Titel: | Brandproben feuersicherer Bauconstructionen. |
Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 271 |
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Brandproben feuersicherer
Bauconstructionen.
Mit Abbildungen.
Brandproben feuersicherer Bauconstructionen.
Zum Zweck des Austrages eines Preisausschreibens, welches der Verband deutscher
Privatfeuerversicherungsgesellschaften gelegentlich der Deutschen Allgemeinen
Ausstellung für Unfallverhütung in Berlin vom Jahre 1889 für hervorragende
Leistungen auf dem Gebiete des Feuerschutzes ausgeschrieben hatte, wurden
insbesondere bezüglich derjenigen Einrichtungen und Constructionen, die einen
entstehenden Brand einzuschränken geeignet sind, vom 9. bis zum 11. Februar
laufenden Jahres Versuche angestellt, über die inzwischen der von Stude und Reichel
verfasste ausführliche amtliche Bericht in dem Verlage von J. Springer, Berlin, erschienen ist. Wir folgen im Nachstehenden einem von
C. Mühlke unterzeichneten Berichte der Deutschen Bauzeitung:
Um die Prüfung der Constructionen möglichst der Wirklichkeit entsprechend zu
gestalten, war seiner Zeit beschlossen worden, dieselben in ein zum Abbruch
bestimmtes Gebäude einzubauen und daselbst einem den Verhältnissen bei einem
Schadenfeuer möglichst ähnlichen Brande zu unterziehen. Als ein zu derartigen
Versuchen geeignetes Gebäude wurde von den städtischen Behörden ein zum Abbruch
bestimmtes altes Fabrikgebäude zur Verfügung gestellt.
Es nahmen 18 Firmen an der Bewerbung Theil, indem sie ihre Constructionen in das Haus
einbauten, und zwar theils aus eigenem Antriebe, theils in Folge einer Anregung,
ihre Constructionen zur Prüfung bereit zu stellen.
Das Einbauen begann im October 1892 und konnte in Folge des anhaltend auftretenden
starken Frostwetters nur so gefördert werden, dass im Januar mit dem Einbringen der
Brennmaterialien seitens der Feuerwehr vorgegangen wurde. Hierbei wurde so
verfahren, dass die einzelnen Räume des aus Erdgeschoss, I. und II. Obergeschoss,
sowie Dachgeschoss mit Ziegeldach bestehenden Hauses möglichst mit gleichem Inhalt
versehen wurden, wie derselbe in Wohnräumen, Tischlereien, Leistenfabriken, Drogen-
und Erdöllagern thatsächlich vorkommt. In dem alten Treppenhause blieb die alte
Holztreppe im Erdgeschoss und Dachgeschoss bestehen und wurde nur an letzter Stelle
nach der später unter 1 beschriebenen Weise ummantelt. Im I. und II. Obergeschoss
waren neue Treppenstufen verschiedenen Materials zur Prüfung eingebaut.
Zur Feststellung der erzielten Temperaturen wurden sowohl in den Räumen selbst, als
auch innerhalb der Säulenummantelungen und unter den Fussböden Schmelzproben
angebracht, welche theils von der königl. mechanisch-technischen Versuchsanstalt zu
Charlottenburg zur Verfügung gestellt waren, theils aus dem chemischen Laboratorium
für Thonindustrie (Professor Dr. H. Seger und E. Cramer) bezogen waren. Die Schmelzproben waren
geeignet, Temperaturen bis 1460° C. festzustellen. Während durch dieselben in den
verschiedenen Räumen als wahrscheinliche Temperaturen 1000 bis 1300° C. nachgewiesen
wurden, haben die Hitzegrade innerhalb der Eisensäulenummantelungen und unterhalb
der Fussböden (Xylolith, Cementbeton, Gypsestrich u.s.w.) 310° C. nicht
überschritten.
Die Belastungen der Eisenconstructionen konnten mit Rücksicht auf den Zustand des
alten Gebäudes nur gering genommen werden. Dieselben wurden als Einzellasten aus
Eisenbarren aufgebracht. Die Widerstandsfähigkeit der Fussböden, Glasplatten u.s.w.
während des Brandes gegen Stösse wurde insofern geprüft, als Eisenbarren im Gewichte
von 50 k, auf Bammelagen oder Holzstössen gelagert oder sonst in der Schwebe
gehalten, nach Durchbrennen des Holzes herabstürzten.
In dem Preisgerichte wirkten zehn Personen.
Die Vorarbeiten für die Brandversuche, sowie letztere selbst waren von dem
Vorsitzenden des Preisgerichtes, Branddirector Stude,
und dem Brandinspector Reichel geleitet, die sich auch
der Ausarbeitung des ausführlichen amtlichen Berichtes unterzogen, der mit seinen
vielseitigen Abbildungen dem Studium jedes interessirten Technikers auf das wärmste
empfohlen werden kann.
Die nach dem Brande noch auf Antrag einzelner Aussteller ausgeführten
Belastungsproben von Decken, Treppen u.s.w. sind in Gegenwart und unter Aufsicht,
des Bauinspectors Gropius der Bauabtheilung des
Polizei-Präsidiums vorgenommen worden.
Die Bestimmungen des Preisausschreibens sind nachstehend deshalb genau erwähnt, weil
dieselben erklären, wenn hier und da eine dem Techniker zum Vergleich recht
erwünschte Bauconstruction gefehlt hat. Dieselben lauteten:
„B. Einrichtungen und Constructionen, welche geeignet sind, einen entstehenden
Brand einzuschränken:
6) feuerbeständiger Fussbodenbelag, der in Geschossen mit hölzernen Balken und
Dielenboden angelegt werden kann, und zugleich für Beschädigungen durch Nässe,
heftige Stösse u. dgl. ausreichend widerstandsfähig ist;
7) feuerbeständige Thüren;
8) feuersichere Bauconstructionen in anderem Material als in Stein ausgeführt,
mit welchen feuersichere Räume auch in bereits bestehenden Gebäuden hergestellt
werden können;
9) Schutzmittel für Eisenconstructionen (Träger und Pfeiler), welche diese im
Falle eines Brandes vor der Einwirkung der Glut schützen und deren Anbringung
auch in bereits vorhandenen Gebäuden möglich ist.“
In einem der Brandstätte benachbarten Restaurationssaal waren Zeichnungen, Modelle
und Materialproben der eingebauten Constructionen ausgestellt, daselbst gab
Branddirector Stude über Zweck und Werth der
beabsichtigten Versuche Auskunft, aus der Folgendes hervorgehoben sei:
„Die Brenn proben sollen nicht Reklamezwecken dienen, sondern weiteren Kreisen
die neueren Erzeugnisse und Constructionen hinsichtlich ihres Verhaltens gegen
ein Schadenfeuer bekannt machen. Allerdings ist auch nach derartigen Proben dem
Neuen gegenüber immer noch Vorsicht geboten, besonders wenn es sich nicht um
einfache, sichtbar erkennbare Stoffe, sondern um Zusammensetzungen und
Fabrikgeheimnisse handelt. In letzterem Falle verschlechtern sich
erfahrungsgemäss derartige Fabrikate in kurzer Zeit nach ihrer Einführung. Zu
betonen ist auch, dass durch feuersichere Construction und Stoffe niemals eine
absolute Feuersicherheit erzielt werden kann, vielmehr nur erreicht wird, dass
ein Feuer sich nicht schnell verbreitet und leichter in gewissen Grenzen
gehalten wird. Die grösste Gefahr bildet immer der brennbare Inhalt eines
Hauses, der der Bestimmung und Benutzung des Hauses entsprechend verschieden
ist. Für den Schutz der Menschenleben bildet der bei einem Feuer entstehende
Rauch und Qualm die nächste und schlimmste Gefahr und ist daher die Schaffung
möglichst mehrerer von einander getrennter Rettungswege, Treppen und Ausgänge
der beste Schatz. Hinsichtlich des Schutzes des Eigenthums ist ausserdem der
Grundsatz zu beachten, dass Mittel und Zweck im Einklang bleiben müssen.“
Das Inbrandsetzen des Hauses geschah in einzelnen Abtheilungen.Am 9. Februar
wurden zunächst der Raum oberhalb des Treppenhauses, sodann die Dachräume,
schliesslich die Bodenkammer mit dem gesammten Dachstuhl abgebrannt. Am zweiten Tage
folgten einzeln die Tischlerei, dann die Wohnräume mit den Erdöllagern und der
Geräthekammer im II. Obergeschoss und schliesslich die Tischlerei nebst der
Leistenfabrik im I. Obergeschoss. Am dritten Tage wurde zunächst das Treppenhaus,
später das Drogenlager abgebrannt. Den Schluss bildeten die übrigen
Erdgeschossräume.
Das Ablöschen der in Brand gesetzten Räume wurde wie im Ernstfalle, und zwar unter
Anwendung zweier Rohre der Wasserleitung und eines Rohres einer Dampfspritze
ausgeführt. Hierbei fand sich mehrfach Gelegenheit, zu beobachten, welche Gewalt der
Strahl der Dampfspritze ausübt, wonach es wohl erklärlich ist, wenn Drahtputz oder
ähnliche Constructionen, die dem Feuer gerade noch widerstanden haben, von den)
Dampfspritzenstrahl vollständig zerstört werden.
Nach dem Ablöschen der einzelnen Abtheilungen des Brandes wurde das Ergebniss
zunächst vom Preisgericht und alsdann auch von den übrigen Zuschauern besichtigt,
ehe die neue Abtheilung in Brand gesetzt wurde. So war den weitesten Kreisen
Gelegenheit gegeben, die Wirkungen der einzelnen Brände an Ort und Stelle zu
besichtigen. Die Ergebnisse der Versuche seien zunächst an der Hand der
Veröffentlichung des Preisgerichtes besprochen, wobei jedoch die für die Bautechnik
weniger wichtigen Constructionen nur kurz erwähnt werden können.
1) Aussteller Zimmermeister Schubert-Breslau. Das
eigentlich Wesentliche an den Schubert'schen
Constructionen ist ein Holzleistengeflecht, das als Träger des gewöhnlichen
Kalkputzes dient. Die Leisten sind, wie in der beigegebenen Fig. 1 dargestellt ist, über Eck gestellt, um das Herumgreifen des Putzes
um die Leisten möglichst zu erleichtern. (Holzleisten als Träger des Deckenputzes
sind im Uebrigen bekanntlich schon vielfach verwendet und bilden in westlichen
Gegenden Deutschlands fast die Regel). Dieser Schubert'sche Putz, der in Breslau bereits vielfach an Stelle des Rohrputzes
Verwendung gefunden hat, war in einer Bodenkammer, welche äusserlich als Dachluke
sichtbar war, in verschiedenen Anwendungsarten zur Prüfung gestellt, als
selbständige Wand von 4 bis 5 cm Stärke aus doppeltem Leistengeflecht mit sich
kreuzenden Stabtheilungen, als Doppelwand mit Schlackenausfüllung, als einfacher
Schutz des alten Holzwerkes der vorhandenen Fachwände und als untere Bekleidung der
Dachsparrenlage, schliesslich als Träger eines Cementfussbodens (vgl. die Fig. 2). Trotzdem die erzielten Hitzegrade 1000°
überstiegen, zeigte der Putz nur unbedeutende Risse. Das theilweise freigelegte
Holzgeflecht war auch hier nur angekohlt und es hatte der dahinter liegende Putz
noch weiteren Schutz gewährt. Der Cementfussboden auf Holzgeflecht war unversehrt
und auch dicht gegen Löschwasser.
Textabbildung Bd. 288, S. 271
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 288, S. 271
Fig. 2.
Die gleichfalls von Schubert nach seinem System
ummantelte Holztreppe im Dachgeschoss war nach einem intensiven Brande zwar auch
noch gangbar; die Ausführung hat aber für die Bautechnik wenig Werth. Ausser dem
Holzleistenputz waren nämlich noch Magnesitplatten, Drahtgeflecht mit Cementputz,
Lehm- und Cementstaakung, Schlackenfüllung u. dgl. Hilfsmittel verwendet. Der
Holzbelag der Trittstufen war ausserdem noch 14 Tage in Salz gelegt und mit
Asbestlinoleum bedeckt worden, genug, ein Aufwand von Schutzmaassregeln gemacht, der
zu dem beabsichtigten Zwecke in keinem Verhältnisse steht, ganz abgesehen davon,
dass das Aussehen der Treppe nichts weniger als befriedigend war. In ähnlicher Weise
waren Schubert's weitere Ausstellungsgegenstände, eine
feuersichere Thür und die Ummantelung eines Trägers und einer Säule, mit so viel
kostspieligen Hilfsmitteln versehen, dass eine Anwendung derselben in der Praxis
sich verbietet. Die ausgestellte Thür, aus einer einzigen Magnesitplatte von 1,70 m
Höhe, 0,60 m Breite und 20 mm Stärke mit doppelter Juteeinlage bestehend, welche 1½
Stunde dem Feuer bis über 1000° C. ausgesetzt war, hatte sich seitwärts abgebogen.
Theile der Magnesitmasse hatten sich abgeblättert. Das Feuer konnte demnach in die
Bodenkammer eindringen. Eine feuersichere Decke, die nach Art des beschriebenen
Fussbodens mit Cementputz und Luftisolirschicht hergestellt war, blieb dagegen
unversehrt und war jedenfalls nirgends ganz durchgebrannt.
Das Urtheil des Preisgerichts spricht sich über das eigentliche Schubert'sche System günstig aus und erkennt an, dass
der Holzleistenputz dem Feuer einen bedeutend grösseren Widerstand entgegensetzt,
als gewöhnlicher Rohrputz, während den übrigen complicirten Constructionen der Thür,
der Treppe und den Ummantelungen gleichfalls wenig praktischer Werth beigelegt wird.
Auch die Magnesitthür wird nicht günstig beurtheilt.
2) Der Aussteller Weber-Falkenberg-Köln a. Rh. hatte
feuersicher imprägnirte wasserdichte Leinenstoffe zur Prüfung hergegeben, und zwar
als äussere Giebelbekleidung, als Dachdeckung und als Fussbodenbelag eingebaut. Nach
dem Urtheil des Preisgerichtes brannte der Stoff, sobald derselbe von der Flamme
getroffen wurde, sofort hoch und zeigte keinen merkbaren Widerstand gegen das Feuer.
Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass ein kurz vorher angebrachter und noch nicht
trockener Oelfarbenanstrich, sowie die mangelhafte alte Dachconstruction und
Schalung ungünstig auf die Widerstandskraft einwirkten.
3) Paul Stolte-Genthin stellte eine grössere Anzahl von
Decken- und Wandconstructionen aus Böklen'schen
Patentcementdielen zur Prüfung aus. Das Material soll aus reinem Sande und Cement
bestehen. Die in der Fabrik fertig gestellten Platten kommen eben und gebogen zur
Verwendung. In beiden Fällen sind sie auf der Rückseite wabenartig ausgehöhlt. Es
handelt sich also um eine Betonconstruction, die an Ort und Stelle nur
zusammengesetzt wird. Die wabenartige Aussparung hat den Zweck, Material zu sparen,
da Beton bekanntlich auf Druck stärker beansprucht werden kann als auf Zug.
Schneidet man nämlich aus einer Platte der Länge nach einen Streifen heraus, so
erhält man ungefähr die Form eines ⊥-Eisens mit zickzackförmigem Steg (Fig. 3). Im Uebrigen werden diese Aussparungen bei
Deckenconstructionen (Fig. 4 und 5) durch Lehm, Koksasche oder sonstiges Füllmaterial
ausgefüllt. So waren die Decken der Tischlereien im Erdgeschoss, I. und II.
Obergeschoss mit Sandaufschüttung versehen. Die gebogenen Cementdielen waren theils
zwischen ⌶-Trägern, theils zwischen den alten Balken eingespannt. Die Träger- und
Balkenunterseiten wurden durch Cementplatten mit Drahteinlage noch besonders
geschützt. Die aus den Platten hervorragenden Drahtenden waren seitlich um die
Flanschen bezieh. Balkenseiten herumgebogen und mit Cement verputzt. Die
Construction hat Hitzegraden von über 1000° C. erfolgreich widerstanden. Nur der
Cementverputz ist hier und da abgeblättert. Nach Abschlagen der Platten zeigten sich
die Balken unversehrt oder höchstens leicht angekohlt. Auch die Träger, welche mit
einer Einzellast von 1600 k belastet waren, zeigten keine Veränderung. Am Tage nach
dem Brande wurden weitere Belastungen der Decken vorgenommen. Bei einer Belastung
von 3922 k auf 0,44 qm Fläche wichen die Träger seitlich aus und erhoben sich die
Nebenkappen um 1 cm; bei weiterer Belastung bis 4562 k erfolgte der Bruch.
Textabbildung Bd. 288, S. 272
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 288, S. 272
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 288, S. 272
Fig. 5.
Im Kehlgebälk und der Dachsparrenlage einiger Räume waren ebene Platten auf
angenagelten ⌜-Eisen verlegt und mit Lehmestrich abgeglichen, das Dach darüber mit
Stolte's Patentcementfalzziegeln mit Drahteinlage
gedeckt. Das Feuer in einem der Räume kam nicht recht zur Entwickelung, da die aus
Drahtglas hergestellten Dachfenster den Luftzutritt verhinderten, so dass hier nur
Temperaturen bis 400°, während im anderen, wo die Stichflamme hinzog, bis 1000°
erzielt wurden. Dementsprechend waren auch die Wirkungen verschieden. Dort schützte
sogar einfacher Putz das Holzwerk, hier verkohlten unter der äusserlich unversehrt
gebliebenen Cementverkleidung ein Stiel und ein Unterzug, welche die heftigsten
Stichflammen auszuhalten hatten, fast vollständig.
Die Kehlbalkendecke und Sparrenverkleidung widerstand jedoch überall so, dass die
Dachdeckung vom Feuer ganz unberührtblieb. Die durch mehrere Geschosse
reichende; aus zwei Lagen 10 cm bezieh. 7 cm breiter Cementdielen mit Luftisolirung
dazwischen hergestellte Brandmauer hat zwar einen in der Mitte durchgehenden und
mehrere seitliche Risse erhalten, denselben wird jedoch keine grosse Bedeutung
beigemessen, um so mehr, als die Wand von beiden Seiten, zuweilen gleichzeitig
sogar, Feuer erhielt, was bei Brandmauern kaum vorzukommen pflegt.
Das Urtheil des Preisgerichtes lautet denn auch dahin, dass die Böklen'sche Construction sich bewährt hat und als
durchaus feuersicher anerkannt wird. Die Cementdielen eigneten sich besonders zur
Herstellung feuersicherer Räume in bereits bestehenden Gebäuden, sowie als wirksames
Schutzmittel für Eisenconstructionen. Die zur Prüfung gestellten Bauconstructionen
waren seiner Zeit auch ganz unabhängig von der Witterung schnell und solide
ausgeführt worden und machten einen gefälligen Eindruck.
Ueber die Böklen'schen Constructionen sei noch
hinzugefügt, dass die Verwendung der Platten zur Herstellung von Wänden seitens des
Erfinders für alle möglichen Zwecke, selbst für mehrgeschossige Häuser an Stelle der
massiven Umfassungsmauern angeboten wird. Wenn auch die Böklen'schen Platten für provisorische Bauten, transportable Häuser,
Fabrikschuppen, schnell herzustellende Bauten z.B. für den Mobilmachungsfall,
mancherlei Vorzüge bieten, so wird einer allgemeineren Einführung des Materials für
Neubauten doch eine langjährige Erfahrung über die Bewährung vor allem gegen äussere
Witterungseinflüsse vorangehen müssen. Auch bleibt der Vorzug einer massiv
gemauerten Mauer, da sie gleichzeitig raumabschliessend ist und grosse Lasten tragen
kann, bestehen. Ebene beiderseitig glatte Cementdielen werden vielleicht in Häusern,
die stark der Nässe ausgesetzt sind, wie in Badeanstalten und Wäschereien für die
Zwischenwände ein willkommenes Material sein. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass
die gebogenen Cementdielen in Fabriken, Ställen und ähnlichen Bauten an Stelle der ½
Stein starken Kappen deshalb öfter zur Ausführung kommen werden, weil die Böklen'schen Decken in schnellerer Zeit und
unabhängiger von der Witterung hergestellt werden können, während als Nachtheil
wieder zu beachten ist, dass na an mit der Trägerentfernung immerhin an bestimmte
Maasse gebunden ist, auch das Material bei ländlichen Bauten nicht an Ort und Stelle
gewonnen werden kann.
4) Das von der Actiengesellschaft F. Siemens in Dresden
ausgestellte Drahtglas (vgl. 1892 284 263) war, in der
Grösse von 53 × 100 cm, in einen ⌞-Eisenrahmen eingeschlossen und mit Cementdichtung
versehen in den Treppenrost des I. Obergeschosses eingelegt. Die Platte wurde
während des Brandes durch einen mausefallenartig abgestützten Eisenbarren von 50 k
Gewicht durch Stoss beansprucht. Die Temperatur stieg bis 1300°. Der herabgefallene
Eisenbarren hatte die Platte bis 8 cm tief durchgebogen. Die Unterseite zeigte Quer-
und Längsrisse und war erheblich verschmolzen; trotzdem war die Platte nach dem
Brande noch tragfähig.
Die seitliche Verglasung im Treppenhause, zwei Glasplatten von 80 : 90 cm und 10 mm
stark, konnte während des Brandes stets beobachtet werden. Das Glas erhielt bald
feine Sprünge, liess aber keinen Rauch durch. Das einer Hitze von 1000° ausgesetzte
Glas machte den Aufenthalt in der Nähe unerträglich. Ein zu dieser Zeit auf die
Platte abgegebener Wasserstrahl brachte keine erhebliche Aenderung hervor. Ein
Oberlicht im Dache von 8 mm Stärke war verhältnissmässig geringen Temperaturen
ausgesetzt und zeigte nur geringe Beeinflussungen. Nachträglich wurde es mit
Handbeilen zertrümmert, um festzustellen, ob im Ernstfalle die Beseitigung des
Glases behufs Abzug des Qualms ausführbar sei. Nach dem Urtheile des Preisgerichtes
haben sich die Platten durchaus bewährt.
5) Mack's Gypsdielen waren in verschiedener Weise
eingebaut. Bei der Decke im I. Obergeschoss waren Gypsdielen zwischen ⌶-Trägern über
der Unterflansche mit Nuth und Falz so eingelegt, dass sie 1 cm über den Flansch
herausragten; letzterer war mit Drahtgeweben überspannt und hierüber Mörtel geputzt.
Die Sandschüttung war zur Hälfte mittels Cementbeton mit Rundeiseneinlage und
Cementestrich, zur Hälfte mit 17 mm starken Xylolithplatten auf Lagerhölzer belegt.
Die auf 5,9 m freitragenden Träger trugen in der Mitte 1000 k Belastung, ausserdem
herabgestürzte Balken und Schutt. Bis auf das Abfallen des Deckenputzes und eine
geringe Durchbiegung der belasteten ⌶-Träger war das Feuer ohne Wirkung
geblieben.
Die Gypsdielendecke war in die alte Balkenlage eingebaut, nämlich 3 cm starke Dielen
an Stelle des Deckenputzes, 5 cm starke an Stelle der Staakung und 7 cm starke Diele
mit Gypsestrich darüber an Stelle des Holzfussbodens. Die Decke hat immer noch
besser gehalten als die gewöhnliche Holzstaakendecke. Die 3 cm starken Gypsdielen
sind zwar abgefallen und die Balken an der Unterseite angekohlt, doch blieben die Staakung und der
Fussboden ohne besondere Veränderung.
Eine Gypsdielenwand aus 10 cm starken Holzgypsdielen und eine Ummantelung mit 5
cm-Dielen haben ebenfalls gut widerstanden. Zwei Säulenummantelungen waren mit
Luftisolirschicht, Gypsputz auf Drahtunterlage und darüber Cementputz hergestellt.
In beiden Fällen hat sich die Verbindung zwischen Gyps und Cement gelöst. An der
einen Säule war auch ein Theil des Gypsmörtelputzes zerstört, ohne dass jedoch die
Eisensäule gelitten hätte. Das Preisgericht spricht sich über die Gypsdielen günstig
aus, besonders über die Ausstaakung der Decken.
Zum Vergleiche mit den neueren Constructionen waren von der Feuerwehr einfache
berührte und geputzte Bretterwände, Decken, Holzsäulen, mit Blech beschlagene
Stubenthüren eingebaut. Die geputzten Bretterwände sind, so lange sie nur von einer
Seite Feuer erhielten, vorwiegend nur auf einer Seite angekohlt. Ungünstiger hielten
sich die Putz decken, bei denen sogar die Staakung zerstört und der darüber liegende
Holzfussboden durchgebrannt war. Zwei starke Holzsäulen, verputzt und unverputzt,
waren nur an der Oberfläche verkohlt, so dass die Tragfähigkeit nicht gelitten
hatte. Die mit Blech beschlagenen Thüren haben nur wenig gelitten.
7) Die Bau-Isothermalanstalt J. F. Heilemann hatte eine
Decke und eine Drahtputzwand ausgestellt. Decke und Wände wurden durch das Feuer
zerstört und die ⌶-Träger stark verbogen.
8) Die eingebauten Mannesmannsäulen waren mit Ummantelung versehen und hatten vom
Feuer nicht gelitten.
9) Vom Asphaltwerk Wigankow war eine Kleine'sche, Deckenconstruction mit Bandeiseneinlage
und aus rheinischen Schwemmsteinen eingebaut. Die 5,8 m langen Träger standen 83 cm
aus einander. Abgesehen von dem theilweisen Abfalle des Deckenputzes war keine
Veränderung wahrzunehmen. Bei einer späteren Belastung der eigentlichen Deckenplatte
mit 3200 k/qm
zeigten sich keine Risse. Die Kleine'sche Construction
erwies sich als durchaus feuersicher.
10) Die von Schultz und Co. in Berlin ausgestellten
Schönweider Kunstsandsteinstufen waren zum Vergleich mit Granitstufen eingebaut. Die
im Treppenhause entwickelte Stichflamme hatte bis zu 1300° erzeugt. Der Befund
ergab, dass sämmtliche Granitstufen zersprungen und herabgefallen waren, dagegen
waren bei den Kunstsandsteinstufen nur einzelne Stücke an der Stirnseite abgeplatzt.
Die Treppe konnte gleich nach dem Ablöschen gefahrlos betreten werden, und wurden
die Kunstsandsteinstufen als durchaus feuersicher bezeichnet. Bei nachträglichen
Belastungsversuchen bewährten sich die Stufen ebenso gut.
11) Die von der Actiengesellschaft für Monierbauten
ausgestellten Monierconstructionen bestanden aus einer mittleren, 4 m breiten Kappe
von (einschliesslich des Fussbodens) 8 cm Scheitelstärke bei 7 cm weitem
Eisengeflecht von 7 und 5 mm Drähten und daran anschliessenden ebenen 1,30 m
freitragenden Monierplatten. Letztere lagen entweder auf den Unterflanschen, oder
waren wenigstens so nach unten abgebogen, dass der Steg und die Oberseite der
Unterflanschen mit gedeckt wurden. Die Unterfläche der unteren Flanschen war im
Uebrigen noch mit Drahtputz ummantelt. Die Träger waren gegen seitliches Ausweichen
durch Anker geschützt. Die Decke wurde, abgesehen von theilweisem Abblättern des
Putzes an der Unterflanschumhüllung, vom Feuer in keiner Weise verändert. Eine
nachträgliche Belastung des Gewölbes wurde einseitig vom Scheitel bis zum Widerlager
vorgenommen und konnte mit Rücksicht auf das alte Gebäude nur bis 2613 k für 1 qm
gesteigert werden, ohne dass sich Risse u. dgl. zeigten.
Die im Erdgeschoss besonders eingebaute Moniertreppe wurde von zwei durchbrochenen
Monierwänden getragen. Die Stufen waren über dem steigenden Moniergewölbe mit Beton
aufgebaut. An der Treppe, welche der nach einem Fenster im II. Obergeschoss
hinziehenden Stichflamme besonders ausgesetzt war, wurde nur ein Theil der
Betonmasse rings um die Aussparungen der Stützwände zerstört vorgefunden, ohne dass
die Tragfähigkeit der Treppe, welche nachträglich mit bis 2304 k für 1 qm belastet
wurde, nachweisbar vermindert worden wäre.
Gleichfalls von der Actiengesellschaft für Monierbauten
war ein selbständiger Bau aus 7 cm starken Hart-Gypsdielen mit beiderseitigem
Gypsputz zur Prüfung ausgestellt.
Die eigentliche Monierconstruction wurde von dem Preisgericht als durchaus
feuersicher anerkannt, während ein besonderer Vorzug der Hart-Gypsdielen gegen die
Mack'schen Gypsdielen nicht festgestellt werden
konnte.
12) Die von der Actiengesellschaft vorm. Jeserich
ausgestellten Magnesitplatten wurden in einer Stärke von 13 mm als beiderseitige
Bekleidung von 19 qm Bretterwänden im II. Obergeschoss als einseitige Bekleidung
einer gewöhnlichen Stubenthürund schliesslich in 20 mm Stärke als Umkleidung
eines hölzernen Unterzuges geprüft. Die Umkleidung der Wand hatte nicht einmal in
der Wohnstube, in der verhältnissmässig geringe Hitzegrade (bis 900° C.) beobachtet
wurden, gehalten. Im Erdöllager waren die Magnesitplatten grösstentheils
abgesprungen, das Holz dahinter verkohlt. Ebenso brannten die Oberfüllungen der Thür
hinter dem Magnesit durch, während die Unterzugumkleidung unbeschädigt geblieben war
und das Holz des Unterzuges geschützt hatte.
Nach Urtheil des Preisgerichts sind daher nur die starken Platten von 20 mm Stärke
als ausreichend feuersicher zu erachten. Uebrigens ist es nicht ausgeschlossen, dass
auch die geringere Fläche der einzelnen Platte des Magnesits an der
Unterzugumkleidung für den günstigeren Erfolg ausschlaggebend war.
13) Huber und Co. in Breslau hatte eine feuersichere
Thür nach dem System Monier aus Eisengerippe mit
Cementumhüllung ausgestellt. Die ⌞-Eisenzarge war so in das Mauerwerk eingelassen,
dass die Kanten der Flansche beiderseitig mit der Mauer bündig lagen. Während des
Brandes bog sich die Thür aus der Zarge heraus und gestattete den Flammen den
Durchzug. Immerhin wird seitens des Preisgerichts die Güte der Moniermasse anerkannt
und die Hoffnung ausgesprochen, dass bei anderweitiger Herstellung des
Eisengerippes, so dass sämmtliches Eisen von Cement umhüllt wird, ein besserer
Erfolg erzielt werde.
14) Die als feuersicherer Fussboden auf Lagerhölzern eingebauten Xylolithplatten der
deutschen Xylolithwerke Otto Sening und Co. bildeten im
II. Obergeschoss 50 qm Fläche bei 17 mm Plattenstärke. Die Platten wurden
hauptsächlich der Einwirkung von brennendem Erdöl ausgesetzt, das auf dem Fussboden
ausfloss. Abgesehen von oberflächlich verkohlten Stellen waren die Platten
unversehrt erhalten. Dieselben haben sich nach dem Urtheil des Preisgerichts nicht
nur gegen den Angriff des Feuers, sondern auch gegen die Einwirkungen der Nässe und
heftiger Stösse gut bewährt.
15) Ingenieur Kühlewein hatte einen anscheinend neuen
Baustoff, Asbestcement, zur Prüfung ausgestellt, der aus kiesel- und
kohlensäurehaltigen Rohmaterialien, Graphit, Asbest und einem Bindemittel bestehen
soll. Die Substanzen werden in trockenem Zustande gemischt, dann zu einem Brei
gerührt und zu den verschiedenen Constructionen vergossen, eingestampft oder wie
Mörtel verputzt. Zu bestimmten Zwecken erhält die Masse gleichfalls eine
Drahteinlage.
Von zwei feuersicheren Thüren aus Asbestcement mit Eiseneinlage, von 1,08 m Breite,
1,86 m Höhe und 35 mm Stärke, welche zwei Räume vom Treppenhause abschlössen, hat
sich die eine ähnlich wie die Monierthür abgebogen, während die zweite unversehrt
blieb. Auch hielten dieselben Thüren noch das zweite stärkere Feuer im Treppenhause
aus. Die Säulen- und Trägerummantelungen (die Säule war zunächst mit
Asbestcementmörtel umputzt und mit einem weiteren Putz auf Drahtgewebe und
Pappunterlage unter Innehaltung einer 3,5 cm starken Luftisolirschicht umschlossen),
ebenso eine Bretterwandbekleidung aus Asbestcementplatten bewährten sich gleichfalls
im Feuer vorzüglich. Eine von Kühlewein ausgestellte
Bekleidung derselben Wand auf der entgegengesetzten Seite mit feuersicherem Anstrich
verlangsamte zwar das Anbrennen, konnte jedoch die vollständige Zerstörung der
Brettwand nicht verhindern. (Feuersicher imprägnirte Gardinen und Stoffe sind nach
dem Feuer überhaupt nicht wiedergefunden worden.)
Der Asbestcement wird daher vom Preisgericht als durchaus feuersicher anerkannt.
Dagegen wird den feuersicheren Anstrichen und der Stoffimprägnirung nur der Vortheil
zugesprochen, dass diese Stoffe schwerer entflammbar werden, was bei Entstehung
eines Brandes, nicht jedoch bei entwickelten Bränden von Erfolg sein kann.
16) Vom Hofschlossermeister Violet zu Berlin war eine
feuersichere Thür eingebaut, auf welche grosse Hoffnungen gesetzt wurden. Die
Einlage bestand aus zwei Lagen sich kreuzweis überdeckender Bretter, die Bekleidung
beiderseitig aus Eisenblech, das durch Schraubnägel befestigt und an den Kanten mit
einem ⊏-Eisen umgürtet war. Die Feuerwirkung zeigte sich dadurch, dass zunächst
starker Rauch aus den Fugen der Bekleidung herauskam und schliesslich Flammen aus
denselben herausschlugen. Trotzdem blieb die Thür auch noch nach dem Ablöschen
gangbar. Das Preisgericht schreibt den ungünstigen Erfolg der Wahl des Holzes als
Füllmaterial und besonders den Zwischenräumen in letzterem zu. Es ist jedoch nicht
ausgeschlossen, dass das allseitige feste Schliessen der Eisenumhüllung das Holz zu
einer trockenen Destillation veranlasste und die entströmenden Gase in Brand
geriethen und die Flammen verursachten.
17) Die sogen. Korksteine aus der Fabrik Grünzweig und
Hartmann in Ludwigshafen, ein poröses, den rheinischen Schwemmsteinen ähnliches
Material von geringem specifischen Gewicht (0,25), das aus Korkabfällen mit einem
Bindemittel aus fein zertheiltem Kohlenstoff und Thon hergestellt wird, war in einer
feuersicheren Thür, einer Sparrenunterkleidung und als beiderseitig geputzte Wand
dem Brande ausgesetzt. Die 4 cm starken Korksteinplatten der Thür waren an der
Feuerseite durch Eisenblech, an der anderen Seite durch einfachen Mörtelputz
bekleidet. Die Feuerprobe gelang insofern nicht recht, weil das eine nur mangelhaft
in der Stolte'schen Brandmauer befestigte Thürband
losliess und die Thür schliesslich nur noch gegen die Thüröffnung gelehnt werden
konnte. Immerhin hielt die Korkmasse gut, da nur etwa ⅓ ihrer Stärke verkohlte, der
Rest unversehrt blieb. Die Unterschalung der Sparrenlage mit 4 cm starken
Korkplatten und Putzüberzug ist gleichfalls nur da, wo der Mörtelputz abfiel, auf
etwa 2 cm Tiefe verkohlt. Die ohne Verwendung von Eisen aus 6 cm starken
Korksteinplatten mit beiderseitigem Mörtelputz hergestellte Zwischenwand im
Erdgeschoss war gleichzeitig beiderseitig vom Feuer umspielt und besonders in der
oberen Hälfte nach Abfallen des Mörtels auch beiderseitig angekohlt, so dass sie
hier mit geringer Mühe durchstochen werden konnte. Immerhin stand die Wand in ihrem
Gesammtgefüge noch unversehrt. Das Preisgericht spricht sich daher sehr günstig über
die Korksteine aus. Ihre Vorzüge beruhen im Wesentlichen darauf, dass der Stoff, von
einem starken Feuer getroffen, zwar verkohlt, aber nicht brennt und selbst nach der
Verkohlung noch eine gewisse Festigkeit behält.
18) Von den von Fretzdorf und Co., Berlin, ausgestellten
feuersicheren Asbestfarben konnte nur festgestellt werden, dass im ersten Stadium
des Brandes die angestrichenen Holztheile schwerer entflammten. Ein sicheres Urtheil
war auch nicht zu gewinnen, da der Anstrich nach Ansicht des Ausstellers in
vollkommen trockenem Zustande dem Feuer besser widerstehen soll.
19) Der von Ade-Berlin ausgestellte Geldschrank, welcher
im Erdgeschoss ungefähr 1 Stunde dem Feuer ausgesetzt war, enthielt in seinen Wänden
eine Isolirmasse „Lescha“ und hat dem Feuer gut widerstanden, so dass sein
Inhalt im Wesentlichen unbeschädigt blieb. Bei der Prämiirung ist derselbe jedoch
nicht berücksichtigt worden, da die Proben sich auf Bauconstructionen bezogen.
Legen wir uns nun Rechenschaft ab über den Werth dieser Brennproben und den Nutzen,
welchen dieselben dem Techniker bei der Wahl seiner Constructionen schaffen, so ist
vorweg hervorzuheben, dass die Anwendbarkeit einer Construction oder eines
Baustoffes selbstverständlich nicht allein von ihrer Widerstandsfähigkeit gegen
Feuer abhängt, dass hierbei vielmehr noch viele andere Eigenschaften in Frage
kommen, z.B. der Widerstand gegen die Witterung und ihre Einflüsse, der
Abnutzungswiderstand, die Befähigung, Lasten zu tragen, das Verhalten gegen andere
Baustoffe und Nässe, die Bequemlichkeit der Ausführung, das gute Aussehen und
zuletzt nicht zum mindesten auch die Kosten. Welche Vorzüge in dem einen oder
anderen Falle ausschlaggebend sein werden, wird der ausführende Techniker genau zu
erwägen haben. So sei nur daran erinnert, dass die Gypsdielen, welche sich bei den
Proben als recht feuersicher erwiesen haben, als Staakung in Verbindung mit Holz mit
der grössten Vorsicht zu verwenden sind, wenn sie nicht vollkommen trocken in den
Bau gebracht und erhalten werden können. Ebenso kann Gypsestrich nur über gut
ausgetrockneten Balken ohne Gefahr für letztere verlegt werden.
Für eine weitere Verbreitung der einen oder anderen Construction wird auch mit
ausschlaggebend sein, ob die Verarbeitung der einzelnen Baustoffe so einfach ist,
dass dieselbe von jedem sachverständigen Bauhandwerker gut und sicher ausgeführt
werden kann, oder ob der Bauherr nur an die Patentinhaber gebunden ist, welche durch
ihre langjährigen Erfahrungen allein eine gute Ausführung sichern. So ist vielleicht
nicht ausgeschlossen, dass die Kleine'schen Decken
deshalb eine recht weitgehende Verbreitung erhalten, weil ihre Herstellung
verhältnissmässig einfach ist.
Dass die zusammengesetzten Fabrikate besonders in Folge der Concurrenz sich häufig
kurze Zeit nach ihrer Einführung verschlechtern, darauf hatte Branddirector Stude bereits hingewiesen. Es kommt noch hinzu, dass
für derartige Brennproben seitens der Aussteller selbstverständlich das beste
Material und die beste Ausführung geliefert wird. In vorliegendem Falle mag
allerdings die ausserordentlich ungünstige Witterung während des Einbauens diese
Vortheile wenigstens für diejenigen Constructionen aufgehoben haben, bei welchen an
Ort und Stelle grössere Putzarbeiten auszuführen waren.
Der grosse Vorzug der Brennproben vor ähnlichen früheren Versuchen beruht darin,
dass, wie vorher bereits erwähnt, die Verhältnisse dem eines Schadenfeuers möglichst
ähnlich gemachtwaren und gleichzeitig die verwandten Constructionen unter
annähernd gleichen Verhältnissen geprüft wurden. Es war nun interessant für den
Zuschauer zu beobachten, wie verschieden die Wirkung des Feuers besonders auf
brennbare Stoffe, z.B. Holz, je nach der Lage desselben zum eigentlichen Feuerherd
sein kann. Während in einem Raum eine grosse Glut entwickelt und nachgewiesen war,
waren einzelne Holzregaltheile in der Nähe des Fussbodens kaum angekohlt,
wahrscheinlich weil der kalte, das Feuer nährende Luftstrom sie von dem eigentlichen
Feuerherd trennte. Wenn andererseits auch die Stichflammen mit ihren hohen
Temperaturen einzelne starke Holzstiele nicht so stark beschädigten, als man
anzunehmen versucht war, so erklärt sich das neben dem Schutz, welchen die verkohlte
Aussenseite dem inneren Kern bietet, wahrscheinlich daraus, dass jene voll
entwickelten Stichflammen, keinen überschüssigen Sauerstoff mehr enthielten, der zum
eigentlichen Brennen ja erforderlich ist. Ein ähnliches Experiment kann man mit
einem dicht über den Cylinder einer brennenden Lampe gehaltenen Streichholz machen,
das erst stärker aufflammt, sobald man es aus dem Cylinder zurückzieht. So mag nicht
ganz ausgeschlossen sein, dass für die verschiedenen Constructionen ganz gleiche
Feuerverhältnisse nicht erreicht sind. Immerhin können die Unterschiede jedoch nicht
so gross sein, um die vollständige Zerstörung der Isothermaldecken und das
ungünstige Verhalten der Magnesitplatten zu erklären. Für den Versuch mit den
Treppenstufen, ebenso für die verschiedenen Decken, welche in derselben Deckenfläche
neben einander eingebaut waren, ist wohl die volle Gleichheit der Feuerwirkung
anzunehmen.
Zu den zur Prüfung eingebauten Wänden trat als günstigstes Vergleichsobject das alte
Mauerwerk des Hauses. Sobald sich in einem Raume das Feuer entwickelte, fiel der
Wandputz zunächst von den Wänden ab, auch erlitten bei weiterer Steigerung der Glut
einzelne Steine Abblätterungen. Im Grossen und Ganzen hat das alte Mauerwerk dem
Feuer jedoch vorzüglich Stand gehalten. Kein Fenstersturz, kein Thürbogen ist
eingestürzt, trotzdem das alte baufällige Haus in sämmtlichen Räumen durchweg
ausgebrannt wurde. Nach den Untersuchungen des Kreisbaumeisters a. D. Hoffmann ist das Verhalten des Ziegelmauerwerks dem
Feuer gegenüber allerdings je nach den besonderen Eigenschaften des Materials sehr
verschieden. Während die rothen Ziegel im Allgemeinen dem Feuer sehr gut Widerstand
leisten, springen dagegen gelbe Steine wegen ihres Kalkgehaltes leichter unter der
Feuereinwirkung. Es ist somit anzunehmen, dass die alten im Hause vermauerten
Mauersteine von besonders feuerbeständiger Art waren.
Andererseits gab die Feuerprobe noch Gelegenheit, die grosse Durchlässigkeit der
Ziegelmauer kennen zu lernen. Der geringe Luftdruckunterschied im Inneren der
brennenden Räume und der Aussenluft genügte, um aus den Fugen von 25 cm starken
Mauern, ja auch bei 38 cm starken Mauern reichlich Rauch herausströmen zu
lassen.
Bei der Erprobung der Decken sind hölzerne Staakdecken als Vergleichsobject vorhanden
gewesen. Dagegen fehlte für die eigentlich feuerfesten Constructionen als Vergleich
die einfache preussische Kappe zwischen Eisenträgern. Es wäre auch von grossem Werth
gewesen, festzustellen, inwieweit der Schutz der Unterseiten der Unterflanschen der
Gewölbeträger erforderlich, wenn im Uebrigen das ⌶-Eisen vollständig von der Beton-
oder Steinconstruction ummantelt wird. An sämmtlichen ausgestellten Decken mit
⌶-Trägern waren die Unterflanschen theilweise mit erheblichem Aufwände und nicht
immer zu Gunsten des guten Aussehens ummantelt. Aehnlich verhielt es sich mit den
Eisensäulen. Sämmtliche Eisensäulen, auch die Mannesmann'schen Säulen, waren der Probe mit einer Ummantelung ausgesetzt.
Von letzteren hat eigentlich keine ganz versagt, dagegen ist die Frage, unter
welchen Verhältnissen die Ummantelung der Eisensäulen durchaus nothwendig ist, nicht
gefördert. Ebenso war kein Versuchsobject darauf berechnet, festzustellen, wie eine
schmiedeeiserne Eisenstütze am zweckmässigsten zu construiren ist, um dem Feuer am
längsten Widerstand zu leisten.
Von der grossen Anzahl feuersicherer Thüren haben eigentlich die wenigsten allen
Anforderungen an Feuersicherheit genügt. Immerhin würde im Ernstfalle noch in Frage
kommen, ob ihre Widerstandsfähigkeit doch nicht ausreichend gewesen wäre, wenn im
Schütze dieser Thüren die Feuerwehr ihren Kampf bereits aufgenommen hätte. In
neuester Zeit werden in den Treppenhäusern von Banken, Geschäftsgebäuden u. dgl. an
feuersichere Thüren auch hinsichtlich des guten Aussehens grosse Anforderungen
gestellt. Die in solchen Gebäuden daher sehr beliebten Holzthüren mit durchgehender
Eisenplatteneinlage waren leider bei den Versuchen nicht betheiligt. Da in neuerer
Zeit die Widerstandsfähigkeit besonders der schwerer entflammbaren Holzarten
wieder höher geschätzt wird, wäre es auch von Interesse gewesen, starke eichene
Bohlthüren zu erproben.
Bei den Versuchen mit freitragenden Treppenstufen wurde die grosse Ueberlegenheit der
Kunstsandsteinstufe gegen die Granitstufe zweifellos festgestellt. Immerhin wäre es
schade, wenn damit unseren natürlichen Steinen ganz die Verwendbarkeit auch zu
freitragenden Treppen abgesprochen würde. Es wird sich daher empfehlen, bei etwaiger
Wiederholung derartiger Versuche auch solche mit Treppenstufen aus einheimischem
harten Sandstein anzustellen, von denen immerhin noch ein grösserer Widerstand gegen
das Feuer zu erhoffen ist.
Wenn somit auch die Versuchsobjecte hier und da Lücken aufweisen und das Arbeitsfeld
durch diese Brennproben noch lange nicht erschöpft ist, andererseits die Versuche
manches bereits Bekannte bestätigen, so sind doch auch viele neue und lehrreiche
Erfahrungen gemacht, für welche die Technik den Veranstaltern der Versuche nur
dankbar sein kann. Dahin werden vor allem die Ergebnisse der Proben mit Siemens'schem Drahtglas, den Kleine'schen Decken und den feuersicheren Thüren zu rechnen sein. Der
Berliner Feuerwehr und ihrem Leiter, welche durch ihre Thätigkeit bei der
Vorbereitung und Durchführung der Brennproben das Hauptsächlichste zum Gelingen
derselben beigetragen haben, sei hiermit noch der besondere Dank ausgesprochen.