Titel: | Condensatoranlage auf dem Raddampfer „Main“ des königl. bayerischen Flussbauamtes Aschaffenburg. |
Autor: | R. Knoke |
Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 205 |
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Condensatoranlage auf dem Raddampfer
„Main“ des königl. bayerischen Flussbauamtes Aschaffenburg.
Mit Abbildung.
Condensatoranlage auf dem Raddampfer „Main“.
In D. p. J. 1892 286 289
wurde kürzlich der Wasserstrahlcondensator eingehend behandelt und führen wir
unseren Lesern heute eine ausgeführte derartige Condensatoranlage in Beschreibung
und Zeichnung vor, durch welche die grossen Vorzüge des Wasserstrahlcondensators des
Weiteren dargethan werden. Im vorliegenden Falle handelt es sich um eine
Schiffscondensatoranlage für die Verbundmaschine des Radschleppers Main des königl. bayerischen Strassen- und
Flussbauamtes Aschaffenburg, welche mit einem Universalcondensator der Firma Gebrüder Körting in Körtingsdorf bei Hannover (D. R. P.
Nr. 58434) zu versehen war, und welche folgende Abmessungen besitzt:
Durchmesser des Hochdruckcylinders
200 mm
„ „ Niederdruckcylinders
380 mm
Gemeinschaftlicher Kolbenhub
400 mm
Grösste Umdrehungszahl in der Minute
80–85
Dampfdruck im Kessel
8 at
Füllung des Hochdruckcylinders ohne Condensation
75 Proc.
Betreffs der Bauart der Maschine in umstehender Zeichnung sei erwähnt, dass der
Kessel zwischen Hoch- und Niederdruckcylinder liegt, wobei der Receiver der
letzteren über den Kessel herübergeführt ist. Der letztere ist ein normaler
liegender Schiffskessel mit einer Heizfläche von 16 qm und einer Rostfläche von 0,5
qm, auf welcher vor Anbringung des Körting'schen
Universalcondensators 60 bis 70 k Kohle verbrannt wurden.
Die Anlage vor Anbringung der Condensation war eine derartige, dass an dem
Abdampfstutzen des Niederdruckcylinders ein Körting'scher Speisewasservorwärmer Nr. 2 Kl. B angeschlossen war. Diese für
die Maschine etwas geringe Nummer musste gewählt werden mit Rücksicht auf die
beschränkten Raumverhältnisse. Die beabsichtigte Anbringung eines
Wasserstrahlcondensators liess die Beseitigung dieses Vorwärmers angezeigt
erscheinen, einerseits weil der Vorwärmer bei Anbringung einer Condensation zufolge
der niedrigen Temperatur des Abdampfes von Condensatorspannung doch nur einen
geringen Nutzeffect gegeben hätte, andererseits weil, wie erwähnt, die
Raumverhältnisse sehr beschränkt waren. Das Speisewasser sollte dafür dem
Abflussrohre des Condensators entnommen werden, und zwar in einer Wärme von 40 bis
45° C.
Verlangt wurde ferner Garantie für ein Vacuum von etwa 60 cm Quecksilbersäule und für
eine Kraftvermehrung von 12 Proc. bezieh. eine Dampfersparniss von 12 Proc.
Auf Grund der oben genannten Maschinenverhältnisse berechnete sich ein
Universalcondensator Nr. 4, mit einem Kühlwasserverbrauch von etwa 12000 l in der
Stunde, der dann in das Schiff Main eingebaut wurde,
wie dies die Zeichnung erkennen lässt. (Werft vormals Gebrüder Schulz in Mainz.)
Das Kühlwasser tritt dabei in einen mit Quersieb e
versehenen Wasserkasten a, in dem etwaige
Unreinigkeiten des Plusswassers zurückgehalten werden, aus welchem es dann den
Condensator c durchströmt, um von hier hinter dem
Kessel in den Ausgusswasserkasten p zu treten und über
der Wasserlinie AB abzufliessen. Die Anordnung des
letzteren ermöglicht die Abscheidung der Luft und etwaiger Oeltheile aus dem
Condensationswasser, so dass nahe dem Boden dieses Wasserkastens reines vorgewärmtes
Wasser zur Kesselspeisung entnommen werden kann. Ferner ist an der Abdampfleitung
d ein Abdampfauslass f
vorgesehen, der ermöglicht, vergleichende Versuche mit und ohne Benutzung des
Condensators vorzunehmen.
Textabbildung Bd. 287, S. 206Schiffscondensatoranlage.AB Wasserlinie; f
Abdampfauslass; n Speisepumpe; CD Schiffsmitte; g Hochdruckeinström; o
Ueberlauf nach Aussenbord; EF Kurbelachsenmitte; h Frischer Dampf zum
Anlassen des Condensators; a Saugkasten; p Ueberlaufspeisekast; b
Wasserzufluss; q Wasserabfluss nach dem Ueberlaufspeisekasten; c
Strahlcondensator; i Kohlenbunker; d Rückschlagventil; k Hochdruckmaschine;
e Sieb; l Niederdruckmaschine; r Condensatorhebel; m Niederdruckauspuff Anfang Juli 1892 fanden dann die Probefahrten statt, und zwar zwei in dem
Hafen in Mainz, die indess nur kurz waren, da das Boot dringend auf dem Main
gebraucht wurde. Es ging daher am 4. Juli von der Werft ab, und fanden am 6. Juli in
Gegenwart des Vertreters der qu. Behörde die Probefahrten auf dem Main statt, und
zwar mit und ohne Condensation und mit und ohne Anhang von zu schleppenden
Kähnen.
Diese Probefahrten hatten laut eines Zeugnisses des königl. bayerischen Strassen- und
Flussbauamtes folgendes Ergebniss:
OhneCondensation
MitCondensation
Barometerstand
73,3
73,3
Dampfdruck
8,0
8,0
Füllung in Proc.
75
65
Umdrehung in der Minute
71,5
81
Luftleere
–
60–65
Zahnstellung am Condensator
–
7. Zahn
Maintemperatur in Grad C.
–
21
Erwärmung durch den Conden- sator in Grad C.
–
21
Zu diesen Ergebnissen ist noch zu bemerken, dass durch Fortfall des Abdampfes im
Schornstein der Zug für die erforderliche Leistung etwas knapp ist und daher ein
Schornsteinbläser eingebaut wurde.
Wie erwähnt, wurde eine Dampfersparniss bezieh. Mehrleistung von 12 Proc. verlangt,
während sich die aus der Anbringung des Strahlcondensators erzielte Mehrleistung des
Dampfes auf Grund der Probefahrtenergebnisse zu etwa 30 Proc. wie folgt berechnet.
Die obige Tabelle zeigt, dass die Zahl der Umdrehungen nach Anbringung des
Condensators von 71,5 auf 81 erhöht ist, mithin die Geschwindigkeit
\frac{81}{71,5}=1,13\mbox{mal} grösser geworden ist.
Der Schiffswiderstand steigt mit dem Quadrate der Geschwindigkeit, die Leistung der
Maschine an Arbeit zur Ueberwindung derselben also mit dem Kubus der
Geschwindigkeit, und der Aufwand an Dampf, gleiche Füllung vorausgesetzt, im graden
Verhältnisse mit der Geschwindigkeit; mithin ist bei vergrösserter Geschwindigkeit
und gleicher Füllung die Mehrleistung des Dampfes gleich dem Quadrate der
Geschwindigkeitsvermehrung, d.h.
hier rund = (1,13)2. Verändert sich die Füllung in
Folge der vergrösserten Geschwindigkeit, so ist die Mehrleistung des Dampfes ferner
gleich dem umgekehrten Verhältnisse der Füllungen, in diesem Falle
=\frac{75}{65}=1,15 und die Gesammtmehrleistung des Dampfes ist gleich dem Producte beider Verhältnisse, also = (1,13)2 . 1,15 = 1,47, d.h. der Gewinn an Kraft durch Anbringung des Strahlcondensators betrug 47 Proc. oder
die Ersparniss an Dampf bei gleicher Kraft 32 Proc.
Auf Grund der obengenannten Ergebnisse wird nunmehr auch der Dampfer Franken des königl. bayerischen Flussbauamtes
Schweinfurt mit dem Körting'schen Strahlcondensator
versehen.
R. Knoke.