Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 139 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Letzter Bericht Bd. 291 S. 296.)
Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
I. Rohmaterialien und Malz.
Ueber den Stärkemehlgehalt verschiedener
Kartoffelvarietäten veröffentlicht Petermann
umfangreiche Untersuchungen im Bulletin de la Station
Agronomique de l'Etat à Gembloux, 1892, welche sich auch auf die
Widerstandsfähigkeit gegen die Kartoffelkrankheit, sowie auf die Ertragsfähigkeit
erstreckt. Der Verfasser macht darauf aufmerksam, dass es nach seinen Untersuchungen
sehr wohl möglich ist, Spielarten zu züchten, welche sich gleichzeitig durch einen
hohen Ertrag und einen hohen Stärkemehlgehalt auszeichnen, und dass vor allem die in
Deutschland gemachten Anstrengungen zur Erzeugung werthvoller neuer
Kartoffelvarietäten von Erfolg gekrönt sind. (Nach Biedermann's Centralblatt, 1893 S. 263.)
Untersuchungen über den Einfluss des Alters auf die
Keimfähigkeit der Samen, welche Müller in der
Deutschen landwirthschaftlichen Rundschau, 1892 Nr.
27, veröffentlichte, ergaben die Maximalzahl an Keimungsprocenten bei:
Gerste
nach
etwa
8
Wochen
Weizen
„
„
5
„
Roggen
„
„
3
„
Hafer
„
„
3
„
Bei einigen Gräsern trat die Maximalzahl nach 4 bis 9 Wochen ein. (Nach Biedermann's Centralblatt, 1893 S. 284.)
Alexander v. Asboth theilt in der Chemiker-Zeitung, 1893 S. 725, eine von ihm
ausgearbeitete Methode zur vollständigen Analyse der
Kartoffeln und anderer Knollengewächse und im Anschluss daran die Zusammensetzung der Zulukönigkartoffel (Solanum
tuberosum Cetewayo) mit, welche die folgende war:
Wasser
72,66
Asche
1,68
Fett
0,16
In Wasser unlösliches Proteïn
0,87
In Wasser lösliches Proteïn
0,29
Asparagin
1,02
Dextrin
0,60
Andere Extractstoffe
3,11
Stärke
16,77
Cellulose (aus der Differenz)
2,84
Zucker konnte nicht nachgewiesen werden. Wie aus der Zusammensetzung hervorgeht,
besitzt die Kartoffel bei gleichem Stärkegehalt einen höheren Proteïngehalt. In der
Kartoffel findet sich ein blauvioletter Farbstoff, welcher in Wasser und Weingeist
löslich ist, mit Säuren sich hellroth, mit Lauge grün färbt, dessen Zusammensetzung
und Menge jedoch nicht bestimmt werden konnte, da er sich bei Tageslicht, sowie beim
Kochen theilweise zersetzt und dann weder auf Säuren noch auf Lauge reagirt. Die
Kartoffel nimmt beim Kochen eine rothe Färbung an und wird in Berührung mit Essig
roth, die daraus dargestellte Stärke ist jedoch schön weiss. Der Geschmack ist
angenehm, und da auch der Stärkegehalt nicht geringer als bei anderen Kartoffeln
ist, so könnte der Anbau dieser Kartoffel grössere Verbreitung finden.
Ueber das zweite Preisausschreiben über die Herstellung des
besten Malzes theilt Hayduck in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 117, die
analytischen Zahlen mit, welche bei Untersuchung der Preismalze ermittelt wurden,
sowie die daraus sich ergebenden Resultate, über welche wir bereits an dieser Stelle
1894 291 162 berichtet haben.
An derselben Stelle, S. 126, theilt Hayduck ferner die
Berichte über die Herstellung einiger der wirksamsten Preismalze mit.
S. 157 bestätigt B. Majunke aus seiner Praxis die von
Hayduck gemachte Beobachtung, dass ein Malz mit
stark entwickelten Blattkeimen viel wirksamer ist, als ein solches, das in seiner
Entwickelung nicht so weit vorgeschritten ist. Derselbe lässt mit gutem Erfolge den
Blattkeim mindestens die 3- bis 4fache Kornlänge erreichen. Bezüglich des
Hafermalzes berichtet er, dass er mit demselben stets eine ausgezeichnete
Vergährung, jedoch nicht mehr Alkohol als mit Gerstenmalz erreicht habe, was er auf
den geringeren Stärkegehalt des Hafermalzes zurückführen zu müssen glaubt.
Steinhäuser bestätigt an derselben Stelle die andere bei
der Preismälzung gemachte Beobachtung, dass kleinkörnige stickstoffreiche Gersten
ein wirksameres Malz liefern.
Kahnke, S. 175, räth mit Bezug auf die Beobachtung Majunke's, mit der Entwickelung des Blattkeimes nicht
zu weit zu gehen, und hält schon die 3- bis 4fache Länge für übertrieben. Darauf
bemerkt Majunke, S. 198, dass es nach seinen
Beobachtungen nicht schade, wenn sogar viele Malzkörner eine mehr als 3- bis 4fache
Länge des Blattkeimes zeigen. Ein Waschen des Malzes im Quellbottich hält er für
absolut nothwendig, ebenso wie die peinlichste Reinhaltung der Tenne, um sich
namentlich in der wärmeren Jahreszeit vor Schimmel zu schützen, welcher sich bei dem
nothwendigen starken Spritzen des Malzes gern breit macht. Jedoch kann Schimmel nur
dann ins Malz gelangen, wenn das Wasser nicht zweimal täglich im Quellbottich durch
frisches ersetzt wurde.
II. Dämpfen und Maischen. III. Gährung und Hefe.
Ueber die Anwendung der Fluorverbindungen in den
Gährungsgewerben veröffentlicht Effront im Moniteur scientifique Quesneville, 1893 VII S. 182
(auch Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S.
109), eine Entgegnung auf die Untersuchung von Jörgensen und Holm, über
welche wir bereits berichtet haben (vgl. 1894 291 284).
Effront hält den Laboratoriumsversuch nicht für
berechtigt zur Entscheidung über die Brauchbarkeit seines Verfahrens in Rücksicht
auf die mit demselben in der Praxis so vielfach gemachten Erfolge, durch welche
folgende Thatsachen festgestellt sind:
1) Reine Brennerei- oder Brauereimaische kann ohne die Gefahr der Säuerung bei
Anwendung von Fluorverbindungen bei jeder Temperatur der Luft ausgesetzt werden.
2) Ein Zusatz von Fluoriden zu Maischen, in denen bereits eine Säuerung eingeleitet
ist, hält die Entwickelung dieser Fermente auf und verhindert eine weitere Zunahme
der Säuerung.
3) Die Betriebshefen, welche Essigsäure- und Milchsäurefermente enthalten, und welche
in Folge dessen eine starke Vermehrung dieser Fermente und ihrer Säuerungsproducte
erfahren, können durch eine Behandlung mit Fluoriden sichtlich verbessert und einer
normalen Gährung ohne Erzeugung von Säuren unterworfen werden.
Der Verfasser verkennt nicht die Verdienste Hansen's um
die Hefereinzucht, glaubt aber ferner, dass das Studium des Einflusses chemischer
Agentien auf die Entwickelung der Hefezellen in qualitativer wie quantitativer
Beziehung neue Eigenschaften werde enthüllen können, die ihre Anwendung in der
Industrie finden werden.
Auf diese Ausführungen Effront's antworten Jörgensen und Hohn in der
Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 16 S. 150.
Sie halten daran fest, dass sie nachgewiesen haben: 1) dass die Hefe von ihren
Krankheitskeimen durch die Behandlung mit Flussäure nicht befreit wird, und dass 2)
die Krankheitskeime sich sogar oft durch die Behandlung mit Flussäure in sehr hohem
Grade vermehren. Diese Resultate habe Effront durch
directe Versuche nicht entkräften können, ferner sei Effront in der Wiedergabe ihrer Resultate ungenau gewesen. Die Verfasser
sind der Ansicht, dass, wenn auch die von ihnen nachgewiesene gefährliche Wirkung,
welche darin besteht, dass das im Patent angegebene Verfahren eine kräftige
Entwickelung solcher Hefearten hervorruft, die man nicht wünscht, nur in
vereinzelten Fällen nachzuweisen wäre, diese Fälle doch hinlänglich sein würden, um
das Verfahren unmöglich zu machen. Es hat in dieser Beziehung keine Bedeutung, dass
man praktische Versuche mit günstigen Resultaten aufweisen kann, denn es liegen auch
nicht wenige Berichte über ungünstige Resultate vor, so dass die ganze Sache das
Gepräge der Zufälligkeit trägt. Nur die exacte Untersuchung könne Klarheit darin
bringen. Effront stehe auf einem veralteten Standpunkt,
die rationelle Arbeit in der Praxis könne nur durch die planmässige Auswahl der
einzelnen Art, die Methode Hansen's, erreicht werden,
nicht aber durch eine chemische Behandlung einer unbekannten Mischung, deren
Elemente bald in der einen, bald in der anderen Richtung von dem ausgewählten Stoff
beeinflusst werden können. Die Verfasser schliessen ihre Ausführungen mit folgendem
Satz: „Unser Hauptzweck bei dieser ganzen Sache war es, einen Protest zu erheben
gegen Effront's Versuche, ein falsches Princip in
die Wissenschaft und Praxis einzuführen, nämlich dieses, dass man eine
Reincultur aus einer unreinen Hefe mittels einer chemischen Behandlung der
letzteren darstellen könne. Alle Versuche dieser Art werden nur Verwirrung
hervorbringen und Schaden machen.“
Ueber die Anwendung der Flussäure in Russland bringt die
Chemiker-Zeitung, 1893 Nr. 74 bis 76, in einem
Artikel über die Brennereicampagne 1892 bis 1893 in Russland einige sehr
günstige Berichte, aus denen sich wieder der grosse Werth des Flussäureverfahrens
bei mangelhaftem Betrieb ergibt. In dem einen Falle wurde in der Kunsthefebereitung
mit grossem Vortheil die Milchsäure durch Flussäure ersetzt.
Ueber das Preisausschreiben zur Lösung der
Schaumgährungsfrage bei Reinzuchthefe Rasse II berichtet G. Heinzelmann in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 16 S. 301. Von drei Arbeiten,
welche gemäss Beschluss der letzten Generalversammlung einer besonderen eingehenden
Prüfung unterzogen werden sollten, konnte der Verfasser der vorgerückten Campagne
wegen nur diejenige von Brennereiverwalter Hecke in
Dzialin prüfen. Er fand dabei die von Hecke
beschriebenen Verhältnisse, dass dünnere Hefe und geringe Vergährung derselben
Schaum erzeugend wirken, vollständig bestätigt, denn trotzdem das Material sehr
mangelhaft war, gelang es doch, lediglich durch die Art der Hefeführung, nach
Belieben Schaum zu erzeugen oder nicht. Die Schaum erzeugende Hefe war eine in
voller Sprossung, welche noch durch das Vorstellen angeregt wird, befindliche, also
äusserst geile, während die Schaum nicht erzeugende Hefe eine reife, ausgemästete
und träge Hefe darstellte, bei welcher selbst das Vorstellen des hohen
Alkoholgehaltes wegen eine Anregung zur Sprossung nicht hervorrufen kann. Der
Verfasser machte bei diesen Versuchen noch folgende interessante Beobachtungen: Wenn
man Hefe von 22 bis 23° Saccharometer bis auf 4 bis 5° vergähren lässt, so erzeugt
diese Hefe nachher in der Hauptmaische eine Deckengährung; die Treber werden durch
die nur langsam sich entwickelnde Kohlensäure an die Oberfläche gehoben, und erst
wenn die Gährung lebhafter wird, verschwinden sie wieder und die Gährung wird
normal. Die Hefe ist dann zu träge geworden und hat sowohl an Vermehrungskraft, als
auch an Spaltungskraft von Zucker in Kohlensäure und Alkohol eingebüsst. Die Hefe
braucht wieder längere Zeit zur Ausübung ihrer früheren Wirksamkeit. Die
Deckengährung ist demnach das directe Gegentheil der Schaumgährung und sie lässt
sich auch leicht wieder in normale Gährung überführen, wenn man die Hefe nur auf 14
bis 15° Saccharometer vergähren lässt. Die normale Gährung können wir demnach durch
geeignete Hefeführung nach der einen Richtung hin in Deckengährung und nach der
anderen Richtung in Schaumgährung umwandeln. Der Verfasser ist durch diese Versuche
zu der Ueberzeugung gekommen, dass man in der Reinzuchthefe Rasse II eine Hefe
besitzt, die den weitgehendsten Anforderungen in vollem Maasse genügt; sie ist eine
starke Hefe, und ein Ausdruck ihrer Stärke und Unbändigkeit in gewissem
physiologischen Zustande ist die Schaumgährung. Diese lässt sich aber beeinflussen
durch höhere Concentration des Hefeguts und starke Vergährung desselben, wodurch man
sie in eine sanftere Form überführen kann, ja sie kann sogar sanfter werden, als man
wünscht. Der Verfasser glaubt, dass man in dieser Arbeitsweise ein Mittel gegen die
Schaumgährung besitzt, welches auch bei dem hartnäckigsten und schlechtesten
Material vor grösserem Schaden schützen wird, indem es, wenn es auch die
Schaumgährung nicht vollständig beseitigen kann, diese doch bis zu einem
ungefährlichen Uebel herabmindert.
Ueber die Schaumgährungsfrage liegen weitere
Mittheilungen vor
in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1893 Bd. 16
S. 135 und 166 von Bredlow, und S. 174 von Tietze. Ersterer theilt die von Hesse-Wutzig ausgesprochene Ansicht, dass man die Hefe in solch extremen
Verhältnissen züchten muss, dass sich darin beim Verbrauch nur noch gute
widerstandsfähige Bestandtheile vorfinden, behauptet aber dessenungeachtet, dass
indirect Schaum entstehen kann durch das Rohmaterial selbst, und ferner, dass die
Zubereitung der Hauptmaische wesentlich sei. Die Schaumgährung bleibt in jedem Falle
aus 1) beim Dämpfen bei blasendem Ventil bis zu 4 at, 2) bei Ausmaischendtemperatur
von 65°, 3) beim Einhalten hoher Temperaturen in dem Hefegut und 4) beim Vergähren
der Hefe auf 3 bis 4° Balling. Will man Schaum erzeugen, so lasse man die Hefe nur
um die Hälfte ihres Gehaltes vergähren und koche das Hefegut nicht so oft und hoch
an; dämpft man dann die Kartoffeln noch schwach, so gewinnt der Schaum überhand; die
Hauptursache ist jedoch in der Hefe zu suchen.
S. 166 theilt der Verfasser Versuche mit, welche er ausführte, um festzustellen, in
wie weit 1) der Gährungsgrad und die Concentration im Hefegut auf die Schaumbildung
Einfluss haben, und 2) von wie grossem Einfluss auf den Schaum ein hoher oder
niedriger Vergährungsgrad der Hefe sei.
Diese Versuche zeigten, dass in erster Linie die Säuerung des Hefeguts am
wesentlichsten ist, und dass der Vergährungsgrad der Hefe zwar auch sehr wesentlich
ist, aber doch erst in zweiter Linie in Betracht kommt. Der niedrige Vergährungsgrad
habe hauptsächlich den Zweck, Alkohol in der Hefe selbst zu entwickeln, welcher die
Hefe im Bottich vor schlechten Nebenfermenten schützt, während die schlecht
vergohrene Hefe gleich zu Anfang im Bottich im Kampf um Dasein unterliegt, was
alsdann die Schaumgährung zur Folge hat.
Tietze dagegen konnte bei Anwendung gewisser
Kartoffelsorten den Schaum durch die Hefeführung nicht beseitigen, denn die
Verminderung des Schaums war kaum bemerkbar, wenn er die Hefe von 15° bis auf 32,5°
kommen und auf 2 bis 3° Saccharometer vergähren liess.
Ein Gährungsverfahren ist Julius
Kunemann in Haag (Holland) vom 10. April 1891 ab im Deutschen Reich
patentirt (D. R. P. Nr. 70141). Das Verfahren besteht 1) in der Einleitung einer
freiwilligen Alkoholgährung in der Maische und 2) in der ununterbrochenen Bereitung
einer besonderen Hefe für die zu gährende Flüssigkeit.
Die Reinhefe und ihre Anwendung. In einem Aufsatz in der
Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 16 S. 245
und 301, werden die wichtigsten Punkte besprochen, welche bei Anwendung der Reinhefe
zu beachten sind, um sich die guten Erfolge dauernd zu sichern. Hierhin gehört
zunächst die äusserste Reinlichkeit in allen Räumen der Brennerei. Besondere
Sorgfalt ist zu verwenden auf die Reinhaltung der Leitungen und Pumpen, welche am
leichtesten den Herd für Infectionen bilden können. Vormaischbottich, Maischpumpe
und die festliegenden Theile der Maischleitung sind durch kochendes Wasser zu
reinigen, oder aber man streiche den Vormaischbottich täglich nach beendigtem
Betrieb mit Kalkmilch aus, pumpe auch die Leitungen mit Kalkwasser aus und lasse
namentlich die Maischpumpe mit Kalkwasser gefüllt bis zum anderen Morgen stehen, wo
alsdann vor Beginn des Betriebes der Kalkanstrich aus dem Bottich, sowie das
Kalkwasser aus der Pumpe entfernt wird. In Bezug auf die Rohrleitungen empfiehlt es
sich, dass dieselben so kurz wie möglich sind, und dass Biegungen, Winkel und todte
Punkte so viel wie möglich vermieden werden. Die zweite Bedingung ist die Bereitung
reiner Maischen sowohl durch Zerstörung der den Rohmaterialien anhaftenden Fermente,
sowie durch Verhütung des Hineindrängens neuer Fermente in die Maische. Zur
Erreichung dieses Zweckes dient neben Herstellung reinen Malzes vor allem eine
höhere Abmaischtemperatur von 62 bis 65°. Auch bei der Hefemaischung wähle man die
Maischtemperatur lieber einen Grad höher als niedriger; die Säuerungstemperatur
liege nicht unter 50°, das fertig gesäuerte Hefegut wird vor dem Abkühlen noch
einmal auf 75° angewärmt, eine Stunde bei dieser Temperatur gehalten und dann
schnell auf die Stelltemperatur abgekühlt. Ferner vermeide man bei der Hefebereitung
möglichst alle todten Punkte, stelle also möglichst früh mit Mutterhefe an und
regele die Hefeführung so, dass die eine Hefe dann gerade reif ist, wenn die Hefe
angestellt werden soll. Die Concentration der Hefe sei hoch, 22 bis 24°
Saccharometer, die Gährungsdauer lange, die Anstellungstemperatur niedrig, die
Vergährung so weit wie möglich.
Untersuchungen über reine Hefe veröffentlicht Julius Wortmann in den Landwirthschaftlichen Jahrbüchern 1892 (siehe auch Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 16 S. 165). Der Verfasser legt
darin seine Ansichten über die Bedeutung des Systems der Hefereinzucht im Bereich
der Weinfabrikation dar und kritisirt die Arbeiten, die bisher diesen Gegenstand
behandelt haben.
Ein Verfahren zur Führung von Hefemaischen ist Robert Géduld in Paris vom 21. Juli 1892 ab im
Deutschen Reich patentirt (D. R. P. Nr. 68702). Dasselbe besteht im Wesentlichen
darin, dass durch Einwirkung von Alkalien auf die in der Maische enthaltenen Zucker
arten bei einer dem Siedepunkt der Maische nahe liegenden Temperatur organische
Salze gebildet werden, und dass darauf die Gesammtmenge der in der so behandelten
Maische enthaltenen organischen Säuren durch Zusatz von Mineralsäure frei gemacht
wird. Das Verfahren läuft also darauf hinaus, das Milchsäureferment auszuschliessen
und an Stelle desselben organische Säuren für die Hefemaische zu verwenden, welche,
in der angegebenen Weise erzeugt, billiger sind, als die früher schon mehrfach
versuchte Anwendung organischer Säuren im reinen Zustande.
Verfahren zur Bereitung von Presshefegut aus Melasse u.
dgl. von Gerhard Franke und Oscar Emil Nykander in Berlin. Zusatz zum Patent Nr.
67998 vom 18. Juni 1892, patentirt im Deutschen Reich vom 10. December 1892 ab,
längste Dauer 17. Juni 1907 (D. R. P. Nr. 70802). Das Verfahren besteht darin, dass
man die Milchsäure nicht als solche, sondern zum Theil in Form von gewöhnlicher
Brennereischlempe zusetzt, und zwar entweder vor oder nach, oder auch vor und nach
dem Zusatz der Proteïnstoffe. Durch Anwendung dieser Neuerung soll die Qualität des
Hefeguts bedeutend verbessert werden.
IV. Destillation und Rectification. V. Schlempe.
Ueber den Düngerwerth und die zweckmässigste Anwendung der
Melasseschlempe berichtet Maercker in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 16 S. 149. Nach
E. v. Wolff enthält die Melasseschlempe in 1000 Th. 3,2
Th. Stickstoff, 9,5 Th. Kali, 0,1 Th. Phosphorsäure und 0,1 Th. Kalk. Stammer gibt als Mittel von 4 Analysen folgende Zahlen
an:
Organische Substanz
66,0
Th.
Stickstoff
4,2
„
Kali
16,2
„
Der Werth der Melasseschlempe beruht also auf ihrem
Stickstoff- und Kaligehalt und deshalb ist sie ein specifisches Düngemittel für die
Stickstoff und Kali bedürftigen Pflanzen und für die an Kali und Stickstoff armen
Bodenarten, also vorwiegend für die leichteren Bodenarten. Eine sichere Wirkung wird
jedoch nur in an Kalk und Phosphorsäure reichen Bodenarten zu erwarten sein, da der
Gehalt der Melasseschlempe hieran nur ein minimaler ist. Von Werth in der
Melasseschlempe ist ferner die organische Substanz und die leichte Löslichkeit der
Nährstoffe, welche eine gute Vertheilung derselben ermöglicht. Jedenfalls darf man
annehmen, dass die Begleitung der organischen Substanz und die Möglichkeit der
ausgezeichneten Vertheilung sehr zu Gunsten der Melasseschlempe spricht und dass
daher der aus dem Nährstoffgehalt berechnete Düngerwerth von 7 M. für 1000 k eher zu
niedrig als zu hoch gegriffen ist. Der Verfasser bespricht alsdann eingehend die
Anwendung der Melasseschlempe für die verschiedenen Feldfrüchte, von denen in erster
Linie die Zuckerrüben, Futterrüben und Kartoffeln in Frage kommen.
Ueber die getrocknete Getreideschlempe schreibt O. Böttger im Landwirth,
1893 Nr. 49. Er theilte eine Anzahl Analysen verschiedener Arten von
Getreideschlempen mit, aus denen hervorgeht, dass der Gehalt an Proteïn und Fett in
den verschiedenen Sorten grossen Schwankungen unterliegt, so dass beim Einkauf
sowohl eine richtige Bezeichnung der Sorte, wie auch die Garantie eines bestimmten
Gehalts an Protein und Fett getrennt und endlich auch eine Garantie für Reinheit und
Frische verlangt werden muss, da Verfälschungen mit werthlosen Stoffen vielfach
beobachtet sind. Die Verdaulichkeit des Proteins ist in den verschiedenen Sorten der
getrockneten Schlempe eine sehr hohe. Aus den mit diesem Futtermittel bisher
gemachten Beobachtungen ergibt sich, dass dasselbe ein von allen Viehgattungen gern
genommenes, leicht verdauliches und gut bekömmliches Futtermittel darstellt, welches
seines angemessenen Preises wegen nicht nur als ein vorzügliches Milch producirendes
Futter, sondern auch als Mast- und Pferdefutter sehr empfohlen werden kann.
Zahlen über die Zusammensetzung und den Futterwerth der
getrockneten Maisschlempe bringt ferner die Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 16 S. 223, nach einem Aufsatz des
Pester Lloyd. Auch aus diesen Zahlen ergibt sich
der hohe Werth und die Preiswürdigkeit dieses Futtermittels, denn es stellt sich
z.B. das Werthverhältniss zwischen Mais und Trockenschlempe wie 1 : 1,376 und
zwischen Hafer und Trockenschlempe wie 1 : 1,39.
VI. Apparate.
Ueber den Ilges'schen Automat (nicht zu verwechseln mit
dem Feinspritautomat, welcher direct aus der Maische Feinsprit liefert) berichtet
Wendt in der Zeitschrift
für Spiritusindustrie, Bd. 16 S. 134, sehr günstig. Der Apparat ist für
90procentigen Spiritus und stündlichen Abtrieb von 1100 bis 1200 l Maische gebaut;
er functionirt in allen Theilen vorzüglich, die Stärke des Spiritus betrug 91
bis 92 Proc. der Abtrieb 1200 bis 1300 l in der Stunde. Der Apparat hat gegen ältere
Constructionen wesentliche Verbesserungen aufzuführen, welche sich auf den
Dampfregulator, den Maischregulator, den Spirituskühler und die Dephlegmatoren
beziehen, ferner ist neu hinzugekommen der Wasserregulator; sehr zweckmässig ist
auch der kleine Schlempenprober, welcher mit einem sehr empfindlichen kleinen
Alkoholometer versehen ist, welches anzeigt, ob die Schlempe alkoholfrei ist.
Ueber einen Nachzerkleinerungsapparat für
Maischmaterialien, sowie über ein Maischbottichrührwerk berichtet Assmann in
der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 16 S. 221.
Beide Apparate werden von der Maschinenfabrik Warneck
in Oels i. Schl. angefertigt, sind nicht patentirt, daher billig und sollen sehr
befriedigend arbeiten.
Ein neuer Spiritusmessapparat ist Hornung und Scheibner patentirt (D. R. P. Nr. 69260).
Nach einer Mittheilung in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 16 S. 238, soll der Apparat wesentlich billiger
sein, als alle anderen automatischen Messvorrichtungen; derselbe soll auch die
Spiritusausbeute eines jeden Bottichs mit grosser Sicherheit festzustellen
gestatten.
Ein Dämpf- und Maischapparat ist Stephan Klemm in Szegedin, Ungarn, patentirt (D. R. P. Nr. 69167 vom 13.
August 1892). Der Apparat functionirt in folgender Weise: Die in einem Gefäss
vorbereiteten Getreidekörner werden durch einen Lederschlauch in ein anderes Gefäss
eingeführt, darin gedämpft und durch eine Mahlvorrichtung zerkleinert und dann als
fertige Maische alle 10 Minuten durch momentanes Oeffnen eines Ventils in ein
anderes Gefäss ausgeworfen, aus welchem, nachdem alle Maische sich dort angesammelt
hat, dieselbe gemeinsam alsdann ausgeblasen wird.
Einen elektrischen Säuremesser zur Bestimmung des
Säuregehaltes in in Gährung übergehenden Flüssigkeiten hat Demichel nach Angaben von A.
Kolette construirt. Derselbe besteht aus einem Zinkkupferelement, welches
mit einem Galvanometer in Verbindung steht, welches ein Zifferblatt besitzt, sowohl
für solche Ströme, wie sie von stark säurehaltigen Flüssigkeiten geliefert werden,
sowie eine mittlere Theilung, welche einer normalen Flüssigkeit entspricht. (Nach
Zeitschrift für angewandte Chemie, 1893 S.
210.)
(Fortsetzung folgt.)