Titel: | Ueber neuere Kartometer. |
Autor: | Ernst Fischer |
Fundstelle: | Band 291, Jahrgang 1894, S. 132 |
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Ueber neuere Kartometer.
Mit Abbildung.
Ueber neuere Kartometer.
In einer früheren Arbeit„Die mechanische
Planimetrie, ihre geschichtliche, theoretische und praktische
Bedeutung“, Schweiz. polytechn.
Zeitschr., 1868 S. 33 ff., mit 6 Figurentafeln. haben
wir daraufhingewiesen, wie Culmann zu der Idee eines
Feldplanimeters kam. Durch figürliche Darstellung zeigten wir, wie auf der Mitte
einer Stange, etwas länger als die grösste Breite eines zu messenden Feldes, eine
Art Wagenrad befestigt und mit Zählapparat versehen ist, und wie durch zwei
Arbeiter, welche die Enden der Stange immer über den Grenzen halten, das Rad über
ein Feld so schnell weggerollt werden kann, dass der Geometer kaum zu folgen vermag.
Derselbe hatte schliesslich nur die Länge der durchlaufenen Curve bezieh. den
Flächeninhalt des Feldes am Zählapparat des Rades abzulesen.
Durch das Rad mit Zählapparat wurde also die Länge einer Curve bestimmt, nämlich die
Mittellinie des Feldes.
Wir haben in der citirten Schrift auch zweier Zirkel erwähnt und dieselben dort
abgebildet, von denen der eine die Länge eines geraden, der andere eines
Curvenstückes bezieh. eines ganzen Kreisumfanges durch einfache Handhabung und
Ablesung an einer entsprechend getheilten Scheibe ergibt.
Hieraus folgen sofort die Methoden:
1) mittels Rolle und Stab,
2) mittels Zirkel und Rolle, und
3) mit dem Zirkel allein
die Länge einer beliebigen ebenen Curve zu ermitteln.
Zu den neueren Apparaten gehört der gesetzlich deponirte, Zirkelmaasstab von L. Sauer, königlich bayer.
Premierlieutenant a. D., mittels dessen Wegelängen in topographischen Karten für die
Maasstäbe 1 : 25000, 1 : 50000 und 1 : 100000 schnell und leicht bestimmt werden
können.Der Sailer'sche Apparat, in Carton ausgeführt, ist
zu beziehen durch Theodor Riedel's Buchhandlung
in München.
Dieser Zirkelmaasstab ist es zunächst, welcher auf das Verfahren hinweist, mittels
verhältnissmässig kleiner Zirkelöffnungen die mechanische Rectification von Curven
vorzunehmen.
Hiernach folgt die Anwendung einer kleinen Rolle, eines Messrädchens, welches die zu
messende Linie zu durchlaufen hat und deren Umdrehungszahl die Länge der Curve
liefert.
Durch Einfachheit und Genauigkeit zeichnet sich ein kleines Instrument, der Distanzenmesser (curvimètre-crayon)Ebenfalls durch Theodor
Riedel zu beziehen. des Obersten Sack, vor allen anderen Instrumenten dieser Art aus. Dasselbe ist für
Officiere, Ingenieure, Architekten, sowie für jeden, der auf Karten Distanzen zu
messen hat, durch seine praktische Einrichtung von
grossem Nutzen. Dieser Distanzenmesser besteht aus einem Metallcylinder, an dessen
einem Ende ein Bleistift und am anderen Ende ein Rädchen sich befindet; letzteres
ist jedoch zum Schutz mit einer leicht abzunehmenden Kapsel überdeckt. Mit diesem
Rädchen wird das Instrument auf den Linien der Karten fortbewegt, und es steigt
durch diese Bewegung längs einer am Cylinder befindlichen Schlitzscala ein kleiner
Läufer (Zeiger) in die Höhe, welcher die zurückgelegte Entfernung genau angibt, und
zwar in dem Maasstabe von 1 : 100000 für die deutsche und von 1 : 80000 für die
französische Generalstabskarte. Jeder Grad an der Doppelscala entspricht einem
Kilometer auf der Karte. Bei Karten mit anderem Maasstab ist die Reduction hiernach
sehr leicht vorzunehmen.
Dieses Instrument arbeitet mit grosser Genauigkeit und es hat dasselbe bereits hohen
Officieren der deutschen Armee vorgelegen, welche sich sehr anerkennend darüber
aussprachen. Es äusserten sich unter anderen der Chef der königl. preussischen
Landesaufnahme und der frühere königl. preussische Kriegsminister General v. Veräy in folgender Weise: „Der Curvimètre crayon
des Oberst Sack kann als ein praktisches
Hilfsmittel zur Ablesung der Längen gewundener Weglinien auf Karten kleineren
Maassstabes sowohl im Zimmer, als zu Pferde bezeichnet werden. Das Instrument
hat meinen ganzen Beifall und hat die überaus sinnreiche Construction mein
grösstes Interesse erregt.“
Wir gestatten uns nun einen raschen Sprung, indem wir auf die Betrachtung des Patent-Kartometers von E.
Fleischhauer in Gotha, ausgeführt von L.
Tesdorpf in Stuttgart, übergehen.Patentschrift D. R. P. Nr. 45727 vom 8. März 1888.
Textabbildung Bd. 291, S. 133Tesdorpf's Kartometer. (⅔ der natürlichen Grösse.) Dieses Instrument dient ebenfalls zur directen Ermittelung der Länge jeder
beliebigen ebenen Curve. Wir haben zwei Exemplare dieses feinen Instrumentes geprüft
und können dasselbe empfehlen.
Aus der beigegebenen Abbildung ersieht man die wesentlichsten Theile des
Instrumentes:
1) die Grundplatte,
2) in der Mitte den Fahrstift,
3) aussen die Fahrräder, und
4) zwei cylindrische Führungsstangen, deren Achse gemeinsam
ist.
Im vorliegenden Falle sind drei Fahrräder angebracht, es könnten deren auch fünf,
sieben u.s.w., überhaupt eine ungerade Anzahl vorhanden
sein. Die Fahrräder tragen Zifferblätter, und je ein zweites Rad wird mit zehnfacher
Uebertragung vom Fahrrad aus getrieben. Danach kann man die Vielfachen der ganzen
Radumdrehungszahlen ablesen. Die senkrechten Mittelebenen der Fahrräder bilden
Winkel von je 120° mit einander. Die Spurkränze der Räder laufen auf der glatt
aufgespannten Karte, in welcher man Wegelängen (Entfernungen) u.s.w. messen will;
dabei ist aber wohl zu berücksichtigen, dass man nur die Länge der
Horizontalprojection der betreffenden Curve erhält; schneidet die zu messende
Weglinie die äquidistanten Niveaucurven (Horizontalcurven), so ist es mit Hilfe des
bekannten Höhenunterschiedes der letzteren leicht, die wahre Länge des das coupirte
Terrain überschneidenden Weges zu berechnen. Je nach dem Maasstabe der Karte wird
freilich die Differenz zwischen Horizontalprojection und wahrer Länge eine grössere
oder kleinere sein; unter Umständen wird die Bestimmung der Länge der
Horizontalprojection allein genügen.
Die Räder sind einseitig gesperrt: sie können sich nur nach aussen drehen, während
jede Drehbewegung, welche ein Rad einwärts ausführen will, durch die Schneide einer
Sperrklinke, die sich in eine um die Radstirn gelegte Gummibandage einpresst,
aufgehalten wird.
Prof. Hammer in Stuttgart hat in einer grösseren
Abhandlung„Die Linienmesser
von Ott und Fleischhauer“, Zeitschrift für
Instrumentenkunde, Berlin, 1889 S. 130 bis 143. neben
anderem auch eine ausführliche Beschreibung und besonders eine gründliche
theoretische Begründung des Fleischhauer'schen
Kartometers gegeben, auf welche wir hiermit verweisen.
Die Constante des Instrumentes haben wir in der Art bestimmt, dass wir Halbkreise von
verschiedener Grösse, sammt deren Durchmesser, mehrmals umfahren haben. Dabei wurde
auch immer die entgegengesetzte Richtung je einmal durchlaufen. Die Ablesungen an
den Zifferblättern wurden senkrecht über die Zeiger, auf die Ebene der Scheiben
schauend, vorgenommen. Mit dem gefundenen Mittelwerthe wurde die berechnete Länge
dividirt und so die Constante gefunden.
Um nun die Länge einer Curve zu bestimmen, wird der Fahrstift nach dem Augenmaass so
genau als möglich auf derselben vom Anfang bis zum Ende fortgeführt. Die Ablesungen
werden sowohl vor, als nach der Umfahrung vorgenommen.
Ist N1 die Summe der
drei Ablesungen am Anfang und N2 die Summe am Ende der Bewegung und setzt man N2
– N1
= n, sowie die Constante = c, so ist die gewünschte Länge L = n × c.
Prof. Hammer hat in seiner bereits citirten Abhandlung
so gründliche Versuche mitgetheilt, dass wir hier schliesslich nochmals auf dessen
umfassende Arbeit hinweisen müssen, aus welcher wir den Schluss ziehen, dass das
Instrument empfehlenswerth ist. Allerdings ist die exakte Arbeit mit diesem Apparate
etwas zeitraubend, besonders wenn wir es mit noch mehr als drei Fahrrädern zu thun
haben.
Eine werthvolle Anwendung findet dieser Längenmesser, wenn es sich darum handelt, den
Inhalt eines Gebirgsmassivs, eines Gletschers u.s.w. zu bestimmen, indem zu dieser
Berechnung die Länge sämmtlicher Horizontalcurven erforderlich ist.
Ernst Fischer.
München, den 22. December 1893.