Titel: | Neuere Untersuchungen über ökonomisches Betreiben einer Dampfmaschine. |
Autor: | Freytag |
Fundstelle: | Band 304, Jahrgang 1897, S. 81 |
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Neuere Untersuchungen über ökonomisches Betreiben einer Dampfmaschine.
Mit Abbildungen.
Neuere Untersuchungen über ökonomisches Betreiben einer Dampfmaschine.
Bryan Donkin, der wegen seiner praktischen Untersuchungen zur Ermittelung der in den Cylindern der
Dampfmaschinen vor sich gehenden Erscheinungen bekannte englische Ingenieur, hat vor Kurzem die Ergebnisse sorgfältig
ausgeführter
Versuche veröffentlicht, die er zum Zweck der Erforschung des Einflusses, welchen der jeweilige Füllungsgrad, die
Geschwindigkeit, die
Dampfmäntel und die Ueberhitzung des Arbeitsdampfes auf das ökonomische Güteverhältniss der Dampfmaschinen ausüben,
anstellte.
Textabbildung Bd. 304, S. 80
Untersuchungen über ökonomisches Betreiben einer Dampfmaschine.
Die Versuchsanlage entsprach insofern allen Anforderungen, als sie eine Aenderung der Füllung und Umdrehungszahl, wie auch
ferner das
Betreiben der Maschine mit und ohne Dampfmantel bezieh. mit und ohne überhitzten Dampf ohne grössere Schwierigkeiten
gestattete. Die Maschine ist nach den Le Génie civil,
1897 S. 120, entnommenen Abbildungen (Fig. 1 und 2) stehend ausgeführt und hat nur einen Cylinder, dessen Ausströmrohr mit
einem Oberflächencondensator in Verbindung gebracht werden kann.
Für die verschiedenen Untersuchungen wurden indess zwei besondere, in ihrer Construction von einander abweichende Cylinder
verwendet,
von denen der eine, nicht ummantelte und einfach wirkende Cylinder für eine erste Reihe von Versuchen benutzt wurde.
Der zweite,
doppelt wirkende und ummantelte Cylinder (Fig. 3) diente, nachdem er gegen den ersteren ausgewechselt,
für eine zweite Reihe von Versuchen zur Bestimmung des Einflusses, welchen die Dampfmäntel auf den ökonomischen Wirkungsgrad
der
Maschine haben können. Ein unterer, zwischen der Wandung des Cylinders und Mantels angebrachter Steg gestattet, das
Condenswasser der
äusseren und dasjenige der inneren Wandung, jedes für sich, zu sammeln. Die Cylinderdeckel sind ebenfalls mit Mänteln
ausgestattet,
während der Schieberkastendeckel ausser mit Dampfmantel noch mit einer Entwässerungsvorrichtung versehen ist.
In den verschiedenen Mänteln kann mit Leichtigkeit sowohl Dampf wie auch Oel oder selbst Wasser circuliren.
Am Mantel des Dampfcylinders sind noch ein Absperrhahn und ein Manometer angebracht.
Der Kolbendurchmesser beträgt 0,1524 m, der Hub 0,2032 m. Die Maschine arbeitet mit Meyer'scher
Schiebersteuerung, welche, trotz endlicher Länge der Pleuelstange, gleiche Füllungen von ⅟24 bis 18/24 auf jeder Kolbenseite zulässt.
Alle Theile sind, damit sie sich bei den Kolbenhüben gegenseitig ausgleichen, symmetrisch zu einander angeordnet. Die zur
Ausbalancirung der Kolbenstange dienende Stange ist jedoch nicht in die Verlängerung derselben gelegt, sondern excentrisch
angeordnet;
es treten in Folge dessen geringe seitliche Beanspruchungen auf, derart, dass die Arbeit beider Cylinder nicht genau
übereinstimmt.
Die Maschine kann je nach Belieben einfach oder doppelt wirkend betrieben werden.
Textabbildung Bd. 304, S. 81
Fig. 3.Untersuchungen über ökonomisches Betreiben einer Dampfmaschine.
Der in einem Kessel erzeugte Dampf hat 5,25 at Ueberdruck und gelangt mit einer Spannung von 4,55 at in den Schieberkasten.
Bei einigen
Versuchen hat man die Spannung des Dampfes durch Drosselung auf 2,27 at herabgemindert. Das lineare Voreilen variirt
zwischen 1 bis 3
Proc. des Kolbenhubes. Die Ueberhitzung des Dampfes erfolgt in der Dampfleitung selbst, mittels einer Reihe von Gasbrennern;
sie
betrug je nach den Versuchen 6 bis 40° C. Die zu dieser Erhöhung der Temperatur des Arbeitsdampfes erforderliche
Menge Brennmaterial
wurde nicht ermittelt. Der Ueberhitzungsgrad wurde an einem nahe am Dampfeintritt in den Cylinder angebrachten Thermometer
abgelesen.
Auch an anderen Stellen des Cylinders – am Schieberkasten, Dampfmantel und Dampfraum des Condensators – wurden, um
genauen Aufschluss
über die hier herrschenden Temperaturen zu erhalten, Thermometer angebracht.
Der Condensator functionirte während der ganzen Dauer der Versuche; wenn aber die Maschine ohne diesen Apparat arbeiten sollte,
wurde ein seitlich am Condensator angebrachter Lufthahn geöffnet und die Spannung in diesem auf Atmosphärendruck
gebracht. Das aus dem
Condensator mittels Luftpumpe fortgeschaffte Wasser wurde einem auf besonderer Brückenwage aufgestellten Gefäss zugeführt,
welches,
sobald die angesammelte Menge Wasser ein Gewicht von 22,680 k (50 Pfund engl.) erreicht hatte, dies jedesmal selbsthätig
anzeigte.
Jeder Versuch wurde zweimal ausgeführt und die Ergebnisse beider Versuche erst dann als richtig betrachtet, wenn sie eine
Abweichung
von nicht mehr als 2 Proc. zeigten. Die von Donkin aufgestellten Tabellen enthalten die Mittelwerthe
beider Versuche, welche überdies vielfach noch durch einen ungefähr 3 Stunden andauernden dritten Versuch controlirt
wurden.
Der Verbrauch des Circulationswassers für den Condensator wurde mittels besonderer Behälter, wie auch die Temperatur desselben
beim
Ein- und Austritt sorgfältig gemessen.
Vor Beginn einer jeden Versuchsreihe wurden Schieber und Kolben auf ihre Dampfdurchlässigkeit geprüft. Die Arbeit des Dampfes
im
Cylinder wurde durch einen Crosby'schen Indicator ermittelt, der nach Oeffnen eines Hahnes mit den Räumen
vor und hinter dem Kolben communicirte. Die effective Leistung der Maschine wurde mittels einer auf der Schwungradwelle
befestigten
Bremsvorrichtung festgestellt.
Die Diagramme wurden von 5 zu 5 Minuten abgenommen. Gleichzeitig notirte man die Dampfspannung im Schieberkasten und Mantel,
wie auch
die an einem Tourenzähler ablesbare Geschwindigkeit der Maschine. Alle 2 Minuten wurde die Temperatur des Wassers
beim Austreten aus
der Luftpumpe, diejenige der Cylinderwandungen und des Dampfmantels, sowie gebotenen falls auch die Temperatur des
überhitzten
Dampfes, alle 10 Minuten ferner die anfängliche Temperatur des Circulationswassers und die Spannung der Bremsfeder
beobachtet. Die
Endtemperatur des Circulationswassers wurde von Minute zu Minute gemessen.
Die Widerstände der Maschine bei verschiedenen Geschwindigkeiten – zwischen 100 und 250 minutlichen Umdrehungen – wurden im
Leerlauf
der Maschine mit der Luftpumpe bestimmt. Es betrugen dieselben im Maximum 24,75 km pro Umdrehung für 200 minutliche
Umdrehungen, im
Mittel 23,12 km pro Umdrehung, entsprechend einer Geschwindigkeit von 150 minutlichen Umdrehungen.
Nach 150 Versuchen, von denen 50 mit nicht ummantelten Cylindern angestellt wurden, kam Donkin zu der
Ueberzeugung, dass die Temperatur der Wandungen des Cylinders an den äussersten Enden höher als in der Mitte desselben
ist. Mit
Condeasation und ⅛ Füllung beträgt dieser Unterschied mehr als 9° C. Beim Arbeiten als einfach wirkende Maschine
ist die Abweichung
beträchtlicher; der Temperaturunterschied zwischen den beiden äussersten Enden des Cylinders beträgt dann bis 20,5°
C.
Vom praktischen Standpunkt aus gestatten die Untersuchungen von Donkin eine genaue Feststellung des
Einflusses, welchen die Temperatur der Cylinderwandungen auf das ökonomische Betreiben der Maschine ausüben. Donkin bezieht die Innencondensationen des Dampfes auf die
Einheit der berührten Fläche, sowie auf die Zeiteinheit, und nimmt die Mittel der während der Dauer der Admission
vom Kolben
entblössten Cylinderflächen unter der Voraussetzung, dass die Rotationsbewegung der Kurbel eine gleichförmige ist.
Die Versuche wurden in der Weise durchgeführt, dass das Temperaturgefälle im Innern des Cylinders constant gehalten, die Temperatur
der
Cylinderwandung dagegen variabel gemacht wurde und umgekehrt. Die erhaltenen Ergebnisse konnten alsdann mit einander
verglichen
werden. Die verschiedenen Versuche wurden mit Aenderungen des Ganges der Maschine, beim Arbeiten mit und ohne Dampfmantel
bezieh. mit
und ohne Ueberhitzung des Arbeitsdampfes, ferner mit einfach und doppelt wirkendem Cylinder und mit variabler Füllung
gemacht. In
jedem der einzelnen Fälle konnte die am meisten ökonomische Gangart der Maschine festgestellt werden.
Der Maximalverbrauch von 28,136 k für 1 /Std. wurde beim Arbeiten mit einfach wirkendem Cylinder ohne Mantel und Condensation
bei Verwendung von gesättigtem Dampf und 0,5 Füllung erreicht. Unter gleichen Verhältnissen mit überhitztem Dampf
betrieben, sank der
Dampfverbrauch auf 23,097 k in der Stunde, entsprechend 17,9 Proc. Ersparniss, während sich letztere beim Arbeiten
mit doppelt
wirkendem Cylinder ohne Anwendung der Ueberhitzung auf 24,9 Proc. erhöhte. Mit Ueberhitzung, doppelt wirkendem Cylinder
und
Condensation ergab sich eine Dampfersparniss von 45,7 Proc. entsprechend einem Verbrauch von 15,272 k, und endlich
mit Dampfmantel und
bei 0,625 Füllung eine solche von 63,3 Proc. entsprechend einem Verbrauch von 9,485 k Dampf für 1 /Std.
Es ist wahrscheinlich, dass sich günstigere Verbrauchsziffern ergeben hätten, wenn höher gespannter, gesättigter Dampf verwendet
und
die Expansion weiter getrieben oder behufs Verringerung der Innencondensationen die Ueberhitzung auf eine höhere
Gradstufe getrieben
worden wäre. Es ist zu bedauern, dass Donkin seine Versuche nicht nach diesen Richtungen zu Ende geführt
hat.
Durch die Versuche wurde indess zur Genüge bewiesen, dass sich die Innencondensationen mit Verwendung eines Dampfmantels und
überhitzten Dampfes erheblich verringern. Je mehr sich die Temperatur der Wandungen derjenigen des Arbeitsdampfes
nähert, um so
geringer fallen dieselben aus. Den geringsten Dampfverbrauch erhält man, wenn die Ueberhitzung des Dampfes so weit
getrieben wird,
dass sie bis zum Ende der Expansion ausreicht – ein Ergebniss, welches, nach den Versuchen von Hirn,
schon von Dwelshauvers-Déry ermittelt wurde.
Die Versuchsergebnisse von Donkin sind in den nachstehenden beiden Tabellen enthalten.
Tabelle I. Einfluss der Dampfmäntel.
Versuchszahl
Verschsbedingungen
Totaler Dampfverbrauch
Verhaltniss derManteloberflachezur totalenCylinderroberflache
Dampfver-brauch in Kilofur 1i/Std.
Ersparnissdurch denDampfmantel
proStundeundPferde-kratt
inProcen-ten
108
Ohne Dampf im Mantel
18,558
–
–
–
112
Dampf in beiden Deckeln
16,783
1,805
9,71
17,2
117
Dampf im Cylindermantel
13,653
4,935
26,55
64,9
121
Dampf in allen Mänteln
12,882
5,706
30,70
82,1
Tabelle II. Dampfverbrauch der Maschine unter verschiedenen Betriebsverhältnissen bei 4,55 at Spannung im
Schieberkasten und 220 minutlichen Umdrehungen.
Versuchszahl
Art desBelriebes
Einfach oderdoppelt wirkend
Mit oder ohneCondensation
Mit oder ohneUeberhitzung
Fulung
Mittlerer effect.Druck auf 1 qmKolbenflache
Verbrauchin Kilofur 1 /Std.
CalorischerNutzeffect inProcenten
66
Ohne Mantel
Einfach
Ohne
Ohne
0,5
7,959
28,136
3,45
69
Desgl.
„
„
Mit
0,5
8,571
23,097
4,20
49
„
Doppelt
„
Ohne
0,5
20,664
21,178
4,58
55
„
Einfach
Mit
„
0,5
11,503
30,879
4,64
52
„
Doppelt
Ohne
Mit
0,5
20,791
18,942
5,12
60
„
P]infach
Mit
„
0,5
11,932
18,747
5,17
32
„
Doppelt
„
Ohne
0,5
26,022
17,373
5,58
156
Mit erhitz-tem Oel imMantel
„
„
„
0,1875
19,780
13,088
–
35
Ohne Mantel
„
„
Mit
0,5
25,712
15,272
6,35
137
Mit Mantel
„
„
Ohne
0,5
30,493
13,925
6,96
121
Desgl.
„
„
„
0,1875
20,137
12,878
7,53
152
„
„
„
Mit
0,0625
12,803
9,435
10,22
Freytag.