Titel: | Verarbeitung von Kupfererzen in Japan. |
Autor: | Haber |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 22 |
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Verarbeitung von Kupfererzen in
Japan.
Mit Abbildung.
Verarbeitung von Kupfererzen in Japan.
Die japanische Metallurgie hat das in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von den
Portugiesen eingeführte „Saigern“, das Extrahiren des Silbers aus dem Kupfer
durch eine Bleischmelze, zu einer bewundernswerthen Vollendung entwickelt. Die
Kenntniss dieses Raffinationsverfahrens, welches dem Kupfer fast das gesammte Silber
und einen erheblichen Bruchtheil des darin enthaltenen Goldes entzieht und es
gleichzeitig von Arsen, Antimon und Wismuth befreit, verdanken wir W. Gowland, welcher im Journ.
soc. chem. industry vom 31. Mai 1894 ausführlich darüber berichtet. Das
Verfahren wird in Japan in grossem Umfange zur Kupferreinigung und zur
Silbergewinnung aus den meist erheblich silberhaltigen dortigen Kupfererzen benutzt.
Der Silbergehalt des Kupfers, welcher den Process rentabel macht, ist im
Durchschnitt 0,092 Proc.
Der mittlere Silber- und Goldgehalt japanischer und koreanischer Kupfererze
beträgt:
Gegend
Proc. Silber
Proc. Gold
Provinz Bungo
0,060
Spur
(Nickel und Cobalt0,251 Proc.)
Enhigo (Kusakura)
0,078
„
Kozuke (Ashivo)
0,094
„
Tosa
0,135
„
Uzen
0,140
„
Bichu
0,165
„
Hida (Takayama)
0,185
„
Yezo
0,230
0,003
Provinz Bichu
0,252
Spur
Unbekannt
0,527
„
Rikuchu (Kosakos)
0,650
„
(Blei 4,09 Proc.)
Iwami (Omori)
Spur
0,0165
Rikuchu (Towata)
„
0,0285
Rikuchu (Towata.)
„
0,0436
Rikuchu (Towata)
0,011
0,0810
Korea
2,590
Spur
Korea
3,000
„
Der Silberreichthum der Koreaerze verdient besondere Aufmerksamkeit.
Der japanische Saigerprocess besteht aus zwei Theilen; zuerst wird das Kupfer mit
einer gewissen Menge Blei zusammengeschmolzen, dann das Blei und mit ihm das Silber
abgeschieden. Bei einzelnen bleiglanzreichen Kupfererzen ist das Rohkupfer bleireich
genug, um sofort dem zweiten Theil des Verfahrens unterworfen zu werden, der Regel
nach muss aber Blei zugefügt werden. Das gewünschte Verhältniss des Bleies zum
Kupfer variirt bei den verschiedenen Kupferwerken von 1 : 55 bis 1 : 3, im
Allgemeinen beträgt es 1 : 4. Es wird silberreiches und silberarmes Blei als
Zuschlag verwandt; ersteres wird bevorzugt.
Silbergehalt des japanischen Bleies.
Silberarmes Blei
0,0630,094
Proc.„
Spuren„
Gold„
Silberreiches Blei
0,3120,3660,4240,448
Proc.„„„
Spuren„„„
Gold„„„
Der benutzte typische japanische Schmelzofen besteht im Wesentlichen aus einer mit
Holzkohlethongestübbe ausgekleideten Höhlung von 400 mm Durchmesser und 375 mm
Tiefe, welche mit dem in Ostasien üblichen doppelt wirkenden Handblasebalg mit
Thondüse versehen ist.
Es wird darin zunächst Kupfer mit Holzkohle geschmolzen, danach Blei zugegeben, mit
dem geschmolzenen Kupfer durchgemischt und das geschmolzene Gemisch sodann
portionsweise in Wasser abgeschreckt. Die tägliche Leistung eines Ofens sind sechs
bis sieben Chargen von je etwa 140 k Kupfer, bei einem Verbrauch von 20 Proc.
Holzkohle.
Textabbildung Bd. 294, S. 22Verarbeitung von Kupfererzen in Japan. Der zweite Theil des Processes wird in einem Ofen von beistehender
Construction vorgenommen. Er ist hergestellt aus flachen, hochkant gestellten
Steinen, bei neueren Werken aus Backstein. Innen ist eine kreisförmige Höhlung von
450 mm Durchmesser und 325 mm Tiefe, deren aus feuerfestem Thon bestehende
Seitenwände schwach abwärts convergiren während der Boden nach vorwärts sich senkt.
Vorn schliesst sich hieran der Vorherd in Gestalt einer flachen Mulde, deren Boden
eine Verlängerung des Herdbodens nach Lage, Richtung und Neigung bildet. Unter dem
Ende des Vorherdes ist eine flache Grube für das abschmelzende Blei. Das Ofeninnere
ist mit dem üblichen Thonholzkohlengestübbe ausgekleidet. Die Stirnseite des Ofens
wird während des Processes mit einer Platte aus feuerfestem Thon theilweise
geschlossen. Die Oberseite des Ofens ist gleichfalls mit einer Thonplatte
verschlossen mit Ausnahme der Auffüllöffnung für Feuerungsmaterial, die während des
Processes mit einem Verschlussziegel bedeckt wird. Die Thondüse des Gebläses
durchdringt die Oberseite des Ofens und ist so gebogen, dass der Luftstrom abwärts
und nach der Mitteder Rückwand bläst. Die Charge beträgt 50 bis 75 k. Sie wird mit
zwischengeschichteter Holzkohle auf den Boden des Ofens gesetzt, die
Frontseitenverschlussplatte angebracht, der Ofen mit Holzkohle gefüllt, die
Deckplatte dicht verschmiert, dann glühende Asche durch die Füllöffnung in der
Deckplatte zugegeben, die Füllöffnung geschlossen und der Ofen angeblasen. Die
Legirung darf nicht schmelzen, sondern nur butterweich werden; ist dies erreicht, so
wird die weiche Masse, die einen mit Blei gesättigten Kupferschwamm darstellt, in
den Vorherd von Hand vorgeholt, wo sie von der aus der Verbindungsöffnung von
Vorherd und Innenherd herausblasenden Flamme heiss gehalten wird. Die Masse wird
durchgequetscht und geknetet, wobei Blei abtropft und sich in der Grube im Boden
sammelt, bis sie einigermaassen erkaltet ist und kein Blei mehr abgibt, worauf sie
in den Innenofen zurückgestossen wird. Diese Arbeitsweise wiederholt man, bis
überhaupt kein Blei mehr abtropft, was in etwa 272 Stunden von Beginn der Operation
erreicht ist. Die tägliche Leistung des Ofens beträgt drei bis vier Chargen mit 40
bis 50 Proc. Holzkohle.
Die erhaltenen Producte sind Kupfer mit geringem Silbergehalt, silberreiches Blei und
„Shiromé“. Die Zusammensetzung des erhaltenen Kupfers ist bei einer
normalen Probe z.B.:
Kupfer
99,12
Blei
0,52
Arsen
0,04
Antimon
Spur
Eisen
0,04
Silber
0,034
Schwefel
0,02
Nickel
Spur
Unlöslicher sandiger Rückstand
0,06
–––––
99,834
Bei ungeschickter oder hastiger Ausführung steigt der Bleigehalt des Kupfers bis 0,97
Proc. Das abgetropfte Blei enthält selten unter 0,25 Proc., oft 1,3 Proc.,
gelegentlich 2,2 Proc. Silber. Es enthält ferner alles Wismuth und einen kleinen
Theil des im Kupfer vorhandenen Arsens und Antimons, sowie ein wenig Kupfer.
Es werden 80 bis 90 Proc. Blei zurückgewonnen, der Rest geht verloren theils durch
Uebergang in das Kupfer, theils als Shiromé, theils durch Verschlackung und
Verflüchtigung.
Das Blei wird einem oxydirenden Schmelzprocess auf einem Herd von Holzasche und Thon
unterworfen und dann cupellirt, wobei ein etwas goldhaltiger Silberklumpen erhalten
wird.
Das Shiromé sammelt sich an der Aussenseite des Kupferschwammes im Vorherd in
unregelmässigen, halbgeschmolzenen Stücken und wird während des Processes von Zeit
zu Zeit entfernt. Sein Gewicht beträgt im Mittel 1 bis 2 Proc. von dem des Kupfers
und variirt mit dem Gehalt des Kupfers an Arsen und Antimon von 0 bis über 2 Proc.
Das Shiromé wird einer zweiten Schmelzung mit Blei unterworfen, um es möglichst zu
entsilbern; es hält aber porportional seinem Arsengehalt stets ansehnlich Silber
zurück. Das Shiromé stellt ursprünglich unregelmässig gestaltete, manchmal blasige
Klumpen dar; gegossen besitzt es eine tief blaugraue Farbe; es ist härter als Blei,
kann im Stahlmörser gepulvert werden, zeigt einen stumpfen, grobkörnigen Bruch und
ist unkrystallinisch. Nachstehende Analysen geben die Zusammensetzung eines
ursprünglichen und zweier entsilberter Shiromés:
Kupfer
72,7
–
–
Blei
8,53
–
–
Arsen
11,37
7,04
9,18
Antimon
4,27
0,99
5,75
Zinn
0,93
–
–
Eisen
0,13
–
–
Silber
1,33
0,426
0,342
Schwefel
0,33
–
–
Zink
–
–
–
Gold
Spur
–
–
––––
99,59
Es verdient Erwähnung, dass Shiromé (Weissloth) im Japanischen dreierlei sehr
verschiedene Bedeutung hat. Es bezeichnet das Metall Antimon, das gewöhnliche
Zinn-Bleiloth und die hier beschriebene Kupfer-Arsen-Blei-Antimonverbindung.
Die Shiroméklumpen sind von annähernder Gleichartigkeit in der procentualen
Zusammensetzung der einzelnen Partien. Das aus der Analyse ersichtliche
Mengenverhältniss der Bestandtheile findet sich bei keinem anderen metallurgischen
Product. Es erlaubt nicht eine Formel für diese Substanz aufzustellen, indessen kann
sie als eine Pseudospeise, ein Arsen-Antimonid von Blei und Kupfer angesprochen
werden, welches einen Ueberschuss beider Schwermetalle in starrer Lösung
enthält.
Der Chemismus des ganzen Processes ist der, dass auf der ersten Stufe der
Operation nicht eine Legirung, sondern nur ein Schmelzgemisch von Blei und Kupfer
erzielt wird, während Wismuth, Silber, Arsen und Antimon in das Blei übergehen. Beim
Abschrecken in Wasser resultirt dann ein Product, das als eine starre Lösung von
Arsen und Antimon als Blei-Kupferverbindung und von Silber und Wismuth als Metallen
im Blei zu betrachten ist, während relativ reines Kupfer körnig oder krystallinisch
in der Masse vertheilt ist. Auf der zweiten Stufe des Processes tropft, da die
Schmelztemperatur des Kupfers und der Legirung mit dem Blei nie erreicht wird, das
silber- und wismuthhaltige Blei ab und Shiromé scheidet sich beim allmählichen
Kühlerwerden der Masse auf dem Vorherd aus.
Der Uebergang des gesammten Wismuths bis auf Spuren in das Blei und die ungemein
vollständige Entfernung von Arsen und Antimon macht diese Methode der
Kupferraffinirung sehr werthvoll. Ihre Einführung in Europa scheitert am Preise der
Holzkohle, indessen erscheint es Gowland möglich,
wismuthhaltige, silberreiche Kupfererze vom englischen Markte zur Raffination nach
Japan zu senden. Beim Cupellirverfahren wird das Wismuth mit dem Silber zunächst
zusammen gewonnen und sodann durch einen weiteren Ofenprocess leicht vom Silber
getrennt.
Die Leistungsfähigkeit des Verfahrens illustrirt sich an dem Beispiel zweier Kupfer,
von denen das eine vor dem Raffiniren über 0,2 Proc. Arsen und 0,08 Proc. Antimon,
nach demselben nur Spuren Arsen enthielt und antimonfrei war, während das zweite von
0,26 Proc. Arsen, 0,16 Proc. Antimon und 0,10 Proc. Wismuth durch die Bleischmelze
auf 0,04 Proc. Arsen und Spuren Antimon und Wismuth gebracht wurde.
Shiromé für sich ist werthlos, hat aber seit langem eine grosse Bedeutung als Zusatz
zur japanischen Currentkupfermünze gewonnen. Der Zusatz von Shiromé veranlasst, dass
die Härte der benutzten Kupfer-Bleilegirung wächst, ohne dass ihre Leichtflüssigkeit
abnimmt, und dass die Gussform einen schärferen Abdruck gibt, was in Japan, wo für
Schmelztiegel und Gussformen gut feuerbeständiger Sand und Thon fehlen und ein den
Schmelzpunkt erhöhender Zinnzusatz deshalb unmöglich ist, von hoher Bedeutung
ist.
Ebenso enthalten die berühmten alten japanischen Blei-Kupferbronzen Shiromé. Hier ist
neben den oben erwähnten Vortheilen noch die Erleichterung der Bildung einer
dunkelgrauen Patina mit diesem Zusätze verbunden. Die Anwesenheit von Arsen und
Antimon in diesen alten Bronzen auf unreines Kupfer zurückzuführen, ist durchaus
irrthümlich. Neuerdings wird Shiromé als Zusatz bei der Herstellung von
Metallspiegeln neben Zinn verwandt.
Die Analysen zweier japanischer Blei-Kupfer-, einer Zink-Kupfermünze und einer alten
Bronze zeigen folgende Zusammensetzung:
MünzeDo-sen
MünzeShimon-sen
MünzeBunkin-sen
Bronze
Kupfer
77,30
75,62
83,10
86,85
Zinn
4,32
0,73
3,21
1,76
Blei
15,33
2,85
11,22
9,13
Arsen
1,14
1,99
1,50
1,15
Antimon
0,31
0,14
0,49
0,40
Zink
–
16,54
–
–
Eisen
1,01
1,76
0,27
0,33
Silber
0,06
0,016
0,06
0,079
Gold
Spur
Spur
Spur
Spur
Schwefel
0,52
0,09
0,38
–
In China sind im 6. und 7. Jahrhundert Münzen ähnlicher Zusammensetzung im Gebrauch
gewesen, die neueren Münzen sind aus Messing.
Prof. Roberts Austen schliesst diesen Mittheilungen die
Bemerkung an, dass nach Analysen in Silchester ausgegrabener Bleistücke aus
spätrömischer Zeit derselbe metallurgische Process schon damals und vermuthlich mit
Erfolg betrieben worden sei. Bezüglich des Wismuths hat er mit Hilfe eines
Thermopaares feststellen können, dass es im Kupfer, selbst wenn es nur 1/100 Proc.
ausmacht, unverbunden als freies Metall vorhanden ist.
Haber.