Titel: | Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter Ausstellung. |
Autor: | L. Kohlfürst |
Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 289 |
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Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter
Ausstellung.
Von Oberingenieur L.
Kohlfürst.
(Schluss des Berichtes S. 265 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter
Ausstellung.
XVI. Beleuchtungseinrichtungen.
Hinsichtlich ständiger Beleuchtungsanlagen für
Personenhallen, für innere und äussere Bahnhofsräume, Ladeplätze u.s.w. hat die
Ausstellung naturgemäss wenig geboten, das diesem besonderen Zwecke eigens angepasst
gewesen wäre, da ja derlei Ausführungen von sonstigen gewöhnlichen Anlagen im
Wesentlichen wohl kaum ab weichen.
In der Sammlung der königl. preussischen Staatseisenbahnverwaltung befanden sich
einige vorzüglich gezeichnete, übersichtliche Pläne mehrerer, in jüngster Zeit im
Directionsbezirke Mecklenburg ausgeführter oder
projectirter Bahnhofsbeleuchtungsanlagen.
Es war ferner von Seite der königl. Eisenbahndirection Breslau eine interessante Zeichnung ausgestellt, welche die auf dem
Bahnhofe Gleiwitz durch einen Blitzschlag am 9. Mai
1890 vorgekommene Beschädigung der elektrischen Beleuchtungsanlage ersehen liess. An
den zu einer Reihe von acht Bogenlampen gehörigen Leitungen, welche von der
gedachten atmosphärischen Entladung gestreift worden waren, sind Beschädigungen
nicht wahrzunehmen gewesen, dagegen fanden sich Spuren von Blitzwirkungen an sechs
Lampenmasten, ferner am Schaltbrette an den Stromindicatoren der Lampen dieser sechs
Masten und schliesslich am Umschalter. Die Bleisicherung des Spannungszeigers und
des Spannungsweckers waren geschmolzen. Bei den selbsthätigen Ausschaltern waren die
Nebenschlusspulen durchgebrannt und die Kupferfedern aus einander gelöthet. Im
Spannungszeiger hatte sich an der Hauptspule eine Messingscheibe gelöst und das
Deckelglas war gebrochen. An den mit Baumwolle umklöppelten vier Leitungschnüren der
beiden zugehörigen Lichtmaschinen liess sich durch vorhandene Schmelzstellen
deutlich erkennen, dass der Blitz auch in die Körper der Dynamomaschinen
übergesprungen war, doch hatten die letzteren eine Beschädigung hierdurch nicht
erlitten. Aus diesem Grunde konnte denn auch die Anlage nach einer sehr kurzen
Unterbrechung gleich wieder in Betrieb genommen werden. Blitzschutzvorrichtungen
waren an der Beleuchtungsanlage nicht in Verwendung. Der im vorliegenden Falle in
Betracht kommende Blitzschlag hat sich auch noch einer Blocksignalleitung
mitgetheilt, welche die Beleuchtungsleitungen zwischen den Masten der fünften und
sechsten Lampe unterquert; in der nächsten Blitzschutzvorrichtung dieser Blocklinie
entstand demzufolge eine Verschmelzung, welche eine locale Betriebsstörung
durch Nebenschluss zur Erde mit sich brachte.
Reichlich und vornehm waren jene Beleuchtungseinrichtungen vertreten, welche für
zeitweilig aufzustellende oder wandernde Anlagen bestimmt sind und mehr oder minder
im engeren Rahmen der Bedürfnisse der Eisenbahnen liegen. Bei diesen sogen. Beleuchtungswagen lassen sich bekanntlich zwei Formen
unterscheiden. Entweder befinden sich die Haupttheile der Einrichtung, nämlich Motor
und Lichtmaschine, auf einem eigenen, nur diesem Zwecke dienenden und für denselben
passend erbauten Eisenbahnfahrzeuge, oder dieselben sind auf einem durch Menschen
oder Thiere zu bewegenden Wagen untergebracht. Ersterenfalls kann die ganze
Einrichtung ohne weiteres an jeden Punkt der Eisenbahn gebracht und dort in Betrieb
gesetzt werden, oder selbst während der Fahrt im Betriebe stehen, soweit ein
fahrbares Geleise vorhanden ist. Bei der letzteren Form muss der Beleuchtungswagen
behufs Fortschaffung auf der Bahn hingegen erst auf einem geeigneten
Eisenbahnfahrzeuge verladen werden; dafür aber ist es möglich, die Einrichtung durch
Abladen und weiteres Verführen des Beleuchtungswagens auch an Orten in Verwendung zu
bringen, wo keine Bahngleise in entsprechender Nähe oder wo dieselben unfahrbar
geworden sind.
Einen hervorragenden Vertreter der erstgedachten Gattung bildete der in einem eigenen
Vorbau der Eisenbahnhalle aufgestellt gewesene Beleuchtungswaggon der königl. Eisenbahndirection Frankfurt a. M., welcher nach zwei Richtungen in Anspruch genommen werden
kann, nämlich entweder auf einer Gleisestelle stillstehend zur Errichtung einer
zeitweiligen, stationären Beleuchtungsanlage von sechs Bogenlampen, oder während der
Fahrt zur Tunnelrevision, wobei dann zwei mit Scheinwerfern ausgerüstete stärkere
Bogenlampen zur Verwendung kommen. Die im Waggon, dessen Längsschnitt Fig. 143 zeigt, vorhandene Kesselanlage und
Westinghouse-Dampfmaschine sind von Garrett Smith und
Co. in Magdeburg und die Dynamomaschine, sowie die Lampen und sonstige
elektrische Einrichtungen von der Maschinenfabrik
Esslingen geliefert. Die zulässige Dampfspannung des Kessels c beträgt 9 at; es ist jedoch bei normalem Betriebe nur
ein Ueberdruck von etwa 7,5 at nöthig, und diesem Erfordernisse entspricht denn auch
die normale Einstellung des Sicherheitsventiles. Die jeweilige Dampfspannung macht
ein Manometer von Schäffer und Budenberg in Magdeburg
Buckau ersichtlich. Das Füllen des Kessels geschieht durch die in der Decke des
Feuerbüchsmantels befindliche Oeffnung mittels eines Schlauches von der
Wasserleitung aus. Der Inhalt beläuft sich bei niederstem Wasserstande auf 480 l;
das Speisen erfolgt mittels zweier saugender Injectoren, nach System Dülken, von 2 mm Düsenweite, welche noch bei 45° C.
arbeiten. Die Heizanlage und der Aschenkasten
sind mit besonderen Schutzvorrichtungen versehen, und, um beim Anheizen das
Feuer besser anfachen zu können, ist durch das Rohr p
die Füglichkeit getroffen, das Dampfheizungsrohr mit der Locomotive, die den Waggon
schiebt, zu verbinden. Der Kamin z besitzt einen
Deckel, der mit Hilfe eines Hebelwerkes ganz geschlossen oder ganz geöffnet werden
kann, letzteres mit oder ohne gleichzeitiges Vorsetzen eines Funkenfängers. Unter
dem Kessel und theils unter der Rauchkammer befindet sich der annähernd 500 l
fassende Wasserbehälter, dessen Inhalt unter gewöhnlichen Verhältnissen für 2
Stunden ausreicht. Der daneben angebrachte Kohlenkasten kann 220 k Kohlen aufnehmen
und reicht dieser Vorrath auf 6 bis 7 Stunden. Die Dampfmaschine b ist eine Westinghouse-Hochdruckmaschine von 9
mit einer Tourenzahl von 450 in der Minute.
Textabbildung Bd. 285, S. 290
Fig. 143.Beleuchtungswagen der Frankfurter Eisenbahndirection.
Die Dynamomaschine a, von
bekannter Construction, hat eine besondere Nebenschlussregulirung, welche während
des Betriebes stets so eingestellt sein soll, dass das Voltameter 65 Volt Spannung
zeigt. Ein Buss-Sombart'scher Geschwindigkeitsmesser
h, der durch eine Riemenübertragung mit der
Dynamomaschine gekuppelt ist, zeigt die Zahl der Umdrehungen der Dynamoachse an,
welche bei normaler Belastung 1000 in der Minute betragen soll. Sechs Stück
Nebenschlussbogenlampen der Maschinenfabrik Esslingen
sind für gewöhnlich in einem nächst der Dynamomaschine befindlichen, in der Figur
nicht sichtbaren Wandkasten aufbewahrt und erfordern, in Betrieb gesetzt, eine
Stromstärke von 6 Ampère. Zu jeder einzelnen Lampe ist ein Regulator k vorhanden, der gleichzeitig auch als Aus- und
Einschalter zu dienen hat. Zur Anbringung der Lampen sind Mäste e vorhanden, welche sammt den zugehörigen Kopftheilen,
Aufhängehaken, Ankerseilen u.s.w. auf dem Dache des Waggons untergebracht sind. In
zwei einander gegenüber, an den äusseren Längswänden des Waggons angebrachten Kasten
t befinden sich je acht Stück Rollen r, auf welchen je 30 m doppeldrähtige Leitungskabel
aufgewickelt sind; ausserdem ist noch eine Rolle mit 21 m Doppelkabel vorhanden, so
dass im Ganzen 501 m doppelte Leitung zur Verfügung stehen. Jedes Kabel ist an
seinen beiden Enden mit einer Schaltkuppelung versehen, welche aus je einem
Stockstifte und einer Hülse besteht, die von einer Muffe umfasst sind. An den
Anschlüssen der Lampen, sowie am Waggon sind die gleichen Schaltkuppelungen
vorhanden. Soll eine Verbindung oder ein Anschluss hergestellt werden, so steckt man
die betreffenden Kuppelungen in einander, dreht die Muffe, welche einen
Bajonettverschluss bildet, und schützt das Ganze durch Ueberschieben einer
Gummihülse. Bei einer Inbetriebsetzung wird die Vertheilung der Lampen unter
Berücksichtigung der verfügbaren Leitungslänge bezieh. der Kabelanzahl vorzunehmen
sein. Die Kabel sind auszulegen, ehe die Lampenmasten aufgestellt werden, und ist
dabei zu berücksichtigen, dass ungefähr 7 m Kabel für die senkrechte Zuführung zur
Lampe erforderlich sind. Wird die Beleuchtungseinrichtung lediglich zur
Tunnelrevision verwendet, dann treten an Stelle der sechs Lampen nur zwei, jedoch wesentlich stärkere Lampen L in Dienst, welche an den Säulen der Plattform des
Waggons verschiebbar
angebracht und mit je einem verstellbaren Scheinwerfer i versehen sind. Da diese beiden Lampen hauptsächlich nach aufwärts
leuchten sollen, so wird ihre positive Kohle als die untere eingesetzt und, um die Handhabung zu erleichtern, kann am
Lampenbügel ein Holzgriff eingeschraubt werden. Für die Tunnelrevision stellt sich
die den Beleuchtungswaggon schiebende Locomotive stets mit dem Tender an den Waggon,
damit das für den Dampfkessel der Westinghouse-Maschine etwa während der Fahrt
nöthig werdende Speisewasser leicht mittels Handeimern aus dem Locomotivtender
herbeigeschafft werden kann. Zwei kleine Schränke q,
von welchen der eine rechts, der andere links in der für die Aufsichts- und
Revisionsbeamten bestimmten Wagenabtheilung N
angebracht ist, dienen zur Aufbewahrung der Scheinwerfer i, wenn dieselben ausser Dienst gestellt sind. Im Raume N sowohl, als im grossen Maschinenraume, sind an
geeigneten Stellen in Nebenschlüsse geschaltete Glühlichtlampen angebracht, die die
innere Beleuchtung besorgen. Selbstverständlich befindet sich im Hauptraume des
Waggons auch eine kleine Werkbank mit Schraubstock und Werkzeugschrank.
Textabbildung Bd. 285, S. 291Fig. 143.Beleuchtungswagen der Frankfurter Eisenbahndirection. Zahlreich und in interessanter Mannigfaltigkeit waren auf der Ausstellung
die Vertreter der zweiten Gattung von Beleuchtungswagen vorhanden, welche Form ja
auch eine bedeutend vielseitigere Verwendung, insbesondere für militärische Zwecke,
zulässt und findet.
Der zur Fortbewegung durch Pferde eingerichtete, im Ganzen 3800 k schwere Wagen von
Schuckert und Co. in Nürnberg, welchen Fig. 144 im Längendurchschnitte darstellt, enthält
nebst dem Dampfkessel eine Dampfmaschine und eine Dynamomaschine, sowie die hierzu
nöthigen Betriebshilfsmittel mit Ausnahme von Wasser und Kohle. Letztere, sowie
auch die Beleuchtungsgegenstände, als Lampen, Mäste und Leitungen, müssen auf
besonderen Wagen mitgeführt oder sonstwie eigens beigeschafft werden. Das
vollständig lenkbare Vordergestell des Wagens trägt einen Werkzeugkasten W, über dem sich die Dynamomaschine D befindet, deren Schutzdach zugleich den Kutschersitz
bildet. Zum Feststellen des Wagens auf abschüssigem Terrain dient ein Bremsschuh B. Der aus zusammengenietetem Eisenblech hergestellte,
als Siederohrkessel construirte Dampfkessel K ist für
12 at Druck bestimmt, auf 17 at geprüft und zum Schütze gegen Wärmeausstrahlung mit
einem leicht abnehmbaren Mantel umgeben; seine Ausrüstung wird vervollständigt durch
zwei Sicherheitsventile, die für 12 at eingestellt sind, ferner durch zwei
Manometer, eines für den Heizer, das andere für den Maschinisten, zwei
Wasserstandsanzeiger, ebenso viele Probirhähne u.s.w., sowie schliesslich durch eine
Dampfpfeife. Damit der Wagen auch niedrige Durchfahrten passiren kann, ist der Kamin
R zum Abschrauben eingerichtet. Zur Speisung sind
eine Handpumpe und zwei Injectoren vorhanden, von welchen Apparaten jeder für sich
allein hinreicht, dem Kessel aus dem Wasserbehälter die gleiche Wassermenge
zuzuführen, welche verdampft wird. Der Motor M ist eine
viercylindrige, schnellaufende Rotationsmaschine bekannter Construction, System Abraham, mit einer Regulirvorrichtung, mittels welcher
die Rotationsgeschwindigkeit beliebig eingestellt werden kann. Die Dynamomaschine
D, deren Achse mittels einer federnden
Lederkuppelung k direct mit der Rotationsachse der
Dampfmaschine in Verbindung steht, ist eine Schuckert'sche Flachringmaschine mit vier
Elektromagneten. Das Gewicht des completen
Schuckert'schen Beleuchtungswagens beläuft sich
einschliesslich der Reservetheile auf annähernd 3800 k, ohne Einbeziehung des
Kesselspeisewassers und der Brennstoffvorräthe. Wenn verschiedene entbehrliche
Theile zurückgelassen werden, lässt sich das Gewicht auf 3500 k vermindern. Die
Dampfmaschine macht 700 bis 750 Touren in der Minute und leistet 12 bis 13 .
Die Leistung der Dynamomaschine beträgt 7200 Volt-Ampere, kann jedoch, wenn es
gewünscht wird, bis auf 7700 Volt-Ampere gebracht werden.
Textabbildung Bd. 285, S. 292Fig. 144.Beleuchtungswagen von Schuckert und Co. Der in Fig. 145 dargestellte
Beleuchtungswagen von Garrett Smith und Co. in
Magdeburg-Buckau ähnelt seiner Anordnung nach dem früher geschilderten und ist im
Gestelle ganz besonders kräftig und dauerhaft ausgeführt. Der bis zur Kaminspitze im
Ganzen 305 cm hohe Wagen trägt einen stehenden Wasserrohrkessel, dessen Rohre nur im
Wasserraume liegen bezieh. mit Wasser gefüllt sind, wodurch eine sehr hohe
Verdampfung erzielt wird. Ein Theil des für einen Normaldruck von 7 bis 8 at
eingerichteten Kessels ist behufs Reinigung der Röhren abnehmbar. Die Heizfläche
beläuft sich auf annähernd 8 qm. Die Dampfmaschine, eine Westinghouse-Maschine,
leistet im normalen Betriebe 4,5 (max. 7 indic. ) und macht 500
Touren in der Minute. Ihre Rotationsachse ist mit der Dynamomaschine durch eine als
Schwungrad ausgeführte Scheibenkuppelung direct gekuppelt. Die Dynamomaschine, eine
Verbundmaschine für 100 Volt, macht also bei
normalem Betriebe gleichfalls 500 Umdrehungen in der Minute und genügt zum Betriebe
von 7 Bogenlampen zu 800 Kerzen oder 50 bis 55 Glühlichtlampen zu 16 Kerzen in
Parallelschaltung. Das Gesammtgewicht des Wagens beläuft sich auf 5600 k und der
Preis auf 5400 M.
Die von C. und E. Fein in Stuttgart zur Anschauung
gebrachte einschlägige Einrichtung besteht aus zwei
getrennten Fahrzeugen, wovon das eine, der Maschinenwagen, den Dampfkessel
sammt Wasserbehältniss und Kohlenkasten, sowie die Dampf- und Dynamomaschine trägt,
während das zweite zum Transporte der Lampen, Masten, Leitungen und sonstigen
Ausrüstungsgegenstände bestimmt ist. In der Mitte des Maschinenwagens (Fig. 146a) befindet sich der normal auf 5 at in
Anspruch genommene, für 7 at geprüfte Querröhrenkessel, der behufs Reinigung leicht
zerlegt werden kann. Im Untertheile des Fahrgestelles sind das Wasser- und das
Kohlenreservoir angebracht. Links vom Dampfkessel steht eine senkrechte
Eincylinderdampfmaschine, an der die Dampfvertheilung durch eine eigenthümlich
angeordnete Steuerung geschieht; ein auf dem vorderen Theile der Kurbelwelle
sitzender Excenter treibt die Speisepumpe. Hier ist auch ein Speichenrad angebracht,
mit dem im Bedarfsfalle die Kurbelwelle über den todten Punkt hinaus vor- oder
zurückgestellt werden kann. Die rechts vom Kessel aufgestellte, rings mit einem
Schutzmantel umgebene, jedoch von allen Seiten leicht zugängliche Dynamomaschine
erhält ihren Antrieb durch Vermittelung einer Riemenübertragung. Da diese Maschine
bei der gleichen Tourenzahl, bei welcher sie einen Strom von 65 Volt zu liefern
braucht, unter Umständen einen solchen von 120 Volt geben soll, so ist ihr Anker mit
zwei Wickelungen versehen, welche sich vermöge eines eigenen Umschalters entweder
parallel oder hinter einander schalten lassen. Dieser mittels eines Handrades zu
bewegende Umschalter ist überdem so eingerichtet, dass eine Aenderung in der
Schaltung der Anker Wickelungen immer nur erst nach vorausgegangener Unterbrechung
der Nebenschlusswickelung der Dynamomaschine erfolgen kann, wodurch die Umschaltung
also auch während des Ganges der Maschine zulässig ist. Der in Fig. 146b im Längendurchschnitte dargestellte Beiwagen
trägt in eisernen Lagerbügeln, die aussen an den beiden Seiten wänden angebracht
sind, die Tragstangen für die Leitungsdrähte und die
Masten für die Lampen; ebendaselbst hängen in ähnlicher Weise noch zwei
leichte, eiserne Leitern, die sich kuppeln lassen, sowie zwei zum Hochheben der
Leitung bestimmte Gabelstangen. Am Kutschersitze ist Raum für drei Personen; unter
dem Sitze hat ein mit fünf Laden versehener Kasten seinen Platz, in welchem
verschiedene Werkzeuge, Isolatoren, Lampenträger, Reserveglühlampen, Leuchtkohlen
u.s.w. aufbewahrt werden. Die Scheinwerferlampe ist an der Innenseite der Vorderwand
des Beiwagens zu oberst auf einem Traggestelle befestigt, das wie ein Fahrstuhl
mittels Zahnstange und Kurbelvorgelege hochgehoben werden kann. Auf diese Weise
lässt sich die besagte Lampe leicht über das Wagendach bringen, welches an der
betreffenden Stelle mit zwei aufklappbaren Thüren versehen ist. An den beiden
Längsseiten im Inneren des Wagens sind hölzerne Gestelle angebracht, die zur
Aufbewahrung von sechs Bogenlampen mit ihren Laternen und Reservestücken dienen, und
unter diesen Lampengestellen befinden sich an jeder Wagenwand vier Holzkästen, in
welchen je eine Kabeltrommel untergebracht ist.
Textabbildung Bd. 285, S. 293
Fig. 145.Beleuchtungswagen von Garrett Smith und Co.
Die Thüren dieser Kasten öffnen sich nach aussen und lassen
sich an der äusseren Wagenwand aufklappen; es kann sonach eine Abwickelung der Kabel
bewerkstelligt werden, ohne dass man erst vorher die Rollen aushebt. Rechts und
links von der in der Rückwand des Beiwagens vorhandenen Eingangsthür ist je ein
Schaltbrett festgemacht, auf welchem alle jene Apparate angebracht sind, die zur
Vertheilung, Regulirung und Controle der Ströme benöthigt werden. Die zuletzt
erwähnten Bogenlampen sind, um die Lichtwirkung zu erhöhen, mit Kugeln aus ganz
durchsichtigem, nämlich unmattirtem Glase versehen. Die aus Eisenröhren möglichst
leicht und ganz zerlegbar angefertigten Lampenmaste bilden eine Art dreifüssigen
Statives und werden durch einen senkrecht niedergehenden, im Erdboden befestigten
Anker festgespannt. Ganz ähnlich sind auch die zum Tragen der Leitung bestimmten
Stangen angeordnet. Mit der geschilderten Einrichtung können sechs parallel
geschaltete Bogenlampen zu je 600 Normalkerzen oder ein Einzellicht mit 35 Ampère
Stromstärke betrieben werden, sowie nebenbei eine Anzahl Glühlichter, die jedoch
lediglich für die Beleuchtung der beiden Wagen selbst vorgesehen sind. Wird diese
Beleuchtungseinrichtung in einem Bedarfsfalle an Ort und Stelle gebracht, so müssen
nach zweckmässig gewählter Aufstellung der beiden Fahrzeuge vorerst die sämmtlichen
Wagenräder durch unterzulegende Keile und am Maschinenwagen auch die Wagenfedern
durch Einsetzen von Stützbacken festgemacht werden. Unterdessen hat auch der Heizer
das Anheizen des Dampfkessels besorgt. Sind die Witterungsverhältnisse ungünstig, so
kann eine am Dache des Maschinenwagens angebrachte wasserdichte Decke zwischen den
beiden Wagen, die in diesem Falle natürlich parallel stehen müssen, ausgespannt und
damit ein Schutzdach gewonnen werden. Das vollständige Aufstellen beider Wagen,
sowie das Anheizen des Kessels lässt sich so rasch durchführen, dass schon in 10 bis
15 Minuten nach der Ankunft die Ingangsetzung der Dampf- und Dynamomaschine, sowie
die Einschaltung der inzwischen hochgewundenen und vorbereiteten Scheinwerferlampe
des Beiwagens möglich ist. Sollen die sechs Bogenlampen eingerichtet werden, so wird
bei einer im Dunkeln durchzuführenden Aufstellung für alle Fälle zuerst die
Scheinwerferlampe in Betrieb zu setzen sein, um die nöthige Beleuchtung für die
Arbeiten zu gewinnen. Die ganze Anlage lässt sich dann in wenigen Stunden
betriebsfähig herstellen und vermöge der bereits erwähnten Parallelschaltung kann
Lampe für Lampe, sobald ihre Einschaltung vollzogen ist, in Dienst gestellt werden.
(Vgl. Officielle Ausstellungszeitung, S. 490; Industries, 1892 S. 66.)
Der compendiöseste unter den in Frankfurt ausgestellt gewesenen Beleuchtungswagen war
jener der Deimler-Motoren-Gesellschaft in Cannstatt.
Dieser erst gegen Ende August zur Ausstellung gelangte Wagen, eigentlich ein
kastenartiger, vierräderiger Handkarren (Fig. 147),
der im Ganzen nur 2040 k wiegt, enthält im Kasteninneren einen Deimler'schen Petroleummotor von 5 , eine durch
Gummiriemen damit verbundene, von der Maschinenfabrik
Esslingen gelieferte Dynamomaschine zur Erzeugung eines Stromes von 65 Volt
und 40 Ampère, vier Stück Bogenlampen mit grossen Glasglocken, Voltmeter, Regulator
und Zubehör, ferner ein grosses Kühlwassergefäss des Motors, zwei Erdölbehälter und
sämmtliche für den Betrieb der Anlage nöthigen Bedienungsgegenstände und Werkzeuge.
Auf dem Dache des Wagenkastens liegen die zu den Bogenlampen gehörigen vier
teleskopartig angeordneten, aus Eisenblech hergestellten Masten sammt den zu ihrer
Aufstellung und Befestigung nöthigen Geräthschaften auf entsprechend
ausgeschnittenen
Unterlagshölzern, während unter dem Kasten die Kabelrollen ihren Platz
erhalten. Nach erfolgter Aufstellung des Wagens an richtiger Stelle kann – abgesehen
von der Zeit für die Mastenaufstellung – die Inbetriebsetzung schon in wenigen
Minuten erfolgen, weil kaum 3 Minuten Zeit erforderlich sind, um den Motor
dienstfähig zu machen. Der Wagen ruht auf zwei Achsen ohne Federn, damit die vom Motor hervorgerufenen, zitternden
Erschütterungen sich weniger leicht auf das Ganze übertragen. Die Betriebskosten für
Erdölverbrauch belaufen sich bei vollem Betriebe in der Stunde auf 85 Pfg. Die
Sonderausstellung für Feinmechanik, welche erst nachträglich in den Rahmen der
Frankfurter elektrischen Ausstellung eingefügt wurde, empfing ihr Licht während
mehrerer Wochen ausschliesslich von dem Beleuchtungswagen der Deimler-Motoren-Gesellschaft. (Vgl. Officielle Ausstellungszeitung, S. 1020.)
Textabbildung Bd. 285, S. 294Fig. 146 a. Beleuchtungswagen von C. und E. Fein. Für Waggonbeleuchtung, also innerhalb jenes
Gebietes des Beleuchtungswesens, welches für die Eisenbahnen ganz besonderes
Interesse besitzt, hatten sich nur zwei Aussteller in Frankfurt eingefunden, nämlich
die Maschinenfabrik Oerlikon in Oerlikon bei Zürich und
die Actiengesellschaft für Chromaccumulatoren in
Marly.
Die Accumulatoren der erstgenannten Firma unterscheiden sich bekanntlich von den
sonstigen Typen durch das eigenthümliche Elektrolyt, welches bei jenen an Stelle der
in der Regel benutzten verdünnten Säuren zur Verwendung gelangt. Durch dieses
consistente, leimartige, zähe, jedoch vollkommen anorganische Elektrolyt wird das
Abspringen und Loslösen des Plattenbelages verhindert und der Accumulator behält
daher, selbst wenn er bewegt oder gerüttelt wird, seine gleichmässige
Leistungsfähigkeit. Deshalb und in Anbetracht der einfachen und billigen
Instandhaltung der gedachten Accumulatoren – es braucht einfach nur von Zeit zu Zeit
etwas reines Wasser, am besten Regen- oder Abdampfwasser aufgegossen zu werden, so
dass die Elektrolytmasse vom Vertrocknen bewahrt bleibt – sind sie sowohl bei
Beleuchtungseinrichtungen auf Eisenbahnzügen oder auf Schiffen o. dgl., als auch zur
Kraftabgabe an Elektromotoren auf Tramwagwagen, Booten
u.s.w. besonders verwendbar. Die weitere Behandlung der Accumulatoren beschränkt
sich auf ein regelmässiges und vollständiges Laden derselben, und zwar soll diese
stets bis zur Erreichung einer Spannung von genau 2,5 Volt für die Zelle fortgeführt
werden. Das geladene Element muss im Ruhestande mindestens 2,0 Volt Spannung
nachweisen; beträgt diese weniger, so ist wieder zu laden. Ein Satz von acht
solchen, 23 cm langen, 17,5 cm breiten und 22 cm hohen Accumulatoren in
Ebonitgefässen war paarweise in je einen mit Handhaben versehenen Holzkasten und
neben einander in einen starken, hölzernen, mit eisernen Rippen und Beschlägen
versehenen, 41,6 cm hohen, 45 cm tiefen und 117,5 cm langen Batteriekasten
eingesetzt. Dieser Satz ist bestimmt, die ganze Beleuchtung eines Personenwagens zu
besorgen und wird zu dem Ende der Batteriekasten unterhalb des Wagengestelles in
geeigneter Weise festgemacht und mit der Lampenleitung entsprechend verbunden.
Hinsichtlich dieser Anordnung hat die Maschinenfabrik
Oerlikon noch nachstehende, weitere Erläuterungen ertheilt: „Die
Verbindung der einzelnen Doppelaccumulatoren unter sich. geschieht entweder
durch Contactschienen, welche auf dem Boden des Batteriekastens
einerseits, sowie auf dem Boden jedes der vier Elementenkasten andererseits
angebracht sind, so dass durch das Einbringen der letzteren auch bereits die
Anschlüsse hergestellt werden, oder sie geschieht mittels geeigneter
Verbindungsklemmen, welche an der Vorderseite jedes Elementenkastens angebracht
sind und gleichfalls eine ganz rasche Verbindung ermöglichen. Die erstere
Anschlussform steht beispielsweise bei der schweizerischen Nordostbahn und Centralbahn, die letztere bei den
bezüglichen Probeeinrichtungen der königl. Eisenbahndirectionen Berlin und Strassburg
in Benutzung. Eine solche Batterie hat eine Entladungscapacität von 160
Ampère-Stunden; sie ist im Stande, acht Glühlampen zu 6 Normalkerzen während 10
Stunden zu speisen, und es ist nur in der letzten Stunde das Licht ein wenig
schwächer. Für eine 20stündige Beleuchtung bedürfte es zweier solcher Batterien.
Zu jeder Lampe kommt eine Bleisicherung und ein Ausschalter, ausserdem ist noch
ein Hauptausschalter erforderlich. Die Spannung der Batterie beträgt am Ende der
Entladung 14,4 Volt, der Ladestrom 15 Ampère. Die Ladung der vollständig
entladenen Batterie erfordert beiläufig 10 Stunden. Die Wasserschicht, welche
das Elektrolyt abschliesst, soll immer mindestens 5 mm hoch sein.“ Hierzu
wäre etwa noch anzumerken, dass sich laut Preiscourant der Fabrik Oerlikon für den vorstehend besprochenen Satz von vier
Doppelelementen ohne Batteriekasten das Gewicht mit
etwa 240 k und die Anschaffungskosten mit etwa 500 Francs berechnen lassen.
Textabbildung Bd. 285, S. 295Fig. 146 b. Beleuchtungswagen von C. und E. Fein. Die Actiengesellschaft für
Chromaccumulatorenbau in Marly, Patent Heyl,
hatte durch Georg Eduard Heyl in Berlin lediglich
Chromaccumulatoren ausgestellt, welche gleichfalls für bewegliche Einrichtungen besonders geeignet sind. Ueber die
Verwendungsweise und andere wissenswerthe Umstände gibt ein Kostenanschlag, welcher
unlängst für die Einrichtung dreier Personenwagen der Jura-Simplon-Bahn erstattet wurde, einigermaassen Aufklärung, weshalb
derselbe nachstehend angeführt wird: „Im Ganzen sind in zwei Wagen 1. Klasse und
einem Wagen 2. Klasse 40 Glühlampen mit Reflector und Glasschale und mit einer
Gesammtleuchtkraft von 260 Normalkerzen anzubringen. Davon entfallen auf jeden
Wagen 1. Klasse je 100 und auf den Wagen 2. Klasse 60 Kerzen. Jede
Wagenabtheilung ist mit einem Lichtregulator versehen, mit dem die normale
grösste Lichtstärke der betreffenden Lampen von 10 oder 8 Normalkerzen auf 5
bezieh. 2 Normalkerzen herabgemindert werden kann. Der offene Gang jedes Wagens
ist mit zwei Lampen zu 4 Normalkerzen und das Closet mit je einer Lampe von 2
Normalkerzen beleuchtet. Die Accumulatorenbatterie ist im Gepäckwagen
aufgestellt und besteht aus 11 Doppelelementen grösster Type in Kasten. Die
Spannung der Batterie beträgt 65 Volt; das Gewicht sammt Säure 385 k. Die
Batterie, ausschliesslich Säure und Montage, kostet loco Berlin 1900 M., ein
Holzgestell 80 M., 40 Glühlampen sammt Scheinwerfer und Beleuchtungskörper
kosten 900 M., 13 Regulirwiderstände 390 M., 1 Hauptausschalter 25 M. und 4
Bleisicherungen 30 M. – gibt zusammen 3325 M. Für die Montage werden für den Tag
und Monteur 20 M. und die Reisespesen für die Fahrt in der 2. Wagenklasse
berechnet. Die vorgenannte Batterie kann die sämmtlichen Glühlampen der drei
Wagen
13 Stunden lang voll beleuchten. Zum Laden ist eine Nebenschlussmaschine
von 100 Volt nöthig und können die Accumulatoren ohne weiteres im Gepäckwagen
geladen werden.“
Textabbildung Bd. 285, S. 296Fig. 147.Beleuchtungswagen der Daimler-Motoren-Gesellschaft. Unter den ausgestellt gewesenen elektrischen Beleuchtungsmitteln, welche
für Eisenbahnzwecke Ausnützung finden können, ist schliesslich noch die von G. Wehr in Berlin zur Anschauung gebrachte Pollak'sche Handlampe anzuführen, da dieselbe als wirkliche Sicherheitslampe vorzügliche Eignung besitzt,
auf jenen Güterböden, wo leicht brennbare oder explodirende Stoffe gelagert sind,
insbesondere also auch in den Erdölmagazinen verwendet zu werden. Dieselbe wiegt
1,725 k, hat eine Lichtstärke von 0,7 bis 0,8 Normalkerzen, eine Brenndauer von 10
bis 12 Stunden und kostet im Einzel verkaufe 30 M.; sie besteht aus sechs Theilen,
nämlich aus einer Grundplatte, die vier Einfassungsstangen trägt, einem
Hartgummigefässe, das zwei Accumulatoren enthält, dem zugehörigen Hartgummideckel
mit den Polanschlüssen, dem Glühlämpchen, dem schützenden Glascylinder und der
obersten Abschlussplatte, welche an die vier Einfassungsstangen festgeschraubt ist,
und den Lampenhenkel trägt. Eine am Lampendeckel befestigte, an einem Kettchen
hängende Nadel dient zum Anzünden, indem sie in das linksseitige Loch des
Hartgummideckels eingesteckt wird. Vor der Gebrauchsnahme muss das
Accumulatorengefäss bis auf 1 cm vom Rande mit verdünnter Schwefelsäure gefüllt
werden. Zum gleichzeitigen Laden vieler Lampen bedarf es einer
Nebenschlussdynamomaschine und eines oder mehrerer, natürlich in parallelen Strom
zweigen zu schaltender Ladebretter. Hier werden die Lampen in einer Reihe
aufgestellt und hinter einander eingeschaltet. Die Anzahl der Lampen einer Reihe
bezieh. eines Ladebrettes oder Schliessungskreises lässt die erforderliche
Spannungshöhe der zum Laden bestimmten Elektricitätsquelle berechnen, indem für eine
Lampe 5,5 bis 6 Volt anzunehmen sind. Im Stromkreise jeder Lampenreihe wird auch ein
Regulirwiderstand und ein Ampèremeter eingeschaltet sein müssen. Der Ladestrom jeder
Reihe darf nicht 1 Ampère überschreiten; am besten ist es, denselben stets auf 0,8
Ampère einzureguliren. Die Ladung hat 8 bis 9 Stunden zu dauern; nach deren
Abschluss sollen die Lampen, ehe man sie in Gebrauch nimmt, so wie sie standen,
unter Einschaltung eines entsprechenden Widerstandes durch 5 Minuten mit der
Stromstärke von 1 Ampère entladen werden, um allfällige Ueberspannungen
abzuschwächen und die Glühfäden zu schonen. Die Pole der Lampen dürfen niemals
verwechselt werden und ist deshalb der positive Pol durch rothe Bemalung
gekennzeichnet. Zum Laden einzelner Lampen reicht
irgend eine kräftige galvanische Batterie, z.B. eine solche von 6 bis 12 hinter
einander geschalteten, grossplattigen Zinkkohlenelementen, vollständig hin.
XVII. Einrichtungen mit Starkstrombetrieb.
Aus der Reihe der sogen. Kraftübertragungen, d. i. der für den Betrieb mit starken
Strömen eingerichteten Anordnungen sind vorerst die elektrischen Eisenbahnen selbst
anzuführen: In der Eisenbahnhalle stand, um mit dem Aeltesten zu beginnen, die
historisch interessante Siemens und Halske'sche
Grubenlocomotive, welche bekanntlich das erste
elektrisch betriebene Fahrzeug gewesen ist, das einer praktischen Ausnutzung fähig
war; sie ist 1879 auf der Gewerbeausstellung in Berlin, wo sie drei Stück je sechs
Personen fassende Längssitz wagen zog, in Betrieb gewesen. Der Trommelanker des
Motors überträgt durch Zahnräder seine Leistung auf die Laufachse. Ein ziemlich
directer Abkömmling dieser ersten elektrischen Bahn von 1879 ist die Grubenbahn,
welche von Siemens und Halske in Berlin während der
Ausstellung im Betriebe vorgeführt war. Die Einfahrt zum Bergwerke erfolgte 15 m vor
dem Stollen; der Kohlenzug bestand aus Locomotive, zwei Förderwagen und einem 20
Personen fassenden Personenwagen. Die grösste Breite der durch einen Zinkblechkasten
geschützten Locomotive beträgt 740 mm; sie leistet etwa 10 . Die
Uebersetzung von der Ankerachse zur Laufachse vermitteln wieder Zahnräder; für den
Commutator sind Kohlenbürsten angewendet. Die Stromabnahme geschieht mittels eines
rahmenartigen Bügels, der durch ein Gegengewicht nach aufwärts gedrückt wird und an
einer im oberen Theile des Bergwerkstollens befestigten Kupferleitung schleift. Die
Rückleitung wird durch die Schienen des Bahngleises vermittelt.
Eine Grubenbahn nach dem System Thomson-Houston
war in der Halle für technische Zeichnungen durch Photographien dargestellt.
Die älteste Art der oberirdischen Zuführung für elektrische Eisenbahnen, nämlich
jene, bei welcher für die Hin- und Rückleitung je eine Leitung vorhanden ist,
bestehend aus geschlitzten Röhren, die von Masten mit seitlichen Armen getragen
werden und in welchen die am Wagen befestigten Contactschlitten gleiten, war durch
die elektrischen Localbahnen Frankfurt-Offenbach
(eröffnet 1883) und Hinterbrühl-Mödling (eröffnet 1882)
vertreten. Erstere hatte vor der Eisenbahnhalle eine kurze Musterstrecke mit
Arbeitswagen und einer Rohrleitungsweiche, sowie in der Eisenbahnhalle eine Sammlung
von verschiedenen Bruchstücken und aus dem Betriebe gezogenen Maschinentheilen
ausgestellt, welche ein belehrendes Bild über die Inanspruchnahme und Abnützung
einzelner Theile und über vorgekommene Achsenbrüche darbot. Hinsichtlich der Hinterbrühl-Mödlinger Bahn war von Seite der k. k. priv. österr. Südbahn ein Stück Leitungsanlage
und ein Arbeitswagen durch ein sehr hübsch ausgeführtes Modell veranschaulicht.
Das sogen. Trolley wire system, welches bekanntlich in
Amerika vorwiegend Verwendung findet und darin besteht, dass der Strom mit Hilfe
einer am Wagendache angebrachten aufwärts federnden Stahlstütze, deren oberes Ende
eine Contactrolle trägt, von der genau über dem Gleismittel aufgehängten
Drahtleitung abgenommen wird, war durch die von der Firma Schuckert und Co. in Nürnberg errichtete und betriebene elektrische
Eisenbahn repräsentirt, welche den Verkehr zwischen dem Hauptausstellungsplatze und
der Mainausstellung vermittelte.
Etwas abweichend war die Stromzuführungsanordnung bei der durch Siemens und Halske in Berlin ausgeführten und während
der ganzen Ausstellungszeit für den Personenverkehr im regsten Betriebe gestandenen
Bahnstrecke Ausstellungsplatz- bezieh. Bahnhofplatz-Opernplatz, indem die daselbst verwendeten
zwei Wagen mit Oberleitung gleich jenen der Lichterfelde-Bahn auf dem Dache einen beweglichen Bügel tragen, der über
die ganze Breite des Wagens reicht und an der Unterkante des über der Mitte des
Geleises aufgehängten Leitungsdrahtes schleift. Die Beweglichkeit des Bügels hat den
Zweck, die Ungleichheiten im Durchhange des Leitungsdrahtes und die Schwankungen des
Wagens unschädlich zu machen. Bei dieser Anordnung des Stromabnehmers ist die
Anbringung des Leitungsdrahtes in den Curven keineswegs streng an die Einhaltung des
Gleismittels gebunden und es wird sonach auch die Construction der Weichen
wesentlich vereinfacht.
Eine vor dem Pavillon des Wiener Werkes der Firma Siemens und
Halske von dieser Firma ausgeführte Musterstrecke sammt Weiche ihrer
bereits vielfach beschriebenen Budapester Stadtbahn bot
ein interessantes Beispiel für eine unterirdische
Zuleitungsanlage nach dem sogen. Kanalsystem. Zu dieser
Gattung zählte auch die durch ein Modell von der Köln-Ehrenfelder Licht- und
Telegraphenbaugesellschaft Helios in der Halle für
Eisenbahnwesen ausgestellte einspurige, elektrische
Strassenbahn, System Zipernowsky. Ein anderes
unterirdisches Zuleitungssystem, nämlich ein solches ohne
Schlitz, fand Vertretung durch das Modell der C.
Pollak'schen elektrischen Eisenbahn mit
magnetischem Sicherheitsleiter. Die Eigenthümlichkeit dieses gleichfalls
oft beschriebenen Systems besteht darin, dass kurze in der Strassenfläche
liegende Stromabnahmeschienen mit der senkrecht darunter isolirt angebrachten
Leitung durch Einwirkung von Magneten, welche an den Wagen zu unterst angebracht
sind, fortlaufend so lange leitend verbunden werden, als der Wagen mit den
Contactbürsten sich darüber befindet, während sonst eine Verbindung zwischen Leitung
und Stromabnahmeschienen nicht besteht, sondern die letzteren stets stromlos
bleiben.
Strassenbahnwagen mit Accumulatorenbetrieb sind auf der
Ausstellung in zweierlei Ausführung vorhanden gewesen. Ein solcher Wagen von Siemens und Halske verkehrte auf der vorerwähnten
Strecke Ausstellungsplatz-Opernplatz. Derselbe ruhte
auf zwei vierräderigen Drehgestellen, vermöge welcher er Curven von 12 m Radius noch
ganz unbehindert zu befahren vermag, und bot Raum für 40 Personen. Jedes der beiden
Drehgestelle hatte seinen besonderen Motor. Die Batterie bestand aus 162
Tudor-Elementen. Ein anderer von der Localbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft Hostmann und Co. in Hannover ausgestellt gewesener, in
der Waggonfabrik van der Zypen und Charlier in Deutz
bei Köln a. Rh. hergestellter und von der Fabrik Oerlikon in Oerlikon bei Zürich mit der elektrischen Einrichtung
versehener, 6 m langer Accumulatorenwagen lief auf der Frankfurter Waldbahn zwischen
Sachsenhausen und Forsthaus. Derselbe enthielt 16 Sitzplätze und 12 bis 16 Stehplätze; er
war zu Versuchen auf einer Localbahn in Sachsen-Meiningen bestimmt und deshalb weit
kräftiger gebaut, als es für Strassenbahnen nothwendig ist. Der Wagen allein wiegt
etwa 5000 k, die Batterie 1600 k und der Motor mit dem übrigen Zubehör etwa 900 k.
Es sind nur zwei Radachsen vorhanden und beide als freie Lenkachsen angeordnet. Der
Motor ist eine vierpolige Hauptschlussmaschine mit einem als Locharmatur
ausgeführten Anker. Die Bewegungen des letzteren, welche sich bei etwa 12 km
Fahrgeschwindigkeit und einem Wagenraddurchmesser von 70 cm auf 1200 Umdrehungen in
der Minute belaufen, werden in Abweichungen von allen übrigen auf der Ausstellung
vorhanden gewesenen Arbeitswagen durch eine doppelgängige, aus Stahl hergestellte
Schnecke mit 12facher Uebersetzung und einem aus Bronze ausgeführten Schneckenrade
auf die Antriebachse übertragen. Die Batterie besteht aus 80 Stück doppelter Oerlikon-Accumulatoren mit gelatinösem Elektrolyt,
welche in vier Kästen zu je 20 Elementen aufgestellt werden. Jede solche Gruppe
repräsentirt 19 bis 20 Volt.
Neben den elektrischen Eisenbahnen kämen etwa auch nachstehende maschinelle Anlagen
anzuführen: Ein exact gearbeitetes Modell einer Schiebebühne mit elektrischem Betriebe, welches in der Sammlung der
königl. preussischen Staatseisenbahnverwaltung vorhanden, und zwar von Seite der königl. Eisenbahndirection Frankfurt a. M. beigestellt
war. Ebendaselbst befand sich eine von der gleichen Eisenbahndirection zur
Anschauung gebrachte transportable Bohrmaschine, mit
der nach jeder beliebigen Richtung gebohrt werden kann. Dieselbe ist in der Maschinenfabrik Oerlikon ausgeführt und besteht aus
einem senkrechten Support, einem in radialer Richtung beweglichen Arm und dem
Werkzeughalter. Der wagerechte Arm wird durch einen am Support befestigten
Einspannkopf gehalten und kann auch um seine Längsachse gedreht werden. Am zweiten
Ende des Armes ist ein gleichfalls um seine Achse
drehbares Bohrfutter angebracht. Die Führung des Werkzeuges geschieht durch
eine mit einem Schwungrade versehene Leitspindel. Die Verbindung zwischen dem
elektrischen Motor und der eigentlichen Bohrmaschine besteht aus zwei
Universalgelenken und einer verschiebbaren Führung, welche bis auf 2 m Länge
ausgezogen werden kann. Die Geschwindigkeit des Bohrers kann durch Verstellung eines
in den Stromkreis des Motors eingeschalteten Widerstandes leicht und beliebig
regulirt werden. Die Geschwindigkeit des Motors kann bis auf 1000 Umdrehungen in der
Minute gebracht und es können Löcher bis zu 30 mm Durchmesser gebohrt werden. Bei
dieser äussersten Leistung beträgt der Kraftverbrauch etwa 1 . Das
Gesammtgewicht der Bohrmaschine, welche sich insbesondere für
Eisenbahnreparaturwerkstätten und Kesselschmieden eignet; beträgt 220 k; die
Anschaffungskosten belaufen sich auf 2800 Francs.
Zu den im vorstehenden Abschnitte in Betracht gezogenen Einrichtungen zählt weiter
eine von Carl Schenk in Darmstadt ausgestellte Waggonwage ohne Gleisunterbrechung; bei derselben muss
behufs Auswägung der Güterwagen die ganze Wagebrücke im Gewichte von 20000 bis 50000
k auf eine Höhe von 80 bis 35 mm gehoben werden. Für gewöhnlich geschieht dies
mittels geeigneter Kurbelvorgelege durch Menschenhand oder auch durch Wasserdruck,
wogegen in der Ausstellung das Heben und Niederlassen der Brücke durch einen von der
Fabrik Oerlikon beigestellten, elektrischen Motor
bewerkstelligt wurde. An dieser ganz vorzüglich angeordneten und ausgeführten
Waggonwage war die gewöhnliche Gewichtsscala mit Laufgewicht durch einen Registrirapparat ersetzt, der aus einem Laufgewichte
mit zwei Linealen besteht und das thatsächliche Gewicht des gewogenen Waggons
während der Wägung auf entsprechend vorgedruckte Billets automatisch mittels
Trockenstempel niederschreibt.
Textabbildung Bd. 285, S. 298Weichenstellvorrichtung von Siemens und Halske. Von ganz besonderer Tragweite und vielversprechender Zukunft scheint eine
Einrichtung mit Starkstrombetrieb zu sein, welche vom Wiener Werke Siemens und Halske zur Anschauung gebracht wurde. Es
handelt sich dabei um nichts weniger, als einfach um den Ersatz der bisherigen
mechanischen Stellwerke für Weichen und Signale durch elektrische. Solche Anlagen umfassen, wie die gewöhnlichen centralisirten
Stellwerkseinrichtungen, mehrere Haupttheile, nämlich das Stellwerk des
Weichenwärters, die Stellvorrichtungen an den Weichen und Signalen, die Zustimmungs-
oder Verschlusseinrichtung im Stationsbureau und die zur Verbindung des Ganzen
dienenden Leitungsanlagen. Das Centralstellwerk braucht jedoch nur aus einer
entsprechenden Anzahl von Umschaltern zu bestehen, die in ähnlicher Weise wie die
Stellhebel an mechanischen Werken durch Schieber, Bügel o. dgl. in die entsprechende
Abhängigkeit zu einander gebracht sind und mit welchen der elektrische Strom nach
den Motoren der eigentlichen Um Stellvorrichtungen entsendet wird. Bei der ersten
und noch kaum fertig gestellten Einrichtung in Frankfurt, welche seither wesentliche
und werthvolle Vervollkommnungen erfahren hat, waren als Behelf, d.h. zur Uebersicht
und Controle noch mehrere Apparate beigegeben, die mittels kleiner, an den Anker von
Elektromagneten befestigter Täfelchen jedes richtig erfolgte Umstellen einer Weiche
optisch und ein fälschliches Aufschneiden der Weiche überdies auch hörbar durch ein
Klingel werk anzeigen. Der Apparat im Stationsbureau, mittels welchem die Freigabe
einer bestimmten Fahrstrasse und damit auch der zugehörigen Weichen- und
Signalkurbeln des Stellwerkes bewirkt wird, gleicht im Wesentlichen den 1892 284 78 geschilderten. Die Stromzuführung zum Motor der
Weichenumstellvorrichtung geschieht mittels dreier Leitungen, von welchen eine den
Strom für den Rechtsgang, die andere für den Linksgang des Motors zuführt, während
die dritte immer nur als Rückleitung benutzt wird. Diejenige der beiden
Arbeitsleitungen, welche jeweilig für den Motor ausser Dienst gestellt ist, hat
dafür in dieser Zeit als Controlleitung zu dienen. Die Weichenstellvorrichtung, welche Fig. 148 in der
Draufsicht und Fig.
149 im Längsschnitte darstellt, besteht aus dem Motor sammt dem
Ausschalter und der Bewegungs- und Verriegelungsanordnung. Zur Verschiebung der
Weichenzungen W und W1 (Fig. 149) dient eine
vom Motor a in Umdrehungen versetzte Schraubenspindel
d, welche eine mit einem Angriffsbolzen s versehene und in einem Lineal D (Fig. 148)
geradegeführte Mutter m vor oder zurück schiebt. Mit
dem Bolzen s, welcher zugleich auch durch Vermittelung
der Gelenkstange o und der Hebel o1 und o2 die Umschaltung der
Leitung, d.h. den Wechsel im Anschlusse der Leitungen zu a besorgt, sind die beiden Weichenzungen zwar nur indirect, doch so
gekuppelt, dass sie den Bewegungen der Mutter m (Fig. 149) folgen
müssen. Die Schraubenspindel d bezieh. ef steht mit dem Motor durch eine Achse b in Verbindung und kann ihrer Längenrichtung nach in
den beiden Lagern B und F
nach rechts oder links verschoben werden. In der Regel aber hat die Schraubenspindel
eine bestimmte Normallage, in welcher dieselbe vermöge des Armes g, der einerseits durch ein
Gelenk mit dem Röhrenlager f und andererseits mit
einem eigenthümlichen Herzstücke i in Verbindung steht,
festgehalten bleibt, indem der das Gewicht G tragende
Arm q mittels eines Bolzens wie eine Klinke auf g einwirkt und eine Verrückung des Systems beim
gewöhnlichen Betriebe unmöglich macht. Erfolgt jedoch eine Durchschneidung der
Weiche durch Fahrzeuge, dann muss sich die Mutter m
behufs Vermeidung der Zerstörung verrücken lassen, d.h. da sich der Motor nicht
bewegt, muss die Spindel d selbst entsprechend
seitwärts verschoben werden. Das geschieht denn auch durch die Kraft des falsch
eingefahrenen Fahrzeuges und dabei wird der Arm q
bezieh. das Gewicht G gehoben. Letzteres bewirkt,
sobald es dabei über die Herzspitze kippt, eine weitere Verschwenkung und damit
nicht nur eine vollkommene Umstellung der Weiche, sondern auch deren
Wiederverriegelung. Die vorhandenen Leitungen lassen sich ohne Schwierigkeit gleich
auch für die zwischen Weichenwärter und Rangirmeister zu wechselnden Correspondenzen
(Geleismeldungen) ausnutzen.