Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 68 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 285 S. 204)
Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
I. Rohmaterialien und Malz.
Ueber Sortenauswahl beim Kartoffelbau schreibt G. Schulze in Sammenthin in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 118. Er betont die Vorzüge
der neueren Sorten gegenüber den alten, empfiehlt eine Anzahl Sorten zu
Anbauversuchen, welche Versuche allein Aufschluss darüber geben können, welche
Sorten sich am besten für die Verhältnisse der betreffenden Wirthschaft eignen, und
hebt hervor, wie sehr der Reinertrag der Wirthschaft durch den in Folge richtiger
Sortenauswahl erzielten Mehrertrag von 15 bis 25 k Kartoffeln auf den Morgen
beeinflusst wird (vgl. auch 1892 285 22).
Untersuchungen von ungarischen Maisgattungen
veröffentlicht Julius Szilagyi in der Chemiker-Zeitung, 1892 S. 863. Der Wassergehalt des
Mais zeigt bekanntlich sehr grosse Schwankungen, mit denen natürlich der
Stärkegehalt im Zusammenhang steht. Man hat versucht, in der Praxis für die
einzelnen Monate einen durchschnittlichen Wassergehalt anzunehmen, der Verfasser
zeigt aber an einem grossen Zahlenmaterial, dass auch dieses nicht zulässig ist und
dass daher nur durch systematische Wasserbestimmungen Fehler im Betriebe vermieden
werden können. Je feuchter der Mais ist, um so weniger Stärke enthält er. Ein
Wassergehalt von 12 Proc. gilt als normal, und unter dieser Annahme hat der
ungarische Mais einen Stärkegehalt von 57 bis 67, im Mittel von 62 Proc. Der
Verfasser theilt Analysen von 22 aus verschiedenen Gegenden Ungarns stammenden
Maisproben mit, bei welchen der Wassergehalt zwischen 12,20 und 23,03 Proc., der
Stärkegehalt zwischen 53,07 und 64,76 Proc. schwankte.
Die Hauptergebnisse des Preisausschreibens für die
Herstellung des besten Malzes haben wir bereits 1892 285 205 mitgetheilt. In der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 15, theilt Hayduck S.
131 die analytischen Belege und S. 159, 167 und 175 eine grössere Anzahl der bei der
Herstellung der Malze angewendeten Verfahren mit. Delbrück knüpft an diese Versuche sowie an Beobachtungen in der Brauerei
interessante Ausführungen in einem Vortrage S. 247 und macht Vorschläge für die
Ausführung der Versuche im nächsten Jahre. Die jetzigen Versuche hatten keinen
Aufschluss darüber ergeben, welchen Einfluss das Verfahren auf die Beschaffenheit
des Malzes hat, es hatte sich vielmehr nur der grosse Einfluss des Materials
gezeigt. Im nächsten Jahr soll nun gleichmässiges Material an alle Versuchsansteller
vertheilt werden und man hofft dadurch Aufschluss über den Einfluss der
Herstellungsweise des Malzes zu erhalten. Erwähnt seien noch praktische Erfahrungen
über Malzbereitung, welche Mann S. 185 mittheilt.
Einen Beitrag zu den Beziehungen zwischen der Beschaffenheit
der Gerste und der diastatischen Kraft des Malzes bringt Saare in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 192, durch eine Untersuchung von zwei Proben
Gerste und den daraus in ganz gleicher Weise hergestellten Malzen. Aus den
analytischen Zahlen geht hervor, dass die stickstoffreichere Gerste die
kleinkörnigere ist und auch das diastatisch wirksamere, fast doppelt so wirksame
Malz (Darrmalz) gibt, wodurch alte Erfahrungen bestätigt werden; auch ist wieder das
an löslichem Eiweiss reichereMalz das diastatisch wirksamere. Ferner bestätigte
sich die von Hayduck gefundene Regel, dass die sechs-
bezieh. vierzeiligen Gersten im Allgemeinen ein diastasereicheres Malz geben, ferner
findet der von Lintner jun. aufgestellte Satz, dass die
an löslichem Eiweiss reicheren Malze auch die diastatisch wirksameren sind, eine
Bestätigung. Endlich zeigen die Versuche, wie sehr das Darren zur Zerstörung der
Diastase beiträgt, denn auch das diastatisch wirksamste der beiden untersuchten
Darrmalze reiht sich den schlechtesten der von Hayduck
untersuchten Grünmalze aus Gerste und Hafer noch unter.
II. Dämpfen und Maischen.
Ueber das Dämpfungsverfahren von Mandl (vgl. 1892 283 22) bringt die Zeitschrift
für Spiritusindustrie umfangreiche Untersuchungen. Zunächst berichtet
daselbst Bd. 15 S. 199, 207, 215 und 223 Ad. Cluss über
seine Versuche, welche er in der Brennerei zu Osmünde und in Verbindung damit im
Laboratorium der Versuchsstation Halle ausführte. Schon einige ältere, im
Laboratorium ausgeführte Versuche hatten für das Verfahren von Mandl ein günstiges Resultat ergeben, denn von 100 Th.
Stärke blieben im Mittel und aufgeschlossen:
Kartoffeln, altes Verfahren
1,79
Proc.,
„ Mandl's
Verfahren
0,65
„
Mais, „ „
0,79
„
Die nach Mandl bereiteten Maischen besassen eine helle,
fast weisse Farbe, waren sehr dünnflüssig und von reinem, angenehmem Geruch, so dass
sich aus ihnen sowohl ein reinerer Spiritus als auch eine bessere Schlampe erwarten
liess.
Versuche zu Osmünde. Eine vergleichende Zusammenstellung
der Resultate, welche in Osmünde nach altem Verfahren im Monat März und nach dem
Verfahren von Mandl im Monat April erzielt wurden,
ergibt für das Mandl'sche Verfahren eine Mehrausbeute
von rund 10 Proc. denn es wurden gezogen im Durchschnitt von 100 k Stärke im März
47,0, im April 51,8 l absoluten Alkohols. Berücksichtigt man aber, dass in Osmünde
die Gährungsverhältnisse besonders für Dickmaischen in Folge mangelnder
Bottichkühlung, falscher Raumverhältnisse zwischen Dämpfern und Gährbottichen und
einer in der ersten Hälfte des Monats recht schwachen Hefe sehr ungünstige waren,
und zieht man nur die bis auf 1,5 Sacch. vergohrenen Maischen in Rechnung, so ergibt
sich für das Mandl'sche Verfahren eine Ausbeute von
52,11, also eine Mehr ausbeute von 10,8 Proc.
Es wurden nun vergleichende Versuche zwischen dem Manischen Verfahren und dem in
Osmünde üblichen alten Verfahren mit ganzem Mais ausgeführt, daneben aber noch nach
einem vom Verfasser modificirten alten Verfahren, wobei Feinschrot, die von Mandl eingerichtete vorzügliche Dampfvertheilung und
Rührwerke und ein Maximaldruck von 2,5 bis 8 at in Anwendung kamen, also ein
Verfahren, welches sich dem Mandl'schen möglichst
anlehnte, von diesem sich aber dadurch wesentlich unterschied, dass ohne. Luftdruck
gearbeitet wurde. Nach diesem Verfahren gelang es nun wohl, vollständig gut
aufgeschlossene Maischen herzustellen und bedeutend bessere Resultate als nach dem
alten Verfahren zu erzielen, jedoch kamen dieselben nicht ganz an die Ausbeuten nach
Mandl heran. Nach diesem Resultat ist Verfasser der
Ansicht, dass es keinem Zweifel unterliegt, dass die Verarbeitung von feingeschrotenem Mais
unter Anwendung von energischen Rührwerken und richtiger Dampfvertheilung mindestens
ebenso wichtige Factoren für die Erfolge des Mandl'schen Verfahrens sind, wie der Luftdruck, da man unter Berücksichtigung
derselben auch nach dem alten Verfahren mit niedrigeren Temperaturen, d.h. überhaupt
vortheilhafter arbeiten kann, als man bisher im Allgemeinen annahm. Ist man also
über die Tragweite der Bedeutung, welche gerade der Luftdruck bei dem Mandl'schen Verfahren hat, noch nicht vollständig im
Klaren, so muss doch zugegeben werden, dass die Anwendung von comprimirter Luft zum
Ausblasen der Maische aus dem Dämpfer insofern die grössten Vortheile bietet, als
sie es ermöglicht, ohne jede Gefahr der Verbrennung sowohl für die Alkoholgewinnung
als für die Schlämpeproduction wichtiger Stoffe die gedämpfte Masse mit hohem Druck
auszublasen, und wir können die Ersetzung des Dampfdrucks durch Luftdruck als eine
durchaus rationelle Massregel bezeichnen. Die nach Mandl erreichte Ausbeute stellte sich um 6,5 Proc. höher gegenüber dem
alten Verfahren, obgleich auch bei letzterem die Aufschliessung eine ebenso gute
war.
Die Maischen nach Mandl zeigten eine ganz lichte, dem
Weisswein ähnliche Farbe, diejenigen nach dem alten Verfahren waren dunkelbraun und
die nach dem modificirten Verfahren gewonnenen waren zwar lichter als alle bisher in
der Praxis beobachteten, aber doch dunkler als die Mandl'schen.
Die nach den verschiedenen Verfahren gewonnenen Maischen wurden im Laboratorium
eingehend untersucht, auch wurden mit denselben Gährversuche sowohl mit der
schlechten Osmünder, wie mit einer guten Hefe angestellt und zum Vergleich eine aus
der nach dem System Pampe arbeitenden Brennerei Trotha
bezogene Maische verwendet. Hierbei zeigte sich ein entschiedener Vortheil zu
Gunsten der Mandl'schen Maische im Vergleich mit der
Trothaer. Erstere ergab eine Aufschliessung der Stärke bis auf rund 1 Proc.,
letztere nur bis auf 3,5 Proc. Die Mandl'sche Maische
enthielt fast 1,5 Proc. Zucker weniger, ergab trotzdem aber fast die gleiche Alkohol
ausbeute; letztere stellt sich für den Saccharometergrad um etwa 4 Proc. höher als
in Trotha und dabei ist der durch die bessere Aufschliessung des Stärkemehls in
Osmünde erzielte Vortheil noch nicht in Rechnung gezogen. Da nun die übrigen Zahlen
der Untersuchung der beiden Maischen beweisen, dass der Maischprocess, abgesehen von
der Aufschliessung des Stärkemehls, in Trotha mindestens ebenso gut verlaufen war
wie in Osmünde, und die Hefe für beide Maischen dieselbe war, so können wir die so
entschieden zum Vortheil von Mandl verlaufene Ausbeute
aus dem in der Maische gegebenen Material nur auf Conto des reineren Charakters der
Osmünder Maische rechnen, d.h. wir müssen annehmen, dass bei letzterer während des
Dämpfungsprocesses weniger Zersetzungsproducte gebildet wurden, welche sowohl direct
einen Verlust an gährungsfähiger Substanz ausmachen, als auch indirect durch ihre
Anwesenheit die Vollständigkeit der Vergährung, die Reinheit der Gährung,
beeinträchtigen. Die bei diesen Laboratoriumsversuchen erhaltene Alkoholausbeute
würde, gerechnet auf die Materialverhältnisse in Osmünde, auf 100 k Stärke einem
Alkoholertrage von 64,9 l in Osmünde, dagegen nur von 57,0 l in Trotha entsprechen.
Einen Beweis dafür, wie ungünstigdie Gährungsverhältnisse in Osmünde waren,
liefern die Versuche, welche mit Osmünder Hefe einerseits, mit der Laboratoriumshefe
andererseits mit derselben nach Mandl gedämpften
Maische angestellt wurden, denn es wurden erhalten mit Osmünder Hefe 10,25, mit
Laboratoriumshefe 11,25, in der Praxis in Osmünde dagegen nur 9,0 l Alkohol pro
Hektoliter Maischraum.
Der Verfasser hat auch geprüft, ob und wie weit es nach dem Manischen Verfahren
möglich ist, Dickmaischen herzustellen, und ist dabei zu dem Resultat gekommen, dass
es ohne Schwierigkeiten gelingt, Maischen von 21 bis 22°, ja sogar von 23° Sacch.
und darüber herzustellen. Eine sehr geeignete Vorbereitung für den Mandl'schen Process bildet hierzu das Riebe'sche Verfahren, weil in Folge der dadurch
bewirkten Vorverzuckerung die Masse gleich von Anfang an dünnflüssiger wird und die
Rührwerke demgemäss weniger angestrengt werden. Umgekehrt glaubt Verfasser wiederum,
dass gerade bei der Vorbereitung des Materials nach Riebe das Mandl'sche Verfahren deshalb von
höchstem Werth ist, weil der beim Vorverzuckerungsprocess in grossen Mengen
gebildete Zucker die Maischen noch empfindlicher gegen hohe Temperaturen, und wenn
dieselben auch nur einem Ueberdruck von 3 bis 3,5 at entsprechen, macht, als dies
bei dem gewöhnlichen Verfahren der Fall ist. Ein derartig vorbereitetes Material
zeigt sich noch viel dankbarer für die ihm durch das Mandl'sche Verfahren erwiesene Schonung.
Die auch ohne das Riebe'sche Verfahren nach Mandl hergestellten Dickmaischen waren, und dies
scheint ein sehr wichtiger Punkt, entschieden dünnflüssiger und leichter beweglich,
als solche von derselben Concentration nach altem Verfahren hergestellte, und auch
die Untersuchung dieser Maischen zeigte, dass dieselben in jeder Beziehung tadellos
waren sowohl in Bezug auf die Zusammensetzung der Kohlehydrate, wie Säuregrad und
Vergährung, welche ohne Anwendung von Antisepticis 0,0 und unter 0° Sacch.
betrug.
Dass trotzdem in Osmünde nach dem Verfahren Mandl's
nicht viel mehr als 9 Proc. vom Maischraum gezogen wurde, hat in den schon erwähnten
ungünstigen Umständen seinen Grund, dass das Verfahren aber dort einen guten Erfolg
gehabt hat, beweist die Thatsache, dass nach dem alten Verfahren bei Anwendung von
durchschnittlich 200 bis 300 k mehr Material nur 8,5 Proc. gezogen wurden. Dies ist
jedoch nicht so aufzufassen, dass in der That nach Mandl trotz Verringerung des Materials eine höhere Ausbeute erzielt wurde,
denn es ist zu berücksichtigen, dass wegen der ungünstigen Gährungsverhältnisse bei
den concentrirten Maischen ein Theil unvergohren, also unausgenutzt blieb, und dass
dies sowohl bei den nach altem Verfahren als auch bei den nach Mandl hergestellten Maischen der Fall war; dieser
Verlust kann natürlich dem Dämpfungsprocess weder in dem einen noch in dem andern
Falle zugeschrieben werden. Dagegen steht fest, dass Mandl aus demselben Material bedeutend mehr
Spiritus gezogen und ausserdem durch Vermeidung der werthlosen Vergeudung nicht mehr
unter den localen Verhältnissen vergährbarer Ueberschüsse einen zweiten weiteren
Vortheil erzielt hat. Der bedeutend höhere Ertrag, welcher bei den Gährversuchen im
Laboratorium mit den in Osmünde hergestellten Maischen erzielt wurde, beweist, dass
die Maischen an und für sich tadellos vergährbar waren. Allerdings und auch
naturgemäss lieferten auch die nach altem Verfahren hergestellten Maischen beim
Gährversuch bessere Resultate als in der Praxis, aber der Abstand blieb doch immer
zwischen Mandl'schem und altem Verfahren im Verhältniss
derselbe wie in der Praxis, mochten es nun schwächer oder stärker concentrirte
Maischen sein.
Die Versuche des Verfassers sprechen ferner sehr zu Gunsten der Verarbeitung des Mais
als Feinschrot. Die vielen Misserfolge, welche man bei diesem Verfahren bisher
erhalten hat und welche dazu geführt haben, dasselbe ganz aufzugeben oder doch nur
in Verbindung mit der Riebe'schen Vorverzuckerung
anzuwenden, sind auf mangelhafte Dampfvertheilung und Rührvorrichtung
zurückzuführen, denn der Verfasser hat durch sein modificirtes Verfahren den Beweis
dafür erbracht; dass bei Verarbeitung von Feinschrot unter Anwendung von geeigneter
Dampfvertheilung und kräftiger Rührwerke und ohne eine Temperatur von 140° zu
überschreiten, auch ohne das Riebe'sche Verfahren
mindestens ebenso gut aufgeschlossene, dabei aber viel hellere, reinere und
gährungsfähigere Maischen erhalten werden können, als bei der unvermeidlicher Weise
Zersetzungen sowohl für die Alkoholproduction als für die Schlämpegewinnung
wichtiger Stoffe mit sich bringenden; seither üblichen Dämpfungsweise der ganzen
Maiskörner. Der Verfasser ist überzeugt, dass, wenn den Anforderungen in Bezug auf
Dampfvertheilung und energische mechanische Bewegung Rechnung getragen wird, es sich
mit geschrotenem Mais unter allen Umständen vortheilhafter und leichter arbeitet,
vor allen Dingen aber die Dämpfung rascher beendet ist, als mit ganzem Mais.
Aus den Versuchsergebnissen geht ferner hervor, dass der Hauptvortheil des Mandl'schen Verfahrens nicht in der besseren
Aufschliessung der Stärke liegt, denn diese ist nach dem modificirten alten
Verfahren ebenso vollständig zu erreichen, sondern in einem anderen Umstände zu
suchen ist. Man nahm bisher an, dass durch hohen Dampfdruck die Menge an
gährungsfähigen Kohlehydraten in der Maische bedeutend, nach Bekesy bis zu 3,5 Proc. erhöht werde, und dass dem gegenüber die durch
Karamelisation eintretenden Verluste sehr klein seien. Dieser Ansicht widersprechen
die Resultate mit dem Mandl'schen Verfahren, bei
welchem, trotzdem die Maischen unter gleichen Bedingungen fast stets einen etwas
niedrigeren Saccharometergrad ergaben, als die nach altem Verfahren hergestellten,
doch immer eine höhere Alkoholausbeute erhalten wurde. Danach ist es wahrscheinlich,
dass die durch hohen Druck aufgeschlossenen Stoffe in Wirklichkeit nicht
gährungsfähig sind, dass dagegen die Verluste an gährungsfähigem Material, welche
durch die hohen Temperaturen bei der seither üblichen Dämpfungsweise entstehen, viel
bedeutender sind, als man bisher annahm, und dazu kommt noch, dass die bei den hohen
Temperaturen entstandenen Zersetzungsproducte nachtheilig auf den Verlauf des
Gährungsprocesses einwirken. Der Verfasser kommt danach zu dem Schluss, dass die
Vortheile des Mandl'schen Verfahrens darin zu suchen
sind, dass bei demselben die Rohmaterialien während des Dämpfungsprocesses
Temperaturen, die 125° überschreiten, nicht ausgesetzt werden, wodurch nicht nur
sowohl eine Zersetzung des in dem Material schon enthaltenen als auch des während
des Dämpfens noch gebildeten Zuckers vermieden wird, sondern die Maische ausserdem
noch in Folge der Abwesenheitbrenzlicher Producte einen reineren Charakter
erhält, dem zufolge die Gährung sowohl eine vollständigere als auch eine reinlichere
ist, woraus auch wohl nicht mit Unrecht auf eine bessere Qualität des erzielten
Spiritus geschlossen werden darf.
Welchen Einfluss und welche Bedeutung nun derjenige Factor des Mandl'schen Verfahrens, auf dem das Patent basirt und
auf den der Erfinder selbst das höchste Gewicht legt, die Druckluft, besitzt, kann Verfasser zur Zeit noch nicht bestimmt
beurtheilen. Mandl glaubt die bessere Aufschliessung
der Stärke in seinen Maischen, sowie die bessere Vergährung derselben hauptsächlich
der Anwendung des Luftdrucks zuschreiben zu dürfen und nimmt ausserdem eine directe
Einwirkung der Luft auf den Charakter seiner Maischen an. Was den ersten Punkt
anbetrifft, so hat Verfasser zwar durch sein modificirtes Verfahren gezeigt, dass
auch ohne die Anwendung des Luftdrucks ebenso gut aufgeschlossene Maischen sich
erreichen lassen, jedoch wurde dabei die Temperatur auf etwa 140° gehalten. Ein
Versuch, bei welchem die von Mandl vorgeschriebene
Temperatur von 125° eingehalten wurde, ergab dagegen eine ungenügende
Aufschliessung. Eine günstige Wirkung des Luftdrucks ist also entschieden vorhanden,
dahingestellt muss es aber bleiben, ob der statische
Luftdruck (Ansicht Mandl's) oder nur die mechanische Wirkung desselben beim Ausblasen (Ansicht
des Verfassers) oder beide zusammen das wirksame Moment bilden. Was den zweiten
Punkt, nämlich die Einwirkung des Sauerstoffs der Luft auf die Maische, betrifft, so
möchte der Verfasser darüber sich vorläufig jeglichen Urtheils enthalten, für
unmöglich hält er eine gährungsbefördernde Wirkung nicht. Jedenfalls hält er aber
schon deshalb die Anwendung von Druckluft für durchaus rationell, weil es möglich
ist, mit Hilfe derselben die Maische mit sehr hohem Druck aus dem Dämpfer
auszublasen, wobei Zersetzungen jeder Art unter allen Umständen vermieden werden,
welche auch bei noch so vorsichtiger Anwendung des Dampfdrucks nicht ganz umgangen
werden können.
Zum Schluss kommt der Verfasser noch auf die Schlampe zu sprechen und bemerkt, dass
nach dem Verfahren Mandl's auch die Zersetzung der
Fette und Eiweisskörper vermieden und daher eine Schlampe erhalten wird, welche sich
durch eine helle und klare Beschaffenheit und einen sehr angenehmen und reinen
Geruch auszeichnet und welche nach Angabe der Landwirthe von den Thieren viel lieber
als andere Schlampe aufgenommen wird. Ein wesentlich höherer Nährwerth hat sich zwar
durch die Analyse nicht ergeben, und Verfasser erblickt daher den Hauptvorzug der
Mandl'schen Schlämpe in der Abwesenheit von
widerlichen Zersetzungsproducten, welche die Fresslust der Thiere beeinträchtigen.
Einen sicheren Aufschluss über den Werth der Schlampe könnte jedoch nur der
Fütterungsversuch geben.
Der Verfasser rechnet es Mandl als ein hohes Verdienst
an, mit seinem Verfahren der Maisverarbeitung und bis zu einem gewissen Grade der
Spiritusfabrikation überhaupt neue Bahnen eröffnet zu haben. Wenn auch das Verfahren
in erster Linie für die Maisverarbeitung in Frage kommt, so dürfte dasselbe jedoch
auch für die Verarbeitung von Kartoffeln und besonders auch für die Kornbrennereien
und Presshefefabriken von Bedeutung sein.
Günstig über das Mandl'sche Verfahren berichtet auch J. E. Brauer in der Deutschen
Chemiker-Zeitung, Bd. 7 S. 114. Er macht Mittheilung über die vom
ungarischen Finanz- und Ackerbauministerium zur Prüfung des Verfahrens angestellten
Versuche, bei welchen die Mandl'sche Maische um 33,5
Proc. ungelöster Stärke weniger ergab, während die Alkoholausbeute um 5,28 Proc.
höher war. Nach anderweiten Versuchen von Mandl wurde
aus Kartoffeln eine Mehrausbeute von 10 bis 15 Proc. erzielt, der Mehrwerth der
Schlampe betrug 30 Proc. und an Heizmaterial wurden 10 Proc. erspart: Aus Mais
erhielt man auf 100 k Frucht 36,5 bis 37,5 Literprocent gegen 34 Proc. nach dem
alten Verfahren. (Nach Chemisches Centralblatt, 1892
Bd. 1 S. 739.)
Zu einem ganz entgegengesetzten Resultat gelangt Ferdinand
Stiasny, welcher den ungarischen, zu Kaschau angestellten Versuchen als
Sachverständiger beiwohnte. Der Verfasser berichtet in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 231 und 239, über diese
Versuche, nachdem er theoretische Betrachtungen vorausgeschickt hat, welche zunächst
darthun sollen, dass der Zuckergehalt in den Rohmaterialien ein sehr verschiedener
und im Allgemeinen wohl nicht so bedeutender ist, wie von Mandl angenommen wird. Alsdann geht der Verfasser auf die Aufschliessung
der Stärke näher ein. Er huldigt der Explosionstheorie und kommt daher zu dem
Schluss, dass die Aufschliessung nach dem Mandl'schen
Verfahren in Folge der dabei eingehaltenen niedrigen Temperatur keine vollkommene
sein könne. Verfasser hat Versuche über die Wirkung des Luftdrucks auf die Lösung
der Stärke angestellt und ist dabei zu dem Resultat gekommen, dass die Bildung der
löslich-flüssigen Stärkemodification nur der Einwirkung hoher Temperatur
zuzuschreiben ist. Die Stärke beginnt zwar schon bei 120° sich zu verflüssigen, aber
nicht vollkommen, erst über 125° tritt die vollständige Verflüssigung der Stärke
ein, die jedoch immer von der jeweiligen Wassermenge abhängig ist. Comprimirte Luft,
selbst von 4 at, verhält sich völlig indifferent gegen Stärkekleister. Verfasser
findet es hiernach ganz natürlich, dass bei Temperaturen von 110 bis 115° die Stärke
nur unvollkommen verflüssigt werden kann, trotz des hohen Luftdrucks, und er ist
daher der Meinung, dass Mandl gegen die Hauptbedingung
eines rationellen Dämpfens, welches ja vor allem die vollständige Verflüssigung des
Stärkekleisters anstrebe, verstösst. Als Mandl die
Temperatur auf 125 bis 130° steigerte; wurde eine normale Aufschliessung erreicht,
damit habe Mandl aber die Hauptbedingung seines
Verfahrens, die niedrige Temperatur und die dadurch zu erzielenden Vortheile,
verlassen, denn bei diesen Temperaturen erreiche man schon lange in Ungarn ohne
Anwendung des Luftdrucks Ausbeuten von 34 bis 34,5 Literprocent für 100 k Mais. Der
Verfasser findet seine Ansicht, dass der Luftdruck ohne jede Wirkung sei, durch die
Resultate der im Grossen ausgeführten Versuche bestätigt. In Kaschau wurden von 100
k Stärke gezogen nach dem Dampfhochdruckverfahren 53,64, nach Mandl 55,68 Literprocent, in beiden Fällen war die
Ausbeute also nicht einmal mittelmässig, und die Mehrausbeute von 1,9 Literprocent
nach Mandl hält Verfasser für eine Zufälligkeit. (Ob
diese Annahme zulässig ist, da bei sämmtlichen fünf Versuchen das Mandl'sche Verfahren mehr ergab, mag dahingestellt
bleiben. Der Ref.) Bei den Versuchen in Szegedin wurden nach Mandl von 100 k Mais34,22, nach dem alten Verfahren, wo Mais im
ganzen Korn verarbeitet wurde, 34,71 Literprocent gezogen. Auch in anderen Fabriken
habe man nach Mandl nicht annähernd die übliche
Durchschnittsausbeute von 34,5 Literprocent pro 100 k Frucht erreicht. Dazu komme
noch, dass der Kohlenverbrauch sich beim Mandl'schen
Verfahren erheblich höher stelle. Aus allen diesen Ergebnissen kommt der Verfasser
zu dem Schluss, dass das Mandl'sche Verfahren in der
heutigen Form absolut keinen Fortschritt in der Spiritusindustrie bedeute, und dass
es auch später nicht im Stande sein werde, mit dem Dampfhochdruckverfahren zu
concurriren, geschweige denn dasselbe zu verdrängen.
An die beiden Arbeiten von Cluss und Stiasny knüpft Wittelshöfer S. 248 einige kritische Bemerkungen. Er hält das Mandl'sche Verfahren als Ganzes ebenfalls für eine
vortheilhafte und rationelle Dämpfungsweise und glaubt auch, die Vortheile weniger
in einer directen Wirkung des Luftdrucks als in der Anwendung der niedrigen
Temperaturen erblicken zu müssen. Auch die Ansicht Stiasny's, dass die Menge Zucker in den Rohmaterialien oft nur sehr gering
sei, theilt der Verfasser, weist aber daraufhin, dass während des Dämpfens noch eine
Bildung von Zucker stattfindet. Wenn auch ein befördernder Einfluss des Luftdrucks
sehr fraglich sei, so sei doch anzuerkennen, dass Mandl
durch sein Verfahren auf die Vortheile der Verarbeitung von geschrotenem Mais
hingewiesen, den dazu erforderlichen Apparaten eine zweckdienliche Gestalt gegeben
und auch mit Erfolg Werth auf die Anwendung niedrigen Drucks gelegt hat, denn Cluss hat gezeigt, dass man auch ohne Luftdruck bei 2,5
bis 2,8 at tadellos aufgeschlossene Maischen erzielen kann. Bei noch niederer
Temperatur (125°) gelang die Aufschliessung allerdings in 2 Stunden nicht, wohl aber
als die Maische noch 1,5 Stunden stehen blieb und dann unter Luftdruck ausgeblasen
wurde; ob dies die Wirkung des statischen Luftdrucks oder die mechanische Wirkung
beim Ausblasen oder die längere Dauer der Einwirkung von 125° bewirkt hat, muss
dahingestellt bleiben. Der Explosionstheorie Stiasny's
kann Verfasser sich nicht anschliessen, sondern, tritt der jetzt fast allgemein
angenommenen Auffassung bei, dass durch das Ausblasen unter Druck die Zellen
mechanisch zerrissen und dadurch ihr Inhalt der Einwirkung der Diastase zugänglich
gemacht wird. Ob die in den Zellen enthaltene Stärke sich schon in einem vollständig
verflüssigten Zustande befand oder nicht, ist gleichgültig, denn dass die Stärke
auch in den der vollständigen Verflüssigung vorhergehenden Stadien der Wirkung der
Diastase zugänglich ist, wenn auch etwas langsamer, das beweise die bei schlecht
aufgeschlossenen Maischen stattfindende bedeutende Nach Verzuckerung. Die Wirkung
des Luftdrucks beim Ausblasen ist nicht zu unterschätzen, und es verdient hier der
Luftdruck vor dem Dampfdruck entschieden den Vorzug. Dagegen müsste noch durch
Versuche festgestellt werden, ob sich nicht auch ohne Luftdruck, nur durch längere
Einwirkung der niedrigen Temperatur, eine vollständige Aufschliessung erzielen
liesse. Aber auch wenn der Luftdruck sich als nothwendig erweisen würde, so bliebe
noch die Frage zu entscheiden, ob sich der Mehrertrag nach dem Luftdruckverfahren
und speciell der Gewinn, der durch die Anwendung der Druckluft erzielt wird – denn
darauf gründet sich doch das Patent, alle übrigen Factoren des Mandl'schen Verfahrens stehen jedem Brenner frei – so hoch stellt, dass
sich die Anschaffung des Patents für unsere Brennereien bezahlt macht. Dass dies bei
unter ungünstigen Verhältnissen arbeitenden Brennereien, wie z.B. in Osmünde, der
Fall sein wird, beweisen die Versuche von Cluss.
Dagegen müssten noch Versuche in bereits mit befriedigenden Resultaten arbeitenden
Brennereien gemacht werden, um die Frage zu entscheiden, wie viel in diesem Falle
durch Luftdruck mehr erreicht wird, als unter denselben Bedingungen ohne denselben.
Bevor solche Versuche ausgeführt sind, hält der Verfasser eine sehr vorsichtige
Abwägung der zu erwartenden Mehreinnahmen gegenüber den entstehenden
Einrichtungskosten und laufenden Betriebsunkosten um so mehr für angezeigt, als die
Kosten doch grössere zu sein scheinen, als nach den ursprünglichen Angaben zu
erwarten war, besonders da das Verfahren für die Verarbeitung von ganzem Korn nicht
anwendbar zu sein scheint und also die Kosten des Mahlens noch in Betracht zu ziehen
sind. S. 264 bringt Wittelshöfer eine Mittheilung einer
ausländischen Maisbrennerei, welche 2 Stunden bei 2 at dämpft, dann zum Ausblasen
einen Druck von 5 at gibt, jedoch so, dass der Dampf über der Maische eintritt, so
dass ein Anwärmen der Maische vermieden werden soll. Nach diesem Verfahren soll eine
hellfarbige, gut vergährbare Maische erhalten werden.
(Fortsetzung folgt.)