Titel: | Ueber das Aufwickeln von Vorgarn u. dgl. auf Walzen. |
Autor: | G. Rohn |
Fundstelle: | Band 291, Jahrgang 1894, S. 10 |
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Ueber das Aufwickeln von Vorgarn u. dgl. auf
Walzen.
Von G. Rohn,
Oberingenieur in Chemnitz.
Mit Abbildungen.
Ueber das Aufwickeln von Vorgarn u. dgl. auf Walzen.
In neuerer Zeit ist seitens der erfinderischen, verbessernden Thätigkeit in der
Spinnereitechnik einem Umstände Aufmerksamkeit geschenkt worden, welcher zwar schon
lange bekannt ist, der aber bisher noch nicht gewürdigt, aber auch noch nicht
genügend beleuchtet worden ist. Es betrifft dies die Aufwickelung des Vorgarnes bei
den Vorspinnkrempeln der Streichgarnspinnerei, doch treffen die hierbei vorkommenden
Verhältnisse auch bei dem Aufwickeln (Aufspulen) von Garn, dem Aufwickeln von Fliess
und Geweben auf Walzen zu. Im Besonderen ist nachstehend nur das Aufwickeln von
Vorgarn mit den in neuerer Zeit hierfür gemachten Verbesserungsvorschlägen
betrachtet und, um die dabei vorkommenden Umstände zu erläutern, sei zunächst auf
Fig. 1 verwiesen, welche das Endtheil des
Flortheilers einer Vorspinnkrempel veranschaulicht. Die aus den Nitschelzeugen
(Frottirwerken) N kommenden Vorgarnfäden gelangen
zwischen den Gabeln der hin und her bewegten Fadenführer f auf die Holztrommeln t und werden durch
deren Drehung um die auf den Trommeln t liegenden
Walzen (Vorgarnspulen) w gewickelt. Die Walzen w besitzen an den Enden kleine Zäpfchen, welche sich an
die Halter (sogen. Spulenstanzen) s legen. Diese
Spulenhalter s sitzen gewöhnlich auf Stangen e und können auf denselben unter verschiedenem
Neigungswinkel zu den Trommeln eingestellt werden. Da die Spulenhalter, welche
früher vielfach als Gabeln ausgeführt wurden, um die Spulenzäpfchen zwischen sich zu
halten, jetzt allgemein so ausgeführt werden, dass, des leichteren und rascheren
Einlegens halber, die Spulen frei auf denselben Hegen, so müssen die Halter stets
eine nach hinten zu geneigte Lage einnehmen, damit die durch ihr Gewicht einestheils
mit den aufgewickelten Vorgarnschichten an der Trommel t, anderentheils mit den Zäpfchen an den Haltern s frei liegende Vorgarnspule V bei ihrer
Drehung sicher gehalten wird.
Textabbildung Bd. 291, S. 10Fig. 1.Flortheiler einer Vorspinnkrempel. Dieses Aufwickeln auf die an geraden Haltern liegenden Spulen hat nun
einen Uebelstand, indem das Aufwickeln nicht gleichmässig erfolgt. Mit zunehmendem
Durchmesser erfolgt die Mitnahme der Spulen durch die Trommeln t, also die Drehung der Spulen sicherer, als wenn
dieselben klein sind, wo bei der Mitnahme der Spulen Gleitungsverluste auftreten.
Das Vorgarn wird also von den Nitschelzeugen weg mit wachsendem
Aufwickelungsdurchmesser der Vorgarnspulen mit zunehmender Geschwindigkeit
abgezogen; das Vorgarn hängt beim Beginn des Aufwickelns auf die Walze w zuerst durch, wird dann straff und immer straffer,
bis schliesslich eine Dehnung des Vorgarnes zwischen Nitschelzeug und Vorgarnspule
eintritt, welche natürlich auf eine Ungleichmässigkeit der aus dem Vorgarn
erhaltenen Garnfäden hinwirken muss.
Textabbildung Bd. 291, S. 10Fig. 2. Es ist zwar vorgeschlagen wordenVgl. D.
R. P. Nr. 5133 von G. Wilhelm in
Crimmitschau., zwischen Nitschelzeug und Aufwickeltrommel ein um
letztere mitgeführtes endloses Tuch einzuschalten, wie dies in Fig. 2 skizzirt ist, um den freien Lauf der
Vorgarnfäden zu vermeiden, doch wird damit der vorher erwähnte Uebelstand nicht
aufgehoben, denn auf dem Tuche selbst kann doch noch ein Verziehen der Vorgarnfäden
stattfinden, wenn auch das Durchhängen derselben mit dem Tragtuch verhindert wird.
Auch hierbei wird immer noch, wie bei der allgemeinen Anordnung, die Spule F mit zunehmendem Durchmesser immer straffer und fester
gewickelt werden, was die Ungleichheit des Garnes bedingt.
Als Ursache dieser Ungleichheit ist der mit zunehmendem Durchmesser der Vorgarnspule
wachsende Andruck derselben an die Aufwickeltrommel anzusehen. Der Andruck bedingt
die Reibung zwischen Trommel und Spule, und da die Reibung mit dem Druck, mit
welchem die aneinander liegenden Flächen zusammengepresst werden, steigt, wird bei
grösserem Spulendurchmesser die Reibung grösser und daher die Mitnahme der Spule
durch die Trommel leichter. Um diese Mitnahme der Spule bei jedem Durchmesser
derselben gleich zu machen und folglich einen ständig gleichmässigen Vorgarnabzug zu
erzielen, hat man deshalb Einrichtungen zu treffen, welche einen gleichbleibenden
Andruck der Spule an die Trommel während des Aufwickelns vermitteln. Hierfür sind
nun neuerdings einige Einrichtungen angegeben worden, doch sollen, ehe auf dieselben
näher eingegangen wird, erst die Kraftverhältnisse beim Wickeln der Vorgarnspulen
betrachtet werden.
Textabbildung Bd. 291, S. 10Fig. 3. Hierzu diene Fig. 3, in welcher α den Winkel bezeichnet, unter welchen die Spulenhalter
zur Senkrechten O Y durch die Achse der Trommel t eingestellt sind. Von dem veränderlichen Gewicht der
Vorgarnspule V kommt die gegen den Mittelpunkt O der Trommel gerichtete Seitenkraft für den Andruck
der Spule an die Trommel in Betracht, während die andere Seitenkraft senkrecht gegen
den Spulenhalter wirkt. Bei der unbewickelten Walze w,
also dem kleinsten Spulendurchmesser, ergibt sich die Kraft d für den Andruck zu d = g cos α, worin g das Gewicht der Walze w
bezeichnet. Allgemein ist der Andruck bei irgend einem Gewicht G der bewickelten Walze w
D = G cos α, wenn die Richtung des geraden
Spulenhalters durch die Trommelachse O geht. G ist nun abhängig von dem Radius R der Vorgarnspule, und wenn man den Radius der Walze
w mit w bezeichnet, so
ist
G = π
(R2 – w2) c + g,
worin c das Gewicht der
Körpereinheit des Vorgarnhohlcylinders bedeutet. Es ist
G = π
R2
c + (g – π w2
c) = C R2 + C1,
worin C und C1 zwei constante
bestimmte Grössen sind. Die Veränderlichkeit von G ist
daher durch den Radius R bestimmt und es steigt C also im quadratischen Verhältnisse mit dem Wachsen
des Durchmessers der Spule, und daraus erhellt auch die grosse Ungleichheit des
Vorgarnabzuges, wenn man die Vorgarnspulen sehr gross im Durchmesser werden lässt.
Letzteres ist aber in Hinsicht auf die Vermeidung des in zu kurzen Zwischenräumen,
also zu oft, erfolgenden Einlegens neuer Walzen w
geboten, und deshalb erheischt die Nothwendigkeit eine mögliche Beseitigung oder
doch eine Verminderung der Ungleichheit des Spulenandruckes.
Der Forderung, dass der Spulenandruck stets derselbe bleibe, kann nun sehr einfach
dadurch entsprochen werden, dass der Winkel, unter welchen die Seitenkraft des
Spulengewichtes gegen die Senkrechte wirkt, veränderlich gemacht wird. Da d = g cos α und D = G cos α, so wird man, um d
= D = constant zu erhalten, mit dem wachsenden
Spulengewicht den Winkel α vergrössern müssen, da damit
cos α kleiner wird.
In Fig. 3 ist bei A eine
solche Lage der Vorgarnspule angenommen und es ist in dem rechtwinkeligen Dreiecke
A B O A B = A O cos x,
oder die wechselnde Höhe h des Mittelpunktes der
Vorgarnspule über der Wagerechten O X durch die
Trommelachse
h = (R +
r) cos x,
worin r den Radius der
Aufwickeltrommel bezeichnet.
Da nun D1
= G cos x und d = g cos α und D1 = d ist, also G cos x = g cos α, so
ist
cos\,x=\frac{g}{G}\,cos\,\alpha,
und daher mit Einfügung dieses Werthes in die obige
Gleichung
h=(R+r)\,\frac{g}{G}\,cos\,\alpha,
oder mit Einfügung des oben angegebenen Werthes für G = C R2 + C1
h=g\,cos\,\alpha\,\frac{R+r}{R^2\,C+C_1}=\frac{g\,cos\,\alpha}{C}\,\frac{R+r}{R^2+\frac{C_1}{C}}
Da der erste Bruch dieses Productes ein gleich bleibender, bestimmter Factor ist, was
ebenso für den Bruch \frac{C_1}{C} zutrifft, so kann die vorige
Gleichung auch geschrieben werden
h=a\,\frac{R+r}{R^2+b}.
Hiernach muss also die Fläche des Spulenhalters gekrümmt
sein, und es lässt sich für bestimmte Verhältnisse aus der vorher
entwickelten Gleichung leicht der Verlauf der Krümmungscurve berechnen und
aufzeichnen, wie dies in Fig. 4 für einen bestimmten
Fall gemacht worden ist.
Die Curve A B geht im Anfange steil in die Höhe, wird
dann flacher und senkt sich schliesslich wieder. Von der Curve ist natürlich bloss
der erste Theil, etwa bis C, als Form der Auflagefläche
an den Spulenhaltern zu benutzen, da bei Weiterführung der Curvenform an den
Spulenhaltern die Spulen eine unsichere Lage an den Trommeln erhalten und
schliesslich von denselben abfallen würden. Dem zu wickelnden Spulendurchmesser ist
daher eine Grenze gesetzt, doch ist der damit erreichbare Spulendurchmesser
vollkommen zulangend.
Man wird nun der sicheren Spulenlage halber trachten müssen, die Curve A B in dem zu benutzenden Theil möglichst steil
aufsteigend zu erhalten. Da man ohne Verwendung von Gabelspulenhaltern den Winkel
α nicht zu klein machen darf, um eine sichere
Spulenlage zu erhalten, so wird man mit Bezug auf die gegebenen Formeln zur
Erlangung eines steileren Curvenanfanges die Aufwickeltrommel von nicht zu kleinem
Durchmesser und die Spule oder Walze w nicht zu schwach
und zu leicht nehmen dürfen. Diese beiden Maassnahmen sind aber schon mit Rücksicht
auf ein gutes Aufwickeln am Anfange von selbst zu treffen und man befolgt dieselben
auch fast allgemein in der Praxis.
Textabbildung Bd. 291, S. 11Fig. 4. Durch die gekrümmte Form der Anlagsfläche der Spulenhalter kann man also
der Forderung eines gleichbleibenden Andruckes der wachsenden Vorgarnspule an die
Aufwickeltrommel entsprechen. Zu bemerken bleibt bloss der eine Umstand, dass die
Anlagestelle der Spule an der Trommel sich ändert, also der Aufwickelpunkt sich
verlegt und dadurch die Vorgarnstrecke vom Nitschelzeug bis zu diesem Punkte sich
allmählich verlängert. Dies ist aber geringfügig und die etwa dadurch zunehmende
Dehnung der Vorgarnfäden ganz ausser Acht zu lassen, so dass darin ein Uebelstand
nicht zu erblicken ist. Ein Uebelstand könnte in der schwer herstellbaren genauen
Curvenform und der nöthigen genauen Einstellung der Spulenhalter gefunden werden.
Die durch eine geringe Abweichung von der mathematisch genauen Form herbeigeführten
Unregelmässigkeiten werden aber kaum zu sehen sein, und man kann annehmen, dass
schon durch eine ausserhalb der centralen zur Aufwickeltrommel liegende gerade Form
der Spulenhalter der praktisch nöthigen Forderung für einen möglichst
gleichbleibenden Spulenandruck entsprochen wird. Wenn man nach Fig. 4 die geraden Spulenhalter nach der Linie A D einstellt, so wird durch diese an die Curve
angenäherte Gerade der Zweck der Curvenform zum grösseren Theile erreicht. Dies wird
auch in richtiger Würdigung der Umstände bei Einstellung der Spulenhalter befolgt
werden.
Trotzdem man damit ein einfaches Mittel an der Hand hat, den ungleichen Wirkungen
beim Aufwickeln des Vorgarnes zu begegnen, sind doch mehrere Einrichtungen angegeben
worden, denselben Zweck mit anderen, nicht immer einfachen Mitteln zu erreichen. In
erster Linie sind hier anzuführen die im D. R. P. Nr. 60905 geschützten beweglichen Spulenhalter von Ed. Bastin in Verviers, Belgien. Die Zapfen der um die Walze w gewickelten Vorgarnspule V liegen hierbei, wie aus den beiden, die Stellung am Anfange und Ende der
Spule wiedergebenden Fig.
5 und 6
hervorgeht, in dem gegabelten Ende von Armen s, welche
fest auf der drehbaren Stange i sitzen. Die Spule wird
dadurch bei ihrem Wachsen in einem Kreisbogen geführt, und es ist dies nichts
weiter, als eine Annäherung der vorhin erläuterten Nothwendigkeit, diese Führung in
einer Curve zu bewerkstelligen. Die Beigabe des in der Patentschrift angegebenen
Gewichtes e an den Armen s
erscheint aber nach dem vorher Erläuterten eigentlich zwecklos, denn dasselbe
vergrössert nur das Gewicht der Vorgarnspule am Anfang des Aufwickelns und ändert
die Wirkung dieses Gewichtes bei zunehmender Spule, wodurch aber nach den obigen
Ausführungen die Form der Führungscurve geändert wird. Die drehbaren Spulenhalter
allein, ohne besondere Beschwerungsgewichte, können also der Forderung nach
gleichmässiger Wickelung der Spulen schon genügen, wenn die Lage des Drehpunktes,
die Lage der Stange i, so gewählt wird, dass der Bogen
der construirten Führungscurve durch den Kreisbogen möglichst gedeckt wird.
Textabbildung Bd. 291, S. 12Spulenhalter von Bastin. Die besondere Beschwerung der drehbaren Spulenhalter bewirkt aber eine
Steigerung der ausgleichenden Wirkung der Spulenführung, da diese Beschwerung in
zwei nach den Mittelachsen der Aufwickeltrommel t und
der Stange i gerichteten Seitenkräften wirkt. Beim
Beginn des Aufwickelns wird die Seitenkraft nach der Trommel grösser als die andere
Seitenkraft sein, und mit zunehmendem Aufwickeldurchmesser wächst die Seiten kraft
nach der Stange i, so dass dadurch bei einer das
Gewicht des Vorgarnes auf der Spule übertreffenden Grösse der Gewichte e der Andruck der Vorgarnspule an die Aufwickeltrommel
sich sogar vermindert. Es ist wohl deshalb, um einer solchen unter Umständen wieder
zu einer umgekehrten Ungleichheit beim Aufwickeln Veranlassung gebenden Wirkung
begegnen zu können, bei der Ausführung, wie Fig. 6 zeigt, das Gewicht
e besonders und verstellbar an den Spulenhalter zum
Anschrauben eingerichtet. Gleichzeitig ist an dem Spulenhalter ein Gewichtsarm
angebracht, welcher bei zunehmender Spule als Gegengewicht für das stellbare Gewicht
e wirkt, dessen Wirkung also aufheben kann.
Textabbildung Bd. 291, S. 12Spulenhalter von Jeukens. Auch bei diesen beweglichen Spulenhaltern ändert sich die Lage des
Berührungspunktes der Spule mit der Trommel, wie aus Fig. 6 hervorgeht. Dies
vermeidet die von Joseph Jeukens in Eupen im D. R. P.
Nr. 63819 angegebene und in Fig. 7 und 8
dargestellte Einrichtung.
Die Spule wird dabei an den gerade geformten und radial zur Aufwickeltrommel t stehenden Haltern s
geführt, aber an ihren Zapfen von einem mit wachsender Spule abnehmenden Druck
belastet. Der Spulenhalter s ist geschlitzt und führt
sich in dem Schlitze ein Arm d, welcher sich auf den
Spulen zapfen legt und an dessen ausragendem Ende eine Stange c gelenkig angeschlossen ist, die wieder das
verstellbare Gewicht e trägt. Die Stange legt sich auf
das Ende des Spulenhalters und verschiebt sich mit wachsender Spule auf diesem, so
dass das Gewicht mit seiner Schwere immer weniger den Spulenzapfen belastet.
Auch bei dieser Einrichtung tritt der Umstand auf, dass bei grossem Spulendurchmesser
das Gewicht e gar keine Belastung der Spule mehr
hervorbringt, und der Andruck der Spule an die Trommel daher nicht gleich bleibt,
sondern zu viel abnehmen kann. Durch die gewählte Gelenkverbindung ist auch ein
Klemmen des Armes d in dem Führungsschlitze nicht
ausgeschlossen und für die freie Auflage von c auf s, welche leicht gestört werden kann, sollte doch
lieber eine zwangsläufige Führung angeordnet werden.
Textabbildung Bd. 291, S. 12Fig. 9.König's Garnwickelvorrichtung.B. König in Zintenhof, Russland, ordnet bei seiner Garnwickelvorrichtung (D. R. P. Nr. 71194) eine die
Vorgarnspule bei ihrem Wachsen verschieden belastende Druckwalze an. Nach Fig. 9 sind senkrecht über der Aufwickeltrommelachse
Gabelführungen k angeordnet, in denen die Zapfenlager
einer Walze e gleiten. Diese Walze, welche in ihrer
tiefsten Stellung, um das Einlegen einer leeren Walze w
zu ermöglichen, von der Walze l gestützt wird, wirkt
einseitig drückend auf die Vorgarnspule V, so dass, wie
in der Patentschrift gesagt ist, ein immer grösser werdender Abschub der
Vorgarnspule von der Trommel gegen die Halter auftritt und daher ein schädliches
Eindrücken (der grösser werdenden Spule) an der Trommel nicht stattfindet.
Es ist hierzu zunächst zu bemerken, dass eine solche Wirkung bei dieser Einrichtung
nur unter besonderen Verhältnissen stattfinden kann. Wenn die Spulenhalter in einer
solchen Neigung stehen und die Führung der Druckwalze senkrecht erfolgt, wie in Fig. 9 gezeichnet (welche Anordnung der Patentschrift
entnommen ist), dann tritt überhaupt keine Aenderung in der Wirkung des
Walzendruckes auf die Vorgarnspule ein, denn die in Betracht kommende Seitenkraft
des Gewichtes der Walze e, welche nach der Achse der
Vorgarnspule zu wirkt, bleibt stets gleich, da der Winkel dieser Seitenkraft stets
der gleiche bleibt. Diese Seitenkraft wirkt nur wenig auf eine Andruckvermehrung der
Spule und gar nicht dem Andruck der Spule an die Trommel t entgegen, was doch beabsichtigt ist. Erst bei Verhältnissen, wie in dem
Kräfteplane Fig. 10 gewählt, tritt diese Wirkung ein,
weil sich mit dem Heben der Walze e der Winkel, mit
welchen das Gewicht der Walze e auf den Spulenhalter
wirkt, von einem spitzen in einen stumpfen übergeht, so dass die in der Richtung des
Spulenhalters wirkende Seitenkraft p schliesslich von
der Trommel t nach aussen gerichtet ist.
Alle die beschriebenen Einrichtungen zur Erreichung eines gleichbleibenden und
abnehmenden Andruckes der Vorgarnspule an die Aufwickeltrommel erleichtern das
Einlegen der Walzen und Herausnehmen der vollen Vorgarnspulen keineswegs, sie bilden
hierbei nur gewissermaassen Hindernisse, und die Anwendung solcher Einrichtungen
wird nur dort, wo an die Gleichmässigkeit des fertigen Gespinnstes und daher auch an
die des Vorgarnes hohe Anforderungen gestellt werden, sich rechtfertigen. Die
Einrichtungen haben aber das Gute, dass man mit ihrer Hilfe den Spulenandruck
abnehmend machen kann, was nicht ohne Bedeutung ist.
Textabbildung Bd. 291, S. 13Fig. 10. Die Reibung, welche die Mitnahme der Spule durch die Oberfläche der
Trommel bedingt, hängt nicht allein von dem Andruck der Spule an die Trommel,
sondern auch von der Grösse der Anlagefläche zwischen Trommel und Spule ab. Obwohl
mathematisch genommen diese Fläche nur in einer gleichbleibenden Linie zu suchen
ist, so verhält sich dies in Wirklichkeit doch anders, da sich die elastische Spule
mit ihrem Grösserwerden, da die elastische Schicht stärker wird, an der Anlegestelle
mehr und mehr platt drückt. Also wird auch bei gleichbleibendem Andruck die Mitnahme
der Spule bei wachsendem Durchmesser unter Umständen leichter erfolgen und der Abzug
des Vorgarnes von den Nitschelzeugen immer noch etwas straffer vor sich gehen.
Deshalb ist es für den vollkommen gleichmässigen Abzug gut, dass bei dem grösseren
Spulendurchmesser (bei leichterer Mitnahme) der Andruck der Spule an die Trommel
etwas geringer wird.
Dieser Forderung kann aber auch in einfachster Weise durch eine entsprechende Form
der Spulenhalter entsprochen werden. Die Curve A C in
Fig. 4 lässt sich auch so construiren, dass bei
grösserem Spulendurchmesser die nach der Mittelachse der Trommel gerichtete
Seitenkraft des Spulengewichtes mehr und mehr abnimmt.
Gegenüber diesem einfachen, die Bedienung des Flortheilers beim Spulen-Ein- und
Auslegen nicht verändernden und hindernden Mittel zur Erreichung der gegebenen
Forderung, erscheinen zusammengesetzte Antriebsvorrichtungen, wie die von C.
Diedrich in Cottbus im D. R. P. Nr. 64657 angegebene für eine allgemeinere
Einführung in die Praxis kaum geeignet. Bei dieser Einrichtung soll der ungleiche
Abzug mit wachsender Vorgarnspule dadurch beseitigt werden, dass man der
Aufwickeltrommel eine abnehmende Geschwindigkeit gibt. In die Antriebsvorrichtung
der Aufwickeltrommeln ist ein Riemenkegelpaar eingeschaltet, dessen Riemen dem
Wachsen der Spule entsprechend verschoben wird, so dass sich das
Uebersetzungsverhältniss ändert. Die dadurch herbeigeführte abnehmende
Geschwindigkeit wird durch einen gemeinschaftlichen Riemen allen Aufwickeltrommeln
gleichzeitig und gleichmässig mitgetheilt.
Die Einrichtung bedingt, dass zur Vermeidung von Ungleichheiten alle Spulen
gleichzeitig abgenommen werden, und da der erwähnte Antriebsriemen dann jedesmal in
die Anfangsstellung zurückgeschoben werden muss, so erfordert die Einrichtung eine
peinliche Aufmerksamkeit. Es muss zwar anerkannt werden, dass die mit dieser
Einrichtung mögliche Erhaltung von gleichen Vorgarnspulen viele Vorzüge für
sich hat, doch wird die verlangte Aufmerksamkeit, welche für die Sicherung der guten
Gleichmässigkeit Bedingung ist, der allgemeineren Anwendung der Einrichtung
hinderlich sein.
Ein gleichbleibender Abzug des Vorgarnes, also eine gleichmässige Aufwickelung
desselben kann auch erreicht werden, wenn man, nach dem Vorschlage von J. S. Bolette in Spaa, Belgien, statt einer grösseren
zwei kleinere Aufwickeltrommeln anordnet und nach Fig. 11 die Walze w in die Mitte zwischen die beiden Trommeln legt und
senkrecht führt. Wie aus dem Kräfteplane Fig. 12
ersichtlich ist, bleiben die von dem Gewicht g der
Walze w und dem Gewicht G
der Vorgarnspule nach den Achsen der beiden Trommeln t
wirkenden Seitenkräfte d und D, welche den Andruck der Spule an die Trommel hervorbringen, stets
ziemlich gleich. Die Einrichtung ist übrigens in der Spinnereitechnik bereits
verschiedentlich angewandt, z.B. bei den Aufwickelvorrichtungen der Schlagmaschinen.
Es verändern sich dabei zwar die Anlagestellen der Spule beim Wachsen derselben an
den Trommeln, welcher Umstand aber nicht viel auf sich hat.
Textabbildung Bd. 291, S. 13Aufwickelung von Bolette.Textabbildung Bd. 291, S. 13Fig. 12. Eine gleichmässige Mitnahme der Spule durch die zwei Aufwickeltrommeln
soll nach einem zweiten Vorschlage des Genannten dadurch erzielt werden, dass man
nach Fig. 13 um die
Trommeln t ein endloses Tuch u legt. Da die Anlage des Tuches an den Trommeln bei grosser oder kleiner
Spule stets annähernd die gleiche ist, das Tuch also stets mit derselben
Geschwindigkeit durch die Trommeln bewegt wird, so wird auch die Spule mit Rücksicht
darauf, dass dasselbe wegen seiner Rauheit die Spule leichter mitnimmt und die
Anlagefläche fast stets gleich bleibt, die Mitnahme der Spul$ gleichmässig erfolgen
und die Vorgarnfäden gleichmässig abgezogen werden.
Bezüglich dieser beiden letzten Einrichtungen ist zu bemerken, dass dabei die
Spulenzapfen in Gabeln laufen müssen, wodurch das Einlegen der Walzen bei Beginn
neuer Spulen etwas erschwert ist. Eine einseitige Führung entgegen der
Drehungsrichtung zur Vermeidung dieses Uebelstandes dürfte doch zu wenig Sicherheit
für die richtige Lage der Spule geben.
Es sei hier schliesslich noch darauf hingewiesen, dass die beschriebenen Verhältnisse
in der umgekehrten Weise beim Wiederabwickeln der Spulen auf den Spinnmaschinen
auftreten. Man wird also auch dort, um einen gleichmässigen Vorgarnabzug zu
erhalten, die Spulenhalter entsprechend einzurichten haben. Vorschläge hierzu sind
bereits gemacht.