Titel: | Schlusswort zu vorstehender Entgegnung von Prof. Knapp. |
Autor: | v. Schroeder, J. Pässler |
Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 240 |
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Schlusswort zu vorstehender Entgegnung von Prof.
Knapp.
Von Prof. Dr. v. Schroeder und Dr. J.
Pässler in Tharand.
Schlusswort zu vorstehender Entgegnung von Prof. Knapp.
Obwohl wir beabsichtigt hatten, auf eine weitere Entgegnung zu verzichten, so werden
wir durch den vorstehenden Artikel doch dazu veranlasst, da Herr Prof. Knapp die von uns ausgesprochene Bitte, unsere Arbeit
einer genaueren Durchsicht zu unterziehen, nicht erfüllt hat.
Herr Prof. Knapp sagt, dass nach Tabelle V unserer
Arbeit vom 2. Bade ab keine wesentliche Tannin aufnähme mehr stattfindet. Höchst
wahrscheinlich hat Herr Prof. Knapp die parallel
laufenden Absorptionsversuche (I bis IV) mit den auf einander folgenden Bädern (a
bis d) verwechselt. Die richtige Auffassung der Tabelle ist nach den Ergebnissen der
Eindampfungsmethode folgende:
Tanninaufnahme in Proc.
derHauttrockensubstanz in deneinzelnen Badern:
I
(II bis IV)
1. Bad (a)
58,3
(58,3
59,7
56,8)
2. Bad (b)
25,4
(25,9
25,7)
3. Bad (c)
12,5
(13,5)
4. Bad (d)
7,7
––––––
Tanninaufnahme in Summa:
103,9
(in allen 4 Bädern
zusammen).
Nahezu dieselben Resultate ergibt die Stickstoffbestimmungsmethode, wie aus der
Originaltabelle V ersichtlich ist.
Die Parallelversuche mussten ausgeführt werden, damit nach jeder Absorption auch
Material zur Stickstoffbestimmung vorhanden war. Wenn die angedeutete Verwechselung
wirklich die Ursache des Missverständnisses ist, so wollen wir wohl zugeben, dass
die Bezeichnungen in Tabelle V nicht ganz glücklich gewählt sind.
Ferner müssen wir uns gegen den Vorwurf verwahren, dass wir absichtlich
todtzuschweigen versucht hätten, dass die Aufgabe, die wir uns gestellt hatten, von
Reimer bereits auf einem anderen Wege gelöst war.
Es sei an dieser Stelle für denjenigen Leser, der die Reimer'sche Arbeit nicht kennt, ausdrücklich bemerkt, dass sich Reimer
in der Hauptsache damit beschäftigt hat, wie sich verschiedene anorganische
Körper, namentlich Alaun und Kochsalz, thierischer Haut gegenüber verhalten. In
seiner Arbeit sind nur einige wenige und unserer Ansicht nach keineswegs beweisende
Untersuchungen über den Niederschlag enthalten, der beim Fällen von Coriin- oder
Bindegewebesubstanzlösung mit Tannin entsteht. Die Reimer'sche Arbeit beschäftigt sich demnach wesentlich mit der
Weissgerberei, die unsrige mit der Lohgerberei. Der Unterschied dieser beiden Zweige
des grossen Gerbereigewerbes dürfte hinreichend bekannt sein.
Im letzten Theile seiner Erwiderung hat schliesslich Herr Prof. Knapp die Thatsachen vollständig verdreht, indem er
sagt, wir wären in dem Glauben, dass eine aus schwächerer Tanninlösung gegerbte Haut in eine stärkere Lösung eingebracht, wieder Tannin abgebe. Ein solcher Schluss
darf auch aus unserer Tabelle IV nicht gezogen werden, denn hier handelt es sich,
wie mehrfach erwähnt, bei den Versuchen I bis IX nicht um auf einander folgende
Bäder, sondern um verschieden starke Einzelbäder, deren einmalige Wirkung auf ein
und dieselbe Hautmenge mit einander verglichen wird. Durch unsere Arbeit haben wir
gerade das Gegentheil von dem bewiesen, was Knapp als
unsere Meinung hinstellt; und den Vorwurf der mangelnden Wissenschaftlichkeit weisen
wir ganz entschieden zurück.
Derjenige Leser, welcher unsere Arbeit aufmerksam
durchgelesen hat, wird sicher gefunden haben, wie der Zweck unserer Untersuchung
darin besteht, zu beweisen, dass die Haut beim Gerben immer aus schwächeren Lösungen
in stärkere gebracht werden muss, und dass dabei die Concentration der Anfangslösung
nicht zu stark sein darf.
In welch verständiger Weise übrigens ein Praktiker unsere Arbeit gelesen und daraus
Vergleiche mit der Praxis gezogen hat, geht aus zwei Stellen hervor, welche in einem
soeben erschienenen Aufsatze im Gerber-CourierGerber-Courier, 1893 Nr. 6 und 7.
über Die Fabrikation des Vacheleders enthalten sind.
Dieselben lauten:
„Es ist gar nicht möglich, dass aus diesem Modus eine kunstgerecht abgefärbte Haut
hervorgehen kann, denn derselbe widerspricht allen Grundsätzen eines gut
geleiteten Gerbeverfahrens. Das ausschlaggebende Princip eines solchen muss
sein, den Process mit möglichst schwachen Brühen zu beginnen und für deren
rationelle Verstärkung im weiteren Verlaufe zu sorgen. Zu dieser Ueberzeugung
führen auch die eingehenden Versuche, welche die Herren Prof. Dr. J. v. Schroeder und Dr. J.
Pässler über die Lederbildung ausgeführt haben und die von den
genannten Herren vor Kurzem in dem Artikel Die Theorie
der Lederbildung in der Deutschen
GerberzeitungIn der
Deutschen Gerberzeitung war ein
ausführliches Referat unserer Arbeit gebracht worden. zur
Veröffentlichung kamen. Es ist das aber nicht bloss eine theoretische
Voraussetzung, sondern eine von der Praxis anerkannte Thesis.“
„Ein weiterer häufiger Misstand bei solcher Farbenführung ist noch die
mangelhafte, gar nicht mehr fortschreitende Gerbung. Dies hat auch seine
Begründung. Die Häute werden während der Farbenarbeit in sehr dünnen
Gerbstofflösungen herumgeschleppt, kommen aus diesen mit ziemlich concentrirten,
häufig mit Extract aufgebesserten Lösungen in Berührung. Dadurch entsteht statt der
allmählich fortschreitenden Gerbung von beiden Seiten eine intensiv angegerbte
Schicht, durch die die Gerbung nur mühsam weiter vorzudringen vermag. Nachdem
man dies bemerkt, will man diesen widerspenstigen Geistern ganz gehörig auf den
Leib rücken, es soll Böses mit Bösem vertrieben werden. Man gibt starke Brühen
in Verbindung mit unverhältnissmässigen Quanten gerbstoffreicher Materialien,
aber ohne Erfolg. Es tritt hier der von den schon erwähnten Herren, Prof. Dr.
v. Schroeder und Dr. J.
Pässler, constatirte Fall ein, dass nach Ueberschreitung eines gewissen
Maximums eine rückgängige Bewegung in der Gerbstoffaufnahme (der Praktiker meint
Stillstand) stattfindet. An solcher Ware hat dann überhaupt die Kunst aufgehört,
es ist dies das, was man mit dem technischen Ausdruck ‚todtgegerbt‘
bezeichnet.“