Titel: | Ueber neuere Dampfmaschinenconstructionen. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 217 |
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Ueber neuere
Dampfmaschinenconstructionen.
Mit Abbildungen.
Ueber neuere Dampfmaschinenconstructionen.
Eine vorzügliche Durchbildung aller Einzeltheile, sowie vortheilhafte
Gesammtanordnung zeigt die von der Robb Engineering Co.
in Amherst, Nova Scotia, erbaute schnell laufende Dampfmaschine liegender Anordnung,
welche nach American Machinist vom 21. April 1892 mit
nur einem selbsthätig gesteuerten Flachschieber
arbeitet. Die Maschine besitzt, wie Fig. 1 erkennen
lässt, eine der ganzen Länge nach auf dem Fundament aufliegende Grundplatte (System
Porter), an welcher der Cylinder frei schwebend
befestigt ist. Die inmitten der Maschine gelegene, von einer gusseisernen Umhüllung
bedeckte Kurbel besteht aus zwei, auf die Wellenenden gezogenen und behufs
Ausgleichung der bewegten Massen mit aufgegossenen Gegengewichten versehenen
gusseisernen Scheiben, die in ihren zur Mitte excentrischen Bohrungen den
gusstählernen Kurbelzapfen aufnehmen. Die ebenfalls aus Gusstahl gefertigte
Schwungrad welle läuft in gusseisernen, mit Babbitmetall (8 Th. Banca-Zinn, 1 Th.
Antimon, 1 Th. Kupfer) ausgegossenen Schalen zweier um ungefähr 45° gegen den
Horizont geneigt liegender und mit der Grundplatte aus einem Stück gegossener Lager,
welche besondere Vorrichtungen zur Ausgleichung etwaiger Abnutzungen der
Lagerschalen nicht besitzen.
Textabbildung Bd. 288, S. 217
Fig. 1.Schnell laufende Dampfmaschine der Robb Engineering Co.
Die Schmierung des Kurbelzapfens geschieht selbsthätig mittels zweier von den
Aussenflächen der Kurbelscheiben nach der Mitte des Zapfens führenden Bohrungen von
je 12,5 mm Weite, welche das sich an den Innenflanschender Schwungradlager
ansammelnde Oel dem Kurbelzapfen zuführen; das an den Aussenflanschen der Lager
abtropfende Oel wird diesen durch je einen vorliegenden Ring stets von neuem wieder
zugeführt. Der Schwungradregulator, wie auch der mit Entlastungsplatte versehene
schmale Vertheilungsschieber zeigen ähnliche Constructionen, wie an den Maschinen
der Straight Line Engine Co. (1890 276 * 402) vorhanden. Die an ihren Enden mit um 90°
gegenseitig versetzten Köpfen mit Kugellagern aus Phosphorbronze versehene
Excenterstange bethätigt einen in der Horizontalebene schwingenden ungleicharmigen
Hebel a (Fig. 1), dessen
inneres Ende mit der Schieberstange in Verbindung steht; mittels eines auf diesem
Hebel befestigten Zeigers, sowie einer festliegenden Gradeintheilung lassen sich die
Schieberbewegungen von aussen erkennen.
An dem über der senkrechten Schwingungsachse des Hebels a liegenden Oelbehälter ist ein Kupferröhrchen befestigt, welches, nach
dem äusseren Ende des genannten Hebels führend, dazu dient, dem gehärteten
Kugelzapfen das nöthige Schmiermaterial zuzuführen; letzteres gelangt von hier durch
die hohle Excenterstange nach dem zweiten, von ihrem anderen Ende umschlossen
gehaltenen Kugelzapfen. Das mit dem Hebel a verbundene
Wellenstück dreht sich in einem Gehäuse, welches beständig mit Oel angefüllt ist;
beim Ueberlaufen gelangt letzteres nach der Kreuzkopfführung. Der nur unten geführte
Kreuzkopf bildet ein einziges Stahlstück und ist auf seiner Gleitfläche mit
Babbitmetall ausgegossen; das in der gespaltenen Nabe desselben liegende
Kolbenstangenende ist zur einen Hälfte mit Gewinde versehen, zur anderen Hälfte
glatt abgedreht und wird durch vier Schrauben festgeklemmt. Der Kreuzkopf zapfen
besteht aus Gusseisen, die Pleuelstange, deren den Kurbelzapfen umfassender Kopf
nach Art derjenigen bei Schiffsmaschinen ausgebildet ist, aus Stahl; das
Kreuzkopfende der Pleuelstange trägt gusseiserne, mit Babbitmetall ausgefütterte
Schalen mit Keilstellung und der hohle Kolben zwei federnde Ringe.
Die Grundplatte ist derart eingerichtet, dass alle Schmiere, welche sich unter den
Kurbelscheiben, sowie vor der Kreuzkopfführung ansammelt, nach Oeffnung von
Ablasshähnen entfernt werden kann.
Eine ähnliche Maschine ist von der J. H. Mc Even
Manufacturing Co. in Ridgway, Pa., erbaut.
Wie ebenfalls American Machinist mittheilt, ist die
stählerne Kurbelwelle hier aus einem Stück geschmiedet und behufs Ausgleichung der
hin und her gehenden Massen sind an den Kurbeln gusseiserne Scheiben mit
Gegengewichten angebracht, über welche, um ein Umherspritzen von Oel zu verhüten,
ein Schutzblech gelegt ist. Der oben und unten zwischen Flachschienen geführte
Kreuzkopf ist mit der Kolbenstange durch ein Gewinde nebst Mutter verbunden und die
wieder in ihrer ganzen Länge aufliegende Grundplatte so geformt, dass alle Schmiere
und etwaige fallende Theilchen in einem Troge aufgefangen und aus demselben durch
ein Rohr abgelassen werden. Der Flansch der Grundplatte ist, um ein Eindringen von
Oel in das Fundament zu verhüten, rinnenförmig ausgebildet.
Textabbildung Bd. 288, S. 218
Fig. 2.Muncaster's Expansionsschieber.
Textabbildung Bd. 288, S. 218
Fig. 3.Tandem-Verbundmaschine von Dick und Church.
Der Schieber wird von einem Schwungradregulator derart gesteuert, dass bei
wechselnden Belastungen der Maschine sich auch das Voreilen entsprechend ändert und
damit Compressionen entstehen, welche einen ruhigen Gang der Maschine sichern;
hierbei wird die Veränderung der Füllung, sowie der Bewegungsverhältnisse des
Schiebers sowohl durch die Abweichung des Voreilwinkels, wie auch durch die
selbsthätige Vergrösserung oder Verkleinerung des Schieberhubes bewirkt:
Ueber die Construction des Schwungradregulators, dersich auch da vorzüglich
bewähren soll, wo die Belastungen plötzlich wechseln und dennoch eine grosse
Gleichförmigkeit des Ganges nothwendig ist, wie z.B. bei Dynamomaschinen, bringt der
Praktische Maschinenconstructeur vom 19. Januar
1893, S. 13, weitere Mittheilungen.
Engineering vom 3. Juni 1892 berichtet auf S. 686 über
eine liegende, von der Lilleshall Company in
Wellington, Salop, erbaute Eincylindermaschine, deren ebenfalls frei schwebend an
der mit gebohrten Führungen versehenen Grundplatte befestigter Cylinder für 305 mm
Kolbenhub einen Durchmesser von 228 mm besitzt. Die gekröpfte Kurbelwelle ist in den
Lagern von 152 mm Länge 82,5 mm stark und trägt an ihrem einen Ende das gleichzeitig
als Riemenscheibe dienende Schwungrad.
Bemerkenswerth ist die nur aus wenigen Einzeltheilen zusammengesetzte selbsthätige
Expansionssteuerung von H. Muncaster in Wellington,
welche mit nur einem einzigen Excenter Füllungen von Null bis ⅝ des Kolbenhubes
gestattet.
Der Expansionsschieber wird, wie in Fig. 2
ersichtlich, von einer Schwinge b bethätigt, welche
sich um einen Zapfen dreht, der an einem Ansätze der Excenterstange e für den Vertheilungsschieber befestigt ist; ausserdem
ist die Schwinge mit einer Lenkstange verbunden, welche um den Bolzen f, der vom Regulator eingestellt wird, frei beweglich
ist. Die Stellung des Bolzens f, der in einem Hebel
gelagert ist, welcher um einen an der Grundplatte der Maschine befestigten Zapfen
schwingt, bestimmt das Abschneiden des Einströmdampfes durch den Expansionsschieber.
Beim Emporsteigen der Regulatorkugeln wird der Hebel derart gedreht, dass der Bolzen
f z.B. in die Stellung f1 gelangt, wobei durch die Schwinge ein
früheres Abschneiden des Dampfes nach dem Cylinder erreicht wird.
Der Expansionsschieber bildet einen hohlen Cylinder, der sich in einer entsprechenden
Aushöhlung des Vertheilungsschiebers bewegt, doch kann auch ein Flachschieber
Verwendung finden, vorausgesetzt, dass die Empfindlichkeit des Regulators dadurch
nicht beeinflusst wird.
Die Steuerung, welche an Maschinen mit Leistungen von 8 bis 500 indicirten
zur Ausführung gekommen ist, lässt sich übrigens mit Leichtigkeit auch an jeder mit
Drosselorgan arbeitenden Dampfmaschine nachträglich anordnen.
In der den Beanspruchungen angepassten Formgebung der Einzeltheile von
Dampfmaschinen, sowie einem eigenartigen Zusammenbau derselben leisten die
Amerikaner bekanntlich Hervorragendes, doch lässt sich bezüglich des letzteren
unschwer erkennen, dass in einzelnen Fällen weniger das Bestreben nach Erreichung
wirklicher Vortheile, als vielmehr die Sucht, originelle Neuheiten auf den Markt zu
bringen, maassgebend gewesen ist.
Bei den nach den Vorschlägen von Dick und Church in
den Phoenix Iron Works in Meadville, Pa., erbauten
Tandem-Verbundmaschinen ist, wie die dem American
Machinist vom 24. September 1891, S. 1, entnommene Abbildung (Fig. 3) erkennen lässt, die eine Maschine mit frei
hängendem Hochdruckcylinder so auf die Grundplatte des ebenfalls frei schwebenden
Niederdruckcylinders gestellt, dass die beiden Cylinder in eine Achse fallen und es
den Anschein hat, als wenn zwei eincylindrige Dampfmaschinen einfach auf einander
gestellt wären; es sollen hierdurch die Cylinder, sowie andere Einzeltheile der
Maschine leichter zugänglich werden.
Die Flanschen der beiden Grundplatten sind durch eine über dem kleinen Cylinder
liegende Stange mit einander verbunden und damit gegenseitig kräftig abgesteift. Der
Steuerungsmechanismus ist in der Weise angeordnet, dass beide Cylinder von dem
Schwungradregulator beherrscht werden, und ihre den Widerständen entsprechenden
Füllungen gleichzeitig geändert, damit ungewöhnliche Spannungsänderungen im
Zwischenbehälter vermieden werden.
Der Schieber eines jeden Cylinders besteht aus zwei an derselben Stange sitzenden
Kolben, welche, in leicht zugänglichen Gehäusen untergebracht, durch geeignete Wahl
der Durchmesser vollständig ausgeglichen sind.
Textabbildung Bd. 288, S. 219
Fig. 4.Tandem-Verbundmaschine der Taylor Engine Co.
Eine grosse Sorgfalt ist auf die selbsthätige Oelung der einzelnen Maschinentheile
gelegt und überall sind Anordnungen zum Auffangen abtropfender Schmiere getroffen.
Besondere Beachtung verdient die Schmierung des Regulators, welche mittels eines
einzigen Oeltopfes bewirkt wird, aus welchem das Oel nach der Mitte des Regulators
fliesst, um von hier durch die Centrifugalkraft nach den äusseren Theilen desselben
zu gelangen.
Die Maschinen werden in Grössen von 241 bezieh. 432 mm Cylinderdurchmesser und 305 mm
Kolbenhub bis zu 330 bezieh. 584 mm Durchmesser der Cylinder und 457 mm Kolbenhub in
Stärken von 8 bis 300 erbaut.
Eine andere schnell laufende Tandem-Verbundmaschine eigenthümlicher Construction ist
von der Taylor Engine Co., deren Werkstätten sich in
Chambersburg, Pa., und New York befinden, in den Handel gebracht worden. Bei dieser
Maschine, deren ebenfalls dem American Machinist vom
26. Mai 1892, S. 1, entnommene äussere Ansicht in Fig.
4 wiedergegeben,ist zunächst bemerkenswerth, dass beide Cylinder
durch ein schmales, nicht durchbrochenes, mit beiderseitigen Flanschen versehenes
Zwischenstück verbunden und damit einander bedeutend genähert sind; in der
Ausbohrung des letzteren ist von aussen her ein mit einseitigem Flansch versehener
massiver Deckel eingepasst und mittels Schrauben befestigt, in dessen erweiterter
mittlerer Bohrung sich eine durch eine dahinter liegende Spiralfeder leicht auf den
Umfang der durchgehenden Kolbenstange legende Metallpackung befindet, welche, wie in
Fig. 5 ersichtlich, andererseits gegen eine auf
den Deckel geschraubte Scheibe mit Grundbüchse trifft. Der der Grundplatte am
nächsten liegende Hochdruckcylinder ist von einem Mantel umgeben, in welchem der
inmitten des zugehörigen Schieberkastens eintretende Kesseldampf circulirt, um nach
erfolgter Expansion von den beiden Enden des Schieberkastens aus nach der Mitte des
nach erfolgtem Lösen von Verbindungsschrauben leicht zu entfernenden, auf einem
Support lose liegenden Niederdruckcylinders zu gelangen. Die in eingesetzten Büchsen
ihrer Gehäuse sich bewegenden Kolbenschieber besitzen dieselbe Construction wie
diejenigen der vorgenannten Maschine; die Schieberstange ist durchgehend und mit
einem auf der Schwungradwelle frei beweglichen, vom Regulator eingestellten Excenter
verbunden. Um übermässige Spannungen in beiden Cylindern zu verhüten, sind an den
tiefsten Punkten beider Schieberkasten je zwei durch die Einströmkanäle mit dem
Inneren der Cylinder in Verbindung stehende, sich selbsthätig öffnende
Ablassventilchen angeordnet. Eine besondere Eigenthümlichkeit der
Taylor-Verbundmaschine besteht darin, dass jede einfache Maschine ohne weiteres
durch Hinzufügung des zweiten Cylinders in eine Verbundmaschine umgewandelt werden
kann.
Textabbildung Bd. 288, S. 219
Fig. 5.Verpackung der Kolbenstange.
Nachstehende Versuchsresultate einer Taylor-Verbundmaschine werden von der Erbauerin
angegeben:
Dauer der Versuche
11 Stunden
Minutliche Umdrehungszahl
265
Kesseldruck
7,03 at (100 Pfd. engl.)
Durchmesser des Hochdruck- cylinders
229 mm
Durchmesser des Niederdruck- cylinders
368 mm
Kolbenhub
381 mm
Mittlere indicirte Leistung
96
Totaler Kohlenverbrauch
968 k
Kohlenverbrauch für indic. Pferd und Stunde
0,917 k
Da der Kessel zur Verdampfung von 9 k Wasser eine Kohlenmenge von 1 k benöthigte,
ergibt sich der Dampfverbrauch für indicirtes Pferd und Stunde zu 8,253 k; hierbei
soll eine nur geringwertige Kohle zur Verwendung gekommen sein.
Um Dreifach-Expansionsmaschinen auch in verhältnissmässig engen Räumlichkeiten
unterbringen zu können, haben C. J. Galloway und J. H.
Beckwith in Manchester nach Industries 1892
die in den Abbildungen Fig.
6 und 7
ersichtliche Einrichtung getroffen.
Textabbildung Bd. 288, S. 220
Galloway's Dreifach-Expansionsmaschine.
A ist der mit frischem Kesseldampf gespeiste, über dem
Condensatorgehäuse D liegende Hochdruckcylinder, dessen
nach hinten verlängerte Achse mit derjenigen des Mitteldruckcylinders B zusammenfällt; letzterer ist über dem
Niederdruckcylinder G angeordnet. Die gemeinschaftliche
Achse beider Cylinder A und B liegt derart geneigt, dass ihre Verlängerung auf Mitte der Kurbelwelle
E trifft, und weicht in der Verticalebene um so
viel von der Achse des Cylinders C ab, dass die Köpfe
beider Kurbelstangen F und G neben einander auf dem Kurbelzapfen E1 Platz finden. Die Schieber sämmtlicher Cylinder
sind von bekannter Construction und werden von Excentern H und I auf der Kurbelwelle, die von einem
Regulator K eingestellt werden, bethätigt. Es lässt
sich die Anordnung auch in der Weise treffen, dass der Hochdruckcylinder A über den Niederdruckcylinder C und der Mitteldruckcylinder B hinter den
ersteren zu liegen kommt.
Zur Erzeugung elektrischen Lichtes finden in neuester Zeit namentlich stehende
Dampfmaschinen Verwendung, bei denen besondere Rücksicht auf gedrängte Anordnung,
soliden Bau und möglichste Ausgleichung der bewegten Massen genommen ist.
Eine derartige nur einfachwirkende Maschine des kürzlich verstorbenen englischen
Ingenieurs Peter Willans, welche sich bei denkbar
einfachster Construction durch ein grosses Güteverhältniss und einen
verhältnissmässig geringen Dampfverbrauch auszeichnet, scheint gegenwärtig für den
Dynamobetrieb das Vollkommenste zu sein und dürfte demnächst auch als
Transmissionsmaschine in ausgedehntem Maasse zur Benutzung kommen, sofern es
gelingt, den Hochdruckcylinder mit selbsthätiger Expansionssteuerung zu versehen.
(Vgl. D. p. J. 1886 259 *
247.)
Nach Revue industrielle, 1892 S. 68, sind bei der in der
Abbildung Fig. 8 dargestellten, aus zwei
Tandem-Verbundmaschinen zusammengesetzten Dampfmaschine (System Willans) die Treibkolben P
und P1 jeder
Einzelmaschine durch zwei kurze Schubstangen mit der Kurbelwelle verbunden; zwischen
den Köpfen dieser Stangen liegt ein Excenter, dessen Stange zur Dampfvertheilung
dienende Kolbenschieber bethätigt. Man erhält auf diese Weise derartige
Relativbewegungen der Treib- und Schieberkolben, dass mit Hilfe der in dem hohlen
Rohre R liegenden Ein- und Ausströmöffnungen die
Dampfvertheilung in gewünschter Weise vor sich geht.
Der vom Kessel kommende Dampf geht durch das Einströmventil C, dessen Spindel durch ein Zwischenstück D mit der Stange K eines
Centrifugalregulators verbunden ist; hierbei wird die Ventilspindel in einer im
oberen Theile gespaltenen Büchse mittels Mutter festgeklemmt, während die
Regulatorstange in den unteren nicht gespaltenen Theil dieser Büchse eingeschraubt
ist.
Textabbildung Bd. 288, S. 220
Fig. 8.Willan's Dampfmaschine.
Nimmt man an, dass der kleinere Treibkolben P der einen
Maschine sich seiner oberen Endstellung nähert, so tritt Dampf durch die Oeffnungen
7 in das Rohr R ein
und entweicht aus diesem, sobald die Oeffnungen 6 vom
Schieberkolben nicht mehr bedeckt werden, in den oberen Cylinder C. Der Dampf vollführt nun seine Hochdruckarbeit; der
Kolben P geht nach unten, während der Vertheiler sich
nach oben bewegt, und der Schieberkolben V4 schliesst die Oeffnungen 6 nach und nach. Bei ¾ des Kolbenhubes hört die Dampfeinströmung auf,
nämlich sobald die Oeffnungen 7 von der das Rohr R umschliessenden Stopfbüchse G4, welche aus einzelnen mit
Phosphorbronze gefütterten gusseisernen Segmenten gebildet wird, bedeckt werden. Zur
Veränderung der Füllung genügt es hiernach, die Lage der Oeffnungen im Rohre R oder aber die Segmente der Stopfbüchse entsprechend
zu ändern.
Beim rückläufigen Hube stellen sich umgekehrte Wirkungen ein; die Oeffnungen 6 werden wieder frei und der in das Innere des Rohres
R bis zum Schieberkolben V3 vordringende Dampf tritt durch die
Oeffnungen 6 in den Zwischenbehälter R1.
Besteht die Maschine nur aus den bisher genannten Theilen und steht der Behälter R1 mit der Atmosphäre
oder einem Condensator in Verbindung, so arbeitet sie mit nur einmaliger Expansion
des Arbeitsdampfes; es dient indess der Behälter R1 zur Aufspeicherung des Dampfes, welcher mit Beginn
des folgenden abwärts gerichteten Hubes in den Cylinder C1 tritt, und zwar findet diese
Einströmung zwischen den beiden Schieberkolben V3, V2 durch die Oeffnungen 4 und 3 statt, zwischen denen die dichtenden
Segmente G3 liegen. Die
vorherigen Erscheinungen erneuern sich deshalb, und erst beim zweiten Abhübe des
Kolbens tritt der Dampf durch die Oeffnungen 3 und 2 in die Kammer E, von
hier ins Freie bezieh. einen Condensator. Da die Kurbeln der beiden Maschinen
gegenseitig um 180° versetzt sind, haben die Treibkolben der in Fig. 8 rechtsseitigen Maschinenseite z.B. noch ¼ ihres
abwärts gerichteten Kolbenweges zurückzulegen, während die Treibkolben der
linksseitigen Maschine um denselben Betrag von ihrer oberen Endstellung entfernt
liegen. In Wirklichkeit ist die Maschine deshalb nicht einfach wirkend, da der in
den Zwischenbehältern R1 eingeschlossene Dampf während des aufsteigenden Kolbenhubes durch
Expansion auch auf der unteren Fläche des zugehörigen kleinen Kolbens zur Wirkung
kommt. Um die lebendige Kraft der schweren Treibkolben ohne Stoss zu vernichten,
wird die im Cylinder U eingeschlossene Luft beim
Aufhube des Hilfskolbens G comprimirt; der Cylinder U steht zu dem Zwecke durch einen Stutzen M1 mit der Aussenluft
in Verbindung, die am Ende jedes abwärts gerichteten Kolbenhubes von neuem in den
Cylinder eintritt. Behufs Ingangsetzung der Maschine lässt sich die Compression nach
Oeffnen von Lufthähnen N aufheben, die wieder
geschlossen werden, sobald die Maschine einige Umdrehungen selbsthätig ausgeführt
hat.
Die Benutzung von Luft an Stelle von Dampf für die Compression ist insofern ganz
zweckmässig, als die Wirkung bestehen bleibt, gleichgültig ob die Maschine den
Abdampf in die Atmosphäre oder einen Condensator entlässt.
Der Stutzen M1 dient
ferner zum Einführen von Oel in den unteren geschlossenen Theil des
Maschinengestelles, zur Schmierung der Lager, Kurbelzapfen u.s.w. In derselben Zeit,
in welcher dieses Oel während des Ganges der Maschine langsam eingeschüttet wird,
giesst man auch Wasser in einen auf der Aussenwandung der Kurbelkammer befestigten,
mit dieser in Verbindung stehenden cylindrischen Behälter, der in halber Höhe durch
eine wagerechte Zwischenwand getheilt ist; in dieser Zwischenwand ist ein bis nahezu
auf den Boden des Behälters reichendes Rohr fest gemacht, durch welches das aus
Wasser und Oel bestehende Gemisch tritt, um, nachdem es eine gewisse Höhe in der
Kurbelkammer erreicht hat, durch eine Oeffnung im Behälter abzufliessen. Zur
Cylinderschmierung dient ein Apparat mit sichtbarer Tropfenbildung, welcher auf den
Dom einer jeden Maschine aufgeschraubt ist; ausserdem befindet sich noch über dem
Drosselventil eine Schmiervorrichtung.
Zur Ableitung von Condenswasser besitzt jeder Cylinder ein selbsthätiges Ablassventil
O. Diese Einrichtung ist in neuester Zeit
vervollkommnet worden. Man beobachtete nämlich, dass das Condenswasser von einem zum
anderen Cylinder mit fortgerissen wurde, und hat deshalb in den Boden eines jeden
Expansionscylinders einen Bronzepfropfen eingesetzt, dessen Bohrung durch ein
kleines Ventil bedeckt gehalten wird. Unter normalen Verhältnissen wird das Ventil
durch den Ueberdruck im Zwischenbehälter auf Seinem Sitz gehalten; überschreitet
jedoch zufolge Anhäufungvon Wasser die Spannung im Cylinder eine gewisse
Grenze, so hebt sich das Ventil von seinem Sitz und das Wasser gelangt zum
Abfluss.
Damit der Dampf genügend trocken zur Maschine gelangt, wird gewöhnlich in
unmittelbarer Nähe derselben ein Wasserabscheider aufgestellt.
Namentlich in England hat die Willans-Maschine eine schnelle Verbreitung gefunden;
die Gesammtleistung der innerhalb weniger Jahre in Londoner Lichtanlagen
untergebrachten Maschinen beträgt allein über 22000 In einigen solcher
Centralen befinden sich 12 Maschinen von je 200 , zu deren Bedienung nur
zwei Maschinisten thätig zu sein brauchen. Ueber Leistungsfähigkeit und
Dampfverbrauch der Willans-Maschine ist aus der Zeitschrift
des Vereins deutscher Ingenieure vom 13. August 1892, S. 962, wie auch aus
den Minutes of Proceedings of the Institution of Civil
Engineers, 13. März 1888 Nr. 2306, Weiteres zu entnehmen.
Die Firma Petzold und Co. in Berlin hat in neuester Zeit
den Bau von stehenden Dampfmaschinen für elektrische Beleuchtungszwecke mit einer
neuen, dem Ingenieur H. Aderhold unter Nr. 59173 im
Deutschen Reich patentirten Flachschieber-Präcisionssteuerung aufgenommen, welche in
vielen Punkten von den gewöhnlichen Flachschiebersteuerungen abweicht.
Wie die der Zeitschrift der
Dampfkessel-Ueberwachungsvereine vom 15. Februar 1893, S. 57, entnommenen
Abbildungen Fig. 9 bis
12 erkennen lassen,
bilden je drei Schlitze im Schieberspiegel den Dampfweg für die beiden nach den
Enden der Cylinder führenden Kanäle. Die Schlitze sind als getrennte Einströmungs-
und Ausströmungskanäle hergestellt, über denen sich ein gemeinschaftlich bethätigter
Einlass- und Auslasschieber a bewegt; derselbe ist im
Inneren getrennt (Fig.
12) und der Auslasschieber als einfacher Muschelschieber (Fig. 11), der
Einlasschieber dagegen als Kanalschieber ausgebildet, auf dessen Rücken die beiden
Expansionsschieberplatten b, b gleiten. Die Bewegung
des Grundschiebers a erfolgt durch eine in der Mitte
angreifende Schieberstange. In Folge der getrennten Einlass- und Auslasschieber
fällt die Achse des Expansionsschiebers nicht symmetrisch zu der des Grundschiebers,
daher die seitliche Durchführung der Schieberstange des letzteren durch den
Schieberkasten. Die Expansionsschieberplatten b, b
erhalten ihre Bewegung mittels der beiden Zugstangen c,
c, welche mit den auf dem Rücken der Expansionsplatten angebrachten Zapfen
in Eingriff gebracht sind und andererseits mit der Büchse e in Verbindung stehen; letztere ist so in den massiven Körper d befestigt, dass sie im Stande ist, eine oscillirende
Bewegung zu machen und das Verstellen der Expansionsplatten zu bewirken. Der Körper
d ist durch zwei Rundstangen in Stopfbüchsen des
Schieberkastens geführt und erhält seinen Antrieb durch ein Excenter; die nach oben
durchgeführte Stange setzt eine Oelpumpe in Bewegung und besorgt so bei jedem Hube
eine gleichmässige Oelzuführung nach der Dampfleitung.
Die im Schieberkasten befestigte Traverse g bildet
gleichsam das Fusslager und die Unterstützung für die Spindel f, letztere, mit dem Regulator in Verbindung, die Achse
des auf beiden Seiten zu einer Coulisse geformten schwingenden Hebels n. Der unmittelbar neben der gekröpften Schwungradwelle
aufgestellte, von dieser mittels konischer Räder direct betriebene Regulator (Gruson'scher Cosinus-Regulator) trägt an seinem oberen Ende eine mittels
Kugelgelenk befestigte hohle Stange, welche ausserhalb des Schieberkastens einen auf
der durchgeführten Spindel f befestigten Hebel
bethätigt, dessen Verlängerung als Zeiger ausgebildet ist und die Cylinderfüllungen
auf einer Scala erkennen lässt.
Textabbildung Bd. 288, S. 222
Aderhold's Flaschschieber-Präcisionssteuerung.
Die Beeinflussung der Expansionsschieberplatten durch den Regulator geschieht nun in
folgender Weise. Sobald der Regulator durch irgend welche Umstände seine Lage
verändert, wird durch die mit ihm verbundene Stange auch die Spindel f verdreht; letztere nimmt den Coulissenhebel n mit und es erfolgt das Verstellen der
Expansionsschieberplatten in Folge Anstossens der Zugstangennaben gegen die
Coulissenseiten, gleichzeitig aber auch eine Bewegung der Büchse e in dem Körper d. Die
Expansionsschieberplatten und mit ihnen die Büchse e
werden in dieser Stellung so lange erhalten, bis sie durch Verstellung des
Regulators in eine andere Lage gelangen. Mit Hilfe der beiden Coulissen ist es also
möglich, bereits mit einer halben Wellenumdrehung die Expansionsplatten aus ihrer
der grössten Füllung entsprechenden Lage in diejenige für die kleinste Füllung zu
bringen, und zwar ist die Arbeit, welche der Regulator hierbei zu leisten hat, eine
sehr geringe und steht in keinem Verhältniss zu derjenigen bei gewöhnlichen
Flachschiebersteuerungen, da er nur den im Dampfraum frei aufgehängten
Coulissenhebel um seine Achse zu drehen und die hierbei auftretende, sowie etwaige
durch das Abdichten der Spindel im Schieberkastendeckel verursachte Reibung zu
überwinden hat. Die Möglichkeit des leichten und schnellen Verstellens der
Expansionsschieberplatten hat selbstverständlich eine gleichmässige Bewegung der
Maschine auch bei wechselnder Belastung zur Folge, was durch Anbringung eines
Gewichtes an der Spindel f noch weiter gesichert
erscheint.
Am 18. December 1892 wurden von dem Ingenieur v.
Schedlin-Czarlinski des Dampfkessel-Revisionsvereins zu Berlin an einer
derartigen Maschine mit 275 mm Durchmesser des nicht ummantelten Cylinders, 350 mm
Kolbenhub und 50 mm Kolbenstangendurchmesser, welche mit 150 Umdrehungen in der
Minute laufen soll, Bremsversuche vorgenommen, wobei sich nachstehende Resultate
herausstellten:
Gesammtverbrauch an Speisewasser (6° C.)
1427 k
Condensationswasser aus der Leitung
101,5 k
Kesselspannung
7 at
Mittlere Umdrehungszahl in der Minute
105,1
Effective Leistung
20,25
Speisewasserverbrauch für Stunde und effec- tives
Pferd
15,71 k
Die mittels Zeiger an einer Scala abgelesene Cylinderfüllung schwankte zwischen 14
und 15 Proc.
Eine weitere Untersuchung wurde dahin unternommen, dass nach Schluss der Bremsprobe
die Belastung und das zur Verwendung gekommene stählerne Bremsband, welches über dem
als Riemenscheibe ausgebildeten Schwungrad von 620 mm Durchmesser lag, plötzlich
entfernt wurden; hierbei war ein Durchgehen der Maschine nicht im geringsten
wahrnehmbar, im Gegentheil vom ersten Augenblicke an bei offenem Einströmventil eine
constante Umdrehungszahl von 154 in der Minute an dem Tourenzähler abzulesen. Eine
wegen ihrer Einfachheit bemerkenswerthe stehende Tandem-Verbundmaschine mit direct
gekuppelter Dynamo für Schiffsbeleuchtungszwecke hatten Charlesworth, Hall and Co. in Oldham zur vorjährigen Ausstellung nach
London (Crystal Palace) gebracht. Die in The Engineer
vom 8. Juli 1892, S. 32, abgebildete Maschine besitzt über einander liegende nur
einfach wirkende Cylinder von 102 bezieh. 140 mm Durchmesser für 121 mm Kolbenhub
und entwickelt die zum Betreiben der Gramme-Dynamomaschine von 75 Ampère bei 65 Volt
nöthige Leistung mit 540 Umdrehungen in der Minute.
Die glatt abgedrehten Schieberkolben sind ebenso wie die mit gusseisernen Ringen
umgebenen Treibkolben aus Aluminiumstahl auf gemeinschaftlicher Stange befestigt;
zwischen den beiden Schieberkammern befindet sich eine Metallpackung. Zum Tragen der
Cylinder dienen zwei durch eine Querstange mit einander verbundene Stahlsäulen auf
jeder Seite der mit Gegengewichten versehenen Stahlkurbel; sämmtliche vier Säulen
sind mit der Grundplatte und die beiden hinteren noch mit einem Gusstück
verschraubt, welches zur Führung des Kreuzkopfes dienende Gleitbahnen trägt. Die
Spannung des Einströmdampfes wird durch ein Drosselventil regulirt, welches von
einem Pickering-Regulator (1884 254 357) bethätigt
wird.
In gewissen Fällen kann es wünschenswerth erscheinen, keine veränderliche Compression
am Hochdruckcylinder von Verbundmaschinen zu erhalten, dessen Steuerorgane von einem
Schwungradregulator bethätigt werden, während der Niederdruckcylinder mit fester
Expansion arbeitet; es erscheint dann zweckmässig, den Schwungradregulator auf einen
Expansionsschieber wirken zu lassen. Der kürzlich verstorbene Dr. Pröll in Dresden hat nach Mittheilungen im Civilingenieur, Jahrg. 1891 S. 95, die Anordnung an
einer 70pferdigen Verbundmaschine mit Condensation in folgender Weise getroffen.
Textabbildung Bd. 288, S. 223
Fig. 13.Pröll's Verbundmaschine.
Auf dem Rücken eines Vertheilungsschiebers S (Fig. 13) in der Form, wie er bei der Meyer-Steuerung
allgemein üblich ist, bewegt sich ein einfacher Plattenschieber s (sogen. Polonceau-Schieber), der kreisförmig
gestaltet ist und mit einem in seiner Mitte angebrachten Zapfen Z an dem Hebel einer kurzen im Schieberkasten wagerecht
gelagerten Welle aufgehängt ist. Die Welle trägt aussen einen Hebel, an den
unmittelbar die Stange des Excenters greift, das vom Regulator verdreht wird.
Entsprechend der Kreisform der Expansionsplatte münden selbstverständlich die Kanäle
auf der Rückfläche des Vertheilungsschiebers auch bogenförmig. Durch Verdrehung des
Excenters wird nun, allerdings unter einem anderen Winkel zur Kurbel,
Voreilungswinkel und Excentricität verstellt, so dass sich eine Veränderung der
Füllung zwischen Null und 0,6 des Kolbenhubes ergibt. Die Compression, demnach auch
die Voröffnung für den Austritt bleibt dagegen constant, und es kann demzufolge auch
der Niederdruckcylinder mit fester Expansion gesteuert werden.
Textabbildung Bd. 288, S. 223
Fig. 14.Pröll's Auslösmechanismus.
Die verbesserte neueste Form des ebenfalls von Dr. Pröll
herrührenden Auslösmechanismus an mit Einströmventilen arbeitenden Dampfmaschinen
(1890 276 * 247) veranschaulichtdie, Industries vom 15. Juli 1892 entnommene Abbildung Fig. 14.
An jedem Ende des um einen festen Punkt a schwingenden
Hebels L hängt auf einem Zapfen b ein Glied K (K1 bezieh. K2), welches mit einer vorstehenden
armirten Fläche gegen den sich um einen festen Zapfen c
drehenden Hebel H drückt; letzterer bethätigt in
bekannter Weise das Steuerungsorgan. Die drei Drehpunkte (a,
b, c) liegen nun ganz oder angenähert in einer geraden Linie, wodurch eine
innige Berührung der armirten Fläche des Gliedes K
während einer durch die Verwendung des Mechanismus gebotenen geringen Oscillation
des Hebels um etwa 20° im Maximum herbeigeführt wird, in welche Lage auch der Hebel
H zum Gliede K kommen
mag; hierdurch werden schnelle Abnutzungen der Berührungsflächen und in Folge dessen
ungenaue Bewegungsübertragungen vermieden. Denkt man sich vorübergehend das Glied
K2 mit seiner
Fläche fest mit dem Hebel H2 verbunden und vom Zapfen b abgelöst, so
bewegt sich bei einem Ausschlage des Hebels H2 der Mittelpunkt des Zapfens b in einem Kreisbogen um c, der den um a mit ab geschlagenen Kreisbogen tangirt. Beide Kreisbögen können innerhalb
eines kleinen Winkels durch eine gerade Linie ersetzt werden, deren Abweichung von
den Kreisbögen ebenso gross ist, wie die Divergenz der Berührungsflächen. Erstere
ist bei einem kleinen Ausschlage verhältnissmässig gering, somit besteht auch eine
bei der Ausführung genügend erscheinende innige Berührung der druckübertragenden
Flächen, um welchen Winkel sich der Hebel H2 auch drehen mag. Das Glied K kann dabei in dauernder oder nur zeitweiser Berührung mit dem Hebel H bleiben, je nachdem eine Auslösung durch eine Kraft,
welche das Glied K gegen den Hebel L verdreht, eingeleitet wird oder nicht. In beiden
Fällen wirkt die Schwerkraft auf das Glied K so, dass
an der Berührungsfläche stets Kraftschluss besteht. Zur Ausströmung der von Marshall Sons and Co. in Gainsborough erbauten Maschine
dienen keine Ventile, sondern an den unteren Enden des Cylinders angeordnete
einfache Corlisshähne; diese Combination hat neuerdings in England vielen Anklang
gefunden.
Textabbildung Bd. 288, S. 223
Grafton's Dampfmaschine.
Eine Verbesserung an solchen schnell laufenden Dampfmaschinen, in deren einem
Cylinder sich zwei Kolben grösstentheils in entgegengesetzter Richtung zu einander
bewegen (1890 278 * 67) rührt von H. Grafton in London her; der eine Kolben bildet bei dieser Maschine
gleichzeitig das Steuerungsorgan, da er noch die Ein- und Ausströmung des Dampfes
regelt.
Wie die, Industries vom 14. October 1892
entnommenen Abbildungen Fig.
15 bis 17
erkennen lassen, ist der eine Kolben A mit dem
mittleren Kurbelzapfen D verbunden, während der andere
zur Vertheilung des Dampfes dienende Kolben B mit den
Aussenkurbeln F durch eine den Kreuzkopf bildende
Traverse N und Stangen C
in Verbindung steht. Behufs besserer Ausgleichung der arbeitenden Theile ist in dem
festen Cylinder G ein Futter E angeordnet, in dem sich beide Kolben bewegen und welches selbst durch
Excenter P eine hin und her gehende Bewegung ausführt.
In dem festen Cylinder sind ringförmige Kammern H und
I angebracht, von denen die erstere stets mit den
Einströmöffnungen I1
des Dampfes, welcher durch Oeffnungen K periodisch in
den Kolben B eintritt, communicirt, während die
letztere mit den Ausströmöffnungen L im Futter E in Verbindung steht. Die Grösse und Dauer der
Bewegung des Futters E ist so abgepasst, dass die hin
und her gehenden Theile sich in stetem Gleichgewicht befinden.
Eine weitere Verbesserung an der Maschine besteht in der Einrichtung des Kreuzkopfes,
wodurch besondere Führungen in Wegfall kommen. Wie in Fig. 17 ersichtlich,
sind nämlich die Kurbelstangen C starr mit dem
Kreuzkopf N verbunden, und dieser ist mit einem
zwischenliegenden Gelenkstück M verbolzt, welches, mit
Zapfen O versehen, ein Universalgelenk bildet und damit
der Traverse N die nöthige Bewegung zulässt.
Textabbildung Bd. 288, S. 224
Williams' Dampfmaschine.
Die Dampfmaschine von T. H. Williams in London besteht
nach den, Industries vom 2. September 1892, S. 238,
entnommenen Abbildungen Fig.
18 bis 20 aus
zwei in einer Geraden liegenden Cylindern, deren Kolben durch eine gemeinschaftliche
Stange mit einander verbunden sind, welche unter Zwischenschaltung eines
Universalgelenkes (Hook'scher Schlüssel) auf eine
rechtwinkelig zu den Cylinderachsen gelegene Kurbelwelle wirkt. Jeder Kolben bildet
gleichzeitig in Folge geringer Drehbewegung, welche ihm wegen der directen
Verbindung mit der Kurbelwelle mitgetheilt wird, das Dampfvertheilungsorgan seines
zugehörigen Cylinders. Wenn die Maschine mit einer selbsthätigen oder veränderlichen
Expansionssteuerung versehen ist, so umschliesst das Gehäuse A1 den Regulator sowie die
Expansionssteuerung, und es ist in diesem Falle das Hauptlager F im Inneren des Gehäuses A1 befindlich, während das zweite Lager
F1 am Deckel C1 angegossen ist. Für
eine einfachwirkende Maschine ist in jedem Cylinder bezieh. Kolben nur eine Ein- und
Ausströmöffnung bezieh. Leitung für den Dampf nöthig, auch brauchen in diesem Falle
die entgegengesetzten Enden der beiden Cylinder nicht geschlossen gehalten zu
werden; ist die Maschine dagegen doppeltwirkend, so besitzt jeder Kolben zwei
Einströmkanäle, jeder communicirend mit dem bezüglichen Cylinderende, und auch zwei
Kanäle für den Dampfaustritt, die ebenfalls mit den Enden des betreffenden Cylinders
inVerbindung treten. In letzterem Falle kommt die eine Einströmöffnung und die
eine Ausströmöffnung jedes Cylinders abwechselnd mit jedem der Ein- und
Ausströmkanäle des zugehörigen Kolbens in Verbindung. Soll die Maschine mit einer
selbsthätigen oder einer anderen variablen Expansionssteuerung arbeiten, so sind
noch Steuerungsorgane (Kolbenschieber o. dgl.) anzuordnen, welche die Einströmung
und Vertheilung des Dampfes im Cylinder regeln; diese Organe können durch ein auf
der Kurbelwelle befestigtes Excenter bewegt werden, dessen Excentricität und
Voreilungswinkel sich von Hand mittels irgend welcher bekannter Hilfsmittel ändern
lässt. In den Abbildungen Fig. 18 und 19 ist eine einfach wirkende Verbundmaschine dargestellt mit Cylindern
B und B1, welche, wie auch die in ihren Wandungen
befindlichen Ein- und Ausströmöffnungen, sowie die Kanäle in den Kolben entsprechend
dimensionirt sind. Die Ausströmöffnung (bei doppeltwirkenden Maschinen beide
Ausströmöffnungen) des Hochdruckcylinders B steht
entweder direct durch ein Rohr oder indirect durch einen Zwischenbehälter mit dem
Niederdruckcylinder B1
in Verbindung; die Ausströmöffnung des letzteren communicirt mit einem Condensator
oder der Atmosphäre.
Textabbildung Bd. 288, S. 224
Burman's Dampfmaschine.
Bei der von W. und H. Burman in Birmingham erfundenen,
zum Betreiben von Nähmaschinen, landwirthschaftlichen Hilfsmaschinen, Bohrknarren
u.s.w. dienenden Dampfmaschine besorgt der Treibkolben ebenfalls die Steuerung des
Ein- und Ausströmdampfes.
In den, Industries vom 11. November 1892 entnommenen
Abbildungen Fig. 21 bis
23 ist A der mit Ausströmöffnungen B und B1
versehene Cylinder, in dessen mittlere Oeffnung C der
Kesseldampf einströmt. Die Ausströmöffnungen stehen durch eine ringförmige Nuth E mit einander in Verbindung und entlassen den Dampf
durch die Oeffnung D.
Der Kolben F besitzt Oeffnungen G und H, welche zu Innenkanälen G1, H1 desselben führen,
deren einer auf der Rückfläche, der andere auf der Vorderfläche des Kolbens
ausmündet; letzterer, mit Verpackung umgeben, ist noch mit einer Aussparung I – einer Fläche mit zur Cylinderachse parallelen
Längsseiten und zu dieser geneigt liegenden Breitseiten (Fig. 21) – versehen, in
welche ein in die Cylinderwandung geschraubter Stift I1 mit aufgeschobenen Röllchen greift. Die
Wirkungsweise der Maschine ist folgende: Wenn der Dampf durch das Einströmrohr nach
dem Cylinder gelangt, veranlasst er den Kolben, sich nach der einen oder anderen
Richtung zu bewegen, je nachdem welche der beiden Oeffnungen im Kolben der
Einströmöffnung C gegenüber steht. Hat der Kolben das
Ende seines Hubes erreicht, so ist er durch die schrägen Kanten der Aussparung I, welche in Berührung mit dem Röllchen des Bolzens I1 bleiben, um einen
solchen Betrag gedreht, dass der Dampf auf der der vorigen entgegengesetzten Seite
des Kolbens zur Wirkung kommt, indem er jetzt durch die andere Kolbenöffnung
einströmt, während die vordem genannte nun mit dem Ausströmkanal in Verbindung
steht.
Fr. Freytag.