Titel: | Maschinenelemente. |
Fundstelle: | Band 303, Jahrgang 1897, S. 200 |
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Maschinenelemente.
Mit Abbildungen.
Maschinenelemente.
I. Schrauben.
Ueber die Bestrebungen zur Einführung einheitlicher Grössen für Schrauben haben wir
wiederholt berichtet (vgl. 1894 293 109. 1896 301 71).
Ein eingehender Bericht über die Verhandlungen, betreffend Einführung einheitlicher
Gewinde von Befestigungsschrauben für die Feintechnik findet sich in der
Februar-Nummer, Jahrgang 1893, der Zeitschrift für
Instrumentenkunde, in der über die Sitzung vom 5. und 6. December 1892
berichtet wird. Wir müssen uns begnügen, an dieser Stelle auf die betreffende
Zeitschrift zu verweisen, und führen als Ergebniss der Berathungen über die
Gewindeform nur Folgendes an:
1) Gangform: Winkel von 53° 8', Abflachung innen und aussen je ⅛ der Ganghöhe.
2) Abmessung der Gewinde:
Durchmesser
Ganghöhe
Kernstärke
mm
mm
mm
10,0
1,4
7,9
9,0
1,3
7,05
8,0
1,2
6,2
7,0
1,1
5,35
6,0
1,0
4,5
5,5
0,9
4,15
5,0
0,8
3,8
4,5
0,75
3,375
4,0
0,7
2,95
3,5
0,6
2,6
3,0
0,5
2,25
2,6
0,45
1,925
2,3
0,4
1,7
2,0
0,4
1,4
1,7
0,35
1,175
1,4
0,3
0,95
1,2
0,25
0,825
1,0
0,25
0,625
Auch die Sociéé d'Encouragement hat sich mit der Aufgabe
beschäftigt, Einheitlichkeit herbeizuführen. Die darüber gepflogenen Unterhandlungen
und Feststellungen sind jedoch zum Abschluss noch nicht gekommen, da eine endgültige
Feststellung wohl einer internationalen Commission vorbehalten bleiben muss, und es
ist wohl anzunehmen, dass eine solche Feststellung auf der Weltausstellung von 1900
stattfinden wird. Darüber, dass eine recht baldige Lösung wünschenswerth und
nothwendig ist, sind wohl alle Betheiligten einig. Eine baldige Feststellung ist
aber um so erwünschter, als die Einführung des Metermaassystems in England und
Amerika ernstlich in Betracht gezogen wird. Zudem möchte einer definitiven
Einheitlichkeit ein principielles Hinderniss kaum noch im Wege stehen.
Ohne auf die Einzelheiten einzugehen, lassen wir hier eine tabellarische
Zusammenstellung folgen, wie sie von der Société
d'Encouragement auf Grund der Enquete im J. 1893/94 nach dem Bulletin, S. 10, zusammengestellt ist.
Scala in Millimeter. Gewicht von 1 m verschiedener Schrauben nach
Guettier.
Durch-messer in1/10
mm
Nummer
Gewicht in Gramm von 1 m Gewinde
Scala vonParis
Eisen
Kupfer
Messing
1
5 P
0,06
0,07
0,07
2
4 P
0,24
0,28
0,27
3
3 P
0,55
0,62
0,60
4
P P
0,97
1,11
1,06
5
P
1,52
1,73
1,66
6
1
2,19
2,49
2,39
7
2
2,98
3,39
3,25
8
3
3,90
4,42
4,24
9
4
4,93
5,60
5,37
10
5
6,09
6,91
6,63
11
6
7,37
8,36
8,02
12
7
8,77
9,95
9,55
13
8
10,29
11,68
11,20
14
9
11,93
13,55
12,99
15
10
13,70
15,55
14,91
16
11
15,58
17,69
16,90
17
11
17,59
19,97
19,16
18
12
19,72
22,39
21,48
19
12
21,97
24,95
23,93
20
13
24,35
27,65
26,52
21
13
26,84
30,48
29,23
22
14
29,46
33,45
32,08
23
14
32,20
36,55
35,07
24
15
35,06
39,81
38,18
25
15
38,04
43,20
41,43
26
15
41,15
46,72
44,81
27
16
44,37
50,38
48,32
28
16
47,72
54,19
51,97
29
16
51,19
58,13
55,75
30
17
54,78
62,20
59,66
31
17
58,49
66,42
63,70
32
17
62,33
70,77
67,88
33
17
66,29
75,27
71,19
34
18
70,36
79,90
76,63
35
18
74,56
84,67
81,20
36
18
78,89
89,57
86,61
37
18
83,33
94,62
91,45
38
18
87,89
99,80
96,42
39
19
92,58
105,12
101,52
40
19
97,39
110,58
106,06
41
19
102,32
116,18
111,43
42
19
107,37
121,92
116,93
43
19
112,55
127,79
122,57
44
20
117,84
138,81
128,33
45
20
123,26
139,86
134,23
46
20
128,80
146,25
140,26
47
20
134,46
152,68
146,43
48
20
140,24
158,24
152,73
49
21
146,15
164,95
159,16
50
21
152,17
172,79
165,72
51
21
158,32
179,77
172,41
52
21
164,39
186,89
179,24
53
21
170,98
194,14
186,20
54
22
177,49
201,54
193,29
55
22
184,13
209,07
200,52
56
22
190,88
216,74
207,88
57
22
197,76
224,55
215,36
58
22
204,76
232,50
223,99
59
23
211,88
242,69
230,75
60
23
219,13
248,81
238,64
61
23
226,49
257,18
246,66
62
23
238,98
265,68
254,81
63
23
241,59
274,32
263,10
64
24
249,32
283,10
271,51
65
24
257,17
292,01
280,07
66
24
265,14
301,07
288,75
67
24
273,24
310,26
297,57
68
24
281,46
319,59
306,51
69
24
289,79
329,06
315,60
70
25
298,26
338,66
324,81
71
25
306,84
348,41
334,16
72
25
315,54
358,29
343,63
Durch-messer in1/10
mm
Nummer
Gewicht in Gramm von 1 m Gewinde
Scalavon Paris
Eisen
Kupfer
Messing
73
25
324,37
368,31
353,25
74
25
333,32
378,47
362,99
75
25
342,38
388,77
372,87
76
26
351,58
399,21
382,88
77
26
360,89
409,78
393,02
78
26
370,32
420,50
403,29
79
26
379,88
431,35
413,70
80
26
389,56
442,34
424,24
81
26
399,36
453,46
434,91
82
27
409,28
464,73
445,72
83
27
419,32
476,13
456,66
84
27
429,49
487,68
467,73
85
27
439,77
499,36
478,93
86
27
450,18
511,17
490,26
87
27
460,71
523,13
501,73
88
28
471,36
535,23
513,33
89
28
482,14
547,50
525,06
90
28
493,03
559,83
536,93
91
28
504,05
572,34
548,93
92
28
515,19
585,99
561,06
93
28
526,45
598,78
573,32
94
29
537,83
611,70
585,72
95
29
549,34
624,76
598,25
96
29
560,96
637,96
610,91
97
29
572,71
651,30
623,70
98
29
584,58
664,78
636,63
99
29
596,57
677,40
649,68
100
30
608,86
691,15
662,88
101
30
620,92
705,04
676,20
102
30
633,27
719,07
689,66
103
30
645,75
733,24
703,25
104
30
658,35
747,55
716,97
105
30
671,07
761,99
730,82
106
30
683,92
776,58
744,81
107
30
696,88
791,30
758,93
108
30
710,97
806,16
773,18
109
30
723,18
821,16
787,56
110
31
736,51
836,29
802,08
120
32
877
995
955
130
33
1,029
1,168
1,120
140
34
1,193
1,355
1,299
150
35
1,370
1,555
1,491
160
36
1,558
1,769
1,697
170
37
1,759
1,997
1,916
180
38
1,972
2,239
2,143
190
39
2,197
2,495
2,393
200
40
2,435
2,765
2,652
Mittlere Dichtigkeit
7,75
8,80
8,44
II. Stopfbüchsen.
Eine Verbesserung an Stopfbüchsen ist H. Rosagnat in
Lyon durch das österreichische Privilegium vom 23. December 1895 geschützt, welche
dadurch gekennzeichnet ist, dass die, die Spindel dicht umschliessenden, aus
elastischem Material, wie Leder, Kork, Kautschuk o. dgl. bestehenden
Dichtungsscheiben die Stopfbüchse nicht vollständig, sondern nur derart ausfüllen,
dass unter oder über ihnen ein Hohlraum in der Stopfbüchse verbleibt, somit kann die
Elasticität des Dichtungsmateriales sich rings um die hindurchtretende Spindel frei
bethätigen, wie stark die Brille auch immer angezogen sein mag.
Die Vorrichtung soll sich besonders eignen für die durch eine Wand geführte Dichtung
an Wassermessern, da sie wenig Reibung verursacht.
Eine Metallstopfbüchse nach amerikanischem Muster theilt v.
Borries in Hannover mit. (Organ für Fortschritte
des Eisenbahnwesens.)
Die in seinen Reiseberichten erwähnte Stopfbüchse ist seither an einer grösseren
Anzahl von Locomotiven der preussischen StaatsbahnenD. p. J. 1894 292 * 181. zur Anwendung gelangt. Die
Liderung besteht aus einem oder aus zwei, zusammen 25 mm hohen Dichtungsringen,
welche einmal, oder wo nöthig zweimal schräg aufgeschnitten sind und durch eine
kräftige Spiralfeder in eine sie umgebende Hülse mit kegelförmigem Boden mittels
eines Druckringes hineingedrückt werden. Zwischen die Hülse und den
Stopfbüchsendeckel ist ein linsenartiger Ring mit einer ebenen und einer Kugelfläche
eingeschaltet, so dass die Hülse mit den Dichtungsringen den kleinen seitlichen
Bewegungen der Stange zwanglos folgen kann.
Die Dichtungsringe führen daher die Stange nicht, sondern stellen nur den
dampfdichten Abschluss her. Sie brauchen also nur mit geringem Drucke an der Stange
anzuliegen und sind der Abnutzung weit weniger ausgesetzt als diejenigen
Metalldichtungen, welche gleichzeitig als Führungen dienen. In Folge dessen halten
diese Dichtungsringe bei guter Ausführung nicht selten von einer Ausbesserung der
Locomotive bis zur nächsten aus. Die Stangen müssen aber von vorn herein genau
cylindrisch und blank sein. Wo diese Stopfbüchsen nicht lange hielten, fanden sich
in der Regel mangelhaft ausgeführte Stangen vor. Der Ersatz der Dichtungsringe ist
ihres geringen Gewichtes wegen sehr billig. Der Bewegungswiderstand der Stangen in
den Dichtungsringen ist gering.
Fig. 1 zeigt eine hintere
Kolbenstangenstopfbüchse mit zwei Ringen ohne Grundbüchse, Fig. 3 einen dazu
gehörigen Dichtungsring, welcher von einigen Werkstätten vorgezogen wird. Die
Dichtungsringe müssen ganz leicht zwischen Hülse und Stange hineingehen, damit bei
der Erwärmung durch den Dampf kein Klemmen eintritt. Sind, wie bei der
Schieberstangenstopfbüchse (Fig. 2) Grundbüchsen zur Führung der Stange vorhanden, so macht man diese
so lang, dass sie bis nahe vor den Druckring reichen, um bei etwa eintretendem
Klemmen ein Zurückgehen der Dichtungsringe zu begrenzen.
Textabbildung Bd. 303, S. 201
Stopfbüchse von Rosagnat.
Es ist zweckmässig, den Durchmesser der Hülsen am Boden um 2 mm grösser als den der
Stangen herzustellen, damit sich die Dichtungsringe nicht in den Zwischenraum
hineindrücken. Nöthigenfalls kann die Hülse hierfür einen getheilten Bodenring
erhalten. Zum dichten Anlegen der Dichtungsringe genügt anfangs ein sauberes
Zusammenpassen, später drücken sie sich auf der Kegelform des Bodens der Hülse der
Abnutzung entsprechend von selber weiter an; die Schnittfugen erhalten daher keine
messbaren Spielräume. Die Metallmischung für die Dichtungsringe muss weich genug
sein, um der Abnutzung zu folgen, aber auch hart genug, um ein Einklemmen zwischen
Hülse und Stange zu vermeiden. Hier wird eine Mischung aus 89 Th. Zinn, 7 Th.
Antimon und 4 Th. Kupfer verwendet. Vielleicht würde sich auch eine billigere
Bleimischung verwenden lassen, indess scheinen die Stangen in der Zinnmischung mit weniger Reibung
und sauberer zu laufen.
III. Form der Hebedaumen.
In der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen veröffentlicht der dipl. Ingenieur Alfred Haussner eine bemerkenswerthe Abhandlung über die Form der
Hebedaumen.
Die Hebedaumen werden bei den mannigfaltigsten Maschinen, die den verschiedensten
Verarbeitungsmethoden zu dienen haben, benutzt. Es sei nur erinnert an die
Stielhämmer, die Daumenrahmenhämmer, die der Zerkleinerung mehr spröder Körper
dienenden Pochwerke, die in neuester Zeit z.B. in der Papierfabrikation wieder zu
Ehren gekommenen Stampfwerke und an andere principiell ähnliche Verwendungen. Wo
immer dieselben gebraucht werden, hat man mit dem Arbeitsverluste zu rechnen, der
durch die Stosswirkung beim Anhübe bedingt ist. Und nicht bloss jener ist es, der
den Daumen als mangelhaftes, Bewegung übertragendes Mittel erscheinen lässt, sondern
vielleicht noch mehr die allgemeine Einwirkung dieses Stosses insbesondere auf die
benachbarten Theile der Maschine: Führungen u. dgl., wodurch bald ein klapperiger
Gang gegeben ist. Dazu tritt noch der Umstand, dass der Lärm bei derartigen
schnellgehenden Maschinen durch diesen Stoss sicher nicht geringer wird.
Es scheint danach unzweifelhaft, dass eine Anordnung, welche die hervorgehobenen
Mängel ganz oder doch zum Theile vermeiden lässt, nicht unwesentlich ist. Der
stossfreie Angriff der Hebedaumen ist nun immer, wenigstens theoretisch durch eine
besondere Form der Hebedaumen zu erzielen.
Eine beliebte Form für Hebedaumen ist die der Kreisevolvente. Die für Zahnstangen oft
ausgeführte Evolventenverzahnung ist dann für Hebedaumen angewendet und folgt daraus
wie bei allen richtigen Zahnformen, dass bei nahezu gleichförmiger Rotation der
Daumenwelle auch eine nahezu gleichförmige Aufwärtsbewegung des zu hebenden Körpers
erreicht wird. Dieser Umstand bedingt aber den Eintritt der Stosswirkung beim
Anhübe. Auch die archimedische Spirale ist, z.B. bei dem Schmerber'schen Hammer, vorgeschlagen worden und soll durch dieselbe ein
sanfteres Anheben erzielt werden. Später soll aber gezeigt werden, dass auch diese
für einen stossfreien Gang nicht geeignet ist.
Textabbildung Bd. 303, S. 202
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 303, S. 202
Fig. 5.
Textabbildung Bd. 303, S. 202
Fig. 6.
Textabbildung Bd. 303, S. 202
Fig. 7.
Textabbildung Bd. 303, S. 202
Fig. 8.
Ist nämlich in Fig. 4
B derjenige Punkt, etwa einer lothrecht geführten
Hammerstange AB, bei welchem der Angriff des
Hebedaumens von der beliebigen äusseren Form BE, d.h.
auch die Hebung beginnen soll, so wird im ersten Zeitdifferential dt bei dieser Daumenform ein Erheben um das Stück BD = ds der Hammerstange erfolgen. Hierbei gelangt dann
der Radius oB = ρ, sich um den Mittelpunkt o seiner Welle drehend, in die Lage oB1, während der um dg längere Daumenradius oC
in die Stellung oD kommt, dadurch eben die Hebung um
das Hubdifferential ds erzwingend. Dabei beschrieb er
den Winkel DoC = dφ und ist, wenn wir gleichförmige
Winkelgeschwindigkeit ω der Daumenwelle annehmen, dφ =ω . dt. Die beiden benachbarten Radien oB und oC des Daumens sind von einander durch einen von
dφ wesentlich verschiedenen Winkel dψ getrennt. Wird nun von Seite des Hammers bereits im
ersten Zeitdifferential ein Weg ds nach aufwärts
gemacht, so folgt nothwendig ds daraus, dass seine
Anfangsgeschwindigkeit v_0=\frac{d\,s}{d\,t} einen endlichen
Werth erhält, was nur durch eine Stosswirkung erreichbar ist.
Wollen wir also ohne Stoss den Angriff des Daumens beginnen lassen, so muss unbedingt
das erste Wegdifferential BD = o sein. Dies wird aber
dann erreicht werden, wenn die beiden unmittelbar benachbarten Daumenradien oB und oC gleich gross
sind, weil dann der Kreisbogen aus dem Mittelpunkte o
beschrieben und durch C gehend die Gerade AB, in welcher das Aufwärtsgehen stattfindet, in B schneiden wird, so dass dann wirklich BD = 0. Sollen aber die beiden benachbarten Radien oB und oC gleich gross
sein, so muss das erste Bogenelement BC senkrecht gegen
oB oder auch, es muss der zuerst angreifende
Daumenradius eine Normale der Daumenbegrenzung sein. Ist diese Bedingung nicht
erfüllt, so muss der Angriff mit Stoss geschehen. Besitzt nun bei einer Evolvente
der Evolutenkreis den Mittelpunkt o, oder hat die
archimedische Spirale für o als Ursprung die Gleichung
ρ = cψ, so ist die
Lage dieser Curven eine solche, dass der Bedingung für den stossfreien Angriff nicht
entsprochen werden kann. Je näher man aber mit irgend einer Daumenform dieser
Forderung kommt, desto sanfter wird der Anhub beginnen. Alle Daumenformen von
continuirlicher Krümmung, mögen sie sonst welche Form immer haben, für welche jedoch
der erste Angriffsradius mit einer Normalen zusammenfällt, so dass sie den aus ihrem
Umdrehungsmittelpunkte gezogenen und durch den Angriffspunkt des Daumens gehenden
Kreis berühren, werden stossfreies Anheben erzielen.
Dass es keinem Anstände unterliegt, Daumenformen derart zu krümmen, dürfte
allgemein zugegeben werden. Wie muss aber diejenige Fläche des zu liebenden Körpers,
nennen wir sie Angriffsfläche, beschaffen sein, an welcher der Daumen, während er
hebt, vorüberschleift? Würde der Daumen an einer Spitze oder Kante B gleiten, so wäre nichts weiter zu bemerken. Nun ist
das aber praktisch nicht durchführbar. Es ist vielmehr wünschenswerth, dass eine
recht innige Flächenberührung sich ergebe. Dann ist es aber jedenfalls nothwendig,
dass die Angriffsfläche die Verlängerung des Radius oB
ebenfalls als Normale erhalte, weil nur dann in B eine
Berührung erzielt wird. Wie die Form sonst aussieht, ist gleichgültig. Wählen wir
die Ebene senkrecht zu oB, so wäre dies oft am
einfachsten durchzuführen. Doch kann auch ganz gut eine andere, gekrümmte Fläche
genommen werden. Eine innigere Berührung, also auch ein Herabgehen des specifischen
Flächendruckes und der Abnutzung wird natürlich dann zu erwarten sein, wenn die
Krümmung der Flächen möglichst wenig verschieden ist. Eine Ebene wird in dieser
Hinsicht besser sein, als eine nach oben gekrümmte Angriffsfläche. Man wird sich
eben den sonstigen constructiven Verhältnissen anzubequemen haben. Die Ausführung
der Stelle B als Fläche im zu hebenden Körper bedingt
dann allerdings, dass während des Hubes nicht B
Berührungspunkt bleiben und der Angriff etwas seitlich von B geschehen wird. Doch ist dieser Umstand für den stossfreien Anhub
belanglos. Er hat nur insofern Einfluss, als er im Weiteren die Beschleunigung und
die Geschwindigkeit des Aufwärtsganges etwas beeinflussen wird. Doch ist dies für
die Praxis so geringfügig, dass die folgenden Erörterungen ganz gut unter der
Voraussetzung einer Spitze oder Kante B im zu hebenden
Körper vorgenommen werden können.
Es drängt sich nämlich die Frage heran, wie es denn mit dem Anhübe z.B. bei einem
Hammer bestellt ist, wenn dieser bereits etwas erhoben ruht, d.h. wenn z.B. ein
Körper zwischen Hammerbahn und Amboss sich befindet. Ist der Daumen gemäss den
vorgegebenen Erwägungen für den Fall ausgeführt, dass der Hammer von seiner
tiefstmöglichen Stellung ohne Stoss erhoben werden soll, so ist im Allgemeinen ein
stossfreier Anhub von einer etwas erhöhten Stellung aus niemals genau zu erwarten.
Es müsste nur ausführbar sein, dass man bei bestimmter Dicke des zu hämmernden
Körpers im weiteren Verlaufe des Daumenumfanges wieder ein entsprechendes, zum
zugehörigen Radius senkrechtes Bogenelement anbringen und zwischen diesem und dem
näher gegen die Achse o gelegenen einen allmählichen
Uebergang herstellen könnte. Nun ist aber wohl selten der Fall vorhanden, dass nur
Stücke von genau vorbestimmter Dicke gehämmert werden. Es wird sich daher eher
empfehlen, für eine mittlere Dicke der voraussichtlichen Arbeitsstücke die
Daumenform zu verzeichnen und nach beiden Seiten geeignete allmähliche Uebergänge
anzubringen, so dass für die Mehrzahl der Fälle ganz oder nahe stossfreier Anhub
erzielt wird.
Um dieser Forderung ziemlich sicher gerecht zu werden, ist nun die weitere Form des
Daumens nicht mehr ganz gleichgültig. Je langsamer die durch den Daumen ertheilte
Geschwindigkeit wächst, von der Geschwindigkeit Null ausgehend, desto
wahrscheinlicher wird es, dass die unvermeidlichen Stösse bei einem Beginn des
Hubes, welcher von dem der Construction zu Grunde gelegten wenig verschieden
ist, klein werden. Dies können wir erreichen, wenn wir die Hubbewegung z.B. zu einer
gleichförmig beschleunigten machen, die, wie später gezeigt, noch andere
beachtenswerthe Vortheile mit sich bringt. Unter dieser Bedingung, Annahme einer
constanten Beschleunigung und bestimmten Winkelgeschwindigkeit des Daumens, erhalten
wir auch eine bestimmte Daumenform. Sei γ diese
constante Beschleunigung nach aufwärts, ω die
unveränderliche Winkelgeschwindigkeit der Welle o in
Fig. 5, so finden wir die Gleichung des
Daumenumfanges bezogen auf das polare Coordinatensystem mit der Achse ox und dem Ursprung o in
folgender Weise. Beginnt der Angriff des Daumens BD in
B, wobei der Fahrstrahl oB
= ρ0, so wird
nach der Zeit t die Hebung des Punktes B nach C in der Richtung
AC ┴ ox bewirkt sein, wenn dabei der Fahrstrahl oD = ρ des Daumens, um den Winkel φ sich drehend, in die Lage oC gekommen ist. Die Polarcoordinaten für den allgemeinen Punkt D des Daumens sind ρ und
ψ. Dabei ist ψ + φ =
α, d.h. gleich dem Winkel, den der Fahrstrahl ρ in der angreifenden Lage mit der Coordinatenachse einschliesst. Der
durch den Daumen erzwungene Hub für diese Verhältnisse ist dann gleich BC = s. Sollen wir nun
eine gleichförmig beschleunigte Bewegung nach aufwärts erhalten, so muss
s=\gamma\,\frac{t^2}{2}
Aus dem rechtwinkligen Dreieck o
AC folgt
AC = √ρ2 – b2.
Nun ist aber s = BC= AC– AB, somit auch
s=\gamma\,\frac{t^2}{2}=\sqrt{\rho^2-b^2-a} . .
. (1)
Auch aus dem Dreieck oAC
entnehmen wir
cos\,\alpha=cos\,(\varphi+\psi)=\frac{b}{\rho} .
. . (2)
Nehmen wir nun gleichförmige Drehung mit der
Winkelgeschwindigkeit ω an, so ist, weil der Winkel CoD = φ in der Zeit t
beschrieben wird: φ = ωt, mit welchem Werth wir aus
Gleichung (2) erhalten:
\frac{b}{\rho}=cos\,(\varphi+\omega\,t) . . . .
. (3)
Aus Gleichung (1) und (3) können wir aber t eliminiren. Es folgt aus (1)
t=\sqrt{\frac{2}{\gamma}\,[\sqrt{\rho^2-b^2}-a].}
Setzen wir diesen Werth in die Gleichung (3), so folgt
\frac{b}{\rho}=cos\,\left(\psi+\omega\,\sqrt{\frac{2}{\gamma}\,[\sqrt{\rho^2-b^2}-a]}\right)
. . (4)
eine Gleichung zwischen den Coordinaten ρ und ψ des Daumens, also
dessen Gleichung selbst.
Die Polargleichungen der Spirale und der Evolvente stimmen hiermit nicht überein, wie
es wohl nach dem Früheren zu erwarten war.
Betrachten wir einen bestimmten Fall, bezieh. suchen wir eine den gestellten
Bedingungen genügende Daumenform. Dieselbe durch Rechnung nach Gleichung (4) zu
ermitteln, wäre keineswegs einfach. Zeichnerisch kommen wir weitaus bequemer aus
Ziel. Formen wir für diesen Zweck die Gleichung (4) etwas um, so bekommen wir
\frac{b}{\rho}=cos\,\alpha=cos\,\left(\psi+\sqrt{\frac{2\,\omega}{\gamma}}\,.\,s\right)
. (5)
Für die Durchführung der Construction wollen wir
geeignete Verhältnisse, z.B. für einen Hammer annehmen. Es sei die Tourenzahl in der
Minute n = 120 für die Daumen welle; daraus folgt die
Winkelgeschwindigkeit ω = 12,566 m. Der durch den
Daumen zu erzwingende Hub sei h = 0,05 m; die
Beschleunigung aufwärts γ = 28 m. Dann ist die Zeit t1 für diesen Hub
t_1=\sqrt{\frac{2\,h}{\gamma}}=\sqrt{\frac{2\,\times\,0,05}{2,8}}=0,06''.
Dabei erlangt der Hammer eine Geschwindigkeit
υ1= γt1 = 1,68 m.
Ist keine Prellung vorhanden, so steigt der Hammer vermöge
seiner lebendigen Kraft so weit aufwärts, bis durch die Arbeit der Schwere jene
aufgezehrt ist, braucht dazu die Zeit
t_2=\frac{v_1}{g}=\frac{1,68}{9,8}=0,17'', und steigt um die
Höhe
k_2=\frac{g\,{t_2}^2}{2}=\frac{v_1\,t_2}{2}=\frac{1,68\,\times\,0,17}{2}=0,143\mbox{
m}. Somit erreicht er im Ganzen einen Hub von
h + h2 = 0,05 + 0,143 = 0,193 m.
Frei fallend braucht er hierzu die Zeit
t_3=\sqrt{\frac{2\,\times\,0,193}{9,8}}=0,198''.
Die Gesammtschlagdauer beträgt also
t1 +
t2 + t3 = 0,06'' + 0,17'' +
0,198'' = 0,428''.
Da der Daumen eine Umdrehung in einer halben Secunde
vollzieht, sind die angenommenen Verhältnisse thatsächlich geeignet. Durch Benutzung
der Prellung könnte allenfalls die Schlagzahl auch verdoppelt werden: zwei Daumen,
für die Umdrehung zwei Schläge.
Wir wollen dem Verfasser auf seinen weiteren Untersuchungen nicht folgen, da diese
vorwiegend theoretische Verhältnisse betreffen. Als praktische Ergebnisse aus
denselben führen wir an: Mit einem geradflankigen Daumen wird nur ziemlich annähernd
eine gleichförmig beschleunigte Aufwärtsbewegung zu erzielen sein.
Die Daumenflanken können in der Praxis ganz gut nach Kreisen oder sogar gerade
geformt werden. Nach Kreisen geformte Daumen finden wir z.B. bei Schwanzhämmern
recht häufig. Doch sind diese kreisförmigen Daumen in den Radius übergehend gemacht,
oder, was für den Anhub dasselbe ist, die Daumen sind einfach die Verlängerung des
Halbmessers. Bei dieser Lage muss ein Stoss beim Anhub erfolgen. In Fig. 8 bedeute BE eine
solche eben geformte Daumenflanke, für die BE in B berührende Kreisflanke folgen dieselben unten
angegebenen Verhältnisse für den Hubbeginn. Die Bezeichnungen in Fig. 8 sind den analogen in den früheren Figuren
entsprechend gewählt. Besonders bemerkt werden mag, dass hier wesentliche
Vereinfachungen gegenüber Fig. 4 eintreten. Im
Zeitdifferential dt werde der Hub ds gemacht. Das unendlich kleine Dreieck BB1D ist geometrisch ähnlich mit oAB. Daraus folgt
\overline{B\,D}\,:\,\overline{B\,B_1}=\overline{o\,B}\,:\,\overline{o\,A}\mbox{
oder }d\,s\,:\,\rho_0\,.\,d\,\varphi=\rho_0\,:\,b,
somit
d\,s=\frac{{\rho_0}^2}{b}\,.\,d\,\varphi,
folglich auch
\frac{d\,s}{d\,t}=\frac{{\rho_0}^2}{b}\,.\,\frac{d\,\varphi}{d\,t}\mbox{
oder }v_0=\frac{{\rho_0}^2}{b}\,.\,\omega,
wobei ω die constante
Winkelgeschwindigkeit der Daumenwelle ist. Durch υ0 ist dann aber auch die lebendige Kraft
beim Anhub und damit ein Maasstab für die Grösse des Stosses gegeben. Wir sehen,
dass υ0 und damit auch
die Energie des Stosses abnimmt, wenn ρ0 gegenüber b möglichst klein wird. Das wird aber
erreicht, wenn ρ0
= b genommen, also der Angriffspunkt des Daumens in
derselben Höhe wie das Wellenmittel liegt. Das wird nun in der Praxis meist
eingehalten, um anderen Forderungen zu genügen, wie in Rittinger's Aufbereitung angegeben. Nicht bekannt ist dem Referenten, dass
hierüber schon theoretische Untersuchungen in der von ihm gezeigten Art gepflogen
wurden. Stoss muss aber auch bei diesem günstigsten Falle der Anordnung, abweichend
von der besprochenen, theoretisch richtigen vorkommen, bestimmt durch die
Geschwindigkeit υ0
= b . ω, was meist wegen
der Wellenstärken u.s.w. nicht unbedeutend ist.
Es dürfte sich also jedenfalls die vorstehend begründete Form mehr empfehlen. Wird
eine ebene Daumenflanke gewählt, so soll dann allerdings die Angriffsfläche etwas
gekrümmt sein, um gute Berührung jederzeit erhoffen zu können. Constructive
Schwierigkeiten dürften der Ausführung dieser eben vorgeschlagenen Daumenformen
keineswegs entgegenstehen.
Interessant ist es, zu untersuchen, was die Aenderung der Tourenzahl der Daumenwelle
zur Folge hat. Aus den Gleichungen (4) und (5) ersehen wir, dass die Daumenform so
lange ganz ungeändert bleibt, als das Verhältniss
\frac{\omega^2}{\gamma} dasselbe bleibt. Macht die
Daumenwelle also mehr oder weniger Touren, ändert sich also die
Winkelgeschwindigkeit ω, so muss dann auch y derart abgeändert werden, dass das Verhältniss
\frac{\omega^2}{\gamma} dasselbe bleibt, um ganz dieselbe
Daumenform wie früher verwenden zu können, es ist also die Beschleunigung dem
Quadrate der Winkelgeschwindigkeit proportional. Umgekehrt: Bei bestimmter
Daumenform wird die Aenderung der Winkelgeschwindigkeit der Daumenwelle eine
Aenderung der Beschleunigung des Hubes im quadratischen Verhältniss der
Winkelgeschwindigkeiten erzielen und damit die lebendige Kraft des Schlages
entsprechend beeinflussen, wobei die Schlagzeit bei entsprechend vorgesehener
Prellung nicht wesentlich geändert werden muss.
Wendet man die Daumenform für gleichförmige Beschleunigung nach aufwärts wirklich an,
so ist damit auch der Vortheil verknüpft, dass der Widerstand während des
Daumenangriffs constant bleibt. Ist M die angehobene
Masse, so ist dieser Widerstand W= M . γ, also wirklich
unveränderlich, wenn γ constant ist. Bezeichnet G das Gewicht der Masse M,
so wird
W=\frac{G}{g}\,.\,\gamma=G\,.\,\frac{\gamma}{g}.
Es wird also beim Aufwärtsgange nicht bloss das Gewicht G zu heben, sondern auch noch der
Beschleunigungswiderstand W zu überwinden sein. Dieser
kann sehr bedeutend werden; in dem zeichnerisch durchgeführten Beispiele ist γ = 28 m, es wird also W =
3 G, so dass also ein Widerstand ungefähr gleich dem
vierfachen zu hebenden Gewicht zu bewältigen sein wird. Bei grösserem γ, also noch rascherem Hub kann W verhältnissmässig noch viel bedeutender werden. Haben wir nur einen
Daumen auf der Welle, so wird nur während des Hubes ein gleichförmiger Widerstand, während des
anderen Theiles der Umdrehungszeit jedoch vollständige Entlastung eintreten. Etwas
ganz Analoges haben wir aber bei jeder anderen Daumenform auch und müssen wir bei
einer solchen noch den Arbeitsverlust durch Stoss mit in den Kauf nehmen. Durch
geeignete Abrundung des Daumenendes kann überdies plötzlichen Entlastungen jederzeit
vorgebeugt werden.
Dies führt uns darauf, womöglich eine Daumenform zu gewinnen, bei welcher der
Beschleunigungswiderstand allmählich bis zu einem Maximum zu- und dann wieder bis zu
Null abnimmt. Es ist dies in der That gar nicht schwer, wenigstens theoretisch,
durchführbar. Nehmen wir γ = γ0 . t2, d.h. proportional dem Quadrate der Zeit, wobei
γ0 die
Beschleunigung für t = 1'' bedeuten würde, so können
wir die parabolische Curve dieser Beschleunigung dann in einen congruenten Ast
übergehen lassen, welcher jene berührt, dem Maximum zueilt, dann wieder abnimmt und
allenfalls wieder in einem, dem vorigen congruenten parabolischen Ast allmählich dem
Nullwerthe für γ zustrebt. Die Ermittelung der
Gleichung für diesen Fall, sowie auch das Verzeichnen der Daumencurve ist wohl ohne
besondere Schwierigkeiten, doch erklärlicher Weise mit grösserem Aufwände an Linien
durchführbar.
Doch scheint es, als ob dies für den Zweck, für den praktischen Gebrauch, schon allzu
grosse Feinheiten wären. Eine plötzliche Belastung, bezüglich Entlastung mit dem
Gewichte G tritt doch ein, allerdings verursacht dies
allein einen weit geringeren Stoss, als im früheren Falle. Doch trifft es sich ja so
überaus häufig, sagen wir z.B. bei Pochwerken oder den sogen. Doppelschlägen der
Stahlschmieden, dass eine bedeutende Anzahl Daumen auf derselben Welle sich
befindet. Dann kann aber die Montirung ganz leicht derart geschehen – und geschieht
auch jetzt in der Regel – dass unmittelbar nach dem Auslassen eines Stempels ein
anderer angehoben wird, so dass man von dem erwähnten Mangel ganz absehen und doch
beinahe stossfreien Anhub erreichen kann. Dann werden die Vorzüge der entwickelten
Daumenform vollständig zur Geltung kommen.
(Schluss folgt.)