Titel: | Erklärung von G. Lunge. |
Autor: | G. Lunge |
Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 94 |
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Erklärung von G. Lunge.
Erklärung von G. Lunge.
Dr. A. Harpf veröffentlicht in diesem Journal eine
längere Auslassung zu meiner von ihm selbst veranlassten Kritik seiner Abhandlung
über die Darstellung von Schwefeldioxyd in Sulfitstoffabriken. Da hierbei kein
einziger irgend wesentlicher Punkt meiner Kritik widerlegt oder auch nur erschüttert
worden ist, vielmehr viele meiner Ausstellungen theils ausdrücklich als richtig
anerkannt, theils in wortreichen Umschreibungen indirect zugestanden werden, und die
noch aufrecht erhaltenen Dinge den Kern meiner Kritik gar nicht treffen, so
verzichte ich auf eine Antwort und überlasse es dem Leser, sich nach Kenntnissnahme
von meiner eigenen Arbeit ein Bild von der Sachlage zu machen (vgl. Zeitschrift f. angew. Chemie, 1896 65 und 157). Ich
nehme hier das Wort nur zur Beleuchtung der mir von Harpf zugeschriebenen „Flüchtigkeiten“. Auf weitere Polemik in
dieser Sache werde ich mich aber nicht einlassen.
Wenn Harpf mit liebevoller Breite auf meinem
Eingeständnisse beharrt, dass mir eigene Kenntniss des Betriebes der
Sulfitstoffabrikation abgeht, so stösst er offene Thüren ein, übersieht aber, dass
dies um so zweckloser ist, als ich mir nirgends erlaubt habe, über Dinge zu reden,
welche
ausserhalb meiner Competenz liegen. Dass er dabei die Verantwortlichkeit für meine
angeblich aus jener Unkenntniss folgenden Behauptungen ablehnen zu sollen glaubt,
streift stark an das Humoristische, denn eine Verantwortlichkeit für meine
Behauptungen Herrn Harpf zuzuschreiben, wird wohl
Niemandem einfallen.
Ich soll „todtgeschwiegen“ haben, dass Harpf die
von mir angeführten besseren Constructionen von Schwefelöfen selbst citirt habe.
Hier wird aber der Schein für die Wahrheit genommen. In Harpf's Aufsatz heisst es da, wo er anfängt von den Oefen zu reden, ganz
allgemein (S. 3 seines Separatabdruckes): „Die Oefen, welche zur Erzeugung der
schwefligen Säure aus dem Schwefel benutzt werden, sind sehr einfach
eingerichtet. Sie bestehen aus gusseisernen Pfannen, welche auf gemauerten
Pfeilern aufruhen und in welche entweder mittels eines Fülltrichters oder durch
Einwerfen mittels Schaufeln durch eine vorn angebrachte Ofenthür der Schwefel
eingetragen wird. Die äusserst einfache Art des Betriebes ist damit bereits
gekennzeichnet. In der Papierzeitung, 1894 Nr. 35,
46, 57 und 63, sind verschiedene solcher Schwefelbrenner
genau gezeichnet und beschrieben“. Die von mir im Druck
hervorgehobenen Worte können nur besagen, dass die in der Papierzeitung beschriebenen Oefen sämmtlich zu der von Harpf mit klaren Worten wie oben beschriebenen einfachen und unvollkommenen Art gehören, und meine Verweisung darauf, dass die Papierzeitung gerade die besseren Constructionen
ebenfalls wiedergibt, war demnach unbedingt nöthig. Wer von uns hat hier
„todtgeschwiegen“ oder „flüchtig gelesen“?
Ich soll ferner übersehen haben, dass Harpf die von mir
citirten Angaben des Dr. A. Frank ebenfalls angeführt
habe. Aber leider trifft dies auf die einzige bei der vorliegenden Frage in Betracht
kommende Angabe, nämlich die über den Procentgehalt der Röstgase an SO2, nicht zu.
Beim Malétra-Ofen endlich dreht Harpf die Sache so, dass
der Leser, dem nur sein Aufsatz vorliegt, glauben könnte, er habe Recht und ich
Unrecht. Nun habe ich aber Harpf mit dürren Worten
nachgewiesen, dass er (S. 42 seiner Arbeit) die Versuche von Scheurer-Kestner in einer den Leser geradezu irreführenden Art citirt. Er
lässt nämlich den ein einziges Mal gefundenen abnorm hohen Gehalt der Röstgase an
SO3 in Malétra-Ofengasen durch alleinige
Anführung desselben als normal erscheinen; was schlimmer ist, er verschweigt, dass
Scheurer-Kestner sowohl den mittleren als den
Maximalgehalt an SO3 in den Malétra-Gasen nur ganz
unbedeutend höher als in Stückofengasen gefunden hat (3,5 bezieh. 9,3 gegenüber 3,1
bezieh. 8,4 Proc. des Gesammtschwefels); und was das schlimmste ist, er beruft sich
auch jetzt noch darauf, dass er an einer anderen Stelle den Mittelgehalt der
Stickofengase richtig = 3,1 Proc. SO3 angegeben
habe. In dieser Zusammenstellung des mittleren SO3-Gehaltes bei Stückkiesöfen mit dem Maximalgehalte bei Malétra-Gasen liegt eine
entschiedene Irreführung des Lesers, nicht mehr eine blosse Flüchtigkeit.
Gegenüber diesen Dingen, gegenüber dem Umstände, dass Harpf nie die angeblich umständliche (in Wirklichkeit äusserst einfache)
Nachweisung von SO3 in den Röstgasen versucht hat,
und gegenüber der Thatsache, dass seine praktischen Erfahrungen mit dem Malétra-Ofen
sich ausschliesslich auf die ganz abnorm arbeitenden gemischten Zinkeisenerze
beschränken, können wir seine lange theoretische Deduction über die Möglichkeit der
SO3-Bildung nach meinen eigenen Versuchen, sowie
nach denen des „Meister Plattner“, die zu
bestreiten keinem Menschen eingefallen ist, als völlig irrelevant bei Seite
lassen.
So bleibt von allen Vorwürfen Harpf's nur noch der
übrig, dass ich, bei meiner durchaus richtigen Behauptung, Harpf führe nirgends stärkere als 4procentige Röstgase an, auch das Brüngger-Verfahren erwähnte, bei dem er allerdings die
Procente an SO2 im Gase gar nicht angibt. Das ist
die Maus, welche der Berg geboren hat.
Zürich, 27. Juni 1896.