Titel: | Neue Beiträge zur Rauchfrage. |
Autor: | v. Schroeder, W. Schmitz-Dumont |
Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 65 |
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Neue Beiträge zur Rauchfrage.
Von † Prof. Dr. v.
Schroeder und Dr. W. Schmitz-Dumont.
Neue Beiträge zur Rauchfrage.
Im Anschluss an die bereits vor Jahren im chemischen Laboratorium zu Tharand
ausgeführten vielfachen Arbeiten über die RauchfrageA. Stöckhardt:„Untersuchungen über die schädliche Einwirkung des Hütten- und
Steinkohlenrauches auf das Wachsthum der Pflanzen, insbesondere der
Fichte und Tanne.“Tharander forstl. Jahrbuch, 1871 S. 218.v. Schroeder:„Die Einwirkung der schwefligen Säure auf die Pflanzen.“Tharander forstl. Jahrbuch, 1872 S. 185, und
die zweite Abhandlung ebendaselbst, 1873 S. 217.v. Schroeder und Reuss:
”Die Beschädigung der Vegetation durch Rauch und die Oberharzer
Hüttenrauchschäden.“ Berlin 1883. Verlag von Paul Parey.v. Schroeder und Schertel:
”Die Rauchschäden in den Wäldern der Umgebung der fiscalischen
Hüttenwerke bei Freiberg.“
Jahrbuch für Berg- und Hüttenwesen im Königreich
Sachsen auf das Jahr 1884, S. 93., und speciell über die
Einwirkung der sauren Gase auf die Pflanzen, wurden im Laufe des Jahres 1895 eine
Reihe neuer Versuche vorgenommen, über welche in Folgendem berichtet werden soll.
Diese Versuche hatten zum Theil den Zweck, einige der bereits früher gezogenen
Schlüsse noch besser und sicherer zu begründen, zum Theil sollten sie aber auch dazu
dienen, weiteres Material zur Kenntniss und richtigen Beurtheilung der Rauchschäden
beizubringen. Wir wollen nicht leugnen, dass die nächste Veranlassung zur
Wiederaufnahme der Rauchuntersuchungen in Tharand für uns das Erscheinen des Borggreve'schen WerkesOberforstmeister Dr. Borggreve:
„Waldschäden im oberschlesischen Industriebezirk nach ihrer Entstehung
durch Hüttenrauch, Insectenfrass u.s.w.“ Eine Rechtfertigung der
Industrie gegen folgenschwere Anschuldigungen. Frankfurt 1895. Verlag von J.
D. Sauerländer. war, und dass wir auch bei der Wahl der zu
behandelnden Fragen uns zum Theil durch Einwände haben bestimmen lassen, welche von
dieser Seite her erhoben worden sind. Wir haben letzteres nicht etwa gethan, weil
wir diese Einwände wissenschaftlich irgendwie für berechtigt hielten, sondern weil es uns selbst
in einigen Fällen zweckmässig erschien, durch Wiederholung der älteren Versuche und
durch eine etwas abgeänderte Behandlung der Fragen für wichtige Ergebnisse noch mehr
Beweismaterial beizubringen. Der in chemischer und physiologischer Beziehung
durchaus unwissenschaftliche Standpunkt des Borggreve'schen Buchesv. Schroeder:„Ueber die Beschädigung der Vegetation durch Rauch, eine Beleuchtung der
Borggreve'schen Theorien und
Anschauungen über Rauchschäden.“ Freiberg in Sachsen 1895. Verlag
von Croz und Gerlach. Diese Abhandlung auch im Bericht über die 40.
Versammlung des sächsischen Forstvereins zu Löbau in Sachsen
1895. schliesst ein näheres Eingehen auf dasselbe an dieser Stelle
für uns vollständig aus. Wir enthalten uns daher auch grundsätzlich jeder Polemik,
und wollen in Folgendem, soweit experimentell bereits behandelte Fragen in Betracht
kommen, die geltend gemachten Einwände nur kurz andeuten, im Uebrigen aber an die
Resultate der Untersuchungen, wie sie von. früher her vorlagen, anknüpfen.
I. Beschädigung der Pflanzen durch länger andauernde
Einwirkung sehr kleiner Mengen schwefliger Säure.
Wenn man die Versuche, welche aus früherer Zeit bezüglich der Wirkung der
metallischen Hüttenrauchbestandtheile einerseits und der schwefligen Säure
andererseits vorliegenv. Schroeder und Reuss: Kap. I S. 14 bis 58 und Kap. II S. 59 bis 68. In dem Kap.
II der Stöckhardt'sche Versuch, um den es sich
hier handelt, S. 63 und 64., mit einander vergleicht, so ergibt
sich für die letztere, auch bei ziemlich grossen Verdünnungen in der Luft, eine sehr
viel energischere und durchgreifendere Benachtheiligung des Pflanzenlebens. Hiernach
erscheint der Schluss gerechtfertigt, dass die schweflige Säure als die
wesentlichste und hauptsächlichste Ursache der Hüttenrauchschäden anzusehen sei.
Dagegen kann der Einwand erhoben werden, dass die bei den meisten Versuchen zur
Anwendung gekommenen Säureconcentrationen, im Vergleich zu den Verhältnissen, wie
sie in der Natur liegen, immerhin noch viel zu gross seien. Beim Fuss der hohen Esse
der „Muldener-Hütten“ fand Reich, unter dem
Winde am Boden, mitten in den abziehenden Rauchwolken, schon in 60 Schritt
Entfernung von der Esse, nicht mehr als 1/90000 bis 1/130000 schweflige Säure in der Luft. Für
landwirthschaftliche Pflanzen (Weizen, Hafer, Erbsen) will Freytag nachgewiesen haben, dass Luft bei einem Gehalte von 1/70000
schwefliger Säure bei längerer Einwirkung auch unter den günstigsten Verhältnissen
von Wärme und Feuchtigkeit nicht den geringsten Schaden mehr hervorbringt – doch
lassen sich gegen diese Freytag'sche Grenzbestimmung
sehr schwer wiegende Bedenken erheben, welche die ganze Art der Versuchsanstellung,
sowie auch die Feststellung der Verdünnung der Säure in der Luft betreffen.
In der Natur haben wir es ohne Zweifel bei Rauchschäden in den meisten Fällen mit
länger andauernden Einwirkungen unbekannter sehr geringer Mengen schwefliger Säure
zu thun.
Stöckhardt nahm an, dass eine stetige oder wiederholte
Zuführung geringerer Mengen schwefliger Säure bezüglich der schädigenden Wirkung auf
die Pflanzen denselben oder einen ähnlichen Effect haben würde, wie eine
seltenere Einwirkung grösserer Quantitäten. Um das zu beweisen, und um den
Einwand in Betreff der zu hohen Concentrationen bei den früheren Versuchen zu
beseitigen, stellte Stöckhardt den bekannten, in der
Rauchlitteratur und bei Gutachten sehr häufig citirten Versuch an, bei welchem die
äusserst geringe Menge von 1/1000000 schwefliger Säure zur Anwendung kam. Vier
vierjährige, in Kübeln eingewurzelte Fichten wurden in einem Zimmer aus Fenster
gestellt, und durch Verbrennen einer Mischung von Schwefelkohlenstoff und Alkohol in
Intervallen von 1 bis 3 Stunden so viel schweflige Säure entwickelt, dass dieselbe
1/1000000 der
Localluft ausmachte. Ein Geruch nach schwefliger Säure war hierbei im Zimmer niemals
wahrnehmbar.
Während dreier Monate wurden an 60 Tagen insgesammt 335 solcher Einzelräucherungen
vorgenommen, und wurden dabei die Nadeln zweier Fichten durch Besprengen mit Wasser
feucht gehalten. Diese letzteren zeigten nach etwa 1½ Monaten eine beginnende
Bräunung der Nadelspitzen, während bei den trocken gehaltenen zwei Fichten diese
Erscheinung etwa einen Monat später auftrat. Diese Bräunung verbreitete sich im
Verlaufe des Versuches über die gesammte Benadelung. Nach Abschluss des Versuches,
noch 2½ Monate vor Regen geschützt an der freien Luft belassen, erholten die
Pflanzen sich nicht, sondern erwiesen sich als völlig abgestorben. Von zwei Kübeln
mit Controlfichten hatte der eine während der Versuchsdauer im Freien, der andere am
Fenster eines Nebenlocales gestanden, und waren diese Fichten vollständig gesund
geblieben. Die Analyse ergab in 100 Th. der Nadeltrockensubstanz für die
abgestorbenen Nadeln 0,721 Proc. Schwefelsäure, für die gesunden Nadeln der
Controlfichten 0,240 Proc.
Unserem Dafürhalten nach ist dieser Stöckhardt'sche
Versuch in der betreffenden Frage entscheidend, denn man ist berechtigt, auf Grund
desselben anzunehmen, dass selbst sehr geringe Mengen schwefliger Säure, die durch
den Geruch nicht einmal mehr wahrnehmbar sind, bei länger andauernder Einwirkung die
Vegetation schädigen und die Pflanzen sogar zum Absterben bringen können. Dass die
schweflige Säure hier, trotz der sehr geringen Concentration, von den betroffenen
Pflanzen zugleich auch wirklich aufgenommen wurde, beweist der stark gesteigerte
Schwefelsäuregehalt der Nadeln ganz unzweifelhaft.
Bei der grossen principiellen Bedeutung, welche diesem Versuche zugesprochen werden
muss, erscheint es aber gewiss wünschenswerth, dass derselbe auch von anderer Seite
wiederholt und dass das Resultat bestätigt wird. Wir haben zu diesem Zweck einige
Versuche mit Fichten und Kiefern angestellt, bei welchen, gerade ebenso wie bei Stöckhardt, sehr kleine Mengen schwefliger Säure
andauernd auf die Pflanzen einwirkten. Die gewählten Concentrationen waren 1/100000 und 1/1000000
schweflige Säure in der Luft. Bezüglich der Ausführung haben wir uns fast ganz nach
dem Stöckhardt'schen Vorbild gerichtet, und wir können
schon hier sagen, dass auch unsere Resultate mit dem Stöckhardt'schen Ergebniss vollständig übereinstimmen.
1) Versuch mit Fichten. Concentration
1/100000
schweflige Säure.
Als Versuchsraum diente eine im Souterrain des Laboratoriums belegene zweifenstrige
Stube, deren Volum nach den Messungen zu 40151,0 l berechnet wurde. Zur Herstellung der
Concentration von 1/100000 waren demnach 401,5 cc schweflige Säure nöthig, und um diese zu
erhalten, mussten 0,522 cc flüssiger Schwefelkohlenstoff verbrannt werden.Das Gewicht von 1 l gasförmiger schwefliger
Säure bei 15° C. = 2,7122 g. Das specifische Gewicht des flüssigen
Schwefelkohlenstoffs bei 15° C. = 1,2693. Der bequemeren
Handhabung wegen wurden 52,2 cc Schwefelkohlenstoff mit Alkohol auf 500 cc verdünnt,
und von dieser Flüssigkeit zu jeder Räucherung 5 cc genommen, welche die 401,5 cc
schweflige Säure liefern mussten.
Als Versuchsobjecte dienten vier Stück junge dreijährige Fichten von 40 bis 50 cm
Höhe, die aus dem Pflanzgarten beim Laboratorium ausgehoben und mit Erde ihres
Standortes in Töpfe von je 2 l Wurzelraum umgesetzt waren. Die vollkommen gesunden,
kräftig und schön entwickelten Pflanzen mit noch weichen Trieben, wurden vor das
nach Osten gerichtete Fenster gesetzt und der Versuch am 14. Juni begonnen. Als
Controlpflanzen dienten eine Anzahl von demselben Beet im Pflanzgarten entnommene
Fichten, die zu derselben Zeit in Töpfe umgepflanzt waren und die den
Versuchsfichten in ihrer Entwicklung möglichst gleichkamen. Diese Controlpflanzen
standen während der Dauer des Versuches im Freien.
Räucherungen wurden in Intervallen von 1 bis 3 Stunden täglich 3 bis 10 vorgenommen,
und während der Dauer des ganzen Versuches, vom 14. Juni bis 4. Juli, sind zusammen
109 Räucherungen ausgeführt. Das entspricht 43,76 l oder 118,7 g schwefliger Säure,
die im Laufe der 21 Tage nach und nach in dem Local verbreitet wurden. Die
Versuchsfichten wurden täglich mit Wasser besprengt. Nach jeder Einzelräucherung,
die einfach durch Verbrennen der 5 cc verdünnten Schwefelkohlenstoffes in einem
Porzellanschälchen vorgenommen wurde, konnte der Geruch nach schwefliger Säure in
der Stube sehr deutlich wahrgenommen werden. Man konnte sich aber trotzdem eine
Zeitlang in der Stube aufhalten, ohne von der Säure gar zu sehr belästigt zu werden.
Das Gas entwich verhältnissmässig schnell, und nach Verlauf einer Stunde konnte ein
bestimmter Geruch nach schwefliger Säure niemals mehr gespürt werden.
In der Zeit vom 14. bis 25. Juni wurde zuerst täglich nur 3mal geräuchert, und war
bis zu diesem Termin eine Einwirkung der schwefligen Säure mit Sicherheit noch nicht
zu constatiren. Am 26., 27. und 28. Juni wurde je 10mal täglich geräuchert, und am
28. früh war zum ersten Mal an allen vier Bäumchen ganz deutlich zu sehen, dass eine
Anzahl Nadeln an den Trieben sich zu verfärben begannen. Obgleich diese Erscheinung
bis zum Abend desselben Tages deutlich zunahm, war die Erkrankung jetzt noch nicht
bedeutend. In den 4 Tagen vom 29. Juni bis 2. Juli incl. fanden im Ganzen 31
Räucherungen statt. Am 2. Juli ist an den Trieben eine sehr starke Zunahme der
Nadelverfärbung zu constatiren, so dass alle vier Bäumchen jetzt ziemlich stark
beschädigt aussehen. Die erkrankten Nadeln sehen fahl, weisslichgrau, wie gelblich
aus und nur bin und wieder zeigt sich bei denselben ein schwach röthlicher Schein.
Am 3. und 4. Juli wurden zusammen noch 12 Räucherungen vorgenommen und damit der
Versuch beendet.
Am 4. Juli, nach der letzten Räucherung, sahen alle vier Bäumchen sehr stark
beschädigt aus, die beiden kleineren Exemplare erscheinen dabei aber weniger
afficirt, während die beiden grösseren Fichten mehr kranke und vertrocknende Nadeln
aufweisen. Bei allen vier Bäumchen ist jetzt, wie auch schon am 28. Juni und 2.
Juli, nicht zu verkennen, dass die am Fenster dem Licht zugewendete Seite stärker
gelitten hat, als die dem Zimmer zugekehrte Seite, und darin darf man wohl eine
Bestätigung unserer früheren Beobachtung erblicken, nach welcher das Licht die
schädliche Wirkung der schwefligen Säure befördert, während mangelnde Beleuchtung
sie verzögert.v. Schroeder und Reuss, S. 77.
Die Beschädigung, wie sie sich am 4. Juli darstellte, erstreckte sich ganz
vorherrschend auf die empfindlicheren Nadeln der Triebe, doch fanden sich an allen
vier Fichten auch ältere Nadeln, die missfarbig geworden waren und an den Spitzen
mehr oder weniger gebräunt erschienen. Obgleich sehr viele Nadeln der Triebe
erkrankt waren, fanden sich an den letzteren immerhin doch auch eine ganze Anzahl,
die rein grün und anscheinend unverletzt erschienen. Die beschädigten Nadeln der
Triebe waren entweder vollständig verfärbt oder nur von der Spitze aus mehr oder
weniger afficirt; sie sahen fahl, weisslichgrau aus und spielten zum Theil etwas ins
Röthliche. Ein Theil der missfarbigen Nadeln war vertrocknet und es machte sich bei
allen vier Fichten ein mehr oder weniger starker Nadelabfall von den Trieben
bemerkbar.
Eins von den beiden grösseren kranken Bäumchen (Nr. 1) wurde am 5. Juli nebst einer
Controlfichte zur chemischen Analyse verwendet, während die drei anderen Bäumchen
(Nr. 2 bis 4) ins Freie hinausgestellt wurden, um die Weiterentwickelung des
Beschädigungsbildes zu beobachten.
Auf 100 Th. Trockensubstanz ergaben die beschädigte Fichte Nr. 1 und die gesunde
Controlpflanze folgendes Resultat im Durchschnitt für die gesammte Benadelung:
SchwefelsäureBezüglich der Methode der Schwefelsäurebestimmung vgl. v. Schroeder und Reuss, S. 131 bis 133.Anmerkung: Es hat sich zur Erzielung absolut gleichmässiger
Analysenresultate eine bei den bisherigen Methoden der Schwefel-
bezieh. Schwefelsäurebestimmung in derartigen Objecten, wie sie hier
vorliegen, meines Wissens noch nicht angewandte Operation nöthig
gemacht. Bei den zahllosen SO3-Bestimmungen in Nadeln und anderen Pflanzentheilen, die ich
im Tharandter Laboratorium nach der von v.
Schroeder früher eingehaltenen Methode ausführte, erhielt
ich ab und zu zwischen Controlbestimmungen Differenzen an SO3 bis zu 0,03 Proc., die in Fragen
der Rauchbeschädigung recht beträchtlich sind. Bei eingehender
Verfolgung dieser Erscheinung stellte sich heraus, dass die Bildung
von Na2S beim Einäschern der mit
Na2CO3 durchtränkten Pflanzentheile diese Differenzen
veranlasste, denn bei dem nachfolgenden Abdampfen der Asche bezieh.
des wässerigen Auszuges der verkohlten Substanz mit Salzsäure musste
der in Na2S vorhandene Schwefel als
H2S entweichen und so der
Bestimmung entgehen. Der Beweis, dass wirklich Bildung von Na2S vorlag, wurde dadurch erbracht,
dass die Asche mit verdünntem Ammoniak ausgezogen und der Auszug mit
Silbernitrat versetzt wurde. Bei 20 eingeäscherten Nadelproben
wurden so Niederschläge von Ag2S
erhalten, die ihrer Menge nach in 6 Fällen nur sehr gering, in den
übrigen recht bedeutend waren. Um diesen als Sulfid vorhandenen
Schwefel gleichfalls zu Schwefelsäure zu oxydiren, wurde die Asche
bezieh. der wässerige Auszug der verkohlten Substanz mit
schwefelsäurefreier Kaliumpermanganatlösung versetzt, bis die
Flüssigkeit dauernd stark gefärbt blieb. Die nach Einführung dieser
Oxydation erhaltenen Resultate zeigten zwischen
Controlbestimmungen im Maximum 0,005 Proc. Differenz, liessen
demnach an Gleichmässigkeit nichts zu wünschen übrig. Alle SO3-Bestimmungen der vorliegenden
Arbeit sind unter Einhaltung dieser seit September 1894 von mir
befolgten und bewährt gefundenen Vorsichtsmaassregel ausgeführt.Schmitz-Dumont.Proc.
AscheProc.
Beschädigte Fichte Nr. 1
0,883
3,77
Gesunde Controlfichte
0,392
3,69
Der Schwefelsäuregehalt der Nadeln ist demnach gesteigert von 100 auf 225.
Die im Freien stehenden Bäumchen liessen noch weiter eine Anzahl der beschädigten
Nadeln fallen; bei den an den Trieben sitzenbleibenden machte sich aber von Tag zu
Tag mehr der Uebergang der ursprünglich fahlen weisslichgrauen Färbung ins Rothe
geltend. Am 8. Juli war dieser Uebergang ins Rothe so vollständig, dass die Bäumchen
nun das charakteristische Bild einer Rauchbeschädigung darboten, wie man es bei
Fichten bei stärkeren Beschädigungen häufig in der Natur findet: Die Triebe
schwächer benadelt, die beschädigten Nadeln der Triebe entweder vollständig roth,
oder mehr oder weniger rothspitzig mit grüner Basis, und dazwischen eine grossere
oder geringere Menge Nadeln, welche rein grün und anscheinend unverletzt sind. Die
überjährigen Nadeln haben ihre grüne Färbung im Ganzen besser erhalten, doch lassen
eine Anzahl derselben, die missfarbig und braunspitzig geworden sind, auch über die
hier erfolgte Einwirkung der schwefligen Säure keinen Zweifel aufkommen. Aus diesem
Versuche sowohl, wie aus einer ganzen Anzahl weiterer Beobachtungen, die wir in
diesem Jahre zu machen Gelegenheit hatten, ergibt sich, dass das Rothwerden der
jüngeren Fichtennadeln nicht unmittelbar nach einer stattgehabten Raucheinwirkung
sich zeigt. Im vorliegenden Falle vergingen 6 bis 10 Tage, bis nach der zuerst
constatirten stärkeren oder schwächeren Beschädigung der Nadeln das
charakteristische definitive Bild der Rauchkrankheit sich entwickelt hatte.
Am 11. Juli wurden die drei kranken Fichten und drei Controlpflanzen zur chemischen
Untersuchung abgeschnitten. Die heurigen und überjährigen Nadeln wurden sorgfältig
gesondert und folgende Resultate erhalten:
Schwefel-säureProc.
AscheProc.
HeurigeNadeln
Beschädigte Fichten Nr. 2 bis 4Gesunde
Controlfichten
0,9480,287
3,603,46
UeberjährigeNadeln
Beschädigte Fichten Nr. 2 bis 4Gesunde
Controlfichten
0,8390,415
?3,69
Wir haben hier demnach bei den heurigen Nadeln eine Steigerung des
Schwefelsäuregehaltes von 100 auf 330, bei den überjährigen Nadeln dagegen eine
Steigerung von 100 auf 202.
Um zu sehen, ob bei den fortgesetzten Räucherungen auch der Boden der
Versuchspflanzen die Säure aus der Luft in merkbarer Menge aufgenommen hatte, wurde
zum Schluss sowohl in diesem, sowie in dem Boden der Controlpflanzen die
Schwefelsäure bestimmt. Je 300 g Feinerde wurden auf dem Wasserbade 24 Stunden lang
mit 600 cc Salzsäure von 1,12 spec. Gew. behandelt, und in 400 cc dieser Lösung ist
die Schwefelsäure dann in gewöhnlicher Weise bestimmt. Auf 100 Th. Trockensubstanz
berechnet ergab sich folgendes Resultat:
Boden der kranken VersuchsfichtenBoden der gesunden
Controlpflanzen
0,04490,0336
Proc. Schwefel-säure
Die Zunahme des Schwefelsäuregehaltes im Boden ist hier also ganz bestimmt
nachzuweisen. Die Steigerung des Gehaltes ist aber keine sehr bedeutende, denn sie
berechnet sich auf 100 : 130, während die Steigerung des Schwefelsäuregehaltes
der Fichtennadeln bei diesem Versuch sich zwischen den Verhältnissen 100 : 202 und
100 : 303 bewegte. Es ist ja gewiss nicht ausgeschlossen, dass der vergrösserte
Schwefelsäuregehalt des Bodens bis zu einem gewissen Grade mit dazu beigetragen hat,
den Schwefelsäuregehalt der geräucherten Fichtennadeln zu erhöhen, man wird darin
aber immer nur einen ganz untergeordneten Factor für das Versuchsergebniss erblicken
können. Dass die schädigende schweflige Säure von den Blattorganen aus der Luft
aufgenommen wird, und dass der Boden bei der Schädigung keine Rolle spielt, ist nach
allen früheren Versuchen nicht zu bezweifeln, und werden wir Gelegenheit haben,
hierauf in dem zweiten Kapitel dieser Abhandlung noch näher zurückzukommen.
2) Versuch mit Kiefern. Concentration
1/100000
schweflige Säure.
Dieser Versuch wurde in demselben Raum ausgeführt wie der vorige Versuch, und war
auch die Menge des zu jeder Räucherung verwendeten verdünnten Schwefelkohlenstoffes
dieselbe.
Als Versuchsobjecte dienten drei Stück dreijährige Kiefern, die schon zu Anfang des
Monats Mai aus dem Pflanzgarton beim Laboratorium mit Erde ihres Standortes in Töpfe
von je 4 l Wurzelraum umgepflanzt und hier gut fortgekommen waren. Als
Controlpflanzen dienten im Freien stehende, möglichst gleichartig entwickelte
Kiefern, die von demselben Beet herstammten, von dem die Versuchspflanzen entnommen
waren. Bei Beginn des Versuches hatten die drei kräftig entwickelten Kiefern abc eine Höhe von 45 bis 54 cm. Der Endtrieb zeigte
eine Länge von 22 bis 27,5 cm. Ausser den heurigen Nadeln hatten die Bäumchen nur
vorigjährige Nadeln; alle Nadeln waren vollkommen gesund und die Länge der heurigen
Nadeln am Endtrieb betrug etwa 2,5 bis 4,5 cm.
Am 5. Juli wurden die drei Kiefern auf das Fenster des Versuchsraums gesetzt und
begannen die Zuführungen der schwefligen Säure an diesem Tage. Geräuchert wurde am
5. Juli 5mal, am 6. Juli 10mal, am 7. Juli 4mal und am 8. Juli 1mal, in Summa
demnach 20 Räucherungen, durch welche im Local innerhalb der 4 Tage nach und nach
80,3 1, entsprechend 21,78 g, schweflige Säure verbreitet wurden.
Am 8. Juli wurde der Versuch beendet und mit den Räucherungen aufgehört, weil sich an
diesem Tage vielfach eine ganz deutliche Verfärbung der Nadeln zeigte. Diese betraf
zunächst nur die heurigen Nadeln und machte sich besonders bei b und c, weniger bei a geltend. Die Verfärbung ging von den Spitzen aus und
setzte sich mehr oder weniger weit nach der Basis fort. Die beschädigten
Nadelspitzen sahen fahlgrün, wie trocken geworden aus, und hatten ihre Farbe zum
Theil in ein stumpfes helles Graubraun umgeändert. Die Bäumchen wurden nun ins Freie
gesetzt und weiter beobachtet.
Am 9. Juli tritt bei dem Bäumchen b auch an den Spitzen
der alten vorigjährigen Nadeln eine Verletzung hervor. Diese Erscheinung nimmt zu
und ist am 11. Juli namentlich bei c, weniger bei a und b zu beobachten. Die
verletzten alten Nadeln sind mehr oder weniger rothspitzig, während bei den viel
zahlreicher beschädigten heurigen Nadeln das ursprüngliche Graubraun erst jetzt sich
in Roth umzuändern beginnt. Bis zum 17. Juli hat sich bei allen drei
Bäumchen das charakteristische Krankheitsbild, wie man es bei stark von Rauch
beschädigten Kiefern in der Natur häufig findet, vollständig ausgebildet. Dabei ist
sehr deutlich sichtbar, dass b und c viel stärker gelitten haben als a. Bei den beiden ersteren sind fast sämmtliche heurige
Nadeln zur Hälfte oder fast ganz roth, auch viele der vorigjährigen Nadeln sind
stark beschädigt und manche von ihnen sind von der Spitze aus bis zur Mitte roth
gefärbt. Bei a sind ebenfalls die meisten heurigen
Nadeln rothspitzig, die Rothfärbung geht aber meist nicht bis zur Hälfte der Nadel,
und zwischen den verletzten finden sich auch einige heurige Nadeln, die vollkommen
grün und anscheinend gesund sind. Von den vorigjährigen Nadeln haben die meisten
ihre grüne Farbe vollständig bewahrt, nur einige von ihnen sind etwas rothspitzig.
Von der Zeit, wo bei den Kiefern die erste äusserlich sichtbare Beschädigung
hervortrat, bis zur vollständigen Entwickelung des definitiven Krankheitsbildes sind
bei diesem Versuche 9 Tage vergangen. Wie bei dem vorigen Versuche mit den Fichten,
so zeigt sich auch hier wieder, dass die älteren überjährigen Nadeln, obschon sie
resistenter als die heurigen sind, von der Beschädigung durch saure Gase doch nicht
ausgeschlossen sein können. Aus der chemischen Untersuchung geht auch hier, ebenso
wie für die heurigen Nadeln, eine starke Steigerung des Schwefelsäuregehaltes für
die älteren Nadeln hervor.
Zur Analyse wurden die beiden kranken Kiefern b und c, sowie eine Anzahl Controlpflanzen verwendet. Die
heurigen und vorigjährigen Nadeln wurden getrennt untersucht und aus dem
festgestellten Gewichte der beiderseitigen Nadeljahrgänge die Schwefelsäure und die
Asche auch für die ganze Benadelung der Bäumchen berechnet. Dabei ergab sich
zunächst für das Verhältniss der Nadeljahrgänge:
Versuchs-pflanzen
Control-pflanzen
Heurige Nadeln
62,1
62,7
Vorigjährige Nadeln
37,9
37,3
–––––––
–––––––
100,0
100,0
Die Schwefelsäure- und Aschebestimmungen ergaben Folgendes:
Schwefel-säureProc.
AscheProc.
HeurigeNadeln
Die kranken Kiefern b und cGesunde Controlpflanzen
0,5010,211
3,473,15
VorigjährigeNadeln
Die kranken Kiefern b und cGesunde Controlpflanzen
0,4640,259
–4,06
GesammteBenadelung
Die kranken Kiefern b und cGesunde Controlpflanzen
0,4870,229
–3,49
Der Schwefelsäuregehalt der heurigen Nadeln ist demnach von 100 auf 237 gesteigert,
während diese Steigerung bei den vorigjährigen Nadeln 100 : 179 beträgt. Diese
bedeutende Zunahme des Schwefelsäuregehaltes entspricht hier, ebenso wie bei den
Fichten des vorigen Versuches, der durch die schweflige Säure verursachten starken
Beschädigung der Blattorgane.
3) Versuch mit Fichten. Concentration
1/1000000
schweflige Säure.
Dieser Versuch wurde in einer grossen zweifenstrigen Stube ausgeführt, die auf der
Ostseite im Parterre des Laboratoriums liegt und nach den ausgeführten Messungen ein
Volum von 188783 l hat. Zur Erreichung der Concentration von 1/1000000 mussten
bei jeder Räucherung 188,78 cc schweflige Säure entwickelt werden, und dazu
waren rund 0,25 cc flüssiger Schwefelkohlenstoff nöthig. Es wurden 50 cc
Schwefelkohlenstoff mit Alkohol auf 1 1 verdünnt und zu jeder Räucherung 5 cc dieser
Flüssigkeit verwendet. Beim Abbrennen dieser kleinen Menge Schwefelkohlenstoff
konnte, auch sofort nach den Räucherungen, ein Geruch nach schwefliger Säure in dem
Local niemals wahrgenommen werden.
Zu dem Versuche dienten 5jährige Fichten, die aus dem Forstgarten herstammten und
Mitte Mai mit Erde ihres Standortes in Töpfe von 4 l Wurzelraum umgesetzt waren. Die
Bäumchen waren ungefähr 50 cm hoch und hatten zu Beginn des Versuches Triebe von 2
bis 6 cm Länge. Die Pflanzen waren vollkommen gesund, doch etwas kleinnadelig. Vier
Bäumchen kamen als Versuchspflanzen an das Fenster des Locals zu stehen, während
vier andere als Controlpflanzen dienten und während der Dauer des Versuches im
Freien standen.
Der Versuch begann am 31. Mai und wurden die Räucherungen bis zum 10. August
fortgesetzt. Die Räucherungen wurden in Intervallen von 1 bis 3 Stunden vorgenommen
und zwar 3- bis 10mal täglich; sie vertheilen sich im Einzelnen wie folgt:
Anzahl der
Tage
Räucherungen
31. Mai
1
4
Vom 1. bis 30. Juni
30
217
Vom 1. bis 31. Juli
31
275
Vom 1. bis 10. August
10
87
––––
–––––
72
583
Die Gesammtmenge der schwefligen Säure, die innerhalb der 72 Tage mit den 583
Einzelräucherungen in dem Versuchsraum verbreitet wurde, beträgt demnach 110,05 l
oder 298,5 g.
Die Bäumchen wurden hin und wieder mit Wasser besprengt, um die Wirkung des sauren
Gases zu befördern, doch konnte bis gegen Ende Juli eine Veränderung an ihnen nicht
constatirt werden. Am 29. Juli beginnen die Bäumchen stellenweise ihr frisches
Aussehen zu verlieren. Einzelne Nadeln vertrocknen und vom 5. August ab liessen
sämmtliche Bäumchen Nadeln fallen, die ausser der Schrumpfung und der fahl
mattgrünen Färbung sonst nichts Auffallendes beobachten liessen. Dieser Nadelabfall
ist besonders stark beim Bäumchen Nr. 1 und es werden daher hier die abgefallenen
Nadeln vom 5. August ab gesammelt und zur chemischen Untersuchung aufgehoben. Am 6.
August begann an einigen dem Licht zugewendeten Zweigen der graugrüne Ton der
beschädigten Nadeln sich in ein fahles Gelb umzuwandeln, und dieser Farbenumschlag
nahm von Tag zu Tag zu, so dass beim Schluss des Versuches am 10. August alle vier
Exemplare sehr stark beschädigt aussahen; namentlich auf der nach dem Licht
gerichteten Seite fanden sich bei allen Bäumchen Triebe mit missfarbigen Nadeln.
Auch an den überjährigen Nadeln der beschädigten Zweige war eine Verfärbung zu
erkennen; sie sahen fahl aus und waren zum Theil gebräunt. Vom 10. bis 28. August
standen die Bäumchen am geöffneten Fenster unter dem Einfluss der Aussenluft. Die
Verfärbung der Nadeln nahm in dieser Zeit noch wesentlich zu. Auf der Lichtseite
waren, namentlich in den unteren Partien der Bäume, fast alle Nadeln der Triebe gelb
bis gelbbraun, die überjährigen Nadeln braun gefärbt. Auf der Schattenseite war die
Missfärbung ebenfalls vorhanden, es fanden sich hier aber mehr grün gebliebene Zweige und Nadeln.
Die Controlpflanzen hatten sich die ganze Zeit über im Freien gesund gehalten.
Zur chemischen Untersuchung kamen zunächst die von dem Bäumchen Nr. 1 abgefallenen
und gesammelten Nadeln. Diese ergaben für 100 Tb. Trockensubstanz 5,87 Proc. Asche
und 0,578 Proc. Schwefelsäure.
Ferner wurden untersucht die Nadeln des am 28. August abgeschnittenen Bäumchens Nr.
4, welches zu dieser Zeit die Krankheitserscheinungen stärker als Nr. 2 und Nr. 3
zeigte. Im Mittel für alle Nadeln ergab sich 5,54 Proc. Asche und 0,509 Proc.
Schwefelsäure.
Die am 28. August abgeschnittenen kranken Bäumchen Nr. 2 und Nr. 3 wurden zusammen
analysirt und zwar heurige und überjährige Nadeln getrennt. Die ganze Benadelung
bestand aus 47,2 Proc. heurigen und 52,8 Proc. überjährigen Nadeln. Erstere ergaben
3,97 Proc. Asche und 0,528 Proc. Schwefelsäure, letztere 5,40 Proc. Asche und 0,512
Proc. Schwefelsäure. Daraus folgt für die ganze Benadelung 4,72 Proc. Asche und
0,519 Proc. Schwefelsäure.
Zum Vergleich dient die Analyse zweier am 28. August abgeschnittenen Controlpflanzen,
deren Benadelung aus 49,1 Proc. heurigen und 50,9 Proc. überjährigen Nadeln bestand.
Erstere ergaben 4,52 Proc. Asche und 0,280 Proc. Schwefelsäure, letztere 5,28 Proc.
Asche und 0,272 Proc. Schwefelsäure. Für die ganze Benadelung ergibt sich daraus
4,91 Proc. Asche und 0,276 Proc. Schwefelsäure.
Die bedeutende Steigerung des Schwefelsäuregehaltes der Nadeln ist hiernach ganz
unzweifelhaft, und das ergibt sich sowohl, wenn man die gesammte Benadelung der
kranken und gesunden Bäume mit einander vergleicht, wie auch, wenn man die heurigen
und überjährigen Nadeln beiderseits für sich betrachtet. Für die gesammte Benadelung
erhalten wir folgende Uebersicht:
Schwefel-säure
Asche
Schwefel-säure aufAsche100 Th.
Proc.
Proc.
Proc.
Abgefallene Nadeln von Nr. 1Kranke Nadeln von Nr.
4Kranke Nadeln von Nr. 2 und Nr. 3
0,5780,5090,519
5,875,544,72
9,85 9,1911,00
Mittel für die kranken NadelnGesunde Nadeln der
Control- pflanzen
0,5350,276
5,384,91
9,94 5,62
Die Steigerung des Schwefelsäuregehaltes geht hier im Mittel von 100 auf 194. Ein
ganz entsprechendes Resultat erhält man, wenn man die heurigen und überjährigen
Nadeln für sich, bei den kranken Fichten Nr. 2 und Nr. 3 mit den der gesunden
Controlpflanzen vergleicht. Man erhält dann folgende Zusammenstellung:
Schwefel-säure
Asche
Schwefel-säure aufAsche100 Th.
Proc.
Proc.
Proc.
HeurigeNadeln
KrankeGesunde
0,5280,280
3,974,52
13,30 6,19
UeberjährigeNadeln
KrankeGesunde
0,5120,272
5,405,28
9,48 5,15
Bei den heurigen Nadeln haben wir hier eine Steigerung der Schwefelsäure von 100 auf
189, bei den überjährigen Nadeln von 100 auf 188.
Betrachtet man die Resultate dieser drei Versuche, so liegt die Uebereinstimmung
mit den Ergebnissen Stöckhardt's auf der Hand, und
ebenso leuchtet ein, dass die von Freytag angegebene
Grenze im Allgemeinen viel zu niedrig gegriffen ist. Wir bezweifeln auch sehr, dass
die Freytag'sche Zahl für landwirthschaftliche Pflanzen
richtig ist, und dürfte letzteres leicht durch wiederholte Versuche zu erweisen
sein. Unserem Dafürhalten nach wird es überhaupt sehr schwer sein, auch nur für eine
einzige Pflanzenart auf experimentellem Wege eine bestimmte Grenze festzustellen, denn es zeigt sich ja bei allen Versuchen,
in wie hohem Grade die schädliche Wirkung ein und derselben Menge schwefliger Säure
durch die begleitenden Umstände bald vermindert, bald erhöht wird. Und hierzu kommt
dann, wenn wiederholte Einwirkungen kleinerer Mengen des schädlichen Gases
vorauszusetzen sind, der ebenso wenig berechenbare Factor der Zeit. Aber selbst wenn
es möglich wäre, eine solche Grenze festzustellen, würde das für praktische
Rauchexpertisen wenig Werth haben, denn es wird niemals sicher nachzuweisen sein, ob
die aus einer Rauchquelle in die Luft gelangte schweflige Säure innerhalb einer
gewissen Zeit sich in der als unschädlich anzusehenden Concentration befunden habe,
oder ob diese Grenze überschritten worden und man daher berechtigt sei, eine
vorgefundene Verletzung der Vegetation diesem Umstände zuzuschreiben. Aus den
vorliegenden Versuchen ist jedenfalls zu ersehen, dass auch sehr kleine Mengen
schwefliger Säure, die in kürzerer Zeit merkbare Beschädigungen nicht hervorbringen,
wenn sie mehr oder weniger andauernd einwirken, schliesslich ein Erkranken und sogar
das Absterben der Pflanzen verursachen können. Damit fällt der Einwand bezüglich der
sonst bei den Versuchen öfter angewendeten grösseren Concentrationen weg. Dass
kleinere Mengen schwefliger Säure im Allgemeinen längere Zeit zur Hervorbringung
einer Schädigung brauchen werden als grössere Mengen, ist an sich einleuchtend, und
das geht auch aus dem Vergleich der hier angestellten Versuche Nr. 1 und 2 mit Nr. 3
deutlich hervor. Bis zu einer gewissen Grenze ist es auch wörtlich richtig, wenn Stöckhardt sagt, dass eine stetige oder wiederholte
Zuführung geringerer Quantitäten schwefliger Säure bezüglich der schädigenden
Wirkung auf die Pflanzen „denselben Effect“
haben würde wie eine seltenere Einwirkung grösserer Mengen. Genau dasselbe
charakteristische Krankheitsbild, das man in der Natur in grösserer Nähe von
Rauchquellen bei Fichten und Kiefern antrifft, können wir künstlich hervorrufen,
z.B. durch Räucherungen mit 1/10000 und 1/100000 schwefliger Säure, nur müssen in letzterem
Falle unter sonst gleichen Bedingungen eine grössere Anzahl Räucherungen vorgenommen
werden, und tritt die Erkrankung auch später ein. Von einer gewissen Grenze ab muss
sich aber bei zunehmender Verdünnung auch das Krankheitsbild allmählich verändern;
man beobachtet das überall in der Natur, wenn man sich von den Rauchquellen weiter
entfernt, und dafür spricht auch der Erfolg unseres Versuches Nr. 1 im Vergleich zum
Resultat des Versuches Nr. 3. Selbstverständlich gibt es bezüglich der Verdünnung
der schwefligen Säure ebenso wie bezüglich der Entfernung von einer Rauchquelle
immer eine Grenze, wo jede Schädigung aufhören muss. Diese Grenze der Verdünnung
lässt sich in Zahlen bis jetzt aber nicht angeben, und es muss für unsere
Vorstellung vorläufig genügen zu wissen, dass es sich bei den schädigenden Wirkungen der
schwefligen Säure häufig auch um sehr kleine, durch den Geruch gar nicht mehr
wahrnehmbare Mengen handeln kann.
(Fortsetzung folgt.)