Titel: | Die Erfindungsthätigkeit im J. 1896. |
Autor: | Mg. |
Fundstelle: | Band 303, Jahrgang 1897, S. 256 |
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Die Erfindungsthätigkeit im J. 1896.
Die Erfindungsthätigkeit im J. 1896.
Die Erwartung, dass durch Einführung des Gebrauchsmusterschutzgesetzes eine
Entlastung des Patentschutzgebietes eintreten würde, hat sich nicht bestätigt. Nach
wie vor hat die Ziffer der Patentanmeldungen eine Steigerung erfahren, und zwar
ungleich beträchtlicher als in den Vorjahren. Es hat sich somit die Annahme als
irrthümlich erwiesen, dass die kleineren Erfindungen nicht mehr durch Patent,
sondern als Gebrauchsmuster zu schützen versucht werden würden. Mag auch die
gesteigerte Thätigkeit der industriellen Betriebe während der letzten Jahre einen
nicht unerheblichen Einfluss auf die vermehrte Frequenz der Patentnachsuchungen
ausgeübt haben, so weist doch die Verhältnissziffer der Patentnachsuchungen zu den
Patentertheilungen, also gewissermaassen die Qualitätsziffer der
Erfindungsthätigkeit, unbedingt nach, dass die Steigerung der Patentanmeldungen
wesentlich durch sogen. kleine oder schwache Erfindungen verursacht ist, welche
sogar vor der jetzt keineswegs so ausserordentlich strengen Vorprüfung nicht mehr zu
bestehen vermochten.
Die folgenden Ziffern, welche in der soeben erschienenen Statistik des kaiserlichen
Patentamtes für das Jahr 1896 veröffentlicht sind, werden die gekennzeichnete
Anschauung wahrscheinlich machen.
Die Ziffer der Patentanmeldungen stieg von 15063 im J. 1895 auf 16486 im J. 1896. Der
Zuwachs von somit 1423 Anmeldungen im Jahr ist der stärkste seit Bestehen des neuen
Patentgesetzes, denn der bisherige Zuwachs betrug nur im J. 1895: 97, 1894: 699,
1893: 1139, 1892: 1207.
Die Zahl der bekannt gemachten Anmeldungen und der dann thatsächlich ertheilten
Patente hat mit der Zunahme der Anmeldungen nicht Schritt gehalten, ist vielmehr
nicht unbeträchtlich gesunken.
Die Zahl der bekannt gemachten Anmeldungen betrug im J. 1896: 6205 (gegen 6112 im
Vorjahr), während nur 5410 Patente (gegen 5720 im Vorjahr) ertheilt wurden. Die Zahl
der nach der Auslegung seitens der Abtheilungen, zumeist in Folge von Einsprüchen
zurückgewiesenen Anmeldungen betrug 1896: 228, 1895: 236. Die Restziffer führte
nicht zur Patentirung, weil die Anmelder ihre Gesuche selbst zurückzogen, dieselben
also den Aufwand der fälligen Steuer nicht für werth hielten.
Die Zahl der am Jahresschlusse noch in Kraft befindlichen Patente stieg von 18057 aus
1895 auf 18486, eine geringe Ziffer, wenn man die auf Grund von 203699 Anmeldungen
seit 1877 ertheilten 90750 Patente in Vergleich zieht. Die Mehrzahl der Patente
erlischt wegen Nichtzahlung der Patentgebühren, deren Aufwendung also nicht lohnt,
während die Ziffer der auf Antrag vernichteten oder zurückgenommenen Patente nur
gering ist; dieselbe betrug 1896 : 32, 1895 : 18, für die Zeit von 1877 bis 1896
insgesammt 392.
Betheiligung einzelner Industriezweige an der Patentirung von
Erfindungen.
Industriezweig
Patent-
Er-theilungen
Löschungen
Anmeldungen
Ertheilungen
1895
1896
1985
1986
von 1877 bis 1896
1) Bergbau und Hüttenwesen (Kl. 1, 5, 18, 40)
222
199
95
88
2031
1638
2) Metallbearbeitung (Kl. 7, 31, 48, 49, 67, 68, 69,
87)
1008
1003
430
402
7128
5665
3) Kraftmaschinen, Dampfkessel, Regulatoren und
Maschinen- elemente (Kl. 13, 14, 46, 47, 60, 88)
1140
1307
341
410
8408
6962
4) Bekleidungsindustrie (Kl. 3, 8, 25, 29, 41, 52, 71, 76,
86)
1236
1247
501
497
7941
6257
5) Nahrungs- und Genussmittel (Kl. 2, 6, 17, 23, 50, 53,
66, 79, 89)
925
979
376
317
5226
4969
6) Hochbau, Heizung und Beleuchtung (Kl. 4, 10, 26, 27, 36,
37)
1280
1458
279
289
5947
4974
7) Chemische Industrie (Kl. 12, 16, 22, 62, 75, 78)
973
974
522
424
4778
2483
8) Vervielfältigende Künste, Schreib- und Zeichenwaaren
(Kl. 11, 15, 57, 70)
595
644
271
229
3899
3206
9) Papiererzeugung (Kl. 54, 55)
237
242
86
118
1466
1056
10) Beförderungsmittel (Kl. 19, 20, 56, 63, 65, 81)
1690
2465
506
529
7692
6232
11) Elektrotechnik (Kl. 21)
666
713
254
211
3327
2549
12) Gesundheitspflege (Kl. 30)
315
331
113
137
1331
1024
13) Thon- und Glasindustrie (Kl. 32, 80)
348
392
110
122
1830
1394
14) Instrumente und Uhren (Kl. 42, 83)
613
586
312
274
4525
3779
15) Landwirthschaft (Kl. 45)
494
503
232
188
3322
2763
16) Haus- und Handgeräthe (Kl. 33, 34, 44)
1009
1036
300
285
5637
4946
17) Holzindustrie (Kl. 38, 39, 43)
215
257
101
73
1833
1489
18) Musikalische Instrumente (Kl. 51)
190
196
87
96
1705
1435
19) Wasserhebung (Kl. 59)
93
107
37
38
823
697
20) Schusswaffen (Kl. 72)
199
210
107
121
1734
1296
21) Wasserbau und Wasserleitung (Kl. 84, 85)
222
231
95
83
1484
1185
Uebersicht der erloschenen
Patente nach den Abstufungen der Jahresgebühr für die Zeit vom 1. Juli 1877
bis 31. December 1896.
1.Betrag
derJahresgebührMark
2.Die nebenbemerkteGebühr ist
fälliggeworden fürPatente
3.Wegen Nichtzahlung der
neben-bemerkten Gebühr sind erloschen
im Schutzjahr
Patente
30
90242
1
4859
50
76845
2
18192
100
54914
3
20643
150
30990
4
9913
200
18795
5
4879
250
12231
6
2681
300
8439
7
1658
350
6062
8
1042
400
4472
9
714
450
3409
10
498
500
2635
11
375
550
2007
12
280
600
1511
13
240
650
1056
14
155
700
752
15
187
In Spalte 2 weicht die erste Zahl 90242 von der festgestellten Zahl der ertheilten
Patente mit 90750 um 508 ab. Dieser Unterschied erklärt sich daher, dass in
Uebersicht I die in Reichspatente umgewandelten früheren Landes patente – insgesammt
882 – enthalten sind, von denen für 508 im ersten Schutzjahre bereits eine höhere
Gebühr als 30 M. fällig war, und welche aus diesem Grunde an erster Stelle nicht
mitgezählt werden durften.
In Spalte 2 sind die 7943 ertheilten Zusatzpatente nach der bisherigen Uebung
mitgezählt, in Spalte 3 dagegen nicht.
Beschwerden-Statistik.
1) Die auf Grund des § 26 des Patentgesetzes vom 7. April 1891 im J. 1892 erhobene
und am Schlusse des Jahres 1895 noch nicht erledigt gewesene Beschwerde ist
abgewiesen worden.
Von den im J. 1893 erhobenen und am Schlusse des Jahres 1895 noch nicht erledigt
gewesenen 4 Beschwerden führten 1 zur Zurückweisung, 2 nach Bekanntmachung zur
Patentertheilung, 1 befindet sich zur Zeit noch im Geschäftsgange.
Von den im J. 1894 erhobenen Beschwerden waren am
Schlusse des Jahres 1895 noch
31
Beschwerden
im Geschäftsgänge.
Hiervon führten
zur Zurückweisung in die I. Instanz
1
zur Zurückweisung
10
nach Bekanntmachung zur
Patent- ertheilung
12
nach Bekanntmachung zur Ver- sagung
2
zurückgezogen wurde
1
–––––
sind
26
„
––––––––––––––––––
Die verbleibenden
5
Beschwerden
sind zur Zeit noch im Geschäftsgange.
2) Im J. 1895 sind bei dem kaiserlichen
Patentamte
2030
Beschwerden
eingegangen.
Hiervon gehen ab
119
„
welche entweder zurückgezogen, als unzu-lässig verworfen
wurden oder mangels Zah-lung der Gebühr als nicht erhoben
gelten.
––––––––––––––––––
Es gelangten mithin zur geschäftlichen
Behandlung
1911
Beschwerden
von welchen zur Zeit noch
50
„
im Geschäftsgange sind.
––––––––––––––––––
Von den erledigten
1861
Beschwerden
wurden 1496 vor Bekanntmachung der Anmeldung und
365nach Bekanntmachung der Anmeldung erhoben.
Von den 1861 Beschwerden sind
a) ganz oder theilweise anerkannt
553
b) zurückgewiesen
1258
c) zur Zurückverweisung in die 1. Instanz führten.
26
d) es verbleiben
24
–––––
1861
Von allen Beschwerden führten somit 67,60 Proc. zur Abweisung.
Als ein bedenkliches Zeichen der steigenden Geschäftsüberlastung des Patentamtes muss
der Umstand gelten, dass am Jahresschlusse noch 10120 Patentsachen unerledigt waren,
während die bezüglichen Ziffern im J. 1895 : 1190 und 1894 : 153 waren.
Die Betheiligung der Industrie an der Patentertheilung lässt sich nur annähernd durch
die Zahl der Einsprüche beurtheilen. Dieselbe ist ziemlich stabil. Sie betrug 1896 :
1165 und richtete sich gegen 897 Patentanmeldungen, während sie 1895 : 1178 war und
sich auf 894 Anmeldungen bezog. Auf Grund der Einsprüche wurden 1896 : 215 und 1895
: 219 Anmeldungen zurückgewiesen.
Gebrauchsmuster. Die Entnahme des Gebrauchsmusterschutzes
ist weiterfort im Steigen begriffen. Die Zahl der Schutzgesuche stieg von 9066
(1892) auf 11354 (1893), 15259 (1894), 17399 (1895) und 19090 im Berichtsjahre. Auf
die einzelnen Industriezweige, zur Gegenüberstellung mit der Patentnachsuchung,
vertheilt sich diese Zahl nach Maassgabe folgender Uebersicht:
Betheiligung einiger Industriezweige an der Nachsuchung des
Gebrauchsmusterschutzes.
Industriezweig
Gebrauchsmusteranmeldungen
1895
1896
1891–95
1) Bergbau und Hüttenwesen (Kl. 1, 5, 18, 40)
54
46
178
2) Metallbearbeitung (Kl. 7, 31, 48, 49, 67, 68, 69,87)
1048
1204
4984
3) Kraftmaschinen, Dampf- kessel, Regulatoren,
Ma- schinenelemente (Kl. 13, 14, 46, 47, 60, 88)
722
768
3154
4) Bekleidungsindustrie (Kl.3, 8, 25, 29, 41, 52, 71, 76,
86)
1883
1802
7522
5) Nahrungs- und Genuss- mittel (Kl. 2, 6, 17, 23,
50, 53, 66, 79, 89)
592
696
2549
6) Hochbau, Heizung und Be- leuchtung (Kl. 4, 10,
26, 27, 36, 37)
1848
2008
7512
7) ChemischeIndustrie(Kl.12, 16, 22, 62, 75, 78)
103
130
443
8) Vervielfältigende Künste, Schreib- u.
Zeichenwaaren (Kl. 11, 15, 57, 70)
850
958
3957
9) Papiererzeugung (Kl. 54, 55)
472
581
1905
10) Beförderungsmittel (Kl. 19, 20, 56, 63, 65, 81)
1520
1950
5923
11) Elektrotechnik (Kl. 21)
422
490
1771
12) Gesundheitspflege (Kl. 30)
624
666
2469
13) Thon- und Glasindustrie (Kl. 32, 80)
198
242
738
14) Instrumente und Uhren (Kl. 42, 83)
718
792
2976
15) Landwirthschaft (Kl. 45)
682
784
2944
16) Haus- und Handgeräthe (Kl. 33, 34, 44)
2603
3042
13275
17) Holzindustrie (Kl. 38, 39, 43)
202
234
959
18) Musikalische Instrumente (Kl. 51)
309
322
1392
19) Wasserhebung (Kl. 59)
100
82
342
20) Schusswaffen (Kl. 72)
129
164
553
21) Wasserbau und Wasserlei- tung (Kl. 84, 85)
250
235
996
Bemerkenswert bleibt die geringe Ziffer der gegen Verfügungen der Anmeldestelle für
Gebrauchsmuster erhobenen Vorstellungen. Dieselbe beträgt nur 5, von denen 2
anerkannt wurden.
In der Zeit von 1891 bis 1896 wurden von Gebrauchsmustern gelöscht wegen Zeitablaufs
17356, wegen Verzichts oder in Folge Urtheils 676. Dagegen wurden 3844 durch
Nachzahlung von 60 M. verlängert und 1435 übertragen.
Die Antheilnahme der einzelnen Landestheile und Staaten an
der Nachsuchung von Patenten und Gebrauchsmusterschutz hat keine
wesentlichen Aenderungen erfahren.
Auf Preussen fallen im J. 1896 : 2229 Patente (gegen 2407 in 1895) und 37563 für die
Zeit von 1877 bis 1896. Am Gebrauchsmusterschutz ist Preussen betheiligt 1895 mit
10008, 1896 mit 10398, seit 1877 bis 1896 mit 40180 Nummern.
Berlin allein hatte 1896 : 658 Patente (gegen 658 in 1895), seit 1877 : 10818; an
Gebrauchsmustern 1896 : 3194, 1895 : 3026 Nummern.
Bayern war betheiligt 1896 mit 252 Patenten und 1566 Gebrauchsmustern gegen 317
bezieh. 1244 in 1895; Sachsen 1896 mit 434 Patenten und 2312 Gebrauchsmustern gegen
443 bezieh. 2013 in 1895; Württemberg mit 92 Patenten und 613 Gebrauchsmustern,
gegen 101 bezieh. 544 in 1895.
Patente
Gebrauchs-muster
1895
1896
1895
1896
Auf das Deutsche Reich fielen
3821
3488
16151
17492
„ Belgien
77
64
42
26
„ Frankreich
254
221
69
73
„ England
457
410
187
204
„ Italien
32
43
15
33
„ Oesterreich-Ungarn
269
271
371
431
„ Russland
49
65
25
39
„ Schweden und Norwegen
75
85
7
21
„ die Ver. Staaten Amerikas
466
535
278
499
Die Einnahmen des Patentamtes sind von 3416833 M. in
1895 auf 3747865 M. in 1896 gestiegen. Dieselben setzen sich unter anderem zusammen
aus 326000 M. Patentanmeldegebühren, 40000 M. Beschwerdegebühren, 2711960 M.
Patentjahresgebühren, 266485 M. Gebrauchsmusteranmeldegebühren, 106440 M.
Verlängerungsgebühren, 259920 M. Waarenzeichenanmeldegebühren.
An Ausgaben stehen 1622024 M. verzeichnet, und zwar 1225294 M. Besoldungen und 247876
M. zur Herstellung der amtlichen Veröffentlichungen.
Der vorhandene Ueberschuss muss als eine erhebliche Steuer der betheiligten
Industriezweige gelten.
Ueber den Verkehr des Publikums im Patentamte zur Einsicht der Auslagesachen sind
einige Angaben vorhanden. Danach verkehrten in den beiden Auslagehallen des
Patentamtes täglich im Durchschnitt 237 Personen (1895 : 214), von denselben wurden
eingesehen im J. 1896 : 56201 Patentanmeldungen, 88853 Gebrauchsmuster.
Mg.