Titel: | Die elektrische Heizung. |
Autor: | F. H. Haase |
Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 16 |
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Die elektrische Heizung.
Von F. H. Haase, gepr.
Ingenieur, Patentanwalt in Berlin.
Mit Abbildungen.
Die elektrische Heizung.
Die gewaltige Entwickelung der Elektrotechnik zu Gunsten der Beleuchtungsindustrie
musste nothwendig zu Versuchen veranlassen, Elektricität auch für gewöhnliche Heizzwecke nutzbar
zu machen, zumal man bei Lichtanlagen Gelegenheit genug hat, Erfahrung über Vorgänge
bei Wärmeentwickelungen zu sammeln.
Der praktischen Verwendung für gewöhnliche Heizzwecke stellt sich jedoch die
Kostenhöhe des elektrischen Stromes hinderlich entgegen.
Wenn 1000 Watt-Stunden nach heutiger Preislage von den Elektricitätswerken mit 16
Pfg. berechnet werden, so stellen sich die Kosten für die Entwickelung von 1000
Wärmeeinheiten theoretisch auf:
\frac{736\,\times\,424\,\times\,16}{3600\,\times\,75}=18,5\mbox{
Pfg.}
und wenn man den Stromverlust in der Leitung auf 20 Proc.
veranschlagt, so kommen 1000 Wärmeeinheiten auf
\frac{18,5}{0,8}=23\mbox{ Pfg.}
zu stehen.
Dem gegenüber stehen als Kosten für 1000 Wärmeeinheiten
bei
Staubkohlenfeuerung mit bestenSteinkohlen ungefähr
0,6
Pfg.
„
guter Feuerung mit guten Stein-kohlen
0,9
bis
1,0
„
„
gewöhnlichem Hausbrand im Mit-tel bei gleichmässiger Feuerung
1,3
„
1,5
„
„
Kochherdbrand im Mittel
2,0
„
2,8
„
Die elektrische Heizung stellt sich demnach bei Bezug des elektrischen Stromes von
Elektricitätswerken ungefähr 10mal so hoch als gewöhnlicher Kochherdbrand.
Wird der elektrische Strom von dem Consumenten selbst mittels Dampfmaschinenbetrieb
erzeugt, so kommen die 1000 Cal. auf ungefähr nur 10 Pfg. zu stehen, d.h. immer noch
5mal so hoch als gewöhnlicher Kochherdbrand.
Wesentlich günstiger gestalten sich aber die Verhältnisse, wenn man billige
Wasserkraft oder Wind zur Erzeugung elektrischen Stromes benutzt. Es kann dann unter
Umständen die elektrische Heizung billiger zu stehen kommen als gewöhnliche
Steinkohlenfeuerung, und dann ist sie natürlich dieser Feuerung bei weitem
vorzuziehen, da sie sehr bequem ist, keine Schmutzerei, keinen Rauch und weniger
leicht Feuersgefahr wie eine Feuerung verursacht und zudem auch an jeder beliebigen
Stelle eines Raumes zur Ausnutzung gebracht werden kann.
Für die Erzeugung einer Wärmeeinheit in 1 Secunde sind theoretisch
\frac{736\,\times\,424}{75}=4161 Watt-SecundenIn Druckschriften von Physikern und Chemikern
findet man die Wärmeeinheit zumeist auf 1 g Wasser bezogen, während der
Ingenieur gewöhnt ist, die Wärmeeinheit auf 1 k zu beziehen; ausserdem wählt
der Physiker zumeist als Zeiteinheit die Secunde, während der
Heizungsingenieur den Wärmebedarf auf die Stunde bezieht. Diese
Verschiedenheit ist leicht geeignet, grosse Verwirrung und Unsicherheit
herbeizuführen, da der Ingenieur, welcher nach einem Buche rechnet, nicht
zuerst nachforschen kann, auf welche Einheit die darin angeführten Formeln
bezogen sind, und er zudem auch in der Kegel vergeblich danach forschen
würde, weil die meisten Physiker und Chemiker es für ebenso
selbstverständlich halten, dass man die Wärmeeinheit auf 1 g bezieht, wie
der Ingenieur es für selbstverständlich hält, dass man das Kilogramm der
Wärmeeinheit zu Grunde legt. Es würde deshalb sehr erwünscht sein, wenn
Physiker und Chemiker in solchen Fällen, in welchen sie ein für den
Ingenieur bestimmtes Buch schreiben, auch die dem Ingenieur geläufige
Einheit darin zu Grunde legen.Wählt man das Gramm und die Secunde als Bezugseinheit, so ergeben sich die
Coëfficienten für \frac{V^2}{O} und für A2 . O durch Division der in Formel 3 angegebenen
durch die Zahl 3,6. oder Volt-Ampère, in Wirklichkeit aber,
bei 80 bis 90 Proc. Nutzeffect, für die Secunde:
\frac{4161}{0,9} bis \frac{4161}{0,8} d. i.
4600 bis 5200 Volt-Ampère
oder für die stündliche Erzeugung
von w Wärmeeinheiten:
E = 1,28 . w bis 1,44. w Volt-Ampère . . . . (1)
erforderlich.
Bezeichnet man allgemein die Anzahl der erforderlichen oder gewählten Volt Spannung
mit V und die secundlich erforderliche Stromstärke
(Strommenge) in Ampère mit A, so ist der Ausdruck für
die elektrische Arbeit:
E = V . A.
Nach dem Ohm'schen Gesetz ist nun die Stromstärke auch
ausdrückbar durch:
A=\frac{V}{O}
wenn O den Widerstand des Leiters
in Ohm-Einheiten bezeichnet. Man hat demnach auch:
E=\frac{V^2}{O} und E =
A2 . O . . . . . . (2)
Aus der Vereinigung der Gleichungen 1 und 2 ergibt sich:
w=(0,78\mbox{ bis }0,69)\,\times\,\frac{V^2}{O}
oder
. . . . . . (3)
w=(0,78\mbox{ bis }0,69)\,\times\,A^2\,.\,O
Man kann demnach die Wärmeentwickelung in zweierlei Weise durch elektrischen Strom
bewirken, indem man entweder für möglichst kleinen oder für möglichst grossen
Widerstand in dem zu erhitzenden Leiter sorgt und im ersteren Falle die Spannung und
im zweiten Falle die Stromstärke hinreichend gross macht. In theoretischer Hinsicht
ist es völlig gleichgültig, ob man mit grosser Spannung oder mit grosser Stromstärke
arbeitet, in praktischer Hinsicht wird jedoch hoher Spannung der Vorzug gegeben und
man wählt gerne – insbesondere für kleine Heizungseinrichtungen – einen möglichst
guten und dafür dünnen Leiter für die Umsetzung der Elektricität in Wärme. Aus
Sicherheitsgründen geht man jedoch in der Wahl der Spannungshöhe in der Regel nicht
über 120 Volt hinaus, und es gibt auch Heizungseinrichtungen, bei welchen keine
höhere Spannung als 50 Volt zur Anwendung kommt. Jedenfalls darf die Spannung in der
Zuleitung zur Heizstelle der Sicherheit wegen nicht höher als 150 Volt bei
Wechselstrom und 300 Volt bei Gleichstrom sein, und, wenn so hohe Spannungen gewählt
werden, sind schon besondere Sicherheitsmaassnahmen für Wohnungen empfehlenswerth,
abgesehen von solchen, welche verhindern, dass die Spannung noch weiter steigen
kann.
Bezeichnet man den Leitungswiderstand, welchen ein Leiter von durchweg gleichgrossem
Querschnitt in senkrechter Richtung zur Strombewegung für je 1 qmm
Querschnittsgrösse und je 1 m Länge dem Stromdurchgange entgegensetzt, in
Ohm-Einheiten ausgedrückt, mit o, die Anzahl der
Quadratmillimeter, welche der Querschnitt des Leiters fasst, mit f und die Gesammtlänge des Leiters in Metern mit l, so ist dessen Gesammtwiderstand:
O=o\,.\,\frac{l}{f}
Man kann demnach auch, wenn man den Coefficienten 0,69 bis 0,78 allgemein mit
ϱ bezeichnet, die Ausdrücke für die stündliche
Wärmeentwickelung w schreiben in der Form:
w=\rho\,.\,f\,.\,\frac{V^2}{o\,.\,l}
und
. . . . . . (3a)
w=\rho\,.\,o\,.\,l\,.\,\frac{A^2}{f}
Die vorstehend definirte Widerstandsgrösse o nennt man
den specifischen Widerstand des Leiters. Dieser
specifische Widerstand ist durchaus nicht immer gleich gross, sondern er wächst mit
der Temperatur des Leiters, und zwar ungefähr nach dem Gesetze, welches dem
Ausdrucke:
ot =
o0 . (1 + ε . t) .
. . . . . . . (4)
entspricht, in welchem ot den specifischen Widerstand bei der
Temperatur t (n. Cels.), o0 denjenigen bei der Temperatur Null und
ε einen von der Beschaffenheit des Materials
abhängigen Factor bezeichnet, dessen Werthe nach RühlmannGrundzüge der Elektrotechnik von Richard Rühlmann. in der folgenden
Tabelle I angegeben sind; zugleich enthält diese Tabelle auch Mittelwerthe von o0 nach verschiedenen
Forschern.
Tabelle I.
Material
SpecifischerLeitungswider-stand bei
0°
ε
Eisendraht
0,13
0,0048
Kohle
40,0
0,0005
Kupferdraht
0,024
0,0038
Neusilber
0,30
0,00034
Nickelin
0,45
0,00028 bis0,00019
Platindraht
0,11
0,0024
Quecksilber
0,934
0,00091
Quecksilber kann natürlich nicht als Heizleiter in Betracht kommen; es ist dies
jedoch dasjenige Material, nach welchem die Ohm'sche
Einheit ausgedrückt zu werden pflegt (indem dieselbe dem Leitungswiderstande einer
Quecksilbersäule von 1 qmm Querschnitt und 1,06 m Länge gleich gesetzt wird),
weshalb es hier zum Vergleich mit angeführt ist.
Beachtet man, dass der erhitzte Heizleiter seines erhöhten Widerstandes wegen weniger
elektrischen Strom aufnimmt als der kalte und in Folge dessen natürlich auch weniger
elektrischen Strom in Wärme umsetzt, so wird man dasjenige Material als geeignetstes
für den Heizleiter erachten müssen, dessen Widerstand am wenigsten bei zunehmender
Temperatur steigt, d. i. dasjenige, für welches ε am
kleinsten ist, also Nickelin.
Einige Beispiele lassen den Einfluss der Widerstandsveränderung leicht erkennen.
Es sei Nickelinblech von 0,2 mm Dicke und 25 mm Breite für eine stündliche
Wärmeabgabe von 1000 Wärmeeinheiten bei einer Temperatur von 250° bestimmt und die
Spannung soll 100 Volt betragen. Wird der Coefficient ϱ
mit 0,7 in Anschlag gebracht, so ergibt die Rechnung nach Formel 3 a die Länge l des Blechstreifens zu
l=\rho\,.\,f\,.\,\frac{V^2}{o\,.\,w}=0,7\,.\,5\,.\,\frac{10000}{0,48\,.\,1000}=73\mbox{
m}.
Wenn nun die Temperatur auf 400° steigt, während die Spannung dieselbe bleibt, so
ist, weil der specifische Widerstand o auf 0,5 wächst,
die Wärmeabgabe:
w=0,7\,.\,5\,.\,\frac{10000}{0,5\,.\,73}=960
Wärmeeinheiten
Die Wärmeabgabe vermindert sich also in diesem Falle um 4
Proc.
Wählt man anstatt des Nickelinbleches Eisendraht von 3 mm Dicke, so erhält man bei 73
m Länge desselben, im Falle einer Temperatur von 250°:
w=0,7\,.\,7\,.\,\frac{10000}{0,29\,.\,73}=2310
Wärmeeinheiten
und im Falle einer Temperatur von 400°:
w=0,7\,.\,7\,.\,\frac{10000}{0,38\,.\,73}=1770
Wärmeeinheiten.
Der Verlust an Wärmeabgabe beträgt also bei Wahl des Eisendrahtes nicht weniger als
23 Proc.
Für kleine Apparate benutzt man in der Regel Platindraht von 0,2 bis 0,5 mm Dicke,
welcher entweder über Asbestlagen hin und her gelegt oder gewickelt wird oder selbst
mit Asbest umsponnen ist. Für grössere Apparate verwendet man Nickelinblech mit
Asbestzwischenlage (eventuell in einfacher Zusammenrollung mit Asbestbelag auf einer
Seite). Für eigentliche Heizkörper verwendet man aber vorwiegend Eisendraht, den man
auf Eisenstäbe, eiserne Hohlkörper nach vorheriger Bewickelung mit Asbest aufwickelt
(in Windungen, die einander nicht berühren); man gruppirt dann wohl auch mehrere mit
Draht zu umwickelnde Hohlkörper neben einander und umwickelt dieselben in einfacher
Aufeinanderfolge. Lässt man durch solche Hohlkörper das zu erhitzende Medium (z.B.
Luft) hindurchströmen und umgibt etwa das Ganze noch mit einem Blechmantel, so ist
ein Heizkörper in ähnlicher Art, wie er bei Wasserheizung gebräuchlich ist,
vollendet. Natürlich kann man genügend umsponnenen Draht auch mehr oder weniger
freiliegend in einem Raume verlegen; es ist jedoch immer zweckmässig, ihn an einem
eisernen Körper (beispielsweise an einer mit Stiften oder sonstigen Vorsprüngen
versehenen Eisenplatte) mehrfach hin und her zu führen oder mit anderen Körpern
vollständig zu umhüllen, um die Wärme zunächst an eine grössere Oberfläche oder auf
eine grössere Masse zu vertheilen.
Man ist übrigens nicht unbedingt an Metall zur Umwandlung des elektrischen Stromes in
Wärme gebunden, kann vielmehr auch Kohle, sowohl in festen Stücken als auch in Form
von Paste oder auch in Körner- oder Staubform benutzen; man muss dann aber
hinreichend Vorsorge gegen Abbrand der Kohle tragen, indem man sie in einen
luftdicht zu verschliessenden Körper einschliesst (dessen noch freien Raum man mit
einer die Verbrennung nicht begünstigenden Masse ausfüllt) und mit zwei als Pole
dienenden metallischen, aus dem besagten Körper hervorragenden Anschlusstheilen für
die Zu- und Rückleitung des Stromes verbindet.
Diese Andeutungen werden wohl zum Verständniss der einfacheren Einrichtungen
elektrischer Heizapparate genügen; man hat jedoch auch weniger einfache
Einrichtungen ersonnen, deren eingehendere Besprechung und Vorführung im Bilde hier
wohl am Platze sein dürfte.
Zunächst sei eines von Ernest Abshagen in Chicago
construirten Heizkörpers gedacht, welcher in den Fig. 1 und 2 theils im Schnitt,
theils in Ansicht dargestellt ist. Derselbe besteht aus zwei wagerecht liegenden
Hohlkörpern a1 und a2, welche mittels
lothrecht stehender Rohrstutzen a mit einander
verbunden sind und von denen der Untertheil a1 zwei Drahtspiralen R
enthält, die zur Umwandlung des elektrischen Stromes in Wärme bestimmt sind. Der
Zusammenhang der beiden Spiralen ist in Fig. 2 ersichtlich und
die Verbindung derselben mit den Polen eines Stromerzeugers ist in Fig. 1 schematisch
angedeutet. Der ganze Heizkörper ist mit einer, die Elektricität nicht leitenden,
schwer verflüchtigbaren Flüssigkeit (angeblich mit Wallrath-Baumwollsamenöl) angefüllt.
Textabbildung Bd. 295, S. 18
Heizkörper von Abshagen.
Der obere Rohrkörper a2
besitzt am Vorderende eine Erweiterung, in welcher ein eingedichteter Kolben e unter dem Drucke der sich ausdehnenden Flüssigkeit
nach aussen geschoben und im Falle der Abkühlung der letzteren durch den Druck der
Atmosphäre wieder zurückgeschoben wird. Zugleich ist dafür gesorgt, dass der Kolben
e in weitest vorgeschobener Stellung einen
Kurzschluss zwischen Abzweigungen der Zu- und Rückleitung der Spiralen herstellt und
dadurch diese letzteren dem weiteren Einfluss des elektrischen Stromes entzieht. Zu
diesem Zwecke trägt der Kolben e, genügend von ihm
isolirt, ein Metallplättchen p, an welches die eine der
vorbesagten Abzweigungen angeschlossen ist, während die andere Abzweigung an ein im
vordersten Ende der Erweiterung f liegendes, federnd
zurückweichendes Metallstück q befestigt ist. Sobald
der besagte Kurzschluss hergestellt ist, kühlen sich die beiden Spiralen R ab und allmählich nimmt dann auch die Temperatur der
im Apparate befindlichen Flüssigkeit wieder ab; dieselbe zieht sich wieder zusammen
und der Kolben e wird, wie vorbesagt, zurückgedrängt,
wobei auch der Kurzschluss für den Strom wieder unterbrochen wird, indem die
Berührung zwischen p und q
aufhört.
Textabbildung Bd. 295, S. 18
Heizkörper für Dampfkessel.
Dass man das dieser Heizkörperconstruction zu Grunde liegende Princip auch auf
Heizeinrichtung von Dampfkesseln oder Wasserkesseln anwenden kann, ist aus den
schematischen Fig. 3 und
4 ersichtlich. Hier
liegen einige Heizspiralen in Röhren, welche den Kessel in der Längenrichtung
durchziehen und vorn und hinten mit anderen Rohren zusammen in Kammern münden, von
welchen die vordere in einem offenen Rohransatz den verschiebbaren Kolben
enthält.
(Fortsetzung folgt.)