Titel: | Neue Methoden und Apparate für chemisch-technische Untersuchungen. |
Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 141 |
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Neue Methoden und Apparate für
chemisch-technische Untersuchungen.
(Schluss des Berichtes S. 119 d. Bd.)
Neue Methoden und Apparate für chemisch-technische
Untersuchungen.
Eine neue Traubenzuckerreaction.
Versetzt man nach O. Rosenbach eine Traubenzucker-(oder
Milchzucker-)lösung mit einigen Tropfen Natronlauge und einigen Tropfen einer
kalt gesättigten Nitroprussidnatriumlösung und kocht, so entsteht je nach der
Concentration der Zuckerlösung eine tiefbraunrothe oder orangerothe Färbung, die
selbst bei 1/10
Proc. Zucker noch deutlich ist und dann ein dunkles Gelb mit einem starken Stich ins
Rothe zeigt. – Auf dieselbe Weise lässt sich auch Traubenzucker im Harn nachweisen.
Hierbei ist jedoch zu bemerken, dass die nach dem Alkalischmachen sofort auftretende
Rothfärbung zunächst nicht von Zucker herrührt, sondern von Kreatinin (Weyl'sche Reaction). Bei weiterem Erhitzen verschwindet
diese Rothfärbung wieder und es tritt bei Gegenwart von Zucker die oben beschriebene
charakteristische braunrothe Farbe auf, die nicht verschwindet und auf Säurezusatz
mehr oder weniger lasurblau wird. (Nach Centralblatt für
klin. Medicin durch Pharmaceutische
Centralhalle, 1892 Bd. 33 S. 498.)
Bestimmung der Rohfaser.
Beim Erhitzen mit Glycerin auf 210° werden sowohl Eiweiss als auch Stärke gelöst
bezieh. in wasserlösliche Producte verwandelt, während Cellulose bei der gleichen
Behandlungsweise nicht angegriffen wird. Auf dieser Beobachtung gründete Hönig ein Verfahren zur Bestimmung der Rohfaser. S. Gabriel hat nun die Hönig'sche Methode einer Prüfung unterzogen und gefunden:
1) das Erhitzen erfolgt bequemer über freier Flamme und nicht im
Schwefelsäurebad,
2) sowohl Eiweisskörper als auch stickstoffreie Stoffe werden beim Erhitzen mit
Glycerin nur unvollständig aufgeschlossen. Es kann deshalb die Glycerinmethode für
die agriculturchemische Analyse nicht angewendet werden.
Gabriel änderte daher das Hönig'sche Verfahren dahin ab, dass er ausser Glycerin noch Aetzkali
zusetzt und nur auf 180° erhitzt. Diese vom Verfasser Glycerin-Kalimethode genannte
Methode kommt der von Weender an Brauchbarkeit gleich
und ist schneller auszuführen:
2 g Substanz werden mit 60 cc Glycerinkalilauge (33 g Aetzkali in 1 l Glycerin)
vorsichtig erhitzt, da gewöhnlich bei 130° stürmische Reaction unter lebhaftem
Aufschäumen eintritt, bis die Temperatur auf 180° gestiegen ist. Man lässt alsdann
auf 140° erkalten und entleert die Masse unter Umrühren in eine Schale mit 200 cc
siedendem Wasser. Nach dem Absetzen des Niederschlags zieht man die Flüssigkeit
mittels eines mit Leinwand überspannten Hebers ab. Der Rückstand wird noch zweimal
mit 200 cc Wasser ausgekocht, das letzte Mal unter Zusatz von 5 cc 25procentiger
Salzsäure. Alsdann wird der Niederschlag wie bei der Weender-Bestimmung weiter behandelt. Nur wird es in vielen Fällen
gestattet sein, den ausserordentlichen niedrigen Stickstoffgehalt der Rohfaser zu
vernachlässigen. (Nach Zeitschrift für physiologische
Chemie durch Chemiker-Zeitung, Repertorium
1892 Bd. 16 S. 132.)
Chemische Untersuchung von Handschriften.
Um Schriftfälschungen nachzuweisen, wenden A. Robertson
und J. J. Hofmann folgende Reihe von Reagentien an,
welche sie mittels Gänsefedern über die Schriftzüge ziehen:
1) 3procentige Lösung von Oxalsäure in Wasser,
2) 10procentige Lösung von Citronensäure in Wasser,
3) 2procentige Lösung von Chlorkalk in Wasser,
4) Lösung von 1 Th. Zinnchlorür in 1 Th. Salzsäure und 10 Th. Wasser,
5) 15procentige Schwefelsäure,
6) 10procentige Salzsäure,
7) 20procentige Salpetersäure,
8) Gesättigte Lösung von Schwefligsäureanhydrid in Wasser,
9) 4procentige Lösung von Goldchlorid in Wasser,
10) Lösung von 1 Th. Ferrocyankalium in 1 Th. Salzsäure und 10 Th. Wasser,
Reagentien
Eisengallus-Tinte
Campecheholz
Nigrosin
Vanadin-Tinte
Resorcin-Tinte
mit Kalium-chromat
mit Kupfersulfat
Oxalsäure
verschwindet
violett
orangengelb
unverändert
verbleicht und fliesstein wenig aus
hellroth
Citronensäure
verbleicht
violett
orangengelb
fliesst dunkelblauaus
verbleicht undfliesst aus
ver-schwindet
Salzsäure
verschwindet, lässtaber eine gelbeFärbung
bestehen
purpurroth
blutroth
wenig verändert
verbleicht wenigund fliesst wenigaus
hellrosa
Schwefelsäure
verschwindet
roth
purpurroth
unverändert
verbleicht wenig
hellroth
Salpetersäure
verschwindet
roth
purpurroth
fliesst wenig aus
verbleicht wenig
hellrosa
Zinnchlorür
verschwindet
roth
fuchsinroth
unverändert
verbleicht wenig
ver-schwindet
Schwefligsäure
verbleicht
grauviolett
roth
unverändert
verbleicht wenigund fliesst aus
verbleicht
Goldchlorid
verbleicht wenig
rothbraun
braun
unverändert
unverändert
fliesstbraun aus
Natriumthiosulfat und Ammoniak
dunkelroth
unverändert
dunkelblau
dunkelviolett,fliesst aus
fliesst sehr aus
braun
Ferrocyankalium und Salzsäure
blau
roth
ziegelroth
unverändert
unverändert
rosa
Natriumhydroxyd
dunkelroth
braun
dunkelroth,fliesst aus
dunkelviolett,fliesst aus
schmutzigbraun,fliesst aus
unverändert
Chlorkalk
verschwindet
verschwindet
verschwindet, lässtaber eine gelbeFärbung
bestehen
braun
unverändert
braun
11) Lösung von 1 Th. Natriumthiosulfat in 1 Th. Ammoniak und 10 Th. Wasser,
12) 4procentige Lösung von Natriumhydroxyd.
Die Wirkung, welche obige Reagentien auf eine Anzahl von Tinten ausüben, haben die
Verfasser in der vorstehenden Tabelle zusammengestellt.
Sind Schriftzüge mechanisch entfernt worden, so kann dies oft durch Anfertigung von
Photogrammen bei durchfallendem Licht nachgewiesen werden oder auch nach Chevallier, Lassaigne und auch Bruylants dadurch, dass man das Papier der Einwirkung von Joddämpfen
aussetzt. Diese Methode liefert namentlich dann gute Ergebnisse, wenn das Papier
behufs Entfernung der Schriftzeichen vorher befeuchtet worden war. Solche Stellen
des Papiers werden blau, die übrigen braun gefärbt.
Geschah die Entfernung auf chemischem Wege, was meistens durch Oxalsäure, Chlorkalk
und Schwefligsäure bewirkt wurde, so behandelt man die verdächtigen Stellen mit
einer Lösung von Schwefligsäure in Wasser, darauf mit einer 3procentigen
Wasserstoffsuperoxydlösung und schliesslich mit verdünntem Ammoniak.
Endlich kann, nachdem der Ueberschuss von Ammoniak durch Trocknen entfernt worden
ist, Tannin gute Dienste leisten, um die Buchstaben dunkler zu machen. (Nach Pharmaceutische Centralhalle, 1892 Bd. 33 S. 225.)
Neue Methode zur Bestimmung der Wandfeuchtigkeit.
Eine Methode zur Bestimmung der Wandfeuchtigkeit wurde von Glässgen unter Pettenkofer's Leitung
ausgearbeitet. Glässgen hatte gefunden, dass der innere
Mörtelbewurf einer Wand um so feuchter ist, je feuchter die Wand selbst ist, und
dass es daher zur Beurtheilung der Wandfeuchtigkeit genügt, den Wassergehalt des
inneren Mörtelbewurfs zu bestimmen. Die Methode von Glässgen wurde dann von Lehmann und Nussbaum modificirt, aber keineswegs verbessert, ja
eher verschlechtert. Prof. Emmerich, der sich
gleichfalls mit diesem Gegenstand beschäftigt, glaubt nun eine völlig brauchbare
Methode in der folgenden gefunden zu haben: 120 bis 200 g des steinhaltigen
Gesammtmörtels werden anstatt in einem kohlensaure- und wasserfreien Luftstrome in
einem Vacuumapparat bei 100° getrocknet, wobei die störende Einwirkung der
Kohlensäure, da sich keine Luft in dem Apparat befindet, ebenfalls ausgeschlossen
ist. Um neben dem Procentgehalt auch diejenige Wassermenge zu ermitteln, welche in
dem Mörtelbewurf des ganzen Zimmers enthalten ist, verfährt man folgendermaassen:
Zur Entnahme der Mörtelprobe benutzt man eine Stanze aus Stahl, auf deren massive
Grundplatte beliebig grosse cylinderförmige Formen von 1, 0,5, 0,25 qdcm grossem
Querschnitt aufgeschraubt werden können. Die mit dieser Stanze entnommene
Mörtelprobe wird in der Stanze selbst mittels eines Pistills zerkleinert und dann
auf einer Nickelschale, von denen sechs in den Vacuumapparat gehen, in dem
Vacuumtrockenschrank, der nach dem Princip des Soxhlet'schen Schnelltrockenschranks aus Kupfer hergestellt ist, getrocknet.
Der Vacuumtrockenschrank ist doppelwandig. Der Raum zwischen den doppelten Wandungen
ist mit Wasser gefüllt, das mittels eines Bunsenbrenners siedend erhalten wird. Ein
Soxhlet'scher Kühler verhindert das Verdampfen des
Wassers und dient zur Erhaltung eines unveränderten Flüssigkeitsstandes.
Zweckmässig schaltet man hinter das Ausgangsrohr, welches mit der
Wasserstrahlluftpumpe in Verbindung steht, einen Dreiwegehahn aus Glas. Sobald sich
hier keine Wasserdämpfe mehr condensiren, setzt man unter geeigneter Benutzung des
Dreiwegehahns die Pumpe ausser Thätigkeit und lässt kohlensäurefreie und trockene
Luft in den Apparat eintreten, bringt die Proben in den Exsiccator, lässt erkalten
und wägt. Da die Grösse der ausgestanzten Mörtelfläche bekannt ist, so kann man
leicht, wenn man die Flächen der einzelnen Wände bestimmt hat, den Wassergehalt des
Gesammtmörtels der Wände berechnen. (Nach Archiv für
Hygiene, 1892 Bd. 14 S. 243.)