Titel: | Schulheizung mittels Gas. |
Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 84 |
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Schulheizung mittels Gas.
Schulheizung mittels Gas.
Die Erfolge, welche mittels der Gasheizung von Schulen erzielt worden sind, haben
Veranlassung zur Construction verschiedener Schulgasöfen gegeben, unter denen der
nachstehend beschriebene, der Firma J. G. Houben Sohn
Carl in Aachen patentirte, Beachtung verdient.
In vielen Fällen wird die Gasheizung die jetzt bestehenden Einrichtungen mit Vortheil
ersetzen oder ergänzen.
Billiger Betrieb. Was zunächst die Betriebskosten
betrifft, so betrug nach Reichard der durchschnittliche
Gasverbrauch von 14 an verschiedenen mit Gas geheizten Schulen beobachteten
Heizperioden etwa 4,4 cbm für das Cubikmeter geheizten Raum während der Heizperiode
vom 1. October bis 30. April. Die Heizung eines Schulraumes von 200 cbm Rauminhalt
während der 7 Wintermonate hat demgemäss im Ganzen durchschnittlich 880 cbm Gas
erfordert, was bei einem Gas-Selbstkostenpreis von 3 bis 4 Pf. für 1 cbm täglich 15
bis 20 Pf. beträgt. Zu bemerken ist, dass sämmtliche beobachteten Gasöfen mit
Frischluftkanälen verbunden waren.
Die niedrigen Betriebskosten verdankt der Gasofen dem Umstand, dass seine Wärmeabgabe
schnell regulirbar oder ganz abstellbar ist. Die Oefen brennen daher nur während des
Unterrichts, irgend eine Verschwendung von Brennmaterial findet also nicht statt. Da
der unten näher beschriebene Aachener Schulgasofen eine schnellere Heizwirkung zeigt
und mehr Wärme am Fussboden verbreitet als die bisherigen Schulöfen, so ist
anzunehmen, dass der Gasverbrauch bei diesem Ofen ein noch wesentlich geringerer
sein muss.
Schnelle Heilwirkung. Ein Hauptfactor, von welchem der
sparsame Betrieb und die genaue Regulirbarkeit der Zimmertemperatur wesentlich
abhängen, ist die schnelle Heizwirkung eines Ofens;
diese wird erreicht durch möglichst ausgiebige Verwerthung der strahlenden Wärme
sowie durch Vermeidung jedes die Heizwirkung verzögernden unnützen Ballastes an
Metall. In Folge dessen gibt der Ofen sofort nach dem Anzünden Wärme ab, in wenigen
Minuten übt er seine volle Heizwirkung aus und ist
ebenso rasch abstellbar.
Strahlende Wanne. Mittels eines emaillirten und eines
kupfernen polirten Reflectors (D. R. P.) wird die strahlende Wärme rings um den Ofen
auf den Fussboden und in die unteren Raumschichten gelenkt, sie erwärmt nur die in
ihren Bereich fallenden Gegenstände. Die beim Aachener Schulgasofen bestrahlte
Fläche ist etwa viermal so gross als diejenige der bekannten Reflectorgasöfen mit
einseitigem Reflector. Diese milde Wärmestrahlung ist
nicht intensiver als diejenige der allgemein gebräuchlichen Kohlenstubenöfen.
Es muss als ein Fehler bezeichnet werden, diese der natürlichen Erwärmung durch die
Sonne entsprechende Heizquelle nicht als solche auszunutzen.
Der sanitäre und ökonomische Vorzug der Reflectoröfen vor Luftheizungsöfen ist durch
Versuche mehrfach festgestellt worden, so u.a. von Dr. Schilling in München (vgl. Schilling's
Gasjournal, 1889), dessen Versuche ergaben, dass ein
Luftheizungsgasofen bei einer Wärmeerzeugung von 21° an der Zimmerdecke am Fussboden
nur 12° Wärme erzeugte, während ein Aachener Reflectorofen bei 21° an der
Zimmerdecke 18° Wärme am Fussboden ergab.
Ventilation. Nach Abgabe der strahlenden Wärme ziehen
die Verbrennungsproducte durch einen oberhalb der Reflectoren angeordneten
Doppelcylinder, in welchem dieselben, soweit als rationell und ohne Schädigung der
Zugkraft möglich, abgekühlt werden und als Luftheizung wirken. Durch eine diesem
Ofen eigenthümliche Einrichtung wird eine kräftige Circulation der Zimmerluft durch
das Innere dieses Doppelcylinders hervorgebracht. Der Ofen besitzt zwei Ventilationsschächte. Die im Doppelkonus des
inneren Ventilationsschachtes erwärmte Luft zieht mit grosser Geschwindigkeit durch
das auf den Konus aufgesetzte innere Rohr und übt eine saugende Wirkung auf die
seitlich eintretende Luft des äusseren Ventilationsschachtes aus, wodurch der
Luftdurchzug durch letzteren wesentlich beschleunigt wird. Der innere
Ventilationsschacht kann mit einem Frischluftkanal verbunden werden; die so
entstehende Ventilation kann mittels eines Schiebers in Circulation umgestellt
werden.
Billige Anlage und Unterhaltung. Die Anlagekosten einer
Schulheizung mittels des Aachener Schulgasofens, bestehend aus den Oefen, der
Gasleitung und den Abzugsleitungen in vorhandene Schornsteine, betragen bei
grösseren Anlagen annähernd 90 M. für 100 cbm Heizraum. Da sich in diesem Ofen kein
Condenswasser bildet und derselbe im Innern vor dem Durchrosten geschützt ist, so
ist derselbe von unbeschränkter Dauerhaftigkeit. Sollte sich der eine oder andere
Gasofen als zu klein erweisen, so kann er leicht gegen eine grössere Nummer
umgetauscht werden.
Betriebssicherheit. Die Gasheizung ist unabhängig vom
schwächeren oder stärkeren Kaminzug, sie wird daher von ungünstiger Windrichtung
nicht beeinflusst.
Einfache, gefahrlose Handhabung. Als Vorzug ist ferner
hervorzuheben, dass der Gasofen keines geschulten Bedienungspersonals bedarf; das
Reguliren geschieht zweckentsprechend vom Lehrer, da derselbe durch einfaches Drehen
eines Hahnes die Temperatur des Raumes genau zu reguliren vermag.
Das Anzünden des Aachener Schulgasofens wird durch eine verschlossene Zündvorrichtung
(D. R. G. M.) bewirkt, welche Gewähr für richtige Handhabung, sowie dafür bietet,
dass kein Unfug seitens, der Schüler damit getrieben werden kann. Sie verhindert das
Eröffnen des Haupthahns, so lange der Zündhahn geschlossen ist, und bewirkt den
selbsthätigen Schluss beim Oeffnen des Haupthahnes.
Sanitäre Vorzüge. Eine Luftverschlechterung durch
Kohlenoxyd ist bei der Heizung mittels des Gasofens ausgeschlossen, da dieses Gas
bei der Verbrennung in diesem Ofen überhaupt nicht erzeugt wird, ebenso wenig findet
eine Verunreinigung der Luft durch Rauch, Russ, Kohlentheilchen oder Staub statt.
Der Ofen hat fast nur senkrechte glatte Flächen, daher lagert sich nur wenig Staub
auf demselben ab; der Ofen kann leicht und rasch aus einander genommen, gereinigt
und wieder zusammengesetzt werden.
Selbsthätige Wärmeregulirung. Durch Einschalten eines
neuen exact arbeitenden selbsthätigen Wärmereglers (D. R. P.) in die Gasleitung vor
dem Ofen kann die Temperatur des geheizten Raumes selbsthätig stets auf
gleicher Höhe erhalten werden.
Eine grössere Anlage mit diesen Oefen ist in Ausführung begriffen. Die Realschule zu
Barnbeck (Hamburg) wird ganz mit Aachener Gasschulöfen geheizt werden.
Wie sehr sich die Heizung mittels Gas in den deutschen Städten einbürgert, erhellt
auch, wie der Gastechniker mittheilt, aus dem Umstände,
dass von den sogen. Karlsruher Gasschulöfen, deren Construction von Director Reichardt und Prof. Meidinger herrührt, bereits etwa 1600 Stück von den Warsteiner Gruben- und Hüttenwerken in Westfalen gebaut
und installirt worden sind. Hiervon sind speciell für Schulen an diverse deutsche
Städte bis jetzt etwa 913 Stück geliefert worden. Neuerdings soll nun auch die im
Bau begriffene Realschule in Hamburg-Eilbeck ausschliesslich mit Gas geheizt und zu
diesem Behufe mit 40 Stück der oben erwähnten Oefen versehen werden. Ebenso werden
zur Zeit im Neubau der preussischen Pfandbriefbank in Berlin etwa 60 meist in
eleganter Ausstattung ausgeführte Regenerativkaminöfen von Friedr. Siemens aufgestellt.