstände im Cylinder belassen. Es wird hier folgender
Vorschlag gemacht:
In dem Cylinder a (Fig. 2) gleitet der
Kolben b. In die beheizte Zündkammer c, welche mit dem Cylinder a in Verbindung steht, mündet sowohl das Zuleitungsrohr d für die Pressluft, wie das Zuleitungsrohr f für den Brennstoff (Gas, Erdöl u.s.w.). Durch das
gesteuerte Ventil g treten die Verbrennungsrückstände
beim Kolbenrückgange aus. Pressluft und Brennstoff stehen unter gleicher Druckhöhe,
z.B. 10 at. Dieser Druck wird durch die langsam fortschreitende Verbrennung bei
geöffneten Ventilen i und h nicht gesteigert, sondern nur auf gleicher Höhe erhalten.
Textabbildung Bd. 305, S. 151
Zündvorrichtung von Brünler und Grob & Co.
Um nun das bezeichnete Ziel zu erreichen, schliesst man, nachdem der Kolben b einen Theil seines Vorwärtsganges bewirkt hat, das
Ventil h der Brennstoffzuleitung f, lässt dagegen das Ventil i der Pressluftzuleitung d noch so lange
offen, bis die ganze Zündkammer c und ein Theil des
Cylinders a mit reiner Pressluft gefüllt ist. Diese
Pressluft bleibt bei dem Vorgange wie Rückgange des Kolbens in ihrer ursprünglichen
Schichtung.
Hat nun der Kolben b den grössten Theil seines
Rückganges, bei dem er mit den Abgasen allerdings auch einen Theil der Pressluft
durch das Ventil g herausdrängt, vollendet, so
schliesst man das Auslassventil g, öffnet dagegen das
Ventil h, so dass Brennstoff in die Zündkammer c tritt.
Dort findet derselbe Luft vor, so dass in Folge der Erhitzung der Kammer c das sich bildende Gemisch entflammt. Hierdurch wird
die Spannung wesentlich gesteigert, so dass die beabsichtigte Compression erreicht
wird. Hierauf wird auch das Lufteinlassventil i und
zwar kurz vor oder in der Todtpunktstellung geöffnet.
Wollte man solche Compression nur durch das näherliegende vorzeitige Oeffnen beider
Ventile h und i erreichen,
so hätte man
mit der grossen Belastung der Steuerung des grossen Ventils i zu kämpfen.
Die Anordnung entlasteter Ventile in der Nähe der beheizten Zündkammer c ist wegen nachtheiliger Beeinflussung solcher Ventile
durch die Hitze auch nicht rathsam. Zur besseren Klarstellung der Vorgänge dient das
Diagramm in Fig. 3.
Die Linie 1-2 stellt die Füllung durch beide Ventile h und i dar. Während
dieser Füllung erfolgt die Verbrennung. Von 2 bis 3 erfolgt die Füllung ausschliesslich durch Ventil L Ein Sinken der Drucklinie findet, wie das
Indicatordiagramm ergibt, auf dieser Strecke nicht statt. Auf die Expansion 3 4 folgt der Ausstoss der Verbrennungsproducte 4 5. Bei 5 wird
Auslassventil g geschlossen. Zwischen 5 und 7 findet die Wiederöffnung von h statt; da die Kammer mit reiner Pressluft gefüllt
ist, beginnt alsbald die Verbrennung. Die durch diese Verbrennung hervorgerufene
Spannung veranlasst ein Ansteigen der Curve nach 1 zu.
Wollte man die Compression nur durch zu frühes Schliessen von Auslassventil g erzielen, so würde die Compressionscurve zwischen 5 und 6 verlaufen.
Bei der Maschine von R. Diesel in Charlottenburg (D. R.
P. Nr. 82168) soll die Regelung der Kraftleistung durch Aenderung der Gestalt der
Verbrennungscurve stattfinden. Fig. 4 zeigt eine für
die Verwendung fester, pulverförmiger Brennstoffe, wie z.B. Kohlenstaub,
eingerichtete Maschine.
Textabbildung Bd. 305, S. 152
Fig. 4.Maschine für die Verwendung fester, pulverförmiger Brennstoffe von
Diesel.
Darin ist C der Cylinder, P
der Kolben und V das Luftventil. D ist die Düse für Brennstoffzufuhr, welche mittels des
gesteuerten Nadelventils n die Brennstoffzufuhrzeit,
d.h. die Länge der Curve 2-3, 2-31 u.s.w. in Fig. 5
bestimmt; auf welche Weise diese Zufuhrzeit veränderlich gemacht wird, ist durch
mehrere Ausführungsformen bekannt geworden; auch der Kohlenstaubtrichter T mit dem gesteuerten Staubeinstreuer r ist nicht mehr neu.
Das Rohr S verbindet die Düse und den Brennstoffstreuer
mit dem Gefäss L, welches ein brennbares Gas oder ein
Gemisch von Luft mit brennbaren Gasen, Dünsten oder Dämpfen, oder auch reine Luft
enthält, und zwar unter einem höheren Drucke, als der höchste Compressionsdruck im
Cylinder. Dieses Gas oder Gasgemisch wird bei m mittels
Gas- oder Luftpumpe eingeführt. Beim Oeffnen der Nadeln n strömt dasselbe in Folge seines Ueberdruckes durch die Düse D nach dem Compressionsraum der Maschine, indem es das
ihm unterwegs durch r beigestreute Kohlenpulver mit
sich reisst und in seiner ganzen Masse vertheilt, wodurch eine raschere und
vollkommenere Verbrennung eintritt, als beim directen Einstreuen des Pulvers in den
Cylinder.
Wäre der Ueberdruck im Gefässe L ein- für allemal
gegeben, so würde stets ein und dieselbe Verbrennungscurve 2-3 entstehen (Fig. 5). Soll aber bei
veränderlicher Leistung der Maschine die Gestalt der Verbrennungscurve geändert
werden, so muss der Druck im Gefäss L einem
regulirenden Einfluss unterworfen sein. Zu diesem Zweck ist der Behälter mit einem
Sicherheitsventil R versehen, dessen Belastung B von der Zugstange Q des
Regulators verstellt werden kann, so dass der Druck im Gefäss stets nur der
Belastung des Sicherheitsventils entspricht. Es tritt also zu der Aenderung der
Zufuhrzeit von Brennstoff als Neuerung die gleichzeitige Aenderung des Ueberdrucks
des Brennstoffstrahls hinzu. Beide zusammen erzeugen die veränderliche Gestalt der
Verbrennungscurve, Kennzeichen der neuen Regulirung. Beide zusammen können vom
Regulator beeinflusst sein, oder aber es wird bloss die eine vom Regulator, die
andere von Hand eingestellt, je nach dem gewünschten Empfindlichkeitsgrad.
Textabbildung Bd. 305, S. 152
Fig. 5.
Statt der Gewichtsbelastung kann das Ventil R auch
Federbelastung haben; oder es kann die Druckregulirung statt am Gefässe auch an der
bei m mündenden Pumpe angebracht werden. Letzteres wird
namentlich dann geschehen, wenn ausschliesslich flüssige Brennstoffe verwendet
werden, in welchem Falle das Gefäss L als
Druckwindkessel der Pumpe wirkt.
Ferner kann der Kohlenstaub statt im Rohr S auch im
Gefäss L selbst in die Gasmasse eingeführt werden,
indem man den Trichter T direct auf dieses Gefäss setzt
und Sorge trägt, dass die Bewegungen des ein- und austretenden Gases den Staub stets
schwebend erhalten. Auch kann durch den Trichter T
statt festen Brennstoffs flüssiger Brennstoff zugeführt werden. Ferner kann die
Mischung erst innerhalb des Cylinders vorgenommen werden. Das Gefäss L enthält in diesem Falle reine Luft, und es wird
ausser der Düse für festen Brennstoff D eine dazu
concentrische Düse für flüssige oder gasförmige Brennstoffe angeordnet, so dass
gleichzeitig mit dem einblasenden Kohlenpulver ein feiner Flüssigkeits- oder
Gasstrahl zerstäubt einspritzt.
Statt concentrisch kann man die Düsen auch getrennt anordnen und in eine besondere
Kammer des Deckels münden lassen, wo sich das Gemisch erst bildet, um von da in den
eigentlichen Compressionsraum überzutreten.
Zur Vermeidung einer besonderen Luftpumpe ist in der Patentschrift eine andere
Ausführungsart des Verfahrens dargestellt, bei welcher der Arbeitskolben sich selbst
die zur Regulirung nöthige verdichtete Luft erzeugt, und zwar nicht, wie schon
mehrfach bekannt, durch die lebendige Kraft des Schwungrades beim Auslaufen nach
Abstellung der Verbrennung, sondern während des Arbeitsganges, im normalen Betriebe
ohne Unterbrechung der Verbrennung, also als ein integrirender Bestandtheil des
Arbeitsprocesses selbst. Eine nach den eigenartigen Vorschlägen Diesel's gebaute Maschine soll den ungewöhnlich
niedrigen Verbrauch von 0,215 l Erdöl für 1 /Std. nachgewiesen haben.
Es ist üblich, beim Betriebe von Gasmaschinen brennbares Gemisch und Luft getrennt
anzusaugen und zu comprimiren und erst im Moment der Zündung die Vereinigung durch
ein Ventil zu bewirken. Der Gegenstand der Erfindung von D.
Davy in Broom Croft, Sheffield (* D. R. P. Nr. 89873), macht das
Verbindungsventil und die Steuerung desselben entbehrlich. Zu diesem Zwecke werden die
beiden Räume oder Kammern durch einen Kanal von verhältnissmässig kleinem
Querschnitt verbunden, und um bei einer solchen Einrichtung zu verhindern, dass das
explosive Gemisch während des Compressionshubes in die Ladung reiner Luft eindringt,
wird während des ganzen Hubes aus dem Raum für die comprimirte Luft ein hinreichend
starker Luftstrom durch den Verbindungskanal nach der Explosionskammer gedrückt,
welcher einen Uebertritt von Gas oder explosivem Gemisch sicher verhindert. Dabei
ist die Quantität Luft, welche in die Explosionskammer gelangt, nicht so gross, dass
sie das explosive Gemisch in schädlicher Weise schwächen könnte.
Wenn die Ladung durch einen Arbeitskolben angesaugt wird, ist Vorsorge zu treffen,
dass der erwähnte Luftstrom durch den Kanal sowohl während des Saugeals auch während
des Compressionshubes stattfindet. Die Entzündung der Ladung wird an einem in
möglichster Nähe des Verbindungskanales liegenden Punkte bewirkt, so dass die
Verbrennung nach rückwärts durch das Gemisch fortschreitet und nur brennende Gase
durch die bei der Entzündung entstehende Kraft in die comprimirte Luftladung
getrieben werden, während im anderen Falle durch die Explosionskraft auch leicht
Theile des noch unentzündeten Gemisches in die Luftladung gelangen könnten.
Textabbildung Bd. 305, S. 153
Davy's Zündvorrichtung.
In Fig. 6 bis 7 ist a der Luftcompressionsraum im Cylinder A und b der Raum im
Cylinder B, in welchem die zündfähige Ladung comprimirt
wird. Durch Ventil d wird nur Luft in den Cylinder A und durch das im Kanal C
angeordnete Ventil e eine Mischung von Gas und Luft in
den Cylinder B eingelassen, f ist das Gaseinlassventil, h ist das
Auspuffventil und g das Zündrohr. Die Arbeitsflächen
der Kolben A1 und B1 liegen nicht in
einer Ebene, sondern sind zu einander versetzt, so dass am Ende des
Compressionshubes, obschon die Hübe der beiden Kolben gleich sind, das Verhältniss
des Inhalts des Raumes a zu dem des Cylinders A kleiner ist als jenes des Raumes b zu dem des Cylinders B.
Während des Compressionshubes wird somit ein Theil der in A enthaltenen Luft durch den Kanal C
getrieben, wodurch verhindert wird, dass ein Theil des Gases oder der explosiven
Mischung in umgekehrter Richtung in den Cylinder A
eintritt.
Um auch während des Saughubes einen Gasübertritt in den Cylinder A zu verhindern, kann die Menge des bei e eingelassenen zündfähigen Gemisches, in welchem das
Verhältniss des Gases zur Luft grösser als wie für die Explosion erforderlich
ist, so beschränkt werden, dass behufs einer Ergänzung durch Ventil d Luft in den Cylinder B
eingesaugt und die erforderliche Mischung hergestellt wird.
Während des Saughubes wird eine reiche Mischung von Gas und Luft durch Ventil e in den Cylinder B, sowie
durch Ventil d nur Luft in den Cylinder A gesaugt. Das Oeffnen des Ventils e ist im Verhältniss zu demjenigen des Ventils d beschränkt, so dass Luft aus der Kammer a durch Kanal C nach der
Kammer b gelangt. Der Inhalt der Compressionsräume a und b steht zu dem
ganzen Inhalt der Cylinder A und B in einem solchen Verhältniss, dass, während der
Inhalt des Luftcompressionsraumes a der grössere ist,
der Druck auf die Luft in jenem Raume durch den ganzen Compressionshub hindurch auch
höher sein wird als derjenige in dem Explosionsraum b,
wodurch ein Uebertreten von Luft aus dem Raum a durch
Kanal C nach b stattfindet
und in Folge dessen keine zündfähige Mischung diesem Luftstrom entgegen in den
Cylinder A eintreten kann.
Das Zündrohr steht mit der Kammer b in Verbindung, und
zwar so nahe als möglich an der Mündung des Kanals C,
so dass also, während sich die Flamme durch die explosive Mischung fortpflanzt, die
erste Wirkung der Explosion darin besteht, einen Theil der brennenden Gase in die
Kammer a zu treiben. Die hierdurch der gepressten
Luftladung mitgetheilte Hitze wird deren Ausdehnung vermehren und in nützliche
Arbeit umgewandelt werden, so dass also die brennende Ladung und die erhitzte
comprimirte Luftladung bei ihrer Ausdehnung gemeinschaftlich wirken.
(Fortsetzung folgt.)