Titel: | Zur Erwiderung auf die „Glossen u.s.w.“ von Dr. v. Schroeder und Pässler. |
Autor: | F. Knapp |
Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 238 |
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Zur Erwiderung auf die „Glossen u.s.w.“
von Dr. v. Schroeder und Pässler.
Von F. Knapp.
Zur Erwiderung auf die „Glossen u.s.w.“ von Dr. v. Schroeder
und Pässler.
In ihrer ErwiderungVgl. 1893 287 43. auf die Glossen zur Theorie der GerbereiVgl. 1892 286 93. sind die Herren Dr. v. Schroeder und Pässler
in Zweifel, wie der Sinn des letzten Absatzes in diesem Artikel aufzufassen
sei. Folgende etwas ausführlichere Darlegung seines Inhaltes dürfte genügen, diese
Zweifel zu heben.
Die Verf. ziehen ein ihrer Meinung nach „interessantes Ergebniss“ aus der
Gegenüberstellung von zwei Versuchsreihen. Bei der einen (1892 284 284) sind 5 g Haut dreimal nach einander in Lösung von je 5 g Tannin
eingelegt worden; bei der anderen (das. S. 285) ist dieselbe Menge Haut zuerst in
Lösung von 2 g, dann in solche von 3 g und zuletzt in solche von 5 g Tannin
eingebracht. Die verschiedenen Beträge von Tannin sind in beiden Reihen jedesmal in
500 cc Wasser gelöst, jede Probe 24 Stunden lang in der betreffenden Lösung
belassen. Es fand sich, dass die Haut zum Schluss beider Versuchsreiben gleichviel
Tannin aufgenommen hatte; der Stickstoffgehalt des Productes der Gerbung betrug
nämlich 9,33 bezieh. 9,41 Proc. – In beiden Versuchsreihen war sonach die gleiche
Menge Haut schliesslich der Einwirkung einer gleich starken Lösung (5 g Tannin in
500 cc Wasser) während einer gleichen Zeitdauer (24 Stunden) ausgesetzt. Nichts
natürlicher, als dass die gleiche Ursache gleiche Wirkung, nämlich gleiche Aufnahme
von Tannin zur Folge hatte.
Bei der ersten Versuchsreihe hatte die Haut schon im zweiten und letzten Bade keine
wesentlich vermehrte Aufnahme von Tannin ergeben, z.B. (Tab. V.):
1. Bad
2. Bad
3. Bad
Proc.
58,3
58,3
59,7
Anfangsversuch
„
25,4
25,9
25,7
Wiederholung.
Es war also die Gerbung für die Bedingungen des Versuchs nach den ersten 24 Stunden
zum Abschluss gekommen: es war nach dieser Zeit Gleichgewicht eingetreten zwischen
der absorbirenden Kraft der Haut und der lösenden Kraft des Wassers; die Fortsetzung
der Gerbung in dem zweiten und dritten Bade erscheint wirkungslos und müssig. – Bei
der zweiten Versuchsreihe kommt die derselben Tanninlösung (5 g in 500 cc Wasser)
entsprechende Aufnahme von Tannin genau so zu Stande im Endergebniss, wie im ersten,
mit dem einzigen Unterschied, dass sie hier stufenweise im ersten und zweiten Bade
eingeleitet worden und im letzten sich ergänzt hat.
Dass die Haut aus Lösungen derselben Stärke in gleicher Zeitdauer gleichviel Tannin
aufnimmt und nichts weiter, das ist das ganze „interessante Ergebniss“. Eine
andere Wahrheit als diese ist aus den Versuchen sicherlich nicht zu entnehmen. Für
die erste Versuchsreihe würde das Ergebniss ganz dasselbe geworden sein, wenn man
die beiden letzten Bäder, für die zweite Versuchsreihe; wenn man die beiden ersten
weggelassen hätte. Zwischen der Schlussfolgerung, wie sie die Verf. aus der
Gegenüberstellung der beiden Versuchsreihen folgern – der Schlussfolgerung, dass man
zur grössten Gerbstoffaufnahme nur mittels Lösungen von allmählich gesteigerter
Stärke gelange – und dem Ergebniss der Versuche, fehlt jedes logische Band. Der
Umstand, auf den die Verf. ihre Folgerung stützen, dass in der ersten Versuchsreihe
3 × 5 = 15 g, in der zweiten 2 + 3 + 5 = 10 g Tannin figuriren, ist ein rein
zufälliger, äusserlicher; sie haben lediglich übersehen, das überflüssig verbrauchte
Tannin von demjenigen zu unterscheiden, was thatsächlich zur Wirkung gekommen. Die
Regel der praktischen Gerber von der Anwendung allmählich gesteigerter Stärke der
Gerbebrühen hat, wo
sie zur Anwendung gelangt, ihre Motive nicht sowohl in der Sattheit der Gerbung, als
vielmehr in der Beschaffenheit des Narben, in der Ausnutzung gebrauchter Brühen und
Aehnlichem.
Zu Eingang ihrer Entgegnung lassen die Verf. einfliessen, dass ihnen Reimer's Untersuchung recht wohl bekannt sei; aber sie
haben sie nirgends auch nur mit einer Silbe erwähnt. Soll man denn glauben, sie
hätten absichtlich todtzuschweigen versucht, dass die Aufgabe, die sie sich gestellt
haben, von ihm auf einem anderen Wege längst gelöst war?
Im übrigen, wenn die Herren v. Schroeder und Pässler fortfahren wollen zu glauben, dass eine aus
schwächerer Tanninlösung gegerbte Haut in eine stärkere Lösung eingebracht, gegen
die Natur der Dinge, wieder Tannin abgebe, so ist das ihre eigene Sache. Denn in der
Wissenschaft entscheidet nicht was man glaubt, sondern was man beweist; aber
fehlerhaft angelegte Methoden können keine Beweise liefern. Auch aus dem Verhalten
des Tannins kann nicht ohne weiteres auf die Gerbung mit Lohrinde hinüber
geschlossen werden, so wenig wie gepulverte Haut als identisch anzusehen ist mit der
Blösse der Gerber.