Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 291, Jahrgang 1894, S. 282 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 162
d. Bd.)
Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
Ueber die Erfolge der Reinhefe in der Praxis und, die
Bekämpfung der Schaumgährung berichtet der Verfasser an derselben Stelle,
Ergänzungsheft S. 25. Das Verfahren bei der Herstellung der Reinhefe im Grossen ist
folgendes: Es wird reines Darrmalz gemaischt, von dieser Malzmaische eine Würze
gezogen, nachdem eine Maischtemperatur von 65° eingehalten ist; diese Würze wird
unmittelbar in den Gährbottich gelassen, dort gekühlt und mit einer absolut reinen
Hefecultur, die aus einem besonderen Reinzuchtapparat eingelassen wird, versetzt. In
diese gährende Flüssigkeit wird ein starker Luftstrom eingeleitet, so dass die
Gährung in 10 Stunden sich vollzieht. Am anderen Morgen wird die Hefe durch eine
Centrifuge abgeschieden, mit ausgekochtem Wasser in der Centrifuge noch einmal
ausgewaschen, durch die steril gemachte Filterpresse abgepresst, in steril gemachten
Büchsen verpackt und zur Versendung gebracht. Ueber die mit den 4 Heferassen in der
Praxis gemachten Beobachtungen haben wir schon berichtet, wir entnehmen der
vorliegenden Arbeit nur noch das Folgende zur Ergänzung. Bei der Rasse IV war es
auffallend, dass die Erfahrungen in der Praxis mit denen bei der Prüfung im
Laboratorium nicht übereinstimmten, denn hier hatte gerade diese Hefe die höchsten
Erträge ergeben, während sie in der Praxis nicht befriedigte. Zur Prüfung im
Laboratorium wurde bisher Maismaische verwendet. Der Versuch wurde dann mit
Kartoffelmaische wiederholt und nun versagte auch hier die Rasse IV. Es scheint
danach, als ob diese Heferasse sich von den anderen insofern unterscheidet, als sie
die Nährstoffe, welche die verschiedenen Rohstoffe zur Verfügung stellen, nicht in
gleichem Maasse assimiliren kann. Es soll nun in Zukunft auch zu den Prüfungen im
Laboratorium Kartoffelmaische verwendet werden und man hofft dann mit grosser
Sicherheit, auf Grund dieser Versuche, der Praxis direct passende Heferassen
empfehlen zu können. – In Bezug auf die in der Praxis am meisten bewährte Rasse II
wurden Fragebogen versandt. Danach wurde diese Hefe in 181 Brennereien geprüft; von
diesen haben 56 die Hefe, ohne dass Schaumgährung entstanden ist, benutzt und
dauernd eingeführt, 79 haben Schaumgährung erhalten, dieselbe aber nach einfachen
bekannten Mitteln beseitigen können und daher die Hefe ebenfalls dauernd
beibehalten, dagegen haben 46 Brennereien die Hefe nach ganz kurzem Gebrauch wegen
unmässiger Schaumgährung verwerfen müssen. Mit wenigen Ausnahmen sind durch die
Reinhefe Mehrerträge von 0,2 bis 0,3 Proc. erzielt und zwar sogleich beim ersten
Bottich, in einzelnen Fällen ist aber auch der Ertrag um mehrere Procent gestiegen.
Mit den Mehrerträgen war verbunden eine Verringerung des Säuregehaltes. In einzelnen
Fällen fand auch eine Steigerung der Alkoholerträge statt, ohne dass die Vergährung
eine erheblich bessere geworden war, jedenfalls eine Folge der reineren Gährung.
Vielfach hat man, wo der Schaum beseitigt werden konnte, auch eine Verminderung des
Steigraumes beobachtet, offenbar, weil die Gährung eine intensive, wälzende ist,
wodurch die Kohlensäure leichter entbunden wird. Was die Art der Verwendung der Hefe
betrifft, so geschah dieselbe in den meisten Fällen nach der gegebenen Vorschrift,
d.h. die Säuerungstemperatur wurde in der Nähe von 56° gehalten und das Hefegut
wiederholt angewärmt; nachdem fertig gesäuert ist, wird noch einmal auf 62 bis 75°
angewärmt, um den Milchsäurepilz abzutödten, und mit dem Abkühlen erst unmittelbar
vor der Anstellung mit Mutterhefe begonnen. In einigen Fällen hat die Reinhefe auch
in solchen Brennereien, die mit Flussäure gute Erträge erzielten, noch eine
Steigerung bewirken können, ein Beweis dafür, dass die Reinhefe nicht nur in Folge
der Abwesenheit der Spaltpilze, sondern auch wegen der höheren Gährkraft von Werth
ist. Nach einzelnen Berichten scheint ein neues Desinfectionsmittel, der Formaldehyd, in Verbindung mit Reinhefe einen gewissen
Erfolg ergeben zu haben. Als einziger Uebelstand für die Hefe II bleibt die in den
46 Brennereien aufgetretene starke Schaumbildung, die jedoch, wie schon oft
hervorgehoben, nicht als der Ausdruck einer krankhaften Eigenschaft, sondern
vielmehr der hohen Gährkraft dieser Hefe anzusehen ist.
Es kam nun darauf an, ein Mittel zur Beseitigung dieses Uebelstandes zu finden, und
zu diesem Zweck wurde das Preisausschreiben erlassen, über dessen Grundlagen wir
oben berichtet haben und bei welchem es sich im Wesentlichen um die Frage handelte:
„Kann man eine Hefe in der Kunsthefeführung ohne Aenderung des Rohmaterials
und des Maisch Verfahrens für die Hauptmaische so beeinflussen, dass sich in
einem Falle Schaum, im anderen kein Schaum bildet?“ Die Frage ist noch zu
keiner definitiven Entscheidung gebracht, jedoch haben von den 16 Theilnehmern an
der Bewerbung 3, nämlich Hesse in Wutzig, Hocke in Dzialin und Ziersch in Braunsfelde, Beobachtungen mitgetheilt, die für so wichtig
gehalten wurden, dass eine genaue Prüfung derselben in der Praxis beschlossen wurde,
da sie die von Delbrück ausgesprochene Vermuthung, dass
der physiologische Zustand der Hefe von Einfluss auf die Schaumbildung ist und dass
dieser Zustand durch die Art der Hefeführung beeinflusst werden kann, zu bestätigen
scheinen. Die genannten Preisbewerber theilen Versuche mit, bei welchen sie in dem
einen Falle eine Hefe kalt angestellt und dünner mit verhältnissmässig wenig
Mutterhefe gemaischt haben; diese Hefe ist wenig vergohren und es ist damit mehr
Schaum erzeugt. In dem anderen Falle wurde eine Hefe concentrirt gemaischt, wärmer
angestellt, stärker vergähren gelassen und es ist dabei der Schaum ausgeblieben.
Einen ganz neuen, von Delbrück nicht berührten
Gedanken, der von grosser Wichtigkeit zu sein scheint, hat Hesse angeregt. Derselbe berichtet über seine Versuche zur Lösung der Schaumgährungsfrage in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 16 S. 69 und 93. Er hält für die
Brennerei diejenige Hefe für die brauchbarste, welche im Stande ist, einen hohen
Alkoholgehalt zu erzeugen, welche also auch selbst einen solchen und daneben auch
eine hohe Temperatur ertragen kann, und glaubt, dass es unter Berücksichtigung
dieser beiden Momente möglich sein müsse, auch ohne Aussaat von Reinhefe eine
annähernd reine Hefe von für die Brennerei erwünschten Eigenschaften zu züchten. Er
verfährt zu dem Zweck in der Weise, dass er ein sehr concentrirtes Hefegut von 22
bis 24° Sacch. stark, also bis auf etwa 2° Sacch. vergähren lässt. Bei dem dadurch
erzeugten hohen Gehalt an Alkohol werden nur diejenigen Hefezellen am Leben bleiben,
welche bei der hohen Vergährung den Alkohol noch vertragen können, während die
schwächeren Zellen dadurch zum Absterben gebracht werden. Eine weitere Trennung
von schwachen und kräftigen Zellen findet dann durch die Temperatur statt, die bis
an das Maximum der Vegetationstemperatur für Hefe herangeht, also bis 30 bis 31°.
Die auf diese Weise ausgesonderten Hefen sind so kräftig, dass sie Schaum erzeugen,
die Neigung dazu kann aber unterdrückt werden, indem man die Hefe durch starke
Vergährung und hohe Endtemperatur in den trägen Zustand versetzt, so dass die Hefe
nicht mehr kräftig gährt, wenn sie zur Verwendung gelangt; die Hefe ist dann so
abgeschwächt, dass sie nicht mehr Schaum erzeugt. Dagegen kann man Schaumbildung
sofort hervorrufen, wenn man bei einer solchen Hefe mit der Temperatur heruntergeht.
Hesse fasst die Ergebnisse seiner Versuche in
folgende Sätze zusammen: 1) Jede kräftige, rein gehaltene Hefe ist unter günstigen
Umständen im Stande, Schaum zu erzeugen, sobald sie in voll ausgewachsenem Zustande
zur Verwendung kommt. 2) Das Kriterium für den ausgewachsenen Zustand bildet bei
ausreichender Dauer der Entwickelungszeit in erster Linie die erreichte
Endtemperatur bei der Gährung, in zweiter Linie erst der Grad der Vergährung. 3) Die
Schaumgährung kann stark abgeschwächt bezieh. ganz unterdrückt werden durch
Verwendung einer Hefe, welche in der Intensität ihrer Gährwirkung abgeschwächt ist.
4) Die Abschwächung erfolgt sicher dadurch, dass man die Gährtemperatur der Hefe bis
gegen die Grenze der Vegetationsfähigkeit derselben steigen lässt, nach hiesigen
Erfahrungen bis 31,25°. 5) Der höhere oder geringere Grad der Abschwächung,
ausgedrückt durch die erreichten Endtemperaturen zwischen 25 und 31,25°, wirkt auf
den Zeitpunkt des Eintretens der Schaumgährung derart ein, dass bei 25 und 26° der
Schaum gleichzeitig mit der Hauptgährung sich einstellt, während bei 30 und 31,25°
die bedeutend verminderte Schaumbildung sich erst bei Schluss der Hauptgährung
einstellt, aber auch ganz ausbleibt. 6) Durch Herabgehen mit der Endtemperatur hat
man es in der Hand, die Schaumgährung beliebig hervorzurufen und einigermaassen auch
die Tageszeit dafür zu bestimmen. Die Vergährung der Hefe muss dabei stets zu Ende
geführt sein und darf zwischen 1,5 und 3,5° S. schwanken. 7) Es ist nicht
unwahrscheinlich, dass auch eine unreife, noch kräftig sprossende Hefe die
Schaumbildung verhindert. Dies scheint der Fall zu sein, wenn eine zuckerreiche Hefe
nur ungefähr erst die Hälfte des Extractes vergohren hat und eine Endtemperatur von
17,5 bis 18,75° erreicht hat. 8) Der Zustand der Mutterhefe, ob unreif, reif oder
überreif im Zeitpunkt des Anstellens, ist auf die Hefe selbstredend von Einfluss.
Bei langer Gährdauer derselben gleichen sich die anfänglichen Unterschiede aber
ziemlich aus. Jedenfalls ist der physiologische Zustand der Hefe selbst nur allein
maassgebend für die späteren Erscheinungen in der Hauptmaische.
Bei seinen weiteren Versuchen, S. 93, trat der Verfasser der Frage näher, ob auch
eine Hefe, welche im Zeitpunkt ihrer Verwendung noch in voller Sprossung befindlich
und daher unreif ist, durch Herabgehen mit der Temperatur in ihrer Gährkraft so weit
abgeschwächt werden kann, dass sie ebenfalls das Vermögen der Schaumerzeugung
verliert. Die Versuche führten zu keinem positiven Resultat, weil ein Wechsel im
Rohmaterial eintrat und es nicht festgestellt werden konnte, ob das Ausbleiben des
Schaumes durch die Hefeführung bedingt war oder aber einen anderen Grund hatte.
Der Verfasser stellt die Wiederholung dieser interessanten Versuche in Aussicht.
Carl Hecke, S. 77, hat auch die Beobachtung gemacht,
dass eine zu geringe Vergährung die Ursache der Schaumgährung ist. Selbst eine
Vergährung des Hefegutes von 20 auf 6° Sacch. kann unter Umständen noch nicht ganz
vor Schaumgährung schützen, z.B. bei Verwendung zu jungen Malzes oder reinen
Roggenmalzes, welches nach seinen Erfahrungen ganz besonders die Schaumgährung
begünstigt, ferner bei zu niedrigem Säuregehalt im sauren Hefegut, bei schlecht oder
nicht gar gedämpften Kartoffeln u.s.w.; in solchen Fällen muss man bis auf 4° Sacch.
oder noch weiter vergähren lassen. Besonders fand der Verfasser diese schon früher
von ihm gemachten Beobachtungen bei den Versuchen mit der Reinhefe II bestätigt. Als
man dieselbe nur bis auf 10° Sacch. vergähren liess, trat starke Schaumgährung auf,
welche aber schon nach einmaliger Vergährung bis auf 4° Sacch. verschwand. Es gelang
dem Verfasser, aus der Reinhefe zwei Hefen herzustellen, von denen die eine Schaum
erzeugte, die andere nicht. Der Unterschied in der Führung dieser beiden Hefen
bestand nur darin, dass bei der Schaum erzeugenden durch Verwendung von weniger
Maische eine niedrigere Concentration erzielt wurde, ferner wurde diese Hefe etwas
kälter angestellt und nur bis auf 9 bis 10° Sacch. vergähren gelassen. Nach dem
Vorstellen, das auch bei etwas niederer Temperatur stattfand, vergohr die Hefe so
weit, wie sie bei Abnahme der Mutterhefe war. Eine Beförderung der Schaumgährung
durch schnell gehende Rühr- oder Kühlwerke hat Verfasser nie beobachten können,
ebenso wenig hat er einen Einfluss in der Art oder gänzlichen Unterlassung des
Vorstellens der Hefe finden können. Ob die Menge der Mutterhefe fördernd oder
hemmend auf die Schaumbildung wirkt, darüber hat Verfasser Versuche nicht
angestellt. Dagegen ist er der Ansicht, dass ein zu geringer Säuregrad in der Hefe
die Schaumgährung fördert, jedoch allein nicht im Stande ist, Schaum zu
erzeugen.
Lublewicz hat im Gegensatz zu Hecke gefunden, dass Roggenmalz, wenn es die richtige Reife hat, ein
Mittel ist, um die Schaumgährung zu beseitigen. (S. 34.)
Ueber den Maltosegehalt und die Vergährbarkeit von Malzwürzen
und Maischen macht Otto Reinke Mittheilungen
in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 16 S. 18,
welche als Grundlagen für die Vorausberechnung der Ausbeute dienen. Rechnet man die
vergährbare Maltose, d.h. 90 Proc. der durch Analyse bestimmten Menge, in Dextrose
um, addirt hierzu die der Hälfte des Dextrins entsprechende Dextrosemenge und
multiplicirt die Summe mit 64,64 (110 Th. Dextrose geben theoretisch 64,64
Literprocent Alkohol), so erhält man die aus der Maische zu erreichende
Alkoholmenge. Im Allgemeinen wird man dieselbe Zahl erhalten, wenn man die
Saccharometeranzeige der Maische mit 0,49 multiplicirt. Diese Befunde stimmen auch
mit den bekannten Berechnungen, nach denen man die vergohrenen Saccharometergrade
mit 0,55 zu multipliciren hat, um die Alkoholausbeute in Literprocent
vorherzubestimmen.
Ueber die Reinigung und Conservirung der Hefe mit Flussäure
und den Fluor Verbindungen theilen Alfred
Jörgensen und Gustav Chr. Holm im Moniteur scientifique Quesneville, 1893 S. 179,
umfangreiche Versuche mit, welche zur Prüfung dieses von Effront vorgeschlagenen Reinigungsverfahrens ausgeführt wurden. Die
Versuche zeigen, dass eine Reinigung auf diese Weise nicht möglich ist, weil gerade
diejenigen Organismen, welche geeignet sind, Betriebsstörungen hervorzurufen, wie
z.B. Krankheitshefen, Mycoderma und untergährige Bierhefe, in obergähriger
Brennereihefe durch die Behandlung nach dem Effront'schen Verfahren in ihrer Entwickelung nicht nur nicht gehindert,
sondern sogar begünstigt werden. Ausserdem erleidet auch jede gemischte
Brennereihefe in ihrer Zusammensetzung eine tiefgreifende Veränderung, jedoch ohne
Auswahl der besseren Rassen, vielmehr können die im Betriebe als gut erkannten
Rassen unterdrückt werden. Endlich sind die Flussäure und ihre Salze ohne Wirkung
auf einen sehr gefährlichen Organismus, das Bacterium aceti, welcher nicht nur nicht
verschwindet, sondern sich in einigen der Versuche in einem weit grösseren
Verhältniss nach als vor der Behandlung vorfand. Die Verfasser glauben nach diesen
Resultaten, dass das Effront'sche Verfahren für die
Praxis sehr nachtheilige Folgen haben kann.
Versuche über das Flussäureverfahren in der
Spiritusindustrie theilt M. Schiff in der Wiener landw. Zeitung, 1892 S. 210, mit. Dieselben
bestätigen die mit dem Verfahren so vielfach gemachten günstigen Beobachtungen und
sprechen durchaus zu Gunsten des Verfahrens.
Die Reinzuchthefe und die Anwendung der Antiseptica, speciell
der Fluorverbindungen, in der Brennerei; eine kritische Studie, welche Adolf Cluss in der Zeitschrift
für Spiritusindustrie, Bd. 16 Ergänzungsheft S. 94, im Anschluss an seine
frühere Arbeit über den Werth und die Wirkung von Antisepticis zur Beförderung und
Sicherung der Gährung, veröffentlicht. Leider müssen wir aus Raummangel uns hier auf
die Wiedergabe der Schlussfolgerungen beschränken, welche der Verfasser aus seinen
sehr sachkundigen und interessanten Erörterungen zieht.
1) Die Einführung der Reinzuchthefe in den Brennereibetrieb bedeutet einen
Fortschritt, welcher durch Antiseptica, speciell durch die Fluorverbindungen, nicht
erreicht werden kann, denn durch die Anwendung derselben ist weder die Herstellung
einer Reincultur überhaupt, noch auch eine so weitgehende Reinigung unreiner
Brennereihefe möglich, dass ausser den Bakterien auch die Krankheitshefen
unterdrückt werden.
2) Eine wirkliche Reincultur ist nur auf dem von Hansen
vorgezeichneten Wege, bei welchem der Ausgang von einer einzigen Hefezelle genommen
wird, zu erzielen.
3) Aber auch eine Reinigung der Hefe mit Flussäure im Sinne Effront's halten wir für eine unsichere Maassregel. Wenn derselbe auch bei
seinen Untersuchungen gefunden hat, dass einzelne Culturhefen unter dem Einfluss von
Fluorverbindungen eine Krankheitshefe zu unterdrücken im Stande waren, so ist damit
noch nicht erwiesen, dass wir dieses Resultat immer bei Anwendung von Flussäure auf
ein Gemenge von Cultur- und Krankheitshefen erhalten werden. Es kann unter Umständen
auch einmal der umgekehrte Effect eintreten und es sind thatsächlich derartige Fälle
von Hansen und seiner Schule constatirt worden.
4) Dieselben Vortheile, welche Hansen als für den
Brauereibetrieb aus der Durchführung der Gährung mit reingezüchteten Hefearten
resultirend constatirt hat, ergeben sich aus der Anwendung von Reinzuchthefe auch
für die Brennerei.
5) Andererseits schliesst die Einführung der Reinzuchthefe in den Betrieb die
Anwendung von Desinfectionsmitteln durchaus nicht aus, da die reine Hefe nicht die
Functionen eines Antisepticums erfüllt und wir in verschiedener Richtung in der
Brennerei ein solches nicht entbehren können.
6) Man ist erstens, in der Brauerei und Brennerei, auch wenn mit Reinzuchthefe
gearbeitet wird, ebenso oder noch mehr wie früher, auf die äusserliche Anwendung von
Desinfectionsmitteln angewiesen: Von allen antiseptischen Mitteln zum Zwecke
äusserlicher Reinigung in der Brennerei geben wir aber den Fluorverbindungen
entschieden den Vorzug.
7) Aber auch die Anwendung von Antisepticis auf das Gährsubstrat selbst, d.h. auf die
Hefe- und Hauptmaische, ist durch das Arbeiten mit Reinzuchthefe im Brennereibetrieb
nicht überflüssig geworden, wie dies Hansen für die
Brauerei annimmt, denn die Maischen in der Brennerei sind einer Infection durch
Bakterien viel mehr ausgesetzt, als die gehopfte Würze und das Bier in der
Brauerei.
8) Die Diastase ganz besonders wird unter allen Umständen für den Schutz, welcher ihr
durch ein geeignetes Antisepticum zu Theil wird, dankbar sein. Das
Flusssäureverfahren wird daher alle schon früher in Beziehung auf die
Diastasewirkung constatirten Vortheile auch beim Arbeiten mit Reinhefe vermitteln,
vor allem eine bedeutende Malzersparniss gestatten.
9) Was die Verhältnisse der Hefe- und Gährungsführung betrifft, so werden diese
allerdings durch die Einführung der Reinzuchthefe wesentlich geändert, insofern als
die reine Hefe weniger Verunreinigungen organisirter Natur in die Maischen bringt
und selbst auch widerstandsfähiger gegen fremde Einflüsse ist.
10) Trotzdem aber bleibt während der Gährung noch ein weites Wirkungsfeld für die
Antiseptica, unter welchen die Fluorverbindungen bezüglich ihres Werthes obenan
stehen, übrig, da erstens in Rücksicht auf die Nachwirkung der Diastase eine
vollständige Sterilisation der Maische nicht möglich ist und ferner auch der
Säuerungsprocess des Hefegutes mit allen seinen Schattenseiten vorläufig noch
beibehalten werden muss.
11) Die Reinhefe selbst wird durch Flussäure in wirksamster Weise während der Gährung
vor dem schädlichen Einfluss der durch den Säuerungsprocess heraufbeschworenen
Spaltpilze zu schützen sein.
12) Erst wenn einmal das „nothwendige Uebel“, der Säuerungsprocess des
Hefegutes, aus der Welt geschafft, oder die Milchsäure, d.h. die Milchsäuregährung,
durch ein rein chemisches Antisepticum ersetzt ist, erscheint uns ein Arbeiten mit
Reinhefe im wahren Sinne möglich. Die Reinhefe, wie sie unter heutigen Verhältnissen
der Brennerei durch den Betrieb geführt wird, ist im günstigsten Fall ein Gemenge,
bestehend aus einer reingezüchteten Hefeart und Milchsäurefermenten.
13) Während aus den Delbrück'schen Versuchen nur
ersichtlich ist, dass mit Reinhefe unter Umständen ein besseres Resultat erzielt
wird, als mit gewöhnlicher Hefe unter gleichzeitiger Anwendung von Flussäure, lassen
dieselben die Frage, ob das Flussäureverfahren auch beim Arbeiten mit Reinzuchthefe
noch einen Vortheil vermittelt, offen. Dass aber die Flussäure auch neben der
Reinhefe noch einen Werth hat, ist nicht nur theoretisch anzunehmen, sondern
auch durch einzelne Erfahrungen aus der Praxis, sowie durch Laboratoriumsversuche
von uns bestätigt.
14) Für die Praxis ergibt sich hieraus die Consequenz, dass zwar die Einführung von
Reinzuchthefe ein wichtiges Postulat für eine durchgreifende Reform des Betriebes,
aber nicht das einzige, ist und dass auch beim Arbeiten mit Reinhefe die Anwendung
von Desinfectionsmitteln, speciell von Fluorverbindungen, als ein weiterer Factor
zur Sicherung und Förderung der Gährung wohl in Erwägung zu ziehen ist.
15) Die Hefe ist nicht nur während der Ausübung ihrer Gährthätigkeit in der Hefe- und
Hauptmaische, sondern auch, während sie bei dem continuirlichen Process der
Hefeführung in der Mutterhefe von Generation zu Generation fortgepflanzt wird,
mannigfach der Infection durch Bakterien und damit der Gefahr einer Degeneration
ausgesetzt. Die Reinhefe wird auch in dieser Richtung für einen Schutz dankbar sein.
Wir glauben daher, dass sich die Flussäure auch als Mittel zur Conservirung
reingezüchteter Hefe, so weit man darunter eine Reinerhaltung derselben von
Bakterien versteht, sowie zur Reinigung einer durch Spaltpilze verunreinigten,
ursprünglich reinen, Hefe eignen wird. An eine Conservirung und Reinigung der Hefe
in dem weitgehenden Sinne Effront's glauben wir
nicht.
16) Vermöge ihrer specifisch physiologischen Einwirkung auf die Hefezelle kann die
Flussäure – und ihre Salze – auch als Stimulativ einen die Gährintensität der
Reinhefe erhöhenden Einfluss äussern, doch ist wohl dabei zu bedenken, dass dieser
Einfluss unter Umständen auch einmal einer Krankheitshefe zur Entwickelung verhelfen
kann.
17) Eine vollkommen rationelle, planmässige Anwendung des Flussäureverfahrens ist
erst dann möglich, wenn wir eine genauere Kenntniss der Cultur- und
Krankheitshefearten in der Brennerei, sowie der übrigen für dieselbe in Frage
kommenden Organismen, erlangt und ihr Verhalten gegenüber den Fluorverbindungen,
überhaupt den Antisepticis, in Reinculturen studirt haben.
IV. Destillation und Rectification. V. Schlämpe. VI.
Apparate.
Ein Apparat zum Messen des specifischen Gewichts und der
Menge des Alkohols in Branntweinbrennereien ist Aime Victor Bedout patentirt (D. R. P. Nr. 66452 vom 7. Mai 1892). Der
Apparat stellt das Gewicht des ihn durchfliessenden Spiritus fest, entnimmt von
demselben eine Durchschnittsprobe zur Ermittelung des specifischen Gewichts und
bestimmt auch die Gesammtmenge des durchfliessenden Spiritus.
VII. Analyse.
Die Methode der Stärkebestimmung nach Baudry (vgl. 1892
285 238) soll nach Deltour exacte Resultate liefern, wenn man wie folgt verfährt. In einen
200-cc-Kolben bringt man 5,376 g des gut zerkleinerten Rohmaterials, entsprechend
dem Laurent'schen Normalgewicht 16,19 g für Zucker,
setzt 0,48 bis höchstens 0,50 g reine krystallisirte Salicylsäure hinzu, kocht 40
bis 50 Minuten im Chlorcalcium- oder Sandbade, füllt mit Wasser bis etwa 200 cc auf, kühlt ab, fügt
1 cc Ammoniak zu und stellt genau auf 200 cc ein. Man erhält eine klare, im
400-mm-Rohr polarisirbare Lösung von reiner Stärke, die sich mit Jod blau färbt und
selbst bei 10 Minuten langem Sieden Fehling'sche Lösung
nicht reducirt. Die Lösung zeigt bei 15 bis 18° αD = + 200,25, wenn für Rohrzucker αD = + 66,5 ist. (Nach
Chemisches Centralblatt, 1893 Bd. 1 S. 590.)
Ueber Zuckerbestimmungen liegt eine grössere Anzahl von
Arbeiten vor, von denen wir hier die folgenden nach der Zeitschrift für analytische Chemie, Bd. 31 S. 706 bis 716, anführen.
Die Bestimmung mit alkalischer Kupferlösung unterwarf
H. E. L. Worton (Journal of analytical chemistry,
Bd. 4 S. 370) einem genauen Studium. Es wird zunächst die grosse Verschiedenheit der
zur Ausführung dieser Methode gegebenen Vorschriften dargethan. Für die weiteren
Versuche wurde die Soxhlet'sche Lösung zu Grunde gelegt
und zunächst der Einfluss des Alters der Seignettesalzlösung geprüft, wobei sich
herausstellte, dass eine, längere Zeit aufbewahrte Lösung genau die gleichen Werthe
liefert wie eine frisch bereitete. Ferner wurde der Einfluss der Alkalimenge mit
reiner Dextroselösung geprüft. Bei Anwendung von 25 cc Kupferlösung und 25 cc
Seignettesalzlösung wurden bei 2 Minuten langem Kochen folgende Mengen einer
1procentigen Dextroselösung verbraucht:
g NaOH in500 ccLösung
cc Dextrose-lösung
1 cc Fehling-sche
Lösung= mg
Bemerkungen
80
–
–
Endpunkt nicht zu bestimmen.
706052
24,9323,8624,08
4,9874,7724,816
Lösung gelb, Endpunkt scharf.
40
23,77
4,754
Lösung weniger gelb, Endpunkt schwach.
3020
24,1824,10
4,8364,820
Lösung schwach gelb, End- punkt scharf.
Versuche zur Ausarbeitung einer gewichtsanalytischen
Zuckerbestimmung mit Fehling'scher Lösung, bei welcher ein constanter
Reductionsfactor für den Zucker angenommen werden kann, so dass die
Tabellen von Alliehn und Wein und Anderen entbehrlich werden, hat J. L.
Fühling angestellt. Dieselben führten zu dem Resultat, dass, wenn man die
Menge der Reagentien der Concentration der Zuckerlösung anpasst, für jede Zuckerart
ein constanter Reductionsfactor angenommen werden kann. Für eine Kochdauer von 2
Minuten wurde ein solcher Factor zur Umrechnung des Kupfers in Dextrose zu 0,5808,
in Invertzucker zu 0,5698 gefunden. Vorläufig ist diese Beobachtung noch von keiner
praktischen Bedeutung, weil man eben die Concentration der Zuckerlösung kennen muss,
um die Menge der Reagentien festzustellen; jedoch glaubt der Verfasser, seine
Methode weiter ausbilden zu können, so dass dieselbe
auch bei unbekanntem Gehalt an Zucker zu verwenden ist.
Als Indicator bei der titrimetrischen Zuckerbestimmung
mit Fehling'scher Lösung empfiehlt C. H. E. Quinquant im Journal
de Pharmacie et de Chimie, Bd. 14 S. 462, eine Lösung von Hausenblase,
welche, zu einigen Tropfen der zu untersuchenden Lösung hinzugefügt, eine violette
Färbung hervorruft, solange noch Kupfer vorhanden ist.
B. B. Ross führt die Prüfung auf Kupfer mit Ferrocyankalium in der Weise aus, dass er ein
Filterchen mit der Spitze nach unten in der Flüssigkeit schwimmen lässt und von der
nach innen filtrirten klaren Lösung einige Tropfen entnimmt und diese in bekannter
Weise prüft.
J. Causse will die Bildung eines
Kupferoxydulniederschlages dadurch ganz umgehen, dass man der Fehling'schen Lösung Ferrocyankalium zusetzt, wodurch
die Kupferlösung nicht verändert; aber eine sofortige Auflösung des beim Einfliessen
der Zuckerlösung ausgeschiedenen Kupferoxyduls herbeigeführt wird, wobei die blaue
Farbe der Lösung immer mehr abnimmt und schliesslich, wenn der Endpunkt erreicht
ist, vollständig verschwindet.
Die Zuckerbestimmung mit Ost'scher Lösung hat M. Schmöger eingehend geprüft und dabei die von Ost gemachten Angaben grösstentheils bestätigt
gefunden.
Eine verbesserte Fehling'sche Lösung, welche eine
grössere Empfindlichkeit besitzen soll, bringt Girad in
Vorschlag.
Dieselbe besteht aus folgenden drei, getrennt aufzubewahrenden Flüssigkeiten:
1) Eine Lösung von 138,6 g krystallisirtem Kupfersulfat in 1
l;
2) eine Lösung von 350 g krystallisirtem Natriumkaliumtartrat
und 150 g Aetznatron in 1 l;
3) eine Lösung von 60 g Kaliumcyanid (von 98 Proc. Gehalt) in 1
l.
Zum Gebrauch werden von jeder Lösung 5 cc gemischt, mit 50 cc Wasser versetzt, zum
Kochen erhitzt und während des Siedens die Zuckerlösung einfliessen gelassen, bis
die blaue Farbe verschwunden ist. Falls ein Niederschlag entstehen sollte, müsste
von der Lösung 3 mehr zugesetzt werden. (Nach Chemisches
Centralblatt, 1893 Bd. 1 S. 445.)
Einen Schüttelapparat für Flüssigkeiten in Glasgefässen
und insbesondere zur Fuselbestimmung im Alkohol,
welcher von Julius Schäfer in Bonn hergestellt wird,
beschreiben L. Gebek und A.
Stutzer in der Zeitschrift für angewandte
Chemie, 1893 S. 132, wo sich auch eine Abbildung des Apparates befindet.
Die Bewegung des Apparates soll sehr ruhig und kaum hörbar sein und ein wesentlicher
Vortheil, speciell bei der Fuselbestimmung im Alkohol, darin bestehen, dass sich
beim Ausschütteln mittels des Apparates die Temperatur der Flüssigkeit nicht
verändert, während beim Ausschütteln mit der Hand, durch die Wärme derselben, eine
Beeinflussung der Temperatur unvermeidlich ist.
VIII. Allgemeines und Theoretisches.
Ueber die wasserlöslichen Kohlehydrate des Malzes und der
Gerste veröffentlicht G. Düll in der Chemiker-Zeitung, 1893 S. 67 und 100, eine eingehende
Untersuchung, zu welcher eine Arbeit von E. Jalowetz,
welche im 5. Heft der Mittheilungen der österreichischen
Versuchsstationen für Brauerei und Mälzerei erschienen ist, die
Veranlassung gab. Jalowetz kam bei seinen Versuchen zu
dem Schlusse, dass die optische und reducirende Wirkung der kalten wässerigen
Malzauszüge durch die Anwesenheit von Dextrin und Dextrose bedingt sei. Düll hatte bei einer früheren Untersuchung Dextrin
nicht nachweisen können; auch Kühnemann hatte bereits
vor 20 Jahren gefunden, dass Malz und Gerste Rohrzucker enthielten und daneben einen
noch unbekannten reducirenden Zucker, welchen später Kjeldahl für
Invertzucker ansprach. Diese abweichenden Resultate, sowie der Umstand, dass die von
Jalowetz angewendeten Methoden dem Verfasser
ungeeignet erschienen, veranlassten ihn zu einer erneuten eingehenden Bearbeitung.
Zu dem Zwecke wurde Darrmalzschrot 5 Stunden lang mit kochendem 80procentigem
Alkohol extrahirt, alsdann die verbleibenden Treber noch 15 Stunden mit kaltem
destillirtem Wasser extrahirt. Die Extracte wurden eingeengt, gereinigt und
dialysirt, die Dialysate vollständig entfärbt. Der Alkoholextract enthielt 44 Proc.
Invertzucker und 30 Proc. Rohrzucker; jedoch konnte in den Dialysaten weder Maltose,
noch Dextrose, noch ein anderer, ein neues Osazon liefernder Körper gefunden werden,
vielmehr ergaben die Osazonproben nur Glukosazon. Ein ganz ähnliches Ergebniss
lieferten die wässerigen Auszüge, und Düll kommt daher
zu dem Schluss, dass die wasserlöslichen Kohlehydrate des Malzes lediglich aus
Rohrzucker und Invertzucker bestehen und daneben nur in sehr geringer Menge
Röstproducte der Kohlehydrate und ein alkoholunlösliches Gummi, Galactoxylan,
enthalten, welch letzteres keine Jodreaction, keine Reduction, dagegen eine starke
Reaction mit Phloroglucin und Salzsäure gab, sowie mit Kupfersulfat die
charakteristische blaue Gummi-Kupfer-Oxydverbindung zeigte. Dextrin dagegen war
nicht vorhanden. Der Verfasser suchte auch die Frage zu entscheiden, ob der
Invertzucker bereits im Malze vorkommt oder erst bei der Extraction durch Einwirkung
geringer Säuremengen oder eines Enzyms entsteht. Zu dem Zwecke wurde Grünmalz mit
0,2 Proc. Ammoniak extrahirt, wodurch die Säure neutralisirt und das Ferment
unwirksam gemacht wird, aber auch in diesen Extracten wurde Invertzucker gefunden.
Extractionsversuche mit Gerste ergaben, dass dieselbe einen nicht reducirenden
Zucker enthält, der bei der Osazonprobe nur Glykosazon lieferte, so dass der
Verfasser zu dem Schlusse gelangte, dass in der Gerste neben Gummi der Rohrzucker
das einzige wasserlösliche Kohlehydrat ist. Bemerkt sei noch, dass sowohl die
Gerste-, wie die Malzauszüge mit Jodlösung eine sehr schöne Cholinreaction
gaben.
Im Anschluss an diese Arbeit macht Lintner in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 14,
Mittheilung über die Chemie des Darrens. Da Düll gefunden hatte, dass im normalen Darrmalz weder
Dextrin, noch Maltose, noch Isomaltose vorhanden ist, sondern nur Invertzucker und
Rohrzucker, glaubt Lintner, dass die Einwirkung der
diastatischen Fermente auf die Stärke in der Pflanzenzelle ganz anders verlaufe, als
dies der Fall ist, wenn man eine wässerige Lösung solcher Fermente auf
Stärkekleister bei verschiedenen Temperaturen einwirken lässt. Der Grund für den
verschiedenen Verlauf des Processes ist im ersten Falle dem Mangel an Wasser
zuzuschreiben, und Lintner ist der Ansicht, dass eine
Einwirkung der diastatischen Fermente auf die Stärke des Mehlkörpers überhaupt nicht
stattfindet, auch Dextrin trete bei der Keimung nicht auf. Da Düll keine Maltose nachweisen konnte, so glaubt Lintner, dass sich Dextrose bildet durch die gemeinsame
Thätigkeit der diastatischen Fermente und der Glykase. Lintner fand bei Versuchen, dass die Partie des Keimlings erheblich mehr
Wasser enthalte als die übrigen Theile des Kornes und danach ist es erklärlich, dass
im Keimling und in dessen nächster Umgebung die intensivste Einwirkung beim Darren
stattfindet und deshalb auch vorzugsweise die Bildung des Aromas. Die Zunahme
von reducirendem Zucker beim Darren führt Lintner auf
die Invertirung von Rohrzucker durch Fermente und verdünnte Säuren zurück. Die
Lävulose, welche gegen höhere Temperaturen sehr empfindlich ist, liefert beim Darren
aromatische Röstproducte. Lintner war früher der
Meinung, dass die Isomaltose im Mehlkörper gebildet werden könne, da jedoch Düll in keinem Stadium des Darrens Isomaltose auffinden
konnte, ist Lintner jetzt der Ansicht, dass die
Isomaltose durch die Einwirkung diastatischer Fermente auf die im Keimling
auftretende transitorische Stärke entstehe. Da diese Bildung aber bei einer
Temperatur stattfindet, bei welcher die Isomaltose schnell wieder zerstört wird, so
ist es erklärlich, dass dieselbe im Malz nicht nachzuweisen ist.
Amidoacetaldehyd hat E.
Fischer hergestellt. Derselbe ist so leicht veränderlich, dass er bisher
aus dem Hydrochlorat nicht isolirt werden konnte; die alkalische Lösung des
Hydrochlorats reagirt stark auf Fehling'sche Lösung und
auf ammoniakalische Silberlösung. Durch Erwärmen mit einer verdünnten Lösung von
essigsaurem Phenylhydrazin liefert der Aldehyd Glyoxalphenylosazon. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1893
Bd. 26 S. 92.)
Ueber das Inulin und zwei neue Stoffe, das Pseudoinulin und
das Inulenin, hat C. Tanret Untersuchungen
ausgeführt und dabei gefunden, dass im Topinambur und in der Alantwurzel das Inulin
von den oben genannten, demselben sehr nahestehenden Körpern begleitet ist. Die
Trennung der drei Körper beruht auf der verschiedenen Löslichkeit ihrer
Barytverbindung in überschüssigem Baryt. Die drei Körper unterscheiden sich ferner
durch ihr Rotationsvermögen, sowie durch ihre Löslichkeit in Wasser und Alkohol und
auch durch die Zusammensetzung. Diese Verhältnisse wurden wie folgt ermittelt.
Inulin: 6 (C6H10O5) + H2O; in heissem Wasser sehr leicht löslich, in kaltem
Wasser erst in 10000 Theilen. Rotationsvermögen αD
= – 38,8.
Pseudoinulin: 16 (C6H10O5) + H2O; sehr leichtlöslich in heissem Wasser und
schwachem Alkohol, sowie in 350 bis 400 Th. kalten Wassers. Rotationsvermögen αD
= – 32,2, unter Einwirkung verdünnter Säuren wächst
dasselbe bis – 85,6.
Inulenin: 10(C6H10O5) + 2H2O; löst sich schon in einigen Theilen kalten
Wassers, bindet dann aber Wasser und krystallisirt wieder aus, so dass die Lösung
nur noch ⅛ ihres Gewichtes enthält, ist löslich in 35 Th. 30procentigen kalten und
in 245 Th. 50procentigen Alkohols. Rotationsvermögen αD = – 29,6 und nach der Inversion – 83,6.
(Chemiker-Zeitung, 1893 Repertorium S. 75, daselbst
nach Comptes rendus, 1893 Bd. 116 S. 514.)
Eine Zuckerart aus Birnenpectin stellte R. W. Bauer durch Behandlung mit Schwefelsäure dar. Das
erhaltene Osazon scheint Phenylgalactosazon zu sein, woraus auf das Vorhandensein
der Galactosegruppe im Birnenpectin zu schliessen ist. (Landw. Vers.-Stat., 1892 Bd. 41 S. 477.)
Agavose, einen in Agave americana enthaltenen Zucker,
stellten Gustave Michand und José Fidel Tristan dar. Derselbe hat die Formel C12H22O11, reducirt Fehling'sche Lösung etwa ⅝ so stark wie die Glykose, krystallisirt, ist aber
optisch inactiv. Durch Inversion mit Salzsäure entsteht ein Product vom
Reductionsvermögen der Glykose, welches aber linksdrehend ist (αD = – 14,4). Durch Salpetersäure entsteht
keine Schleimsäure. Der Zucker ist also vor anderen Zuckerarten ausgezeichnet durch
seine Inactivität, welche nur die Synanthrose zeigt, von welcher er sich aber durch
seine sonstigen Eigenschaften unterscheidet. (American.
Chem. Journ., Bd. 14 S. 548 bis 550, nach Wochenschrift für Brauerei, Bd. 10 S. 32.)
Untersuchung über die Periode des Auftretens der Trehalose,
sowie des Mannits und der Glykose in den Pilzen führte Em. Bourquelot mit verschiedenen Pilzarten aus und
fand, dass die Trehalose immer erst im Augenblick der Bildung der Fruchtkörper
auftritt, während Mannit und auch Glukose schon in früheren Stadien in grösster
Menge vorhanden sind. (Nach Chem. Centralblatt, 1893
Bd. 1 S. 611.)
(Schluss folgt.)