Titel: | Salpetersäurecondensator mit Wasserkühlung. |
Autor: | Oscar Guttmann |
Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 278 |
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Salpetersäurecondensator mit
Wasserkühlung.
Von Oscar Guttmann.
Mit Abbildungen.
Salpetersäurecondensator mit Wasserkühlung.
Die Guttmann-Bohrmann'sche Salpetersäurebatterie wurde
bisher vielfach ausgeführt und hat sich insbesondere in Verbindung mit einem zum
Patente angemeldeten Verfahren zur Erzeugung reiner Salpetersäure vorzüglich
bewährt. Fig. 1 gibt eine allgemeine Idee derselben.
aa sind die Röhren zur Condensation der
Salpetersäure, c die Kammerrohre, deren Kammern durch
die kleinen Bögen dd mit einander verbunden sind, so
dass die Gase durch die Bögen d von einer Kammer in die
andere treten, die condensirte Säure jedoch unmittelbar in das Sammelgefäss F fliesst, ohne die Kammerrohre anzufüllen und die
Säure mit den Gasen in Berührung zu lassen. Ein T-Stück f mit den Hähnen hh gestattet den Zufluss zum
Sammelgefässe zeitweilig abzuschliessen und eine Probe zu entnehmen, ein Schauglas
erlaubt die Beobachtung der Condensation, eine Rohrleitung f1 verbindet das Sammelgefäss mit dem
Thurme H. Die in der Batterie nicht condensirten Gase
gehen nach dem Lunge-Rohrmann'schen Thurme H, und die letzten Spuren durch den Tourille J in die Schornsteinleitung K.
Eine wichtige Function fällt dem Injector D zu. Wie
bekannt, lässt sich bei der Destillation von Salpetersäure die Bildung von
Untersalpetersäure nicht vermeiden, und ihre Menge wird um so grosser sein, je
stärker die Salpetersäure ausfallen soll. Um diese Untersalpetersäure zu entfernen,
hat man bisher zu einem langen und kostspieligen Bleichen der Salpetersäure sich
bequemen müssen, wobei die Säure in einem Wasserbade erwärmt, und durch Einblasen von Luft die
Untersalpetersäure verjagt wurde. Hierdurch fällt die Stärke der Salpetersäure und
entsteht ein kleiner Verlust.
Textabbildung Bd. 287, S. 279
Fig. 1.Guttmann's Salpetersäurecondensator.
Bekanntlich lässt sich aber Untersalpetersäure durch Luft und
Wasserdampf wieder in Salpetersäure verwandeln, und darauf beruht das neue
Verfahren.
Textabbildung Bd. 287, S. 279
Fig. 2.Guttmann's Salpetersäurecondensator.
Es wird nämlich in den Fuchs der Retorte eine kleine, aus
Gasrohren gebogene Heizschlange eingelegt, durch welche man Pressluft leitet. Die
Schlange ist so bemessen, dass die Luft aus derselben mit 70 bis 80° tritt.
Diese erwärmte Luft wird in den Injector D geführt,
welcher sich so nahe als möglich an der Retorte befindet, damit die Luft mit den
Gasen in Berührung komme, ehe noch ein Theil derselben Zeit hatte, sich zu
condensiren.
Die Retortengase sind natürlich ein Gemisch von (bei Erzeugung hochconcentrirter
Säure) etwa 90 Proc. Salpetersäure, 2 bis 3 Proc. Untersalpetersäure und 7 bis 8
Proc. Wasser, sämmtlich in Dampfform, und es ist damit die günstigste Bedingung für
die Einwirkung der erwärmten Luft gegeben. Die Umwandlung der Untersalpetersäure
erfolgt auf Kosten eines Theiles des Wasserdampfes, während der Rest, wie bei
früherer Gelegenheit erklärt, zum grössten Theile nach dem Thurme entweicht.
Durch dieses Verfahren werden mehrere Vortheile erreicht. Der Injector übt einen
verstärkten Zug auf die Retorte aus, so dass die Destillation bei niedrigerer
Temperatur erfolgt. Hierdurch wird weniger Wasser verdampft, und da auch die
Umwandlung der Untersalpetersäure Wasser entzieht, so resultirt die gesammte Säure in einer Stärke von über 96 Proc.
Monohydrat. Gleichzeitig wird die Untersalpetersäure selbst bei starker Feuerung 1
Proc. nicht übersteigen, gewöhnlich beträgt sie 0,75 Proc. Der Kohleverbrauch
vermindert sich gleichfalls bedeutend. In Folge der hohen Concentration der Säure
gehen etwa 5 Proc. des erzielbaren Quantums in den Lunge-Rohrmann'schen Thurm, dessen ausgezeichnete Function es ermöglicht,
bei entsprechender Regelung 40° Salpetersäure daraus zu gewinnen.
So gut auch diese Salpetersäurebatterie arbeitet, und so unentbehrlich sie z.B. bei
der Denitrirung von Abfallsäuren, bei der Erzeugung von Arsensäure u. dgl. ist, wo
ein recht langer Contact der Gase mit Luft Bedingung ist, so lässt es sich doch
nicht verhehlen, dass sie für den gewöhnlichen Betrieb einer Salpetersäurefabrik,
besonders wo schwächere Säure erzeugt werden soll, ziemlich kostspielig ist, und
dass die Vortheile höherer Concentration und grösserer Reinheit nicht überall für
die theurere Anlage von vornherein maassgebend sind. Das in Bezug auf Widerstand
gegen wechselnde Temperaturen und hinsichtlich der Dichtigkeit seines Gefüges
geradezu einzige Thonmaterial von Rohrmann gestattete
nun die Batterie wesentlich umzugestalten und auf Wasserkühlung einzurichten.
Fig. 2 zeigt einen Doppelcondensator mit
Wasserkühlung. Derselbe ist für zwei Retorten von je 600 k Salpeterfüllung bestimmt
und seit drei Monaten in ununterbrochenem vorzüglichem Betriebe. Wie man sieht, ist
die Anzahl der Rohre von 20 auf 5 herabgesetzt, welche am Boden durch ein einziges
Kammerrohr und oben durch Bögen verbunden sind. Die Anordnung der Injectoren, der
Ablass- und Probirhähne, des Sammelgefässes und der Leitungen zum Lunge-Rohrmann'schen Thurme bleibt dieselbe. Dagegen
sind die Rohre allseitig von einem dichten Holzkasten umschlossen, in welchen kaltes
Wasser auf den Grund eintritt und ihn oben verlässt. Das Gestelle des Holzkastens
ist von den Rohren unabhängig, so dass sie nur den Wasserdruck auszuhalten haben,
und ausserdem ist das Kammerrohr dadurch entlastet, dass die Muffen der Rohre auf
einem mit entsprechenden Löchern versehenen Brette im Holzkasten aufruhen. Die Dichtung der Rohre
gegen den Holzkasten ist in der Zeichnung nicht gezeigt. Sie besteht aus 13 mm
dicken Gummiringen, welche sich eng an das Rohr schliessen und durch eiserne
Flanschen so zusammengepresst werden, dass sie einerseits gegen den Holzkasten und
andererseits gegen das Rohr vollständig abdichten. Thatsächlich füllen sie selbst
etwaige Ungleichheiten im Rohre (wenn es beim Brennen ein wenig oval wurde)
vollkommen aus, so dass kein Tropfen vorkommt.
Die mit diesen Condensatoren erzielten Vortheile sind ganz bedeutend. Volle 98 Proc. des theoretischen Ergebnisses an
Salpetersäure werden als Säure von ungefähr 94 Proc. Monohydrat gewonnen,
und nur etwa 2 Proc. werden im Thurme als Säure von 40° B. aufgefangen. Es ist also
eine Vermehrung der Ausbeute an starker Säure von über 3 Proc. eingetreten. Man
sollte nun glauben, dass durch diese rapide Condensation weniger Wasserdampf nach
dem Thurme ginge und die Säure dadurch schwächer werden müsste, dem ist aber nicht
so. Die plötzliche Verdichtung erleichtert die Arbeit des Injectors und verursacht
stärkeren Zug auf die Retorte, so dass die Destillationstemperatur noch niedriger
wird und noch weniger Wasser verdampft. Thatsächlich konnte der Kohlenverbrauch auf
125 k für die Charge herabgesetzt werden, was ungefähr 1 k Kohle für 3½ k
hochconcentrirter Säure entspricht. Dagegen ist der Gehalt an Untersalpetersäure
etwas höher, weil nicht so viel Zeit zur Einwirkung gegeben ist, er übersteigt aber
selten 1 Proc. Der Verbrauch an Kühlwasser und Luft ist ganz unbedeutend. Von
ersterem genügen 150 bis 200 l in der Stunde (für einen Doppelcondensator) und an
Pressluft werden etwa 2 cbm (bei 4 at Spannung) für die Charge verbraucht. Die Dauer
der Destillation ist gleichfalls herabgesetzt, sie beträgt 9 bis 11 Stunden. Sowohl
die senkrechten Rohre, als auch das Kammerrohr bleiben ganz kühl, höchstens
handwarm, so dass ein Springen fast ausgeschlossen ist. Die Condensatoren nehmen
einen ganz geringen Raum ein, für einen Doppelcondensator einschliesslich des
Sammelgefässes sind bloss 2,45 m Länge, 0,95 m Breite und 4,25 m Höhe erforderlich.
Der Bezugspreis ist auch auf die Hälfte herabgesunken. Die Firma Ludwig Rohrmann in Krauschwitz bei Muskau liefert einen
Condensator für zwei Retorten complet mit Injector, Sammelgefäss u.s.w. für 1600 M.,
und die Kosten des Gestelles, Holzkastens, Gummiringe, Flanschen u.s.w. betragen
etwa 200 M., so dass die Totalkosten für die Retorte von 600 k Salpeterbeschickung
etwa 900 M. ausmachen.
Gleich günstige Resultate werden mit diesen Condensatoren bei der Erzeugung
mindergrädiger Salpetersäure erzielt, und es genügt, eine Abzweigung des
Warmluftrohres in das Sammelgefäss zu führen, um mit einem ganz geringen Luftstrome
auch die letzten Spuren Untersalpetersäure während der Destillation zu verjagen, so
dass ganz weisse Säure resultirt.
London, December 1892.