Titel: | Ueber die Zusammensetzung des in Erdöllampen sich bildenden Gasgemisches und den Entflammungspunkt des Erdöls. |
Autor: | H. Kast, F. Rose |
Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 88 |
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Ueber die Zusammensetzung des in Erdöllampen sich
bildenden Gasgemisches und den Entflammungspunkt des Erdöls.
Von H. Kast und F. Rose.
Ueber die Zusammensetzung des in Erdöllampen sich bildenden
Gasgemisches u.s.w.
Mit dem Jahre 1883 ist Deutschland in die Reihe derjenigen Staaten eingetreten, in
welchen für das im Handel vorkommende Erdöl ein bestimmter Entflammungspunkt
gesetzlich festgelegt wurde, welcher nicht unterschritten werden darf, wenn das
betreffende Product nicht mit besonderen, im Gesetz vorgeschriebenen Signaturen
versehen ist. Dieser Entflammungspunkt ist in Deutschland durch das Reichsgesetz vom
24. Februar 1882 zu 21° normirt worden; derselbe Entflammungspunkt gilt auch in
Oesterreich, in England beträgt er 22,8°, in Russland 28°, jeweils bestimmt mit dem
Abel'schen Erdölprüfer. In der SchweizNach gefälliger Mittheilung von Prof. Dr. Lunge. bestehen Vorschriften
bezüglich des Entflammungspunktes nur in vier Cantonen, und zwar ist derselbe in St.
Gallen, Luzern und Zürich zu 23°, in Basel-Stadt zu 25° fixirt. In Frankreich
bedient man sich zur Flammpunktsbestimmung noch des Apparates von Granier, welcher gegenüber dem Abel-Apparate etwa 6,5
bis 8,5° höher liegende Resultate ergibt.Materialien zur Begründung eines Entwurfs von
Vorschriften über den Verkehr mit Erdöl, bearbeitet vom kaiserl.
Gesundheitsamt, S. 34 und 73. Der Entflammungspunkt ist in
Frankreich zu 35° festgesetzt mit zulässigen Abweichungen von 2°. Dies würde also
einem Abel-test von durchschnittlich 25,5 bis 29,5° entsprechen. Man beabsichtigt
übrigens, den Granier'schen Apparat durch einen
modificirten Abel-Apparat zu ersetzen.Nach
gefälliger Mittheilung von Prof. Dr. Quesneville in Paris. Deutschland und
Oesterreich-Ungarn haben also unter den genannten europäischen Staaten das
Entflammungsminimum für Erdöl am niedrigsten gewählt. Für die Nordamerikanische
Union existirt eine einheitliche Vorschrift nicht und die Bestimmungen, welche
für die einzelnen Staaten der Union gelten, differiren innerhalb sehr weiter
Grenzen. In Iowa ist der Entflammungspunkt auf 45° (Abel), in Illinois und Ohio auf 40°, in New York auf 33°, in Massachusetts
auf 23°, in Pennsylvanien auf 22° festgesetzt; in den Staaten Californien, Maine,
New Hampshire, Vermont, Rhode-Island und Connecticut beträgt er 20°, während in den
übrigen Staaten der Union eine gesetzliche Regelung bis jetzt nicht erfolgt ist. Es
ist aber bemerkenswerth, dass in den vier zuerst genannten amerikanischen Staaten
der Entflammungspunkt sehr viel höher gelegt worden ist als in allen europäischen
Ländern, Russland nicht ausgeschlossen.
Bereits vor Erlass des erwähnten deutschen Reichsgesetzes hat es an
Veröffentlichungen nicht gefehlt, in welchen für Normirung einer wesentlich höheren
Flammpunktsgrenze als 21° eingetreten wurde.
ChandlerWagner's Jahresbericht, 1872 S. 842.
glaubte, weil er beobachtet hatte, dass die Temperatur des Oeles in brennenden
Lampen oft über 38° steigt, es müsste die Temperatur, bei der ein Erdöl entzündbare
Dämpfe geben dürfe, auf über 38° festgesetzt werden, und hielt 49° für nicht zu
hoch. Victor Meyer und H.
HörlerD. p. J. 1879 234
56. empfehlen, das Entflammungsminimum auf 36° zu legen. R. Weber macht zwar keine bestimmten Vorschläge
bezüglich Fixirung des Entflammungspunktes, er sagt aber, „dass selbst Oele von
höherem Dampfbildungspunkte, etwa der Region 24° Abel-test angehörend, auch
nicht durchweg gefahrlos sind....“D. p. J. 1881 241
392.
In den Materialien zur technischen Begründung eines Entwurfes
von Vorschriften über den Verkehr mit Erdöl ist S. 74 ausdrücklich gesagt:
„Auf keinen Fall darf der Entflammungspunkt in Deutschland niedriger
gefordert werden als in England, damit nicht die in England als unzulässig
befundene Waare auf den deutschen Markt gebracht werde“.
Aber trotz alledem hat man für Deutschland den niedrigsten Entflammungspunkt
gewählt.
Auch nach Einführung des Gesetzes über den
Entflammungspunkt in Deutschland ist immer wieder darauf hingewiesen worden, dass im
Interesse grösserer Sicherheit eine Erhöhung des Entflammungspunktes wünschenswerth
erscheine. In diesem Sinne sprach sich EnglerChemische
Industrie, 1882 Bd. 5 S. 110. aus, welcher als
zulässiges Entflammungsminimum 23° angibt, sowie L.
LiebermannZeitschrift für analytische Chemie, 1882 Bd. 21
S. 335., der zu dem Schlusse kommt, dass erst ein Erdöl, dessen
Entflammungspunkt über 60° liege, überall in Europa mit voller Sicherheit verwendet
werden könne, während ThörnerChemiker-Zeitung,
1886 Bd. 10 (1) S. 603. der Ansicht ist, es sei ein Erdöl,
welches bis 38° noch keine entflammbaren Dämpfe entwickele, in Deutschland mit
voller Sicherheit als Brennöl zu benutzen.
Wenn also die Ansichten, wie hoch der Entflammungspunkt zu legen sei, auch innerhalb
sehr weiter Grenzen schwanken, so kommen sie doch alle darin überein, dass derselbe
höher als 21° normirt werden müsse.
Es schien uns deshalb von Werth, der Frage, ob durch Festlegung des
Entflammungspunktes für Brennerdöl auf 21° eine genügende Sicherheit gegen
Explosions- und Feuersgefahr, unter solchen Umständen, wie sie im gewöhnlichen
Gebrauche bei Erdöllampen vorkommen können, gewährleistet sei, auch experimentell
näher zu treten.
Hierzu war es vor allem nöthig, einen Einblick in die Zusammensetzung des in
Erdöllampen sich bildenden Gasgemisches zu gewinnen. Bei den nachfolgend
beschriebenen Versuchen haben wir, weil wir uns den gewöhnlichen Verhältnissen
möglichst anpassen wollten, absichtlich von einer Untersuchung moderner Erdöllampen
mit intensiver Lichtentwickelung und hoher Temperatur, wenigstens des Brenners,
zunächst Abstand genommen und uns eines gewöhnlichen Kosmos-Rundbrenners von 14
Linien ohne Brennscheibe, wie er in kleineren Haushaltungen zur Küchen- und
Treppenbeleuchtung u.s.w. vielfach im Gebrauche ist, bedient. Dieser war auf ein
doppelt tubulirtes, zur Aufnahme des zu prüfenden Erdöls bestimmtes Glasgefäss von
etwas über 800 cc Capacität geschraubt, welches aussen mit einer Scala versehen war,
die gestattete, während des Brennens der Lampe den Verbrauch von Erdöl von 100 zu
100 cc abzulesen. Der eine, oben auf dem Erdölbehälter befindliche Tubus diente zur
Einführung eines Thermometers, mit welchem die Temperatur des Oeles, sowie des über
demselben befindlichen Gasgemisches gemessen wurde. Der zweite Tubus war seitlich
unten am Erdölbehälter angeschmolzen; an ihm war ein Kautschukschlauch befestigt,
durch welchen man aus einem Gefässe Quecksilber in den Oelbehälter eintreten lassen
konnte. Um das während des Brennens der Lampe sich bildende Gasgemisch bequem und
sicher in die gasanalytische Apparatur (Hempel)
überführen zu können, war über die im Boden des Brenners befindliche Oeffnung, durch
welche das Innere des Oelbehälters mit der äusseren Luft in Verbindung steht, ein
rechtwinkelig gebogenes Messingröhrchen gelöthet worden. Die Entnahme der Proben des
in der Lampe vorhandenen Gasgemisches zwecks Analyse geschah in der Weise, dass
zunächst die Flamme durch Ueberstülpen einer Messingkappe über die Dochttülle des
Brenners ausgelöscht, dann die Messingkappe mittels Glaserkitt an der Dochttülle
möglichst dicht festgekittet und hierauf durch Einströmenlassen von Quecksilber aus
dem erhöht stehenden Gefäss in den Erdölbehälter das Gasgemisch zum Ausströmen
gebracht wurde; dann wurde das Gasmessrohr mit dem Messingröhrchen verbunden und die
Gasprobe in das erstere eintreten gelassen. Auf diese Weise war es vollkommen
ausgeschlossen, dass sich während der Entnahme der Probe Luft dem Gasgemische hätte
beimengen können.
Wir haben zu unseren Versuchen sieben Sorten Mineralöl verwendet. Davon waren drei
Sorten als amerikanisches Erdöl in Karlsruher Handlungen gekauft; diese Proben
zeigten auf dem Abel'schen Flammpunktsprüfer die
Flammpunkte 22,5, 23,5 und 26,5°. Es sei bemerkt, dass es uns nur einmal gelang, aus
einem hiesigen Geschäfte amerikanisches Erdöl vom Entflammungspunkt 22,5° zu
bekommen, alle anderen Proben, welche wir uns verschaffen konnten, zeigten höheren
Entflammungspunkt, und zwar bis zu dem angegebenen Maximum von 26,5°. Auch das
russische Nobel-Erdöl von 30,5° und das Kaiseröl mit 50° Entflammungspunkt waren in
Karlsruher Kaufläden gekauft worden, während die beiden schottischen Oele, Petroline
mit 54,5° und Lighthouse Oil mit 66,5° Entflammungspunkt, uns von einer schottischen
Fabrik zur Verfügung gestellt waren.
Um uns ein Urtheil darüber zu verschaffen, ob bei verschieden langem Brennen der
Lampe wesentliche Aenderungen der Temperatur des im Oelbehälter befindlichen Oeles
bezieh. Gasgemisches zu beobachten seien und ob mit dem Sinken des Oelniveaus
Unterschiede in der Zusammensetzung des Gasgemisches sich bemerkbar machten, wurden
bei allen untersuchten Oelsorten (mit Ausnahme des Lighthouse Oil) je vier Brenn
versuche angestellt, derart, dass wir, selbstverständlich aus jedes Mal mit frischem
Oel gefüllter Lampe, jeweils 200, 400, 600 und 800 cc Oel abbrennen Hessen und in
jedem einzelnen Falle die Temperaturen des Dampfes und Oeles im Oelbehälter
beobachteten, die Zusammensetzung des Gasgemisches untersuchten und eine Gasprobe in
eine Hempel'sche Explosionspipette überdrückten, um zu
prüfen, ob dieselbe durch einen kräftigen Inductionsfunken zur Explosion gebracht
werden könne. Während der Brennversuche war über die Versuchslampe ein bis zum
unteren Brennerrand reichender gewöhnlicher Lampenschirm (Pappschirm) gestülpt,
wodurch eine nicht unbeträchtliche Temperaturerhöhung im Lampengefässe gegenüber
einer ohne Schirm brennenden Lampe hervorgerufen wird.
Die Resultate, welche wir bei diesen Versuchen erhielten, sind in der nebenstehenden
Tabelle I zusammengestellt.
Betrachten wir zuerst die Ergebnisse, welche die analytische Untersuchung des
Gasgemisches, wie es sich bei den verschiedenen Brennversuchen in unserer
Versuchslampe bildete, lieferte. Es ist bemerkenswerth, dass sich an brennbaren
Bestandtheilen in dem Gasgemische überhaupt nur ungesättigte Kohlenwasserstoffe vorfinden, und zwar gleichgültig, ob man
ein niedrig oder hoch entflammendes Erdöl verbrennt. Man muss deshalb annehmen, dass
bei der Destillation des Erdöles alle gesättigten Kohlenwasserstoffe, welche bei der
Temperatur der Lampen gasförmige Producte liefern könnten, ausgetrieben worden sind.
Auch fällt der geringe Gehalt an Kohlenwasserstoffen in dem Gasgemische auf, welcher
bei den von uns verwendeten amerikanischen Oelen gewöhnlich innerhalb der engen
Grenzen von 1,4 bis 1,8 Vol.-Proc. schwankt. Eine Ausnahme, welche wir vorerst nicht
erklären können, ergibt sich nur bei dem zweiten und dritten Versuch, welche mit
amerikanischem Oel vom Flammpunkt 23,5° angestellt wurden. Bei diesem zweiten
Versuch fanden wir den von uns überhaupt beobachteten höchsten
Kohlenwasserstoffgehalt von 2,1 Vol.-Proc., während bei Versuch 3 sich eine
auffallend niedrige Menge an Kohlenwasserstoffen – 0,9 Vol.-Proc. – ergab. Wie ein
Vergleich lehrt, weichen unsere für die Menge der Kohlenwasserstoffe gefundenen
Zahlen nicht unerheblich von denjenigen ab, welche ThörnerChemiker-Zeitung, 1886 Bd. 10 (1) S.
582. aus der Quantität der nach Wegnahme des Sauerstoffes durch
Verbrennung des Gasrestes über Kupferoxyd gebildeten Kohlensäure berechnet hat. Die
Kohlenwasserstoffmengen, welche wir finden, liegen zumeist niedriger als die von Thörner angegebenen (1,5 bis 4,5 Vol.-Proc), indessen
können diese Unterschiede sehr wohl durch die Verschiedenheit der Versuchsanordnung,
wie auch der Art der Probeentnahme des Gasgemisches erklärt werden. Ausserdem
rechnet Thörner die von ihm ermittelten
Kohlensäuremengen bei zwei von seinen Analysen auf Sumpfgas,
Tabelle I.
Textabbildung Bd. 300, S. 89
Erdölsorte; Entflammungspunkt nach
Abel; Menge des abgebrannten Oeles; Temperatur beim Anzünden der Lampe im; Oel;
Zimmer; Höchste Temperatur des; Gasgemisches; Oeles; Gleichzeitig beobachtete
Zimmertemperatur; Temperatur am Ende des Versuches im; Das Oel erhitzte sich im
Oelbehälter der Versuchslampe über seinen Entflammungspunkt um; Trat Explosion
ein?; Analyse; Durch Br oder SOo4H2 absorbirbare Kohlenwasserstoffe; Sauerstoff;
Kohlensäure; Vol.-Proc.; Grad; Explosion; Amerikanisches Erdöl; sehr heftige
Explosion; zu wenig Oel vorhanden; Das Oel blieb mit seiner höchsten Temperatur
im Oelbehälter unter seinem Entflammungspunkt um; Russisches Nobel-Erdöl;
Kaiseröl; Schottisches Petroline; Schott. Lighthouse Oil
bei zwei anderen auf Aethan und bei der fünften auf
Aethylen um. Wir haben uns durch eine grosse Anzahl von Versuchen
(Explosionsversuche, Leiten des Gasrestes durch eine Drehschmidt'sche Capillare) überzeugt, dass, nach Wegnahme der durch Brom
oder Schwefelsäure absorbirbaren Kohlenwasserstoffe, in dem Gasreste verbrennliche
Bestandtheile nicht mehr enthalten sind. Ausser ungesättigten Kohlenwasserstoffen
findet sich in dem Gasgemische des Oelbehälters auch noch Kohlensäure, wenn auch in
geringen Mengen. Wir haben mehrfach Kohlensäurebestimmungen vorgenommen und auch
zwei Resultate in der Tabelle mitgetheilt; da jedoch die gefundenen Mengen innerhalb
der, oder doch sehr nahe an die der gasanalytischen Methode anhaftende Fehlergrenze
fallen, so können dieselben keinen Anspruch auf Genauigkeit machen. Immerhin muss
bemerkt werden, dass mit Ausnahme von Versuch 3 und 4 beim amerikanischen Oel vom
Flammpunkt 22,5° die in der Tabelle angegebenen Zahlen für ungesättigte
Kohlenwasserstoffe die im Gasgemische enthaltenen Kohlensäuremengen mit
einschliessen. In Wirklichkeit stellt sich also der Gehalt an ungesättigten
Kohlenwasserstoffen, wenn auch nur um Weniges, niedriger. Dass diese Kohlensäure
ihre Entstehung einem Oxydationsprocesse von Erdölkohlenwasserstoffen verdankt,
beweist folgender einfache Versuch: Von Kohlensäure befreite Luft wurde bei
Zimmertemperatur durch vier Waschflaschen, welche mit erdöldurchtränkter Glaswolle
gefüllt waren, und dann durch einen mit klarem Barytwasser gefüllten
Absorptionsapparat langsam durchgeleitet. Das Barytwasser trübte sich und nachdem
7,5 l Luft durchgegangen waren, wurde ein Niederschlag von kohlensaurem Baryt im
Gewicht von 0,067 g = 0,014 g = 7,5 cc CO2 erhalten,
was einem Gehalte von 0,1 Vol.-Proc. CO2 entspricht.
Man darf wohl annehmen, dass mit steigender Temperatur des
Kohlenwasserstoff-Luftgemisches auch der Kohlensäuregehalt zunehmen wird.
Wie die Tabelle erkennen lässt, schwanken die Kohlenwasserstoffmengen im Gasgemisch,
wenn man die beiden Extreme von Versuch 2 und 3 bei dem Oele von 23,5°
Entflammungspunkt ausser Betracht lässt, bei den drei amerikanischen Oelen innerhalb
sehr enger Grenzen, nämlich zwischen 1,4 und 1,8 Proc., beim Nobel-Erdöl bewegen sie
sich zwischen 0,8 und 1,4 Proc. während sie beim Kaiseröl und den beiden
schottischen Oelen auf 0,6 Vol.-Proc. und darunter sinken, also eine sehr bedeutende
Abnahme erleiden. Im Allgemeinen lässt sich also, wie nicht anders zu erwarten,
sagen, dass der Kohlenwasserstoffgehalt des in dem Oelbehälter einer Lampe sich
bildenden Gasgemisches mit sinkendem Entflammungspunkt wächst.
Die Temperaturbeobachtungen, welche wir gleichzeitig mit den Brennversuchen der
verschiedenen Oele anstellten, ergaben als höchste Erhitzung, welche das Gasgemisch
in unserer mit verhältnissmässig kleinem Brenner und gläsernem Oelbehälter
ausgerüsteten Versuchslampe erfährt, 37,5°, während das Oel gleichzeitig eine
Maximaltemperatur von 34° aufweist, bei einer Zimmerwärme von 21° C. Solche und noch
höhere Wärmegrade werden aber in Zimmern sowohl im Sommer wie im Winter sehr häufig
erreicht. Jene Maximaltemperaturen des Gasgemisches und des Oeles haben wir
beobachtet, als wir gerade das Oel mit dem Flammpunkte 22,5° auf der Lampe brannten;
die Ueberhitzung des Oeles in dem Oelbehälter über den Entflammungspunkt
erreicht also hier die beträchtliche Höhe von 11,5°. Natürlich vermindert sich diese
Temperaturdifferenz mit steigendem Entflammungspunkte, und schon beim amerikanischen
Oele vom Flammpunkt 26,5° (Versuch 2) wird in unserer Lampe diese Differenz negativ,
d.h. es wird dort das Oel nicht mehr bis zu seinem Entflammungspunkt erhitzt.
Indessen konnten wir beobachten, dass der Gehalt des Gasgemisches an
Kohlenwasserstoffen nicht allein durch die Temperatur des Oeles beeinflusst wird.
Wenn man mehrere Gasproben hinter einander aus dem Oelbehälter nimmt, so kann man
beobachten, dass häufig die zuerst entnommene – das wäre bei unserer Art der
Probeentnahme diejenige, welche den zu oberst im Oelbehälter befindlichen, der
Einwirkung der Hitze vom Brenner am stärksten ausgesetzten Theil des Gasgemisches
enthält – einen höheren Gehalt an Kohlenwasserstoffen aufweist, als die nachher
entnommenen, also weiter unten im Lampenbehälter befindlichen, dem Oelniveau näheren
Gasschichten. Es kann dies wohl so erklärt werden, dass in Folge der stärkeren
Erhitzung, welche die oberen, dem Brenner am nächsten gelegenen Theile des
Oelbehälters erleiden, dort auch eine stärkere Verdampfung von Kohlenwasserstoffen
aus den an den Glaswandungen adhärirenden Erdölantheilen statthat.
Um uns einen genauen Einblick in die in unserer Versuchslampe sich ergebenden
Temperaturverhältnisse zu verschaffen, haben wir noch zwei detaillirte
Versuchsreihen bei constanter Temperatur des Beobachtungsraumes durchgeführt, welche
in Tabelle II wiedergegeben sind. Wir Hessen bei beiden Brennversuchen die Lampe,
welche vollständig gefüllt war, ganz ausbrennen und beobachteten die Temperaturen,
welche sich in der obersten, mittleren und untersten Schicht des Gasgemisches, wie
auch in der obersten, mittleren und untersten Oelschicht während des Brennens der
Lampe ergaben.
Tabelle II.
Constante Temperatur des Beobachtungsraumes 21°, die Lampe ist
mit Lampenschirm versehen, auf der Lampe brannte amerikanisches Oel vom Flammpunkt
22,5°.
Zeit
Anfangs-temperaturdes
Oeles
Temperaturdes Gasgemischesin
der
Temperaturdes Erdölsin der
ober-sten
mitt-leren
unteren
ober-sten
mitt-leren
unteren
Schicht
Schicht
Grad
Grad
Grad
Grad
Grad
Grad
Grad
–
21,5
–
–
–
–
–
–
nach ½ Stunde
–
–
–
–
27,0
23,0
22,0
„ 1 „
–
–
–
–
31,0
26,0
23,5
„ 1½ „
–
–
–
–
32,0
28,0
24,5
„ 2 „
–
–
–
–
32,0
28,0
26,0
„ 2½ „
–
–
–
–
32,5
28,5
26,5
„ 3 „
–
–
35,0
–
32,5
29,0
27,0
„ 4 „
–
–
36,5
–
34,0
31,0
29,5
„ 5 „
–
–
37,5
–
34,0
31,5
30,0
„ 6 „
–
–
37,5
–
33,5
–
30,5
„ 7 „
–
37,0
–
34,5
33,0
–
31,0
„ 8 „
–
36,5
–
34,0
32,5
–
31,0
„ 9 „
–
36,0
–
34,0
–
32,0
–
„ 10 „
–
35,5
–
33,5
–
31,5
–
„ 11 „
–
35,0
33,0
31,5
–
31,5
–
„ 12 „
–
34,5
32,5
31,5
–
31,0
–
„ 13 „
–
34,0
33,0
31,5
–
–
–
„ 14 „
–
34,5
33,5
32,0
–
–
–
„ 15 „
–
34,5
33,5
32,0
Lampe leer gebrannt
Constante Temperatur des Beobachtungsraumes 16°, auf der
Lampe brannte amerikanisches Oel vom Flammpunkt 25°.
Zeit
Anfangs-temperaturdes
Oeles
Temperaturdes Gasgemischesin
der
Temperaturdes Erdölsin der
ober-sten
mitt-leren
unteren
ober-sten
mitt-leren
unteren
Schicht
Schicht
Grad
Grad
Grad
Grad
Grad
Grad
Grad
–
14,0
–
–
–
–
–
–
nach ¼ Stunde
–
–
–
–
17,0
16,0
15,0
„ ½ „
–
–
–
–
21,5
18,0
17,0
„ ¾ „
–
–
–
–
24,5
20,5
19,0
„ 1 „
–
–
–
–
28,5
22,5
20,0
„ 1¾ „
–
–
–
–
29,0
25,0
22,5
„ 2½ „
–
–
–
–
29,0
25,0
23,0
„ 3 „
–
–
31,0
–
28,5
26,0
24,0
„ 4 „
–
–
30,5
30,0
26,5
25,0
23,5
„ 5 „
–
–
30,5
30,0
26,5
24,5
23,5
„ 6 „
–
–
30,0
29,0
25,5
–
24,0
„ 7 „
–
30,0
29,5
27,0
26,0
–
24,0
„ 8 „
–
30,5
30,0
29,0
26,0
–
24,5
„ 9 „
–
31,0
30,0
27,5
–
26,0
–
„ 10 „
–
31,0
30,0
27,5
–
26,0
–
„ 11 „
–
31,0
29,5
28,5
–
26,5
–
„ 12 „
–
30,5
29,0
28,0
–
26,0
–
„ 13 „
–
30,0
28,0
27,0
–
26,0
–
„ 14 „
–
29,8
27,5
26,0
Lampe leer gebrannt
Wie man sieht, ist bei dem ersten Brennversuch die Maximaltemperatur des Gasgemisches
erreicht mit 37,5° in der 5. und 6. Brennstunde, diejenige des Oeles mit 34° in der
4. und 5. Brennstunde; beim zweiten Versuch wird das Maximum der Erhitzung in der
obersten Gasschicht mit 31° erreicht in der 9. und 10. Brennstunde, in der obersten
Oelschicht mit 29° schon nach 1¾ bis 2½ Stunden.
Da man den neueren Lampenconstructionen mit grossen Brennern und Brennscheiben in
Folge der allerdings sehr hohen Temperatur des Brenners, besonders wenn die Brenner
auf Oelbehälter aus Metall geschraubt sind, auch sehr hohe Oeltemperaturen
zuschreibt, woraus wiederum auf Anwesenheit grösserer Kohlenwasserstoffmengen im
Gasgemisch des Behälters geschlossen werden könnte, so haben wir auch die
Oeltemperaturen bei solchen Lampen ermittelt und seien die Maximaltemperaturen
nachstehend angeführt. Die Brenner wurden entweder auf ein grosses Lampengefäss von
1700 cc Capacität, welches mit Luftkanal senkrecht durch das Gefäss versehen war,
oder auf ein kleines, ohne Luftkühlung, von 1100 cc Fassungsraum geschraubt. Beide
Gefässe waren aus Messing.
Bezeichnung des Brenners
Lampen-gefässe
Maximal-temperaturdes Oeles
Zimmer-temperatur
Grad
Grad
Prometheus, 15 Linien
kleines
40,0
21,0
Doppelblitz, 30 „
grosses
38,5
21,0
Prometheus, 20 „
–
40,0
21,0
Adlerbrenner, 20 Linien
–
40,0
21,0
Central Vulkan, 16 Linien
–
42,5
21,0
Sonnenbrenner, 15 Linien
–
32,0
21,0
Hink's Patentflachbrenner
–
34,0
21,0
Gespeist wurden diese Brenner mit einem amerikanischen Oel von 26,5°
Entflammungspunkt.Wir haben bei dieser
Gelegenheit auch Lichtstärke und Oelverbrauch dieser Brennerconstructionen
ermittelt und mögen die gefundenen Werthe hier mitgetheilt werden:Bezeichnung des BrennersMittlereLichtstärkeOelverbrauchpro H.-L.-StundeH.-L.gPrometheus 15 Linien29,02,15 „ 20 „34,02,10Doppelblitz, 30 „77,02,18Adlerbrenner, 20 Linien35,02,17Central Vulkan, 16 Linien18,03,81Sonnenbrenner, 15 Linien24,32,29Hink's
Patentflachbrenner29,02,65
Wie zu Anfang erwähnt, haben wir die bei den verschiedenen Brennversuchen im
Oelbehälter sich bildenden Gasgemische in der Weise auf ihre Explosibilität geprüft,
dass wir dieselben in eine Hempel'sche
Explosionspipette drückten und der Einwirkung eines kräftigen Inductionsfunkens
aussetzten. Es ist bekannt, dass die Einleitung der Explosion durch den elektrischen
Funken schwieriger erfolgt als durch eine Flamme, und es ist gewiss, dass, wenn wir
eine Flamme zur Zündung verwendet hätten, wir auch bei niedrigerem
Kohlenwasserstoffgehalt Verpuffungen und Entflammbarkeit des Gasgemisches hätten
beobachten können. Wir wollten aber gerade constatiren, wann kräftig explodirende
Gemische in der Lampe auftreten. Durch das Ueberdrücken des Gasgemisches in die
Explosionspipette ist jedenfalls dessen ursprüngliche Temperatur im Oelbehälter
erniedrigt worden und es ist nicht unmöglich, dass dadurch eine Verminderung des
Kohlenwasserstoffgehaltes bewirkt und ein Gasgemisch inexplosibel befunden wurde,
welches bei den in der Lampe herrschenden Temperaturen explosiv gewesen wäre. Wir
müssen deshalb selbst zugeben, dass unsere Versuche die Verhältnisse in den Lampen,
soweit die Explosionsfähigkeit des Gasgemisches in Betracht kommt, eher in
günstigerem Lichte erscheinen lassen, als sie in Wirklichkeit sind.
Wie Tabelle I ausweist, haben wir beobachtet, dass, wenn amerikanisches Oel von 22,5°
Entflammungspunkt auf unserer Lampe gebrannt wurde, bei jedem der vier angestellten
Brennversuche sich ein lebhaft explodirendes Gasgemisch im Oelbehälter gebildet
hatte. Ganz besonders heftig explodirte das bei Versuch 4 entstandene Gasgemisch,
wobei berücksichtigt werden muss, dass bei diesem Versuch die Temperatur des
Gasgemisches sowohl wie des Oeles die höchst beobachtete war und das Oel eine
Ueberhitzung von 11,5° über seinen Entflammungspunkt erfahren hatte.
Wie schon hervorgehoben, haben wir unter den auf Tabelle I mitgetheilten Versuchen
bei Brennversuch 2 mit dem Oel von 23,5° den Maximalgehalt an Kohlenwasserstoffen im
Gasgemisch mit 2,1 Vol.-Proc. gefunden. Sonderbarer Weise konnten wir dieses
Gasgemisch durch den Inductionsfunken nicht zur Explosion bringen, während wir in
den anderen Fällen die Explosion jedesmal beobachteten, sowie der
Kohlenwasserstoffgehalt (einschliesslich Kohlensäure) 1,8 Vol.-Proc. erreichte.
Möglich, dass dieser Ausnahmefall auf eine Unregelmässigkeit bei der Ausführung des
Versuches (schwächerer Inductionsfunke?) zurückzuführen ist.
Eine sehr lebhafte Explosion beobachteten wir ferner bei Versuch 4 mit dem
amerikanischen Erdöl vom Flammpunkt 26,5°; auch bei diesem Versuch war bei einer
Zimmertemperatur von 20° die Temperatur des Gasgemisches ziemlich hoch (auf 31°)
gestiegen und die Menge der Kohlenwasserstoffe im Gasgemisch betrug 1,8
Vol.-Proc.
Sind nun die von uns beobachteten Explosionen auch nicht so stark, dass durch
dieselben eine Zertrümmerung des starkwandigen Glasgefässes einer Erdöllampe zu
befürchten wäre, so erscheint doch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass bei
weiterer Steigerung der Temperatur und dadurch bedingter Zunahme des
Kohlenwasserstoffgehaltes im Gasgemisch die Intensität der Explosion sich so weit
steigert, um das Zerspringen des gläsernen Oelbehälters der Lampe zu verursachen.
Als wir, um das Abstrahlen der Wärme zu hemmen und dadurch stärkere Erwärmung des Oelgefässes
zu bewirken, unsere Versuchslampe in einer Schieblade, deren Seitenwandungen etwa 10
cm hoch waren, aufgestellt brennen Hessen, konnten wir beobachten, dass, bei einer
Zimmertemperatur von 21°, das Gasgemisch im Oelbehälter sich bis zu 41°, das Oel bis
auf 38° erwärmte und die Menge der Kohlenwasserstoffe im Gasgemisch auf 2,2
Vol.-Proc. anstieg. Der Einwirkung des Inductionsfunkens ausgesetzt, explodirte
dieses Gemisch äusserst heftig. Es sei hier angefügt, dass wir beim Auslöschen
(Niederdrehen des Dochtes) der mit dem Centralvulkanbrenner und messingenem
Lampengefäss ausgerüsteten Lampe einmal eine, wenn auch schwache, Explosion
beobachten konnten. Durch dieselbe wurde die Brennscheibe aus ihrem Halter heraus
und etwa 5 cm emporgeschleudert.
Es schien uns von Werth, uns ein Urtheil darüber zu bilden, wie hoch in den Lampen
die Temperatur steigen müsse, damit sich ein explosives Gasgemisch bilde. Wir
suchten dabei die Versuchsbedingungen soweit möglich den Verhältnissen anzupassen,
wie sie beim Brennen der Lampe vorliegen. Von unserer Versuchslampe wurde der
Brenner abgenommen und an dessen Stelle ein doppelt durchbohrter Kork gesetzt; durch
die eine Bohrung ging ein rechtwinklig gebogenes Glasrohr, durch welches die Luft
zum Oelbehälter Zutritt hatte und das auch zur Entnahme der Gasprobe diente, durch
die zweite Bohrung ging ein bis auf den Boden des Behälters reichendes gebogenes
Glasrohr, welches als Heber wirkte und durch das wir das Oel so langsam und in der
gleichen Zeit ausfliessen Hessen, wie es vom Brenner unserer Lampe consumirt worden
wäre. Die Erwärmung des Oelbehälters bezieh. Oeles geschah, analog der Erwärmung
durch den Brenner, von oben durch einen Gasring; doch mussten wir, um das Oel auf
die nöthige Temperatur zu bringen, den Oelbehälter auch noch in ein erwärmtes
Wasserbad setzen. Indessen tauchte der Oelbehälter nicht vollständig in das erwärmte
Wasser, sondern es wurde mit dem Sinken des Oelniveaus auch stets Wasser aus dem
Wasserbade ablaufen gelassen, so dass nie mehr als 4/s der Oelmenge vom Wasser umspült war. Die Temperatur des Wasserbades
lag immer 5 bis 7° unter derjenigen des Oeles, wenn mit dem Gasring erwärmt wurde.
Wir untersuchten auf diese Weise amerikanische Oele vom Entflammungspunkt 24° und
26,5°, Nobel-Erdöl von 30,5° und Kaiseröl von 50° Entflammungstemperatur und fanden,
dass bei amerikanischem Oel von 24° Entflammungspunkt ein brennbares Gasgemisch im
Oelbehälter sich bildete, wenn das Oel in seiner obersten Schicht eine Temperatur
von 30 bis 35° angenommen hatte, bei einem Kohlenwasserstoffgehalt des Gasgemisches
von 1,6 Vol.-Proc. dass aber durch den Inductionsfunken starke Explosion
hervorgerufen wurde, wenn das Oel die Temperatur 35 bis 40° erreichte und das
Gasgemisch 2,2 Vol.-Proc. Kohlenwasserstoffe enthielt. Beim amerikanischen Oel mit
Flammpunkt 26,5° erwies sich das Gasgemisch brennbar bei einem
Kohlenwasserstoffgehalt von 1,5 Vol.-Proc. und bei einer Temperatur des Oeles von 35
bis 40°, starke Explosion trat ein bei 45 bis 50° Oeltemperatur und 2 Proc.
Kohlenwasserstoffen im Gasgemisch. Das Nobel-Erdöl ergab ein schwach entflammbares
Gemisch mit 1,5 Proc. Kohlenwasserstoffgehalt ebenfalls bei einer Oeltemperatur von
35 bis 40°, ein sehr heftig explodirendes Gemisch mit 2,2 Proc.
Kohlenwasserstoffen bei einer Oeltemperatur von 50 bis 55°. Für das Kaiseröl
mussten wir einen entsprechend construirten Oelbehälter aus Messing in Anwendung
bringen, da in dem gläsernen Behälter die Temperatur des Oeles nicht genügend
gesteigert werden konnte. Beim Kaiseröl konnten wir aber trotzdem ein entflammbares
oder explosives Gasgemisch nicht erzeugen; als wir die Temperatur des Oeles bis auf
95° gesteigert hatten und nun das Gasgemisch in die Explosionspipette drückten,
konnten wir sehen, dass sich Erdöldampf in erheblicher Menge condensirte, so dass
Oeltropfen auf dem etwa 20° warmen Sperrwasser in der Pipette schwammen. Nachdem die
Dämpfe sich condensirt hatten, erwies sich das Gasgemisch als nicht explosiv und
enthielt auch nur 1 Proc. Kohlenwasserstoffe.
Wenn wir in unserer Versuchslampe als höchste Temperatur für das Oel auch nur 37,5
bezieh. 38° beobachten konnten und die Oeltemperatur in den mit neueren Brennern
versehenen Oelbehältern nicht über 42,5° gemessen wurde, so ist daraus aber nicht zu
schliessen, dass nicht Umstände eintreten können, unter denen die Temperatur in den
Lampen erheblich höher steigt oder andere Ursachen die Bildung explosiver Gemische
begünstigen. Ein Beispiel hierfür bietet Versuch 4 beim amerikanischen Oel vom
Flammpunkt 26,5° (Tabelle I), sowie der vorhin erwähnte Versuch, bei welchem wir die
mit amerikanischem Oel vom Flammpunkt 25° gespeiste Lampe in einer Schieblade hatten
brennen lassen.
Wenn man fragt, warum denn nicht jedesmal, oder doch öfter als es geschieht, Lampen
explodiren, wenn sich in ihrem Behälter ein explosives Gasgemisch gebildet hat, so
wird die Antwort wohl so zu geben sein, dass die in Folge steigender Temperatur aus
dem Oelbehälter gegen den Brenner zu austretende Menge des explosiven Gemisches nur
sehr gering sein kann, ausserdem aber durch die von der Flamme angesaugte Aussenluft
so stark verdünnt wird, dass eine Explosion nicht mehr möglich ist.
Gewöhnlich nimmt man an, dass die Dochtkohle Veranlassung zu Lampenexplosionen geben
könne, und zweifellos kann eine solche auch eingeleitet werden, wenn ein Stückchen
glühende Dochtkohle zufällig gerade durch die im Brennerboden befindliche Oeffnung
in das explosible Gasgemisch im Oelbehälter fällt. Dagegen scheinen die bei
unordentlichem Reinigen der Lampe in das Innere des Brenners gelangenden und mit Oel
getränkten Dochtkohlepartikel nicht sehr gefährlich zu sein. Wir haben in unserer
Versuchslampe, welche mit amerikanischem Oel von 24° gefüllt war, um die Oeffnung im
Brennerboden herum eine Schicht mit Erdöl getränkter Dochtkohle in der Dicke von
etwa 3 mm gelegt und die Lampe 12 Stunden brennen lassen; dann wurde, während die
Lampe brannte, der Docht abgekratzt, damit sich die unten im Brenner befindliche
Dochtkohle entzünden sollte, und als dies nicht gelang, die Dochtkohle innerhalb des
Brenners angezündet und etwa 2 Minuten brennen gelassen, ohne dass eine Explosion im
Lampengefäss erfolgte. Als aber der Brenner abgeschraubt und in das Lampengefäss
eine Flamme eingeführt wurde, verpuffte das Gasgemisch sehr lebhaft.
Dagegen konnten wir mit Sicherheit die Explosion des Gasgemisches in der Lampe
bewirken, wenn wir schlecht schliessende Dochte verwendeten, sei es, dass die Dochte
zu dünn waren, also die Dochttülle nicht vollständig ausfüllten, oder, dass,
weil der Docht zu schmal, die Enden des Dochtes sich nicht an einander legten, also
ein Schlitz entstand, der einen Kanal von der Flamme bis zum Bassin der Lampe
bildete. Wir haben solche „künstlich hervorgerufenen“ Lampenexplosionen
sowohl mit amerikanischem Oel von 24° Entflammungspunkt, wie auch mit russischem
Nobel-Erdöl, welches bei 30° entflammte, erhalten können, sofern wir nur dafür
sorgten, dass die Temperatur des Oeles genügend hoch war (28 bis 32°, also noch
unter den Temperaturen liegend, welche wir im Oel der Lampen mit neueren
Brennerconstructionen, wie auch in unserer Versuchslampe beobachtet hatten), was wir
nöthigenfalls durch kurzes Erwärmen des Oelbehälters von oben mit dem Gasringe
erreichten. Sobald sich im Oelbehälter der Lampe ein explosives Gemisch gebildet
hatte, fing die Flamme eigenthümlich an zu zucken, wie wenn in der Dochtröhre eine
Reihe kleiner, rasch auf einander folgender Explosionen Statt hätte; plötzlich
erfolgte dann die Explosion des Gasgemisches im Oelbehälter, wobei die Flamme
ausgelöscht wurde. Die Explosionen waren, wie deutlich zu erkennen, mehr oder
weniger lebhaft und von mehr oder minder starkem Knall (bei schwachen Explosionen
nur ein Zischen) begleitet. Eine Zertrümmerung des Lampengefässes trat bei keiner
der Explosionen ein. Zwischen den Explosionen, welche wir bei Verwendung des
amerikanischen und des russischen Erdöls beobachteten, bestand ein gut wahrnehmbarer
Unterschied in der Intensität, derart, dass das russische Oel mit dem höheren
Entflammungspunkt schwächere Explosionen veranlasste. Die Thatsache, dass gerade bei
Benutzung schlecht schliessender Dochte das Auftreten von Explosionen begünstigt
wird, erklären wir uns durch die Annahme, dass in Folge der hohen Temperatur der
Metalltheile des Brenners aus dem vom Dochte aufgesaugten Erdöl und in dem vom
Dochte nicht ausgefüllten Theile der Dochtröhre ein Luft-Erdöldampfgemisch von hohem
Kohlenwasserstoffgehalt und starker Explosibilität gebildet wird, welches sich an
der Flamme der Lampe zuerst entzündet und dann, analog einer Initialzündung, auch
das im Oelbehälter befindliche, an Kohlenwasserstoffen ärmere Gasgemisch zur
Explosion bringt.
Unsere Versuche zeigen, dass unsere gewöhnlichen Erdöllampen, wenn auf ihnen die
gewöhnlichen und billigen Erdölsorten des Handels mit niedrigem Entflammungspunkt
gebrannt werden, nicht denjenigen Grad von Sicherheit gewährleisten, welchen man von
in allen Schichten der Bevölkerung und in so grosser Zahl im Gebrauche stehenden
Apparaten verlangen kann. Fragt man sich, wie Unfällen, welche durch Erdöllampen
verursacht werden können (Explosionen, Brände), am besten vorgebeugt werden könne,
so scheint uns der rationellste Weg hierfür der einer Höherlegung des gesetzlich
zulässigen Entflammungspunktminimums zu sein. Aus unseren Versuchen geht aber auch
hervor, dass diese Erhöhung, wenn sie wirklich wirksam sein soll, eine sehr
erhebliche sein muss und der Entflammungspunkt nicht unter 40° gelegt werden
darf.Während des Druckes
dieser Abhandlung erschien in der Chemiker-Zeitung, 1896 Nr. 26 S. 251 u. ff., ein Aufsatz von Dr.
Lobry de Bruyn, in welchem ebenfalls eine
Erhöhung des Entflammungspunktes auf 40° befürwortet wird.
Ein anderer, besonders von englischen Chemikern empfohlener, Vorschlag zur Erhöhung
der Sicherheit unserer Erdöllampen besteht darin, gesetzliche Vorschriften zu
erlassen, nach welchen fernerhin nur Erdöllampen bestimmter Construction, sogen.
Sicherheitslampen, in den Verkehr gebracht werden dürfen, das gesetzliche
Entflammungspunktsminimum dagegen auf seiner derzeitigen Höhe zu belassen. So
wünschenswerth es auch erscheint, dass Verbesserungen in der Construction unserer
Erdöllampen gesetzlich vorgeschrieben werden, so glauben wir doch nicht, dass
dadurch die Erhöhung des Entflammungspunktes unnöthig gemacht wird. Denn abgesehen
davon, dass sich die Wirkung solcher Vorschriften erst in einem Zeitraum von
mehreren Jahren geltend machen kann, wenn einmal sämmtliche in Benutzung
befindlichen und zur Zeit vorräthig hergestellten Lampen aufgebraucht sind, ist es
nicht zu verhüten, dass auch die besten Sicherheitslampen früher oder später,
besonders wenn sie, wie dies zumeist der Fall, in den Händen von unerfahrenen und
wenig geschickten Personen sind, defect werden, wodurch die Möglichkeit von Unfällen
mit diesen Lampen wieder von Neuem gegeben ist.
Bekanntlich kommen eigentliche Lampenexplosionen verhältnissmässig selten vor,
dagegen sind, auch in Deutschland, Fälle, bei denen Personen durch unvorsichtigen
Gebrauch von Erdöl zu Schaden kommen (wir erinnern nur an die Unsitte, Erdöl zum
Feueranmachen oder anfachen zu verwenden), recht häufig.In der Statistik der Brände im preussischen
Staat für die Jahre 1888, 1889 und 1890, publicirt in Preussische Statistik, herausgegeben vom kgl.
Statistischen Bureau in Berlin 1895, ist mitgetheilt, dass auf18795 Brandfälle überhaupt kommen: durch Explosion von
Erdöl verursacht 91, durch Explosion von Erdöllampen 252 im J. 1888;20061 Brandfälle überhaupt kommen: durch Explosion von
Erdöl verursacht 121, durch Explosion von Erdöllampen 104 im J. 1889;21017 Brandfälle überhaupt kommen: durch Explosion von
Erdöl verursacht 97, durch Explosion von Erdöllampen 274 im J. 1890.Addirt man die Zahlen für Erdöl- und Erdöllampenexplosionen, so ergeben sich
für das Jahr1888 insgesammt 343 Brandfälle verursacht durch Erdöl = 1,8
Proc. aller Brandfälle;1889 insgesammt 225 Brandfälle verursacht durch Erdöl = 1,1
Proc. aller Brandfälle;1890 insgesammt 371 Brandfalle verursacht durch Erdöl = 1,7
Proc. aller Brandfälle. Besonders in England scheinen aber durch Erdöllampen verursachte Unfälle
relativ oft vorzukommen. Es ist in dem Animal Report of the
Chief Officer of the Public Control Department, 1894 bis 1895, angegeben
(S. 15), dass im J. 1894 in London die Fire-Brigade zu 448 Feuersbrünsten gerufen
wurde, welche durch Erdöllampenunfälle verursacht waren; von diesen wurden 90
Lampenexplosionen zugeschrieben, während 337 durch Umwerfen von Lampen verursacht
wurden.
Wir sind deshalb der Meinung, dass, wenn es sich um eine Discussion über zu
ergreifende Maassregeln zur Verhütung von durch Erdöl veranlassten Unfällen handelt,
man nicht, wie es wohl meist geschieht, das Schwergewicht auf die grössere oder
geringere Möglichkeit von bei Erdöllampen auftretenden Explosionen legen solle,
sondern auf die Feuergefährlichkeit des Erdöls überhaupt. Dass eine solche besteht,
wird Niemand in Abrede stellen wollen, und dass sie im umgekehrten Verhältniss zur
Höhe des Entflammungspunktes steht, ist einleuchtend. Als wir drei Streifen
desselben Teppichstoffes mit gleichen Mengen von amerikanischem Oel vom Flammpunkt
24°, russischem Oel vom Flammpunkt 30° und Kaiseröl mit 50° Entflammungspunkt durchtränkten, dann mit
einer Flamme in Berührung brachten und die Zeit in Secunden maassen, welche die
Teppichstücke gebrauchten, um Feuer zu fangen, konnten wir beobachten, dass ein
erkennbarer Unterschied zwischen den Oelen von 24 und 30° Entflammungspunkt nicht
bestand, während die Flamme auf das mit Kaiseröl getränkte Tuchstück 3- bis 4mal so
lange einwirken musste, bis dieses zu brennen begann.
Würde man sich entschliessen, das Entflammungsminimum des Erdöls auf 40°
hinaufzusetzen, so wäre das Erdöl als feuergefährlich im gewöhnlichen Sinne
überhaupt nicht mehr aufzufassen und die jetzt bestehenden Einschränkungen bezüglich
des Transportes und des Aufbewahrens von Lampenerdöl könnten, wenn nicht fortfallen,
so doch wesentlich vermindert werden.
Karlsruhe, Chemisch-technisches Laboratorium der technischen
Hochschule, März 1896.