Titel: | Glättung der See. |
Autor: | Wilh. Gentsch |
Fundstelle: | Band 299, Jahrgang 1896, S. 74 |
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Glättung der See.
(Schluss des Berichtes S. 58 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Glättung der See.
Nach zahlreichen VersuchenAnn. d. Hydr. u. Marit. Met., 1893 S.
323. auf Teichen und Flüssen, insbesondere aber auch auf der offenen
Nordsee (9. bis 14. Juli 1893) gelangte Köppen zu dem
Ergebnisse, dass Lösungen von 2 oder 3 Th. Seife auf 100 Th. Wasser sowohl auf
frisches als auf Salzwasser mindestens dieselbe glättende Wirkung äussern, wie die
besten Oele; dagegen sollten Lösungen von 1 oder ½ Proc. Seife eine zwar deutlich
erkennbare, aber nur sehr kurz dauernde, und solche von ¼ Proc. nur noch sehr
undeutliche Wirkung geben, so dass entgegen Prof. Quincke's Bestimmungen sehr schwache Seifenlösungen nicht anwendbar wären.
Beim Gebrauch von Bord aus müsste man die letztere in Metallgefässe – Büchsen oder
Röhren –, in welche entsprechend enge Löcher eingestossen worden, füllen, da
Zeugbeutel vom Seifenniederschlag bald dicht werden. Da Seife in Salzwasser nur
wenig löslich, andererseits aber Süsswasser an Bord nicht allzu wohlfeil ist, dürfte
beiläufig die von Köppen in praxi gemachte Beobachtung
von Werth sein, dass ein halb leer gelaufenes Gefäss zur Wiederherstellung des
Druckes mit Salzwasser nachgefüllt werden kann, ohne dass die Wirkung der
Seifenlösung beeinträchtigt würde. Beimischungen von Fett, Schmutz u. dgl. sollen
von keiner Bedeutung sein.
In der Revue maritime et coloniale (1894) beschreibt der
Capitän des Dampfers Sénégal eine praktische Erprobung
des Seifenwassers. Er liess gelegentlich eines Sturmes im Adriatischen Meere 3 k
Seife in 70 l Wasser auflösen und die Lösung auf alte Schwabber giessen, welche, in
die Backbordgallion gelegt, das Seifenwasser langsam auslaufen liessen. Es bildete
sich ein Gürtel von 10 m Breite, in welchem die Seen sich verliefen, ohne auf Deck
zu gelangen. Das Schiff war unter Gaffelsegeln beigedreht. Nach Besserung des
Wetters wurde die Fahrt gesteigert und die schützende Wirkung des Seifenwassers
hielt noch bei 45 Umdrehungen der Maschine an. Das Aufhören des
Seifenwasserausflusses hatte jedoch wieder das Uebernehmen von Wasser zur Folge.
Bei dem Interesse, welches in der Neuzeit von der Kriegsmarine allen Neuerungen auf
dem seemännischen Gebiete entgegengebracht wird, hat es nicht ausbleiben können,
dass die Aufmerksamkeit der betheiligten Kreise sehr bald auch auf die Glättung der
See mittels Seifenwassers gelenkt wurde. Aus den vorliegenden BerichtenAnn. d. Hydr. u. Marit.
Meteorol., 1894 8. 232. der Commandos einzelner Schiffe,
welche im J. 1893 zum Theil vergleichende Versuche durchgeführt haben, entnehmen wir
Folgendes: S. M. S. Marie traf am 15. December
genannten Jahres auf der Reise von Talcahuano nach Valparaiso bei südlichem
Wind (Stärke 4) einen leichten Seegang (3 bis 4) an. Es wurde gewöhnliches
Maschinenöl und weisse Stangenseife nach einander geprüft. Man stopfte in Säcke aus
doppelter Scheibenleinwand von 50 cm Höhe und 30 cm Durchmesser mit Maschinenöl
getränktes Werg. Die Seifenlösung jedoch füllte man in die beim Versand üblichen,
etwa 2 Pfützen haltenden Erdölbehälter, in deren Boden drei feine Löcher gebohrt
waren, so dass der Ausfluss nur langsam stattfinden konnte. Die Versuche fanden
statt, als das Schiff lenzte, als es gegen die See dampfte und als es beilag. Beim
Lenzen erschien die Verwendung von Oel und Seifenwasser am nützlichsten,
gleichgültig ob die Stoffe durch die Closetröhren austraten, oder ob die Apparate an
den Nocken der blinden Raa angebracht waren. Die gewünschte Wirkung trat bei Oel
stets ohne Zweifel ein, während sie selbst bei einer 10procentigen Seifenlösung
nicht so augenscheinlich war, ausserdem eine bedeutend grössere Menge Seifenwasser
erforderlich erschien.
In gleicher, wenig günstiger Weise für die Seife lautet der Bericht von S. M. S. Baden, welche am 29. November 1893 in der Ostsee bei
nördlichem Wind (Stärke 7 bis 8) recht gegen die See dampfte und dabei an jeder
Seite des Bugs eine Büchse, mit vorschriftsmässig angerührtem Seifenwasser
angefüllt, trug; durch die feinen Löcher des Büchsenbodens konnte 1 l der Lösung pro
Stunde und Stelle austreten. Ein Erfolg wurde jedoch ebenso wenig erzielt, wie mit
2,5 l Verbrauch. Ein zweiter Versuch fand am 30. November bei achterlicher See und
Windstärke 5 bis 6 statt, wobei man die Büchsen seitlich achtern aufhing. 1 l
Seifenwasser pro Stunde und Stelle bewirkten nur die zeitweise Bildung kleiner
glatter Stellen, welche von der See rasch verwischt wurden. Erst grössere Mengen
Seifenwasser vermochten grössere glatte Flächen für längere Zeit im Kielwasser zu
erhalten. Dagegen zeigte die vergleichende Benutzung von gebrauchtem Maschinenöl
weit günstigere Resultate, da bei 0,7 l stündlichen Verbrauches das Kielwasser in
einer Breite von 2 bis 3 m geglättet wurde, wenn auch mit geringfügigen
Unterbrechungen.
Auch S. M. S. Sachsen, welche am 21. November 1893 auf
der Höhe von Gotland bei einer Windstärke von 7 bis 8 mit einer Lösung von 300 g
grüner und weisser Seife in 10 l Wasser experimentirte, hatte keine Erfolge erzielen
können. Die Büchsen wurden an 5 m langen Schubstangen der Torpedo-Schutznetzspieren
½ m über Wasser gehängt; später hing man, gleichfalls erfolglos, eine Büchse
luvwärts in den Ausguss. Bemerkt sei, dass die Sachsen
1 bis 1½ Seemeilen Fahrt hatte.
Die neuesten Berichte klingen wie eine formelle Absage dem Seifenwasser als
Seeglättungsmittel gegenüber, so dass einmal die Oele den Sieg davongetragen haben,
andererseits
sich aber auch die Wellenberuhigungstheorie, welche sich lediglich auf die
Veränderung der Oberflächenspannung gründet, als nicht stichhaltig gezeigt hat.
Bei den 200 Versuchen, über welche der Admiral Cloué in
der Pariser Akademie der Wissenschaften 1887 berichtet hatte, sind die
verschiedensten Oelgattungen, ja sogar geschmolzenes Fett und gewöhnlicher Firniss
zur Verwendung gelangt. Am besten sollte sich Fischthran, insbesondere der Thran von
Robben und Braunfischen bewährt haben, während Mineralöle durchschnittlich als zu
leicht, einige vegetabilische Oele, wie das Cocosnussöl, dagegen als zu leicht
erstarrend befunden wurden. Der Oelverbrauch bei 17 vor dem Winde laufenden Schiffen
betrug im Mittel 1,83 l in der Stunde; 11 beiliegende Schiffe gebrauchten 2,70 l,
zwei Rettungsboote 2,75 l in der Stunde, so dass das Mittel 2,20 l in der Stunde
betragen würde. Demgegenüber hob Cloué die Angaben
hervor, nach denen 14 Schiffe nur einen stündlichen Verbrauch von 0,66 l aufzuweisen
gehabt hätten. Aus dem ausgegossenen Oel und der Ausdehnung der geölten Fläche liess
sich beiläufig auf eine Oelschichtdicke von 1/90000 mm schliessen.
Dr. M. M. Richter (Hamburg) hat in seiner Druckschrift:
Die Lehre von der Wellenberuhigung, insofern eine
abweichende Theorie aufgestellt, als er die Ausbreitung der Oele von der
eigentlichen Wellenberuhigung trennt. Zwar soll nach ihm die erstere die
Vorbedingung für die letztere, die eigentliche Wellenberuhigung indessen als eine
reine Lösungserscheinung anzunehmen sein. Für die Erklärung des Phänomens selbst
setzt Richter das Vorhandensein von Kräften an jedem
Punkte der Oeldecke voraus; diese Kräfte müssen activ wirken, wenn an der gesammten
Oeldecke Lösungserscheinungen auftreten. Da aber die in Frage kommenden Kräfte um so
energischer werden, je schwerer das Oel im Wasser löslich ist, so wird nach der Richter'schen Diffusionstheorie ein schwer lösliches
Oel den Zweck am besten erfüllen. Für die Grenzen der Löslichkeit gibt Richter 1 : 10000 bis 1 : 30000 an und als wirksames
Mittel die Oelsäure, welche in sehr geringem, aber noch nachweisbarem Maasse in
Wasser löslich ist und zur Verhinderung des Erstarrens anderen flüssigen Mitteln
beigemischt wird. Aus der Reihe der von Richter
angeführten Belege für die Richtigkeit seiner Theorie möge hier das Beispiel Platz
finden, bei welchem ein Vergleich zwischen einer Lösung von stearinsaurem Kali,
welche als Oberflächenspannung 2,831 mg/mm zeigt, und einer solchen von ölsaurem Kali,
welche die Spannung 2,722 hat, gezogen wird. Die letztere besitzt wellenberuhigende
Eigenschaften, die erstere trotz höherer Spannung nicht. Noch auffälliger tritt das
Missverhältniss zu Tage, welches offenbar bei der Oberflächenspannungstheorie
herrscht, wenn man der Lösung des ölsauren Kalis die Oelsäure entzieht; in diesem
Falle bleibt die Spannung zu 2,722 bestehen, die wellenberuhigende Wirkung geht
jedoch der Lösung verloren.
Auch dass die Erscheinung noch lange nach erfolgter Ausbreitung anhalte, spreche
dafür, dass andere Kräfte als die Oberflächenspannung für längere Zeit mitwirken
müssten.
Umfassende Versuche hatten in Dr. Richter die
Ueberzeugung geweckt, dass die wellenberuhigende Wirkung den in den ranzigen Oelen
vorkommenden flüssigen Fettsäuren, wie der Oelsäure, allein zuzuschreiben sei, dass
ein Zusatz von 0,1 Proc. der Oelsäure zu reinem Erdöl schon genügt, diesem die
glättende Eigenschaft zu verleihen. Das ungeheuer rasche Ausbreitungsvermögen der
Oelsäure auf dem Wasser soll auf der Kraft beruhen, welche sich beim Lösen der
Oelsäure im Wasser äussert, und die Wellenberuhigung nach Richter auf einfache Diffusionserscheinungen zurückzuführen sein, so dass
die Löslichkeit des Beruhigungsmittels im Seewasser ein Haupterforderniss der
Wirksamkeit darstellen würde. Im Momente der Aeusserung soll die Oelsäureschicht auf
dem Wasser oft nur 2/1000000 mm betragen, während sich die Oelsäure in reinem Flusswasser wie 1
: 11000, in destillirtem Wasser wie 1 : 8000 und in Seewasser wie 1 : 26000 löst.
Richter will also flüssige ungesättigte Fettsäuren
als Seeglättungsmittel benutzen, oder, weil dieselbe schon bei etwa 0° erstarrt,
also wirkungslos wird, eine Lösung derselben (in Erdöl, Alkoholen).D. R. P. Nr. 76926. Im Handel
befindliche fettsäurehaltige Oele würden deshalb unzuverlässig sein, weil sie
ungleichartig zusammengesetzt und meist wegen ihres Gehaltes an festem
Stearinsäureglycerid u.s.w. schon bei 4° erstarren. Erforderlichenfalls erhält die
Richter'sche Composition einen Zusatz von einer
sowohl in den Lösungsmitteln der Fettsäure als auch im Wasser gut löslichen, als
Vertheiler wirkenden Substanz (wasserfreie Alkohole, z.B. Amylalkohol).
Der Lotsendampfer Pilot benutzte das Richter'sche Oel erfolgreich am 12. April 1895, als es
ihm nicht gelang, einen Lotsen an Bord eines in den Pillauer Hafen einzuführenden
Schiffes zu schaffen. Die stark brechende See soll beim Austräufeln des Oels in
auffallender Weise geglättet worden sein.
Auch der Capitän Hansen, Commandant des dänischen
Kriegsschiffes Dagmar, spricht sich in einem
BerichteHansa, 1895 S. 69. über das Richter'sche Wellenöl anerkennend aus. Auf einer Reise
von Kopenhagen nach dem Mittelmeer hatte der Dagmar
einen Sturm (Wind WNW., Stärke 10) zu überstehen, indem er, quer in der See liegend,
durch Anwendung des Oels das Deck von Sturzseen frei hielt. Der Verbrauch betrug 2
Gallonen.
Desgleichen bezeichnet der Führer der Preussen, J.
Schmid, das Richter'sche Oel als bestes der
von ihm verwandten Mittel: Leinöl, Lampenöl, Erdöl, Thran; er hält jedoch eine Menge
von 1½ bis 2 k pro Wache für erforderlich.
Eine andere Illustration für die Tragweite auch des Richter'schen Wellenöls liefern die Versuche, welche auf dem
Regierungsdampfer Triton der königl.
Wasserbauinspection in Tönning (1894) angestellt wurden.Centralbl. d.
Bauv., 1895 S. 169. Bei stürmischem Südwestwind und
geringer gleichmässiger See schoss man zunächst vom Triton mittels einer Armbrust Pfeile ab, welche mit ölgetränktem Twist
umwickelt waren; die Pfeile schlugen auf 40 m Entfernung ins Wasser. Mineralisches
Maschinenöl erzeugte kaum sichtbare, in Fetzen zerrissene, kleine blanke Stellen;
bei Anwendung von Thran oder Leinölfirniss waren kleine glatte Stellen deutlich
sichtbar, desgleichen bei Tränkung des Twistes mit Richter'schem Patent-Wellenöl, welches sich zwar schneller ausbreitete,
aber auch bald verschwand. Dasselbe Schiff beobachtete dann gemeinsam mit dem
Eider-Feuerschiff Nr. I, an dem es bei jedesmaligem Experiment in 50 m Entfernung
vorbeifuhr, den Einfluss von Thran, Leinölfirniss, dem Richter'schen Wellenöl und Maschinenöl, bei Windstärken 6 bis 9; aus
diesen Beobachtungen muss man zwei Schlüsse ziehen, einmal, dass das Oel nicht
unbedingt wirksam ist, dann aber auch, dass das Richter'sche Wellenöl den genannten anderen Glättungsmitteln nicht überlegen
ist. Als am 13. November 1894 ein verheerender Südsüdweststurm an der Küste wüthete,
fuhr der Triton nochmals aus, indem er einen aus
Segeltuch hergestellten Sack von 0,75 l Inhalt am Heck mit 50 m Seil nachschleppte.
An Thran floss in 20 Minuten 0,5 l aus, vom Richter'schen Wellenöl jedoch in 17 Minuten 0,75 l, während nach Angaben Richter's 0,75 l für die Stunde ausreichend sein
sollen. In beiden Fällen lautete der Bericht über die Wirkung gleichmässig: In der
wild laufenden und überstürzenden See ist nichts zu bemerken.
Zum Ausbringen des Oels verwendet man meist
Segeltuchsäcke mit Löchern und Werg- oder Twistfüllung, welche mit dem Oel getränkt
und über welche letzteres noch eingegossen wird. A.
Inglis, Hafenmeister von Port Adelaide, hatte allerdings seiner Zeit
Kornsäcke ohne Löcher als geeigneter empfohlen. Die übliche und auskömmliche Grösse
schwankt zwischen 4 bis 5 l Inhalt; die Aufhängung findet erfahrungsmässig am besten
zwischen Wind und Wasser statt.
Im J. 1887 hielt der Admiral Cloué in der Pariser
Akademie der Wissenschaften einen VortragComptes rend., 1887., in dem er die
Erfahrungen von mehr als 200 Versuchen entwickelte. Fast allgemein ging man in der
Weise vor, dass man Säcke aus starkem Segeltuch von etwa 10 l Inhalt mit
ölgetränktem Werg füllte, über welches man noch etwas Oel goss, sie fest zuband und
unten mittels Segelnadeln mehrere Löcher einstach. Diese Säcke wurden theils, bei
See von hinten, vom Heck aus nachgeschleppt, theils wurden sie vorn an jedem
Krahnbalken aufgehängt; in dem letzteren Falle sollte das Oel sich beim Stampfen des
Schiffes besser ausbreiten. Desgleichen hat sich das Füllen der Gallionschalen mit
ölgetränktem Werg oder das Einsetzen von mit kleinen Löchern versehenen Oelfässern
in den Schalen als wirksam erwiesen. Beiliegende Schiffe hatten je einen Sack am
Luvkrahnbalken und weitere in je 10 m Entfernung von einander so aufgehängt, dass
sie von der rollenden See berührt wurden. Jedoch auch in Lee angebrachte Säcke
ergaben gute Erfolge; mehrere Segler konnten selbst beim Winde oder mit Dwarswind
segelnd gute Resultate erzielen.
Textabbildung Bd. 299, S. 75
Fig. 3.Schjott'sche Oelvertheilung.
Als gleichwerthig hat sich das Verfahren herausgestellt, bei welchem man das
Mannschaftscloset mit ölgetränktem Werg o. dgl. verstopft und den Austritt des Oels
durch das Closetrohr erfolgen lässt. Es kann dies unbeschadet der
Gebrauchsverhältnisse geschehen, da man naturgemäss stets auf der Windseite wird
operiren müssen, auf welcher die Benutzung des Closets an sich unthunlich ist.
Auf dem stählernen Segelschiff Skomvär hat man die Schjott'sche Oelvertheilung in Gebrauch; bei dieser
wird von einem mit Regelungshahn abschliessbaren Oelbehälter an Bord ein enges Rohr
durch das Abfallrohr des Mannschaftsclosets zu einer Stelle aussenbords
geleitet, welche sich in Nähe des Bugs knapp über Wasserlinie befindet. Weniger
zweckmässig ist die Anlage nach Fig. 3. Hier ist
aussenbords ein Rohr a geführt, welches aus dem
Behälter b mit Oel gespeist wird. Mehrere Hähne c ermöglichen das Austräufeln an beliebiger Stelle des
Schiffes. Offenbar wird hier der Wind die Oeltropfen gegen die Schiffswand werfen,
ja meist auch über Bord an Deck schleudern.
Häufig ist man in die Lage versetzt, die See auf weitere Entfernung hin glätten zu
müssen, als es mit Hilfe der am Schiff festen Mittel möglich ist. Es gilt dies
weniger an der windabgekehrten Seite, nach welcher ja ein Abtreiben der Oeldecke
stets stattfinden wird, als an der Windseite und den Uebergängen von Lee nach Luv.
Man ist in solchen Fällen gezwungen, das Oel weithin zu schleudern, und bedient sich
vielfach in einfachster Weise eines an der Spitze mit ölgetränktem Twist umwickelten
Pfeiles, den man von einer Armbrust abschiesst. Jedoch sind auch eine Reihe
bombenartiger Oelgeschosse bekannt geworden, wenngleich über praktische Verwerthung
derselben zum Theil nichts verlautet ist.
Textabbildung Bd. 299, S. 75
Fig. 4.Silas, Oelungscylinder.
Ferdinand Silas in Wien (Fig.
4) beispielsweise setzt einen Cylinder A aus
leichtem, schwimmfähigem Material (Torfmoos, Holz, Kork o. dgl.) zusammen, welchen
innen ein oben und unten offener, mit Oel zu füllender Blechcylinder H durchsetzt, während ihn ein äusserer Cylinder b (Blech oder grobe, wasserdichte Leinwand)
zusammenhält. In dem Holzboden C befinden sich Kanäle
k und die Zündmasse z,
welche das Ventil v fest gegen den Eintritt in das Rohr
B drückt. Eine Eisenplatte e dient zum Beschweren. Der hölzerne Kopf weist Oelaustrittsöffnungen g auf und enthält eine mit Phosphorcalcium gefüllte
Blechbüchse m. Vor Gebrauch sind Kopf K und Boden c mit
Pergament oder Aehnlichem gegen Feuchtigkeit geschützt. Kurz vor Abfeuern bezieh.
Abschleudern von Hand werden die Umhüllungen entfernt und wird auch das
verschlossene Rohr n durchstochen. Das Abfeuern
bewirkt, dass die Zündmasse z sich entzündet und
während des Fliegens ausbrennt, so dass Ventil v
abfällt, den Eintritt für das Wasser frei gibt und den Austritt des Oels durch
Kanäle g bewirkt. Da auch Wasser durch Kanal f zum Phosphorcalcium treten kann, wird eine leuchtende
Phosphorwasserstoffflamme aus dem Rohr n herausbrennen,
so dass der Stand der Bombe beobachtet werden kann. An Stelle des Ventils v lässt sich auch Wachs oder Aehnliches eingiessen;
andererseits könnte man die Zündmasse z durch Salz oder
andere leicht lösliche Chemikalien zu erkenntlichem Zwecke ersetzen.
Textabbildung Bd. 299, S. 76
Fig. 5.Amerikanische Oelbombe.
Eine amerikanische Bombe veranschaulicht Fig. 5. Die
Ventilstange D steht unter dem Einfluss der Feder F und hält die Ventile C
geschlossen, so dass die Oelfüllung nicht entweichen kann. Wird die Vorrichtung ins
Wasser geschleudert und dann an der Leine P
herangeholt, so werden die Flügel I durch das Wasser um
die Bolzen K gedreht und die Ventilstange D nach einwärts gedrückt, in welcher Stellung sie dann
durch eine vorspringende Sperrklinke festgehalten wird. Soll die Bombe schwimmfähig
sein, so kann ein Mantel N aus Kork o. dgl. gewählt
werden.
Zum Schleudern von Hand eignet sich die von Alb. H.
Walker (Hartford) angegebene Vorrichtung (Fig.
6), bei welcher eine mit Oel, zum Theil auch mit Luft gefüllte Kapsel zur
Anwendung gelangt. Das Gewicht derselben ist so bemessen, dass sie schwimmt. Die
Böden sind leicht durchstossbar, so dass die federnden Spitzen der Schleuder
Oeffnungen schaffen, durch die das Oel nach erfolgtem Abwerfen austritt.
Textabbildung Bd. 299, S. 76
Fig. 6.Walker's Oelkapsel.
Auch die Oelbombe von J. Behrmann (Blankenese)D. R. P. Nr. 79127. wird aus
geeigneten Kanonen auf passende Entfernung (bis zu 250 m) ins Meer geschleudert. Sie
besteht (Fig. 7) aus einem Oelbehälter a und einem Schwimmkörper b, welche beide durch eine Ventilstange c mit
einander verbunden sind. An der letzteren sind Stifte i
angelenkt, welche Durchlässe de des Behälters a verstopfen; Stopfen aus Kalk und Gyps können diese
noch vollständig dichten. Eine Feder n sucht die
Ventilstange c nach oben zu schieben, während der
Sicherheitskeil m die Theile in ihrer Lage sichert.
Erfolgt der Abschuss, nachdem der Keil m ausgeschlagen
worden ist, so wird zunächst der Behälter a angetrieben
und die Stifte i werden aus den Löchern de herausgerissen; sie fallen nach unten, während die
Feder n Schwimmer b und
Behälter a aus einander schiebt, so dass das Wasser in
die Oeffnungen d eintreten und das Oel aus den oberen
Durchlässen e austreten kann. Ein officielles
Experiment mit der Behrmann'schen Bombe vom 4. October
1894 in Bremerhaven soll denselben günstigen Ausfall gehabt haben, wie der kurze
Zeit darauf auf Veranlassung des Vorsitzenden des deutschen Nautischen Vereins,
Geheimraths Sartori, in der Kieler Föhrde angestellte
Versuch.
Textabbildung Bd. 299, S. 76
Fig. 7.Oelbombe von Behrmann.
Textabbildung Bd. 299, S. 76
Fig. 8.Wellenbrecher d'Alessandro's.
Es mögen endlich die hin und wieder bemerkbar gewesenen Bestrebungen Erwähnung
finden, welche die Erscheinung zu nutze machen wollten, dass auch feste Substanzen,
sofern sie über die Wasserfläche vertheilt sind, das Brechen der See verhindern. In
diesen Rahmen passt das Verfahren d'Alessandro's (Fig. 8), welcher Seile, Bänder oder Netzwerke aus
schwimmendem Material ganz oder nahezu auf die Oberfläche des Wassers ausbreitet.
Eine ernste Seite lässt sich aber diesen Hilfsmitteln zum speciellen Schutz von
Schiffen kaum abgewinnen.
Wilh. Gentsch.