Titel: | Ueber Kraftgas und Kraftgasmaschinen. |
Autor: | Mg. |
Fundstelle: | Band 304, Jahrgang 1897, S. 184 |
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Ueber KraftgasUeber Dowson-Gas vgl. 1894 292 216. 1896 301 * 204. 302 * 85. und Kraftgasmaschinen.
Mit Abbildungen.
Ueber Kraftgas und Kraftgasmaschinen.
Hatte man bisher sich damit begnügt, Gasmaschinen mit Gas aus den Ortsgasanstalten oder mit vergasten bezieh. verdampften
flüssigen
Brennstoffen zu speisen, so ist ein schon seit einer Reihe von Jahren versuchsweise bereits angewandtes, aber erst
jüngst zu grösserer
Bedeutung gelangtes Verfahren hiermit in starken Wettbewerb getreten. Es ist dies die Aufstellung besonderer Gaserzeuger
schon für
Maschinen von etwa 15 an. Diese Gaserzeuger sind namentlich von der Deutzer Gasmotorenfabrik und
von der Firma Gebrüder Körting in Hannover so entwickelt, dass es recht gut angemessen erscheint, in
dieser neuen Zusammenstellung eines Krafterzeugers einen ebenbürtigen Wettbewerber mit der Dampfmaschinenanlage zu
erblicken.
Neuerdings ist es der Deutzer Gasmotorenfabrik gelungen, einen Generator zu bauen, welcher mit
gewöhnlichem Gaskoks arbeitet (D. R. P. Nr. 77529). Die Ausführung eines solchen Generators zum Betriebe einer 160pferdigen
Zwillingsmaschine ist für das Wasserwerk Basel augenblicklich begonnen, nachdem sich ein Apparat für eine 60pferdige
Maschine in den
Werkstätten der ausführenden Fabrik bestens bewährt hat.
Eine der grössten Kraftgasanlagen ist von der Deutzer Fabrik für das Wasserwerk Basel geliefert. Die
Gasmaschine besteht aus zwei gegenüber gestellten liegenden Cylindern, deren Kolben auf eine gemeinsame, zwischen
ihnen gelagerte
gekröpfte Kurbelwelle arbeiten. Diese Maschine leistet mit Kraftgas 160 , mit Leuchtgas 200 . Die Cylinder haben 520
mm Durchmesser bei 760 mm Hub; die Kolben machen 140 Doppelhübe in der Minute. Die Kurbelwelle besitzt neben den
beiden Kurbellagern
noch eine Lagerung hinter Schwungrad und Seilscheibe, welche letztere zum Antriebe der Pumpen mit zehn Rillen für
Baumwollseile von 50
mm Durchmesser versehen sind.
Die Kraftgasanlage besteht aus drei Koksgeneratoren, zwei Dampfkesseln zur Erzeugung und Ueberhitzung des Betriebsdampfes
für erstere
und den üblichen Nebenapparaten.
Ausführliche Versuche, welche Docent E. Meyer in Hannover an dieser Anlage anstellte, haben ergeben, dass
der Koksverbrauch für die stündlich wirklich geleistete Pferdekraft in einem Falle 0,88 k betrug, in einem zweiten
Falle sogar nur
0,86 k. Bei der untersuchten Anlage wurde mit 1 k Koks rund 313000 mk, in gehobenem Wasser gemessen, geleistet, eine
Leistung, welche
nach Meyer's Angaben bisher noch nicht erzielt ist.
Im Baseler Wasserwerk ist noch eine in Reserve stehende Dampfanlage aufgestellt, welche zu einem Vergleiche mit der Gasanlage
dienen
kann. Dieselbe besitzt eine Zwillingsdampfmaschine mit Condensation, deren Cylinder 590 mm Durchmesser bei 1050 mm
Hub messen. Die
nach hinten verlängerten Kolbenstangen treiben je eine Doppelpumpe von 275 mm Durchmesser und 1050 mm Hub. Der Dampf
wird in drei
Tenbrink-Kesseln von je 93 qm Heizfläche erzeugt.
Diese Anlage hat bei dem Abnahmeversuch 147 geliefert. Es berechnet sich die mit 1 k Koks gehobene Wassermenge auf 200000 mk, also etwa nur ⅔ der oben gefundenen Zahl.
Zum Betriebe der elektrischen Beleuchtungsanlage im College Stanislaus in Paris, einer Erziehungsanstalt, war bisher ein
zweicylindriger Bénier'scher Gasmotor von 25 benutzt. Diese Anlage wurde durch Anlage von
Generatoren zum Betriebe mit Kraftgas umgewandelt. Ausführliche Angaben hierüber, auch über Einzelheiten der Maschine
und Generatoren
enthält Le Génie civil, 1896 * S. 66. Der Verbrauch der Anlage soll sich auf 0,75 k Anthracit für die
stündlich geleistete Pferdekraft erstrecken.
Der bei dieser Anlage zum ersten Male in praktische Verwendung gekommene Wassergaserzeuger von L. Bénier
in Paris ist patentirt (D. R. P. Nr. 73945). Derselbe ist ebenso wohl anwendbar, wenn das Luft- und Dampfgasgemisch
durch Einpressen
zugeführt oder angesaugt wird. Fig. 1 erläutert die getroffene Einrichtung.
Der Kessel g ist über der Feuerung in derselben Achse angeordnet. Er ist ringförmig und besteht aus zwei
Senkrechten Cylindern, von denen der äussere g mit den heissen Gasen in Berührung steht und behufs
Vergrösserung der Heizfläche mit Rippen besetzt ist. Diese zwei Cylinder sind im unteren Theile durch eine feste
und im oberen Theile
durch eine bewegliche Verbindung verbunden, um Brüche in Folge ungleichmässiger Ausdehnung zu verhindern.
Textabbildung Bd. 304, S. 185
Fig. 1.Wassergaserzeuger von Bénier.
Das zu verdampfende Wasser ist in dem durch die zwei Cylinder gebildeten ringförmigen Raum enthalten. Der innere Cylinder
j dient als Brennstoffbehälter. Das Wasser fliesst in den Kessel durch ein Rohr zu und einen etwaigen
Ueberschuss desselben nimmt ein anderes Rohr ab. Die beiden Rohre sind umgebogen, um sowohl für den Zu- als auch
Ablauf des Wassers
eine entsprechend hohe Säule desselben zurück zu halten, welche das Entweichen von Dampf verhindert.
Um ein Luft- und Dampfgemisch in einem gleichbleibenden Mischungsverhältnisse bei beliebigem Volumen zu erhalten, muss man
die Luft und
den Dampf unter gleichem Druck, d. i. unter atmosphärischem Druck, nehmen. Unter diesen Verhältnissen ist die angesaugte
Luft- und
Dampfmenge proportional zum Querschnitte der Oeffnungen. Der im Kessel bei einem Druck von 2 bis 3 cm gebildete Dampf
wird durch das
Rohr l in die Kammer m geführt, wo er expandirt; die Kammer m steht mit ihrem unteren offenen Theile mit der äusseren Luft in Verbindung, die Luft wird durch die
Oeffnungen o, der Dampf durch die Löcher n angesaugt.
Es ist vortheilhaft, das Luft- und Dampfgemisch vor seinem Eintritt in die Feuerung auf eine möglichst hohe Temperatur zu
bringen, was
im vorliegenden Falle durch Ausnutzung der Wärme der Ofenwandungen und die hiernach beschriebene, diese Vorwärmung kennzeichnende
Einrichtung bewirkt wird.
Die Feuerung ist in einem inneren, mit feuerfestem Thon t ausgekleideten Cylinder enthalten, der in einem
zweiten, ebenfalls mit feuerfestem Thon ausgefütterten Cylinder o steckt. Zwischen diesen beiden
Cylindern ist ein freier ringförmiger Raum von einigen Millimetern Breite gelassen, durch welchen das bei q zuströmende Luft- und Dampfgemisch von oben nach unten zieht und unter den Rost gelangt.
In Fig. 2 ist die mit Druckregler ausgestattete Kraftgasanlage von C.
Wigand in Hannover (D. R. P. Nr. 88044) dargestellt, wie sie im Wesentlichen von der Firma Gebrüder
Körting in Hannover ausgeführt wird.
Die Einrichtung bezweckt, die saugende Wirkung einer Gasmaschine, die von einem Gaserzeuger gespeist wird, zum Betriebe der
letzteren
so zu benutzen, dass trotz des periodischen Gasverbrauchs und dessen Schwankungen die Gaserzeugung und Absaugespannung
möglichst
gleichmässig ist. Auch werden durch diese Einrichtung die zu Anfang im Gaserzeuger und der Rohrleitung befindlichen
unbrauchbaren Gase
beseitigt.
Aus dem Gaserzeuger g entweichen zum Beginn des Betriebes die entstehenden Gase durch die als Schornstein
wirkende und auf dem Abzugsrohr a befindliche Verlängerung e des letzteren.
Erst dann, wenn die Feuerung in Glut gekommen ist, wird der Gaserzeuger durch die saugende Wirkung der Maschine betrieben.
Zu diesem
Zwecke wird durch Drehen des Hahnes l oder einer anderen Vorrichtung die Verlängerung e vom Rohrstück a abgeschlossen und dieses mit der Ableitung a1 verbunden. Dann werden durch Pumpen mit der Glocke die
Verbrennungsgase aus dem Gaserzeuger und der Rohrleitung so lange ausgesogen, bis überall nur brauchbare Gase sind.
Die Glocke ist durch Eintauchen in den Wasserbehälter e1 oder durch
harmonikaartige Verbindung mit einem Behälter luftdicht abgeschlossen. Zwischen Glocke und Gaserzeuger ist ein Gasreiniger
d beliebiger Einrichtung eingeschaltet, so dass nach dem Entfernen der unbrauchbaren und minderwerthigen
Gase nur brauchbare und gereinigte aus dem Rohr h in die Glocke e2 und aus dieser durch die Zuleitung i zur Maschine gelangen.
Textabbildung Bd. 304, S. 185
Fig. 2.Kraftgasanlage von Wigand.
Die absaugende Wirkung der Gasmaschine dauert z.B. für Viertactmaschinen bei ganzer Füllung nur ¼ der für den Arbeitsvorgang
beanspruchten Zeit und bei geringeren Füllungen noch kürzere Zeit. Soll nun während dieser ganzen Zeit die Gasentwickelung
im
Gaserzeuger gleichmässig und unter der gleichen Spannung wie beim Speisen der Maschine während des Bruchtheils der
Zeit erfolgen, so muss die Glocke nicht allein gross genug für die Aufnahme des
erzeugten Gases, sondern auch so eingerichtet sein, dass die Gase in ihr einen der Absaugespannung gleichen Druck
beibehalten. Dieser
Druck ist kleiner als der atmosphärische, und muss daher nicht allein die Wirkung des Gewichtes der Glocke, sondern
auch der
Ueberschuss des Luftdruckes über die Absaugespannung durch eine entsprechende Entlastung der Glocke aufgehoben werden.
In der
Zeichnung geschieht dies durch das Gewicht f, welches an der mit der Glocke verbundenen und über Rollen
geleiteten Kette hängt. Auch kann die Entlastung durch Federn geschehen.
Die Anforderungen einer gleichmässigen Gaserzeugung und eines möglichst gleichbleibenden Druckes in der Glocke macht bei grösseren
Füllungsänderungen in der Maschine nicht allein eine Aenderung des Druckes der Glocke, sondern eine Veränderung des
Durchgangsquerschnittes im Rohre h nöthig, welche in einfachster Weise durch die darin angebrachte
Drosselklappe m erreicht wird. Für die Benutzung der Glocke e2 als Pumpe zum Entfernen der Gase aus dem Gaserzeuger und der Rohrleitung sind in der Zuleitung h und Ableitung i die Rückschlagventile k und
an der Gewichtskette der Handgriff f1 angebracht. Durch Senken und Heben
des letzteren bezieh. der Glocke e2 werden die Gase aus dem Gaserzeuger
und der Rohrleitung in die Glocke gezogen und durch die Leitung i nach der gewünschten Abfuhrstelle
gedrückt, so lange, bis durch das Pumpen mit der Glocke alle unbrauchbaren Gase entfernt und nur brauchbare im Gaserzeuger,
der Glocke
und Rohrleitung enthalten sind.
Die Entfernung der unbrauchbaren und minderwerthigen Gase durch Pumpen mit der Glocke geschieht viel schneller und leichter
als jetzt,
wo es durch mühsames Drehen der Maschine selbst geschehen und dabei der Reibungswiderstand des Leerlaufes, der bekanntlich
nicht
unbeträchtlich ist, überwunden werden muss.
Von J, W. Hartley und J. Kerr in Kilmarock, Schottland (D. R. P. Nr. 80012)
wird eine besondere Ventilsteuerung für Maschinen vorgeschlagen, welche mit Kraftgas gespeist werden.
Bei Anwendung von Dowson-Gas o. dgl. empfiehlt es sich, den Cylinder derart zu speisen, dass zuerst auf einen Theil des Ladehubes
Luft
allein, dann während eines weiteren Theiles des Hubes bei vollständiger Absperrung des Luftzutrittes Gas allein und
schliesslich Luft
und Gas im Verhältniss eines explosiven oder brennbaren Gemisches, so dass ein explosives Gemisch für die Zündung
der ganzen Ladung
erhalten wird, eingelassen werden. Auf diese Weise erhält man eine schnelle Zündung und eine langsam brennende Ladung
und sichert
einen hohen Enddruck. Ein solcher hoher Enddruck ist in dem Explosionscylinder erwünscht, wenn die Maschine als Verbundmaschine
ausgebildet werden soll.
Um diese Aenderungen in der Beschaffenheit der Ladung während des Kolbenhubes zu erzielen, wird eine Steuerung mit Curven-
oder
Daumenscheiben angewendet, bei welcher die Bethätigung des Gasventils im Zusammenhang mit derjenigen eines in das
Luftzuleitungsrohr
geschalteten Klappen- oder Schmetterlingsventils (nach Art einer Drosselklappe) erfolgt, dessen Gehäusesitz unabhängig
beweglich
angeordnet ist und durch eine Relativdrehung zur Eröffnung bezieh. Schliessung des Luftzuführungskanals mitwirkt. Dabei wird der
den Gaseinlass öffnende Hebedaumen bezieh. die Curvenscheibe derart angeordnet, dass während eines ersten Theiles
des Ladehubes der
Maschine nur Luft in den Cylinder eingelassen wird, wobei das Gasventil geschlossen bleibt und das Schmetterlingsventil
im Luftrohr
vollständig geöffnet ist. Alsdann wird das Gasventil durch eine Hebefläche der Curvenscheibe vollständig geöffnet
und nun das
Schmetterlingsventil derart bewegt, dass das Luftzuleitungsrohr gänzlich abgesperrt wird, so dass nur Gas in den
Cylinder treten kann.
Nach einem passend bestimmten Zeitraum senkt sich die Hebefläche der Curvenscheibe etwas, wodurch das Schmetterlingsventil
sich zum
Theil wieder öffnet, während der Gaszutritt mittels eines auf der unteren Seite des Gasventils befindlichen Drosselringes
dadurch
gemindert wird, dass letzterer die Ventilöffnung zweckentsprechend verengt.
Da nunmehr sowohl die Luft- als die Gasleitung nur zum Theil offen sind, so werden während des letzten Theiles des Kolbenhubes
dem
Cylinder Luft und Gas zugleich zugeführt, und zwar in einem zur Explosion bezieh. Verbrennung passenden Mengenverhältniss.
Die Ladung
wird entzündet, nachdem die Kurbel über die Mittellage hinausgegangen ist.
Eine Kraftgasanlage für einen 100--Motor Simplex von Delamare-Deboutteville und L. Malandin ist von Atmé Witz untersucht. Die betreffenden Ergebnisse sind
ausführlich in Génie civil, 1895 * S. 204, veröffentlicht.
Der eincylindrige 100--Motor hat 950 mm Cylinderdurchmesser und 950 mm Hub und macht 150 Umdrehungen in der Minute. Der
Gaserzeuger ist nach Dowson's System eingerichtet. Als Gesammtverbrauch an Brennstoff, bezogen auf die
stündlich geleistete Pferdekraft, wurden 0,096 k Koks und 0,516 k Anthracit ermittelt, zusammen also 0,612 k! Die
Maschine verbraucht
2,370 cbm Gas von 0° bei 760 mm Säule für die wirkliche Stundenpferdekraft.
Mg.