Titel: | Untersuchungen über lohgare Leder und deren Zusammensetzung. |
Autor: | A. Bartel |
Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 89 |
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Untersuchungen über lohgare Leder und deren
Zusammensetzung.
Von A. Bartel in
Tharand.
(Fortsetzung des Berichtes S. 65 d.
Bd.)
Untersuchungen über lohgare Leder und deren
Zusammensetzung.
Als eine wesentliche Eigenschaft für die Beurtheilung namentlich lohgarer Unterleder
ist deren specifisches Gewicht zu betrachten, weshalb
dieses bei einer grösseren Anzahl der vorstehenden Lederproben neben der chemischen
Untersuchung derselben bestimmt wurde. Zur Ermittelung des specifischen Gewichtes
von Leder sind verschiedene Methoden vorgeschlagen worden.
CourtierA. a.
O. wandte bei seinen Bestimmungen die Methode der Wasserverdrängung
im Piknometer an, wobei natürlich dafür zu sorgen war, dass das eingetauchte Stück
Leder weder Wasser aufnehmen, noch lösliche Stoffe an dasselbe abgeben konnte. Er
erreichte dies durch Ueberziehen der Lederstückchen mit einem feinen
Collodiumhäutchen, dessen Volumen und Gewicht wohl, ohne einen merkbaren Fehler zu
verursachen, zum Leder selbst gerechnet werden dürfte. Das Volumen der bei diesen
Bestimmungen verwendeten Lederstückchen betrug nur etwa 2 ec, wodurch die
Bestimmungsfehler naturgemäss ziemlich grosse sein müssen. Um diese zu verkleinern,
versuchten wir die
Bestimmung des specifischen Gewichtes durch Wägung derart vorbereiteter Lederstücke
von ungefähr 50 cc Volumen an der Luft und im Wasser.
Doch, abgesehen davon, dass diese Methode ziemlich umständlich ist, zeigten sich
hierbei Schwierigkeiten in der Herstellung eines gleichmässigen, dünnen, aber
trotzdem vollkommen dichten Ueberzuges der Lederprobe mit dem Collodium. Auch wurde
dessen Masse zu beträchtlich, so dass eine anzubringende Correctur unerlässlich
schien, was zu neuen Complicationen führte, ohne ein besonders zuverlässliches
Ergebniss in Aussicht zu stellen. Deshalb wurde ein Versuch gemacht, das specifische
Gewicht auf folgende Weise zu bestimmen: Ein 1,5 bis 2 cm breiter und bis zu 30 cm
langer, an einem Ende zugeschärfter Streifen des Leders wurde in einen in ½-cc
getheilten Messcylinder unter Quecksilber getaucht und auf diese Weise sein Volumen
ermittelt. Achtet man hierbei darauf, dass beim Eintauchen keine Luftbläschen an dem
Leder hängen bleiben, so lässt sich mittels Spiegelablesung des Quecksilbermeniscus
das Volumen bis auf ¼ cc genau ermitteln, was je nach der Grösse der Probe einen
Fehler im specifischen Gewicht von ungefähr ± 0,004 bis 0,010 bedingt. Dies ist eine
für den vorliegenden Zweck, wie aus dem Folgenden hervorgehen wird, vollständig
genügende Genauigkeit, und die Methode ist schnell und leicht auszuführen. Das
absolute Gewicht des Streifens ist natürlich vorher festzustellen und der
Wassergehalt in einer gleichzeitig entnommenen Probe zu bestimmen.
Eine ebenso einfache und bei genügender Grösse der Proben auch genaue Methode gibt
F. SiemandFr. Böckmann,„Chem.-techn. Untersuchungsmethoden“, 3. Aufl. 1893 II S.
555. an. Dieselbe beruht auf der Volumenbestimmung des betreffenden
Leders durch genaue directe Messung der Dimensionen der Probe nach Länge, Breite und
Dicke. Diese Bestimmungsmethode hat vor der vorigen den Vorzug, auch für weniger
starre Leder (Oberleder), deren Eintauchen unter Quecksilber nur schwer zu
bewerkstelligen ist, mit gleicher Bequemlichkeit anwendbar zu sein. Wir erhielten
mittels dieser Methode bei Messung von 1 qdm grossen Lederproben Resultate, deren
Genauigkeit vollkommen den zu stellenden Anforderungen entsprach.
Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das specifische Gewicht beim Leder hat
dessen Wassergehalt, weshalb eine gleichzeitige Bestimmung und Berücksichtigung
desselben unerlässlich ist. Eine Aenderung von 1 Proc. im Wassergehalt ergibt eine
Differenz von rund 0,01 im specifischen Gewicht, wenn man bei der Berechnung von
einer Berücksichtigung der gleichzeitigen, in den gegebenen Grenzen nur geringen
Volumenveränderung absieht, was für die vorliegenden praktischen Zwecke unbedenklich
geschehen kann. Die Angabe des Wassergehaltes, für welchen ein bei einem Leder
ermitteltes specifisches Gewicht Gültigkeit hat, ist nach Vorstehendem daher
unerlässlich, wogegen sich in der Litteratur meist die Dichtezahlen ohne nähere
Erklärung finden, was sie völlig werthlos macht.
Bei der in Tabelle I, II und III erfolgten Zusammenstellung unserer Resultate, die,
wie dort angegeben, theils durch mehrmaliges Eintauchen der Proben in Quecksilber,
theils, nach Simand, durch directe Messung gewonnen
wurden, sind sämmtliche specifische Gewichte auf den von Prof. v. SchroederJ. v. Schroeder,„Untersuchungen über den Wassergehalt des lufttrockenen lohgaren
Leders“, D. p. J. 1894 293 139, 162 und 187. als
durchschnittlichen Wassergehalt für lufttrockene, ungefettete, lohgare Leder
gefundenen Werth von 18 Proc. Wasser bezogen. Bei den im fertigen Zustand gefetteten
Ledern (Tabelle II und III) ist das für den betreffenden, nach der v. Schroeder'schen FormelA. a.
O.:W=100\,.\,\frac{18\,(100-F)}{8200+18\,(100-F)}worinW =
mittlerer Wassergehalt des gefetteten LedersF = gefundener Fettgehalt des bei 100° C. getr. Leders.
berechneten Normal Wassergehalt geltende specifische Gewicht ausserdem beigefügt,
und es ist ersichtlich, dass letzteres oft nicht unerheblich von ersterem
abweicht.
Einen ferneren, oft ziemlich grossen Einfluss auf das specifische Gewicht hat die
Stelle, von welcher die Probe am ganzen Leder entnommen ist. Ein Stück aus dem
Rücken eines ganzen Leders wird stets dichter sein als ein solches aus den Flanken,
namentlich bei gewalzten Ledern, und es können Differenzen bei verschiedenen Proben
ein und desselben Leders bis zum Betrag einer Einheit in der ersten Decimale des
specifischen Gewichtes vorkommen (vgl. Tabelle I: Sohlleder Nr. 22, 59, 61, 63;
Vacheleder Nr. 119). Bei crouponirten Ledern werden diese Differenzen naturgemäss
seltener und auch geringer sein, sind jedoch auch da nicht ausgeschlossen (vgl.
Tabelle II: Riemencroupon Nr. 141, 143, 154; Blankleder Nr. 156, 158). Bei gut
zugerichteten Ledern von gleichmässiger Stärke werden dieselben meist nur einige
Einheiten der zweiten Decimale im specifischen Gewicht betragen, wie die
Bestimmungen bei den meisten Ledern in den Tabellen zeigen. Aus Vorstehendem geht
indess hervor, dass man im Falle der Begutachtung eines Leders auf Grund seines
specifischen Gewichtes sich nie auf die Bestimmung desselben an einer Probe
verlassen darf, sondern dass man thunlichst viel Proben von verschiedenen Stellen
des Leders darauf prüfen soll.
Bei näherer Betrachtung der in den Tabellen I bis III niedergelegten specifischen
Gewichte sind zunächst die der sogen. Unter- oder Sohlleder im weitesten Sinne des
Wortes, welche sich in Tabelle I zusammengestellt finden, von besonderem Interesse,
da bei diesen am ehesten das specifische Gewicht als ein Kriterium der Güte mit in
Betracht gezogen zu werden pflegt. In dem jüngsten Kampf der Lederproducenten, und
zwar zwischen den Anhängern der altbewährten, aber langwierigen und kostspieligen
Eichengrubengerbung und den Vertretern der schneller und billiger zum Ziele
führenden neuen Methode der Brühgerbung, der gelegentlich der Forderung ersterer
nach Einführung eines Zolles auf überseeische Gerbstoffe, namentlich auf das seit
etwa einem Jahrzehnt in steigendem Maasse nach Deutschland eingeführte
Quebrachoholz, zu Gunsten der deutschen Gerbrindenproduction ziemlich heftig geführt
worden ist, wurde unter anderem vielfach geltend gemacht, dass die mit Hilfe
ausländischer, billigerer Gerbmaterialien nach dem neuen Verfahren hergestellten
Unterleder auch ein merklich höheres specifisches Gewicht als die besten rheinischen
Sohlleder alter Gerbung aufwiesen, wodurch sie, abgesehen von anderen Punkten, einen
bedeutenden Vortheil in dem ohnehin scharfen Concurrenzkampfe
Tabelle I. Specifische Gewichte
ungefetteter, lohgarer Leder.
Textabbildung Bd. 305, S. 91
Bezeichnung des Leders; Nr.;
Bemerkungen zu den einzelnen Proben; Art der Bestimmung. Hg = durch Eintauchen
in Quecksilber. M = durch directe Messung; Volumen; Absol. Gewicht der
Trockensubstanz; Spec. Gewicht des Leders mit 18 % H2O; A. I. Sohlleder. Reine Eichengrubengerbg. nach altem System;
Mittel von A. I. (10 Leder); A. II. Sohlleder. Mit Eichen- und Fichtenlohe oder
wenig fremden Gerbmaterialien in Gruben nach altem System gegerbt; Mittel von A.
II. (4 Leder); A. III. Sohlleder. Unter Zuhilfenahme fremder Gerbstoffe und von
Extracten in comb. Gerbung gegerbt; Mittel von A. III. (7 Leder); A. IV.
Sohlleder. Norddeutsche; Mittel von A. IV. (2 Leder); A. V. Sohlleder. Oesterr.
Terzen- und Pfundleder; Mittel von A. V. (11 Leder); Kernstück, gewalzt;
Flankenstück; Sehr ungleichmässig durchgegerbt gewalzt; Geringe Qualität
Tabelle I. Specifische Gewichte
ungefetteter, lohgarer Leder.
Textabbildung Bd. 305, S. 92
Bezeichnung des Leders; Nr.;
Bemerkungen zu den einzelnen Proben; Art der Bestimmung. Hg = durch Eintauchen
in Quecksilber. M = durch directe Messung; Volumen; Absol. Gewicht der
Trockensubstanz; Spec. Gewicht des Leders mit 18 % H2O; A. VI. Sohlleder. Verschiedene; Mittel von A. VI. (14 Leder);
Mittel von A. I–VI. (48 Leder); B. VII, VIII, IX. Vacheleder und Riemenleder
ohne Fett; Mittel von B. VII, VIII, IX. (11 Leder); Mittel von A und B. I–IX.
(59 Leder); Kernstück, gewalzt; Ganzes Leder; Geringe Qualität; Halsstück;
stärkeres Stück; schwächeres Stück; Ganze Haut, elektr. Grbg.; Halbe Haut
vor den letzteren voraus hätten. Ein Blick in die Tabelle lehrt nun, dass zwar
im Allgemeinen diese Behauptung zutrifft, dass jedoch die Ursache dieser Erhöhung
des specifischen Gewichtes in anderen Umständen zu suchen ist und dass die
specifischen Gewichte der in Betracht kommenden Ledersorten in nahezu denselben
Grenzen schwanken. Besonders die bisher unbewiesene Behauptung, der Quebrachogerbstoff sei specifisch schwerer als der
Gerbstoff unserer einheimischen Eichen- und Fichtenrinden, scheint nach den
im hiesigen Laboratorium gesammelten Erfahrungen gänzlich haltlos zu sein. Aus dem
bisher hier vorliegenden Untersuchungsmaterial scheint sich im Gegentheil zu
ergeben, dass wenigstens dem Quebrachoextract ein
niedrigeres specifisches Gewicht zukommt als dem Eichenlohe-, wie auch Eichen-
und Kastanienholzextracte, während Fichtenloheextract trotz des
entgegengesetzten Verhältnisses von Gerbstoff zu Nichtgerbstoffen darin ihm
ungefähr gleichkommt.
Weiteres hierüber zu veröffentlichen, behalte ich mir vor, bis genügendes Material
hierzu gesammelt ist.
Woher kommt es aber nun, dass die nach neuem System gegerbten Unterleder meist specifisch schwerer sind als die in alter
Eichengrubengerbung hergestellten? Als Antwort auf diese Frage lassen sich besonders
zwei Gründe geltend machen. Erstens kann das hohe specifische Gewicht seine Ursache
in der mechanischen Bearbeitung des Leders haben. Die in der Neuzeit entstandenen
grossen Lederfabriken, welche nach dem neuen Verfahren arbeiten, werden natürlich
sich auch alle maschinellen Errungenschaften dieser Zeit zu Nutzen gemacht haben und
können mit Maschinenkraft ein Leder vollkommener bearbeiten als ein kleiner oder
mittlerer Gerber der alten Zeit, dem diese Hilfsmittel nicht zu Gebote stehen und
der seinen Sohlledern mittels einer Karrenwalze oder durch Hämmern mit der Hand den
gewünschten Grad von Festigkeit zu verleihen sucht. Die specifischen Gewichte der
als Ia Waare geführten Sohlleder alter Gerbung, namentlich aus grösseren
Lederfabriken, stehen deshalb auch kaum denen der neuzeitlichen Concurrenzproducte
viel nach, wenn dieselben eine gleich gute Zurichtung haben bekommen können. Ein
gewisser Unterschied im specifischen Gewicht bleibt indess auch bei gleich
sorgfältiger Zurichtung zu Gunsten der nach neuem System gegerbten Leder bestehen
und dieser wird bedingt durch einen zweiten Umstand, auf welchen ich auch noch
später bei der Besprechung der Resultate der chemischen Untersuchung der Leder
zurückkommen werde. Dies ist der grössere Gehalt dieser Leder an mechanisch
aufgesaugten Extractstoffen, die sich dem Leder durch Auslaugen mit Wasser wieder
entziehen lassen. Das specifische Gewicht der Lederfaser ist nach W. EitnerGerber, 1876 Bd. 2 Nr. 55, auch Böckmann,
„Chem.-techn. Untersuchungsmethoden“. 1,40 bis 1,47, das
eines wasserfreien Gerbextractes nach vorläufigen hiesigen Untersuchungen mindestens
1,45 bis 1,58, wahrscheinlich noch höher, demnach muss ein Leder bei gleicher
mechanischer Bearbeitung ein um so höheres specifisches Gewicht haben, je mehr es
zwischen den Lederfasern Extractstoffe eingebettet enthält. Demgemäss finden wir
auch bei den in stärkeren Brühen ausgegerbten Ledern und namentlich auch bei den
österreichischen Terzen- und Pfundledern, welche in Folge des weniger sorgfaltigen
Auswaschens einen beträchtlichen Gehalt an auswaschbaren Stoffen haben,
verhältnissmässig die höchsten specifischen Gewichte, namentlich wenn, wie
besonders bei den letztgenannten, hierzu noch der erste gewichtserhöhende Factor
einer kräftigen mechanischen Bearbeitung tritt. Dass auch hier, wenn ein oder der
andere der das specifische Gewicht hauptsächlichst beeinflussenden Factoren fehlt,
ein niedriges specifisches Gewicht sich findet, beweist das ungewalzte norddeutsche
Sohlleder Nr. 43 und die Terzenleder Nr. 57 und Nr. 58. Unterschiede im specifischen
Gewicht, welche verursacht werden durch eine mehr oder minder gute Durchgerbung oder
Anwendung verschiedener Gerbstoffe, sind wahrscheinlich auch vorhanden, doch sind
dieselben gegenüber den durch die genannten Factoren bewirkten jedenfalls so gering,
dass sie durch letztere bei weitem überwogen werden und deshalb auf eine besondere
Berücksichtigung keinen Anspruch machen können. Umgekehrt lässt sich daher aus der
Höhe des specifischen Gewichtes eines Leders auch kein Rückschluss auf dessen
Durchgerbung oder die Natur des zur Gerbung angewandten Gerbstoffes machen.
Das hier bei specieller Betrachtung der specifischen Gewichte der Sohlleder Gefundene
gilt, wenn auch in geringerem Maasse, für die aus ähnlichem Hautmaterial und durch
ähnliche Gerbung erzeugten Vache- und Riemenleder. Auch deren specifische Gewichte
schwanken innerhalb fast derselben Grenzen, je nach der Güte der Zurichtung und der
Menge der in ihnen aufgesaugt vorhandenen Extractstoffe. Eine unreelle Beschwerung
der Leder mit dem Leder vollständig fremden organischen oder anorganischen
Substanzen scheint keinen besonders merkbaren Einfluss auf die Höhe des specifischen
Gewichtes zu haben, wie die betreffenden Zahlen der Tabelle III zeigen. Ebenso wenig
lässt sich bei den stark gefetteten Ledern eine Beziehung zwischen Dichte und dem
Grade der Fettung erkennen, wenn man von dem durch das Fett herabgesetzten
Wassergehalt der Leder und der hierdurch bedingten Verringerung des specifischen
Gewichtes absieht.
Als mittleres specifisches Gewicht für sämmtliche lohgaren
Leder mit dem Normalwassergehalt von 18 Proc. ergibt sich aus den hierauf
untersuchten 94 Ledern der Tabellen 1 bis IIIDie
übrigen Tabellen finden sich in der Fortsetzung dieser
Abhandlung. ein solches von 1,012 und als Grenzen würden
anzunehmen sein 0,700 bis 1,207, je nach Zurichtung und Gehalt des Leders an
Extractstoffen. Für gefettete Leder wird im Allgemeinen ein niedrigeres
specifisches Gewicht anzunehmen sein, da sie einen geringeren durchschnittlichen
Wassergehalt haben.
Was nun speciell die chemische Untersuchung der lohgaren
Leder anbetrifft, so sei zunächst kurz der Gang der
Analyse erwähnt, deren Einzelheiten schon gelegentlich anderer
Veröffentlichungen in diesem Blatt bekannt gegeben wurden.
Von den vorliegenden Lederproben wurden etwa 10 g in kleine Würfel zerschnitten und
zur Wasserbestimmung durch Trocknung bei 105° C. bis
zur Gewichtsconstanz benutzt. Dieselbe Probe diente dann zur Rohaschenbestimmung. Zur weiteren Analyse wurde eine genügend grosse Menge
zur Erzielung eines guten Durchschnittsmusters auf einer Glockenmühle fein gemahlen
und darin abermals der Wassergehalt bestimmt. Zur Bestimmung des Fettgehaltes wurden 20 g des Lederpulvers in eine unten
mit Gaze verschlossene Glashülse eingewogen, bei massiger Wärme möglichst von Feuchtigkeit
befreit und dann im Soxhlet'schen Apparat mittels zuvor
durch Destillation gereinigten Schwefelkohlenstoffs oder unter 60° C. vollständig
flüchtigen Petroläthers extrahirt. Auch Tetrachlorkohlenstoff dürfte wohl zu diesem
Zwecke zu empfehlen sein, da mit demselben ein angenehmeres Arbeiten ist, doch
stellt sich dieses Lösungsmittel etwas theurer als die ersteren. Nachdem von der
Fettlösung der grösste Theil des Lösungsmittels abdestillirt, wurde diese in ein
tarirtes Kölbchen übergespült, getrocknet und gewogen. Der Extractionsrückstand
wurde nach dem Verjagen des Schwefelkohlenstoffs unter Vermeidung von Verlusten in
einen Koch'schen Extractionsapparat gebracht und wie
bei der Gerbstoffanalyse üblich, jedoch bei gewöhnlicher Zimmertemperatur innerhalb
zweier Stunden auf 1 l mit destillirtem Wasser ausgezogen. Nach Concentration des
Auszuges auf ½ l dienten dann 300 cc davon zur Bestimmung des Gerbstoffes, der Nichtgerbstoffe und der löslichen
Mineralstoffe und der Rest nach weiterem Eindampfen auf 100 cc zur
Bestimmung der zuckerartigen Stoffe in der hier
üblichen Weise. In etwa 0,5 g des mit Schwefelkohlenstoff und Wasser erschöpften
Leders oder auch, um eine nochmalige Wasser- und Aschenbestimmung zu sparen, in
einer entsprechenden Menge des lufttrockenen gemahlenen Leders wurde der Stickstoffgehalt nach Kjeldahl'scher Methode bestimmt und auf absolut trockene und aschefreie
Ledersubstanz berechnet. Durch Controlanalysen war festgestellt worden, dass durch
die Extraction kein Stickstoffverlust eintrat und dieselben Resultate wie in dem
frischen Material erhalten wurden. Bei der hohen Bedeutung des Stickstoffgehaltes
für die Untersuchung wurden in jedem Falle mindestens zwei Bestimmungen ausgeführt,
deren Resultat höchstens um einige Zehntelprocente von einander abweichen
durfte.
Ausser diesen durchgängig ausgeführten Bestimmungen war bei einer Anzahl von Ledern
noch die Ermittelung des Kalk- und Schwefelsäuregehaltes erwünscht, wozu eine besondere
Probe des Lederpulvers diente. In einem Literkolben wurden 20 g der lufttrockenen
Substanz mit etwa 750 cc einer 1procentigen Salzsäure übergossen und bei massiger
Wärme (auf dem Rande des Wasserbades) ungefähr 24 Stunden lang digerirt. Nach dem
Erkalten wurde auf 1 l aufgefüllt und durch ein Faltenfilter filtrirt. Vom Filtrat
wurden 500 cc in einer Platinschale eingedampft, verascht, der Rückstand in wenig
Salzsäure gelöst, zur Ausfällung des Eisens und der Thonerde mit Ammoniak
übersättigt und im Filtrat in gewöhnlicher Weise der Kalk bestimmt. Zur Bestimmung
der Schwefelsäure wurden 250 cc des salzsauren Auszuges zur Trockne verdampft, der
Rückstand mit 25 cc einer Lösung von kohlensaurem Natron (1 : 10) aufgenommen,
wieder eingedampft, verascht, die Asche in Salzsäure gelöst und im klaren Filtrat
die Schwefelsäure durch Fällen mit Chlorbarium bestimmt. Von einer Sonderbestimmung
freier und gebundener Schwefelsäure wurde abgesehen, da schon aus der gefundenen
Menge der Gesammtschwefelsäure und dem Verhältniss dieser zum ermittelten Kalkgehalt
ein etwa vorhandener Ueberschuss freier Schwefelsäure sich in einer für die Praxis
vollständig genügenden Weise erkennen und beurtheilen lässt.
In den Tabellen sind ausser den durch die Analyse gefundenen Zahlen noch die Dickenmaasse der verschiedenen Leder mit
angeführt, wie sie sich durch Messung an möglichst vielen Punkten mittels eines
Tastzirkels ergaben, der Dickenunterschiede von 1/10 mm noch sicher erkennen liess.
Ueberdies sind die Eigenschaften der aus den Ledern
extrahirten Fette kurz erwähnt.
Ferner finden sich daselbst einige Rubriken berechneter Zahlen, deren nähere
Erklärung noch folgt.
Sämmtliche Resultate wurden, wie schon bei der Discussion der specifischen Gewichte
bemerkt, auf die von Prof. v. Schroeder festgestellten
mittleren Wassergehalte umgerechnet, deren Schwankungen und Grenzen aus dem oben
citirten Artikel zu ersehen sind.
Eine nähere Betrachtung der Analysen lehrt zunächst, dass der Gehalt lohgarer Leder
an mineralischen Stoffen äusserst gering ist. Dieselben
entstammen zum Theil der eingearbeiteten Blösse, zum Theil sind sie aus dem
Gerbmaterial mit aufgenommen. Ihre Menge erreicht im Durchschnitt noch nicht 1 Proc.
des lufttrockenen Leders und schwankt zwischen wenigen Zehntelprocenten bis
höchstens zu 2 Proc. bei Ledern, die aus schlecht rein gemachten gekalkten und mit
sehr viel überschüssigem Gerbmaterial (Tabelle XI: Nr. 98) oder in süssen Brühen
(Tabelle VIII: Nr. 52) ausgegerbt wurden, oder auch bei solchen, die bei der
Zurichtung zur Verschönerung der Oberfläche mit Kreide, Talk 0. dgl. eingerieben
wurden (Tabelle IX: Nr. 70, 71). Eine derartige Appretur kann in vereinzelten Fällen
den Aschengehalt noch mehr erhöhen, wie die in Tabelle XVII aufgeführten Leder Nr.
238, 239 und 240 zeigen, doch wird dann der Auftrag deutlich sichtbar sein,
widrigenfalls der Verdacht einer betrügerischen Beschwerung des Leders mit
Mineralstoffen naheliegt, wie eine solche in der That bei den Ledern Nr. 226, 234
und 237 der Tabelle XVII festgestellt wurde, die einen ähnlichen Aschengehalt wie
z.B. das mit einer Appretur aus unreinem Thon versehene Leder Nr. 238 zeigen.
Von der Asche sind etwa die Hälfte bis zwei Drittel lösliche Salze, die sich durch
Wasser auswaschen lassen, wie die in den Tabellen als Extractaschen aufgeführten
Zahlen zeigen.
Beträgt der Gehalt der in Wasser löslichen Mineralstoffe (Extractasche) über 1,5
Proc., so ist der Verdacht, dass das Leder eine künstliche
Beschwerung in unreeller Absicht erhalten hat, was durch nähere
Untersuchung nach speciellen Methoden festzustellen ist, sicher begründet. Als
solche betrügerischer Weise mit anorganischen Stoffen beschwerte Leder sind uns nur
wenige vorgekommen (vgl. Tabelle XVII), die ausserdem meist dem Auslande
entstammten, ein gutes Zeichen für die Reellität der deutschen Gerber. Das
Beschwerungsmittel bestand in allen Fällen aus Chlorbarium, „English splate“,
neben welchem sich geringe Mengen durch Umsetzung entstandenen Schwerspaths
fanden.
Die höchste derartige Beschwerung betrug rund 11 Proc. Chlorbarium im lufttrockenen
Leder, während in anderen Fällen dieselbe so gering war, dass man wohl nur von einem
Beschwerungsversuch sprechen kann. In einigen Fällen hatte der Fabrikant nach dem
missglückten Versuch mit Chlorbarium seine Absicht durch Anwendung von Traubenzucker
(unreinem Stärkezucker, Stärkesyrup o. dgl.) erreicht, welche Substanz namentlich
bei Riemenledern englischer und belgischer Herkunft ein beliebtes Beschwerungsmittel
bildet. Wir fanden in so beschwerten Ledern bis zu 15 Proc. als Traubenzucker berechnete,
Fehling'sche Lösung reducirende Substanzen (vgl.
Tabelle XVII), während die in lohgarem Leder fast nie ganz fehlenden, aus den
Gerbmaterialien stammenden zuckerartigen Stoffe meist
nur wenige Zehntelprocente, im Mittel ¼ Proc. und höchstens bis zu 2 Proc. hinauf
betragen.
Ueber die Zuckergehalte unbeschwerter lohgarer Leder wurde in diesem Blatte schon
eingehend berichtetJ. v. Schroeder, A. Bartel und W. Schmitz-Dumont,
„Ueber Zuckerbestimmung und über die Zuckergehalte der Gerbmaterialien,
Gerbextracte, Gerbebrühen, sowie des unbeschwerten lohgaren Leders“,
D. p. J. 1894 203 229., weshalb ich hier diesen Punkt nicht weiter
ausführen will.
Ausser den angeführten kamen bei den vorliegenden Analysen keine anderen
Beschwerungen vor, doch werden zu diesem Zweck nach verschiedenen
LitteraturangabenDr. R. Koch, Deutsche Gerber-Zeitung, 1891 Nr. 101
ff. W. Eitner, Gerber, 1887 Nr. 319
ff. auch verschiedene andere Substanzen, meist anorganischer, doch
auch organischer Natur benutzt, wie z.B. schwefelsaure Magnesia (Bittersalz),
Bleioxyd, Melasse u.a. Auch kann man wohl eine übermässige Füllung der Leder mit
Gerbextract ebenso wie eine übermässige Fettung als betrügerische Beschwerung
ansehen, wie auch das durch eine unreelle Trocknung bedingte höhere Gewicht.
Der Kalkgehalt in den Ledern beträgt im Mittel nur 0,13
Proc. CaO und steigt nur selten bis zu ¼ Proc. in Ausnahmefällen, bei den mit
Schwefelsäure geschwellten und vorher durch Kalk enthaarten Ledern, bis zu nahe ½
Proc. Die gekalkten, aber dann in reinen Lohbrühen ohne Anwendung von Schwefelsäure
geschwellten Leder zeigen keinen erhöhten Kalkgehalt den durch Schwitzen enthaarten
gegenüber, da durch die in den Sauerbrühen durch Gährung der zuckerartigen Stoffe
entstehenden organischen Säuren (Essigsäure, Milchsäure) der Kalk gelöst wird und
aus der Haut heraus diffundirt, während Schwefelsäure den durch ungenügendes
Reinmachen der Blösse in ihr verbliebenen Kalk als schwerlöslichen Gyps auf der
Faser niederschlägt und im Leder zurück hält. Ein ausgezeichnetes Beispiel hierfür
bietet das mit Schwefelsäure geschwellte Leder Nr. 65 in Tabelle IX, bei welchem der
eingelagerte Gyps schon mit blossem Auge auf dem Schnitt als kleine weisse Pünktchen
sich zu erkennen gab.
Ob ein Leder mit Hilfe von Schwefelsäure geschwellt ist
oder nachträglich, wie dies öfters geschieht, zur Aufhellung der Farbe damit
behandelt worden ist, lässt sich durch eine Schwefelsäurebestimmung meist mit
Sicherheit entscheiden. Der normale Schwefelsäuregehalt eines lohgaren Leders
beträgt im Mittel nur etwa 0,12 Proc. und übersteigt nicht 0,30 Proc. Bei mit
Schwefelsäure behandelten Ledern bleibt er dagegen nur selten unter dieser obersten
Grenze für normale Leder zurück, wenn z.B., wie bei den russischen Sohlledern Nr.
73, 74 und 75, wie auch bei den amerikanischen Ledern Nr. 79 und 80 der Tabelle IX,
nur sehr wenig Schwefelsäure bei der Schwellung zugegeben wurde, und diese keine
Gelegenheit fand, sich im Leder mit einer Base zu einem unlöslichen oder doch schwer
löslichen Salz zu verbinden. Er beträgt hier im Mittel etwa ½ Proc. Als Maximum
wurde hier in einem Leder der abnorm hohe Gehalt von 1,25 Proc. in einem anderen
1,02 Proc. SO3 gefunden, der den betreffenden Ledern
natürlich nicht gerade zum Vortheil gereichen wird. Ein abnorm hoher Gehalt an
Schwefelsäure kann sich bei der Untersuchung auch ergeben, wenn die Häute mit
Schwefelnatrium enthaart sind, wobei immer durch Umsetzungen und Oxydation etwas
Schwefelsäure bezieh. deren Salze entstehen. Ein Beispiel hierfür bieten die
russischen Vacheleder Nr. 106 und 107 in Tabelle XI.
Eine genauere Uebersicht der aus den untersuchten Proben erhaltenen Mittelwerthe für
den Kalk- und Schwefelsäuregehalt bietet die Tabelle XX.
(Fortsetzung folgt.)