Titel: | Neuerungen in der Industrie der Fette, Oele, Mineralöle u.s.w. |
Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 19 |
Download: | XML |
Neuerungen in der Industrie der Fette, Oele, Mineralöle u.s.w.
Neuerungen in der Industrie der Fette, Oele, Mineralöle
u.s.w.
Prüfung und Werthbestimmung von Nelkenöl.
Die bisherigen Prüfungsmethoden des Nelkenöles, welche sich auf dessen physikalischen
Eigenschaften oder nach Kremel auf die Bestimmung der
Verseifungs-, Säure- und Jodzahl stützen, geben zu wenig befriedigende Resultate,
als dass sie allgemein anwendbar wären. Zur Ausarbeitung einer wirklich
zuverlässigen Prüfungsmethode sind nach O. Wallach
namentlich zwei Bedingungen zu erfüllen:
1) Die Substanzen, welche in ätherischen Oelen vorkommen, müssen hinsichtlich ihres
chemischen Verhaltens wissenschaftlich genau erforscht sein, und man muss
charakteristische und leicht ausführbare Reactionen zur Verfügung haben, um die
einzelnen Bestandtheile sicher nachweisen zu können.
2) Es muss festgestellt sein, innerhalb welcher Grenzen bei zuverlässig echten Oelen
die Quantität der einzelnen Bestandtheile je nach Jahrgang und je nach Herkunft
variiren kann.
Eine in diesem Sinne ausgearbeitete Prüfungsmethode bringt nun H. Thoms in Vorschlag, indem er das im Nelkenöl in
grosser Menge enthaltene Eugenol als Benzoyleugenol ausscheidet und dasselbe
wägt.
Zur Ausführung dieser Bestimmung werden in einem etwa 150 cc fassenden, tarirten
Becherglase etwa 5 g Nelkenöl mit 20 g 15procentiger Natronlauge übergossen und 6 g
Benzoylchlorid hinzugefügt. Man schüttelt kräftig um, wobei eine starke Erwärmung
stattfindet, bis das Reactionsgemisch gleichmässig vertheilt ist. Die Esterbildung
vollzieht sich nach wenigen Minuten. Nach dem Erkalten fügt man 50 cc Wasser hinzu,
erwärmt, bis der krystallinisch erstarrte Ester wieder ölförmig geworden ist, und
lässt abermals erkalten. Man filtrirt nun die überstehende klare Flüssigkeit ab,
übergiesst den im Becherglase zurückgehaltenen Krystallkuchen von neuem mit 50 cc
Wasser, erwärmt bis zum Schmelzen wiederum auf dem Wasserbade, filtrirt nach dem
Erkalten und wiederholt das Auswaschen in gleicher Weise nochmals mit 50 cc Wasser,
um das überschüssige Natron und Natronsalz vollständig zu entfernen. Da nun das
Nelkenöl noch Sesquiterpen enthält, so würde dasselbe bei Benatzung obiger Methode
dem Krystallkuchen beigemengt bleiben. Um dasselbe zu entfernen, wird die so
erhaltene, noch feuchte Krystallmasse (von Benzoyleugenol) im Becherglase sogleich
mit 25 cc Alkohol von 90 Gew.-Proc. übergossen, auf dem Wasserbade unter Umschwenken
erwärmt, bis Lösung erfolgt ist, und das Umschwenken des vom Wasserbade entfernten
Becherglases so lange fortgesetzt, bis das Benzoyleugenol in klein krystallinischer
Form auskrystallisirt ist. Das ist nach wenigen Minuten der Fall. Man kühlt sodann
auf eine Temperatur von 17° ab, bringt den krystallinischen Niederschlag auf ein
Filter von 9 cm Durchmesser und lässt das Filtrat in einen graduirten Cylinder
einlaufen. Die auf dem Filter noch im Krystallbrei vorhandene Lösung verdrängt man
mit soviel Alkohol von 90 Proc. dass das Filtrat im Ganzen 22 cc beträgt, und
trocknet alsdann den Niederschlag auf dem Filter bei 101° bis zum constanten
Gewicht. Von 25 cc 90procentigem Alkohol werden bei 17° = 0,55 g Benzoyleugenol
gelöst, welche Menge dem Befunde hinzugezählt werden muss.
Bezeichnet a die gefundene Menge Benzoyleugenol,
b die angewandte Menge Nelkenöl und x den Procentgehalt des Nelkenöls an Eugenol und
filtrirt man 25 cc der alkoholischen Lösung des Esters unter den oben erläuterten
Bedingungen ab, so ergibt sich:
x=\frac{164\,(a+0,55)\,.\,100}{268\,b}
=\frac{4100\,(a+0,55)}{67\,b}
Verf. hat nach dieser Methode eine Anzahl Nelkenölsorten des Handels untersucht und
die Thatsache festgestellt, dass der Procentgehalt eines Nelkenöles an Eugenol im
Allgemeinen mit der Erhöhung des specifischen Gewichts gleichen Schritt hält. Es
schwankt das specifische Gewicht des Nelkenöls von 1,055 bis 1,065 bei 17,5° mit
einem Gehalt an Eugenol von 77 bis 85 Proc.; ein Oel enthielt sogar bei einem
specifischen Gewicht von 1,0655 90,64 Proc. Eugenol. (Nach Pharmaceutische Centralhalle, 1891 Bd. 32 S. 589.)
Birkenöl.
Der grösste Theil des im Handel vorkommenden sogen. Wintergrünöls wird jetzt
hauptsächlich in Connecticut gewonnen durch Destillation aus Reisern verschiedener
nordamerikanischer Birkenarten, namentlich der Betula lenta, und nicht wie das echte
aus Gaultheria procumbens. Das Reisig der genannten Birke, dessen Durchmesser nicht
stärker als 50 mm sein darf, wird in einer Maschine, welche nach dem System der
gewöhnlichen Strohschneider gebaut ist, in Stücke von 30 bis 100 mm Länge
zerschnitten und dann in hölzernen, mit kupfernem Boden versehenen
„Destillirbottichen“ mit Wasser übergossen und der Destillation
unterworfen, bis kein Oel mehr übergeht. Bei Verwendung von Blasen, die etwa 1,80 m
im Durchmesser haben, ist die Destillation in 6 bis 8 Stunden beendet, so dass in 24
Stunden drei Destillationen vorgenommen werden. Die Ausbeute beträgt
durchschnittlich 1,8 k an ätherischem Oel. Das rohe Oel ist dunkel und wird durch
Rectification gereinigt. Die Gewinnung des Oeles geschieht nur in der Zeit von
October bis April, weil im Sommer der Nachwuchs ein schlechter sei. (Nach Wiener Drog.-Zeitung durch Der
Seifenfabrikant, 1891 Bd. 11 S. 655.)
Neues Farbstoffreagens auf ätherische Oele.
Das von Perrot angegebene Reagens auf ätherische Oele
ist eine Lösung von Pariser Violett in Essigsäure und verdünntem Alkohol. Man erhält
das Reagens durch Auflösen von 0,1 g Pariser Violett (Dimethylanilinviolett) in 10
cc Eisessig, 100 cc Alkohol von 90° und 90 cc Wasser. 10 cc dieser Lösung werden mit
10 cc gewöhnlicher Essigsäure und 80 cc Alkohol von 40° versetzt. Das so erhaltene,
lebhaft violett gefärbte Reagens färbt weder fette Oele, wie Ricinusöl, Mandelöl,
Mohnöl, Olivenöl u.s.w., noch Kohlenwasserstoffe, wie Citren, Terpen, Colophen, wohl
aber färbt es solche ätherische Oele, welche Alkohole, Ester, Aldehyde, Phenole
u.s.w. enthalten, lebhaft violett. So werden Zimmtöl, Lavendelöl, Anisöl,
Sternanisöl, Senföl, Muscatnussöl, Bittermandelöl, Gaultheriaöl u.s.w. gefärbt.
Um zu sehen, ob ein ätherisches Oel der letzteren Gruppe angehört, schüttelt man
einige Tropfen desselben mit einer grösseren Menge des Reagens und lässt das Oel
durch ruhiges Stehen sich wieder ausscheiden. Ist die Reaction undeutlich, so
schüttelt man nochmals kräftig und prüft Tröpfchen des ätherischen Oeles unter dem
Mikroskop. Oder man gibt das Oel zu mit Essigsäure angesäuertem Alkohol von 30°, um
so die Färbung leichter zu beurtheilen. (Nach Journ. Pharm.
Chim. durch Chemiker-Zeitung, 1891 Bd. 15
Repertorium S. 152.)
Prüfung von Olivenöl.
Labiche's Verfahren zum Nachweise von Baumwollsamenöl
wendet Deiss in nachstehender Form auf Olivenöl an: 10
cc des Oeles werden in einem Reagirröhrchen mit 10 cc Aether geschüttelt, worauf man
5 cc concentrirten Bleiessig zusetzt und schliesslich mit 5 cc Ammoniak nochmals
schüttelt. Bei Gegenwart von Baumwollsamenöl soll eine orangerothe Färbung
entstehen, welche sich bald in der oberen Schicht des Gemenges mehr oder weniger
ausgeprägt zeigt.
Obige Reaction wurde nun im Dieterich'schen Laboratorium
bei verschiedenen Oelen versucht. Es zeigte sich, dass noch mehrere andere Oele eine
orange bis gelbe Farbe annehmen; so das Mohnöl, Wallnussöl, Leberöl, Arachisöl,
Sonnenblumenöl, Sesamöl und Olivenöl. Ganz ungefärbt blieben nur Schmalzöl und
Ricinusöl. Ausserdem wurde beobachtet, dass Baumwollsamenöl, 1 bis 2 Minuten lang
bis zum Rauchen erhitzt, die Reaction überhaupt nicht mehr zeigte, sondern ganz
weiss blieb, selbst bei tagelangem Stehen. Auf Grund dieser Mittheilung scheint also
diese von Deiss angegebene Methode keinen grossen Werth
zu besitzen. (Nach Helfenberger, Annalen durch Chemiker-Zeitung, 1891 Bd. 15 Repertorium S. 144.)
Versuche über die Gewichtsveränderungen, welche die fetten
Oele beim Stehen an der Luft erleiden.
Durch die Entdeckung einiger Mikroorganismen im Mohnöl (O.
Kirchner, Ber. deutsch, bot. Ges., 1888 S. 101) wurde R. Kissling veranlasst, der Frage näher zu treten, ob
die Sauerstoffaufnahme der trocknenden Oele vielleicht auch an die Lebensfähigkeit
kleinster Lebewesen gebunden sei.
Verf. erwähnt die Ergebnisse neuerer Forschungen von O. Bach,
Tatlock und Ritsert. Ersterer (Chemiker-Zeitung, 1880 S. 905) erhitzte fette Oele im
geschlossenen Rohr mit reinem Sauerstoff auf 110° und fand, dass dieselben erheblich
Sauerstoff absorbirt hatten. So nahmen beispielsweise je 1 g Baumwollsaatöl 111,
Olivenöl 144, Rüböl 166, Harzöl 181 cc Sauerstoff auf, während die mineralischen
Schmieröle, auf dieselbe Weise behandelt, fast nur Bruchtheile eines
Cubikcentimeters absorbirten. Tatlock (Zeitschrift für angewandte Chemie, 1890 S. 559) fand
bei der Gewichtsbestimmung von aus Oelen abgeschiedenen Fettsäuren, dass einige
derselben beim Erwärmen unter Luftzutritt einen Gewichtsverlust erleiden, andere
zuerst schwerer werden, um dann ebenfalls an Gewicht zu verlieren; er schliesst
hieraus, dass durch Oxydation flüchtige Verbindungen entstehen. Nach Ritsert (Chemiker-Zeitung,
1890 S. 1509) wird das Ranzigwerden des reinen Schweinefettes nicht durch Bakterien
verursacht, denn in reinem Fette sterben zugeimpfte aerobe und anaerobe Bakterien
ab; das Fett behält, vor Licht und Luft geschützt, vollkommen seinen Geruch und
Geschmack und zeigt keine Säurezunahme. Auch Fermentwirkung ist nicht anzunehmen, da
sterilisirtes Fett, welches mehrere Stunden auf 140° erhitzt war, im
geschlossenen Gefässe unter Einwirkung von Licht und Luft ranzig wurde. Das
Ranzigwerden ist vielmehr ein durch Sauerstoffaufnahme aus der Luft bedingter
directer Oxydationsvorgang, welcher auch bei Abwesenheit von Wasser, aber nicht bei
Ausschluss des Lichtes verläuft.
Nach diesen kurzen Mittheilungen geht Kissling zu seinen
eigenen Versuchen über. Er hatte zu denselben gekochtes Leinöl in Anwendung
gebracht, weil dieses Sauerstoff in besonders hohem Maass absorbirt. Dasselbe wurde
in einem geeigneten, mit Watteverschlüssen versehenen Glasgefässe durch Erhitzen auf
etwa 120° sterilisirt und dann der Einwirkung eines von Kohlensäure befreiten und
getrockneten Luftstromes ausgesetzt. Bei sämmtlichen Versuchen fand stets eine
erhebliche Absorption von Sauerstoff statt; und das Gleiche war der Fall, wenn das
Leinöl z.B. durch Phenol sterilisirt wurde. Es ist hiernach anzunehmen, dass die
Sauerstoffabsorption der trocknenden Oele als ein rein chemischer Vorgang aufgefasst
werden muss.
Im Anschluss an diese Versuche stellte Verf. dann einige quantitative Ermittelungen
an über das Verhalten verschiedener fetter Oele bei längerem Stehen an der Luft. Die
Oele wurden in grösseren Uhrgläsern an einem staubgeschützten Orte der Einwirkung
des diffusen Lichtes und des Luftsauerstoffes überlassen, wobei man Sorge trug, dass
die Berührungsfläche zwischen Oel und Luft bei den verschiedenen Versuchen möglichst
gleich gross war, da die Sauerstoffaufnahme von der Grösse dieser Berührungsfläche
abhängig ist, wie sich dies aus den angestellten Versuchen ergibt. Vermuthlich ist
unter gleichen äusseren Umständen die Sauerstoffaufnahme der Grösse der
Berührungsfläche zwischen Oel und Luft direct proportional. Durch einen weiteren
Versuch wurde festgestellt, dass die Sauerstoffaufnahme auch vom Licht beeinflusst
wird, allerdings findet auch bei Lichtabschluss eine beträchtliche Oxydation statt,
doch ist dieselbe merklich geringer, als bei gleichzeitiger Einwirkung des Lichtes.
Die Gewichtszunahme betrug innerhalb 10 Tagen unter sonst gleichen
Verhältnissen:
bei
Lichtabschluss
=
0,87
Proc.
„
Lichtzutritt
=
1,05
„
In der folgenden Tabelle stellt Kissling die
Gewichtsveränderungen zusammen, welche verschiedene Oele bei Einwirkung von
Licht und Luft unter gleichen Bedingungen innerhalb 10 Tagen erfahren:
Nr.
a.Bezeichnung des Oeles
b.ProcentischeGewichts-zunahme
in10 Tagen
c.ProcentischeGewichtszunahmein 1
Tag
1
Olivenöl
± 0
–
2
Rohes Rüböl
+ 0,050
–
3
Raffinirtes Rüböl
± 0
–
4
Raffinirtes Rinderklauenöl
+ 0,065
–
5
Baumwollsaatöl
+ 0,545
+ 0,100
6
Rohes Leinöl
+ 1,130
+ 0,190 bis 0,240
7
Gekochtes Leinöl
+ 3,400
+ 0,39 „ 0,44
8
Trioleïn
± 0
–
9
Raffinirtes Harzöl
– 0,825
–
Ueber den Verlauf dieser Gewichtsveränderungen bemerkt Verf. Folgendes: Anfangs
erlitten sämmtliche Oele einen Gewichtsverlust; der bei Nr. 9 bis zum Ende des
Versuches andauerte. Bei den übrigen Oelen trat entweder Gewichtsconstanz ein, wie
bei Nr. 1, 3 und 8, oder die anfänglich geringe Abnahme ging am 2. oder 3. Tage in
eine Gewichtszunahme über. Letztere ist in den ersten Tagen der Zeitdauer nicht
proportional, sondern wird es erst nach einiger Zeit, die bald durch eintretende
Verharzung gestört wird. Bei den Leinölen findet dabei eine Hautbildung statt.
Unter der Voraussetzung, dass die Gewichtsveränderungen bei höherer Temperatur
grösser sein würden, stellte Verf. auch nach dieser Richtung hin Versuche an, deren
Ergebnisse nachstehende Tabelle zeigt:
Nr.
Name des Fettstoffes
Die procentischen
Gewichtsveränderungen(Zunahme = +, Abnahme = –)betrugen
nach
Bemerkungen
2 Stunden
weiteren20 Stunden
weiteren20 Stunden
1
Rohes Rüböl, frisch
+ 0,12
+ 1,08
–
mässige Harzbildung
2
Gekochtes Leinöl
+ 0,26
+ 0,97
–
starke Harzbildung
3
Raffinirtes Rüböl
– 0,13
+ 0,57
–
mässige Harzbildung
4
Rohes Rüböl, ältere Waare
– 0,14
+ 0,55
–
desgl.
5
Raffinirtes Rüböl
– 0,10
+ 0,51
–
desgl.
6
Rohes Rüböl, noch ältere Waare
– 0,02
+ 0,42
–
desgl.
7
Rindstalg
– 0,04
+ 0,34
–
desgl.
8
Rohes Leinöl
–
+ 0,19
–
starke Harzbildung
9
Deutsches halbgereinigtes Rinderklauenöl
– 0,23
– 0,06
– 0,96
mässige Harzbildung
10
Baumwollsaatöl, alte Waare
– 0,52
– 0,43
– 0,27
starke Harzbildung
11
Amerikanisches raffinirtes Rinderklauenöl
– 0,08
– 0,40
– 1,57
mässige Harzbildung
12
Amerikanisches raffinirtes Schmalzöl
– 0,08
– 0,56
–
desgl.
13
Baumöl
– 0,15
– 0,77
– 1,66
schwache Harzbildung
14
Rohes deutsches Rinderklauenöl
– 0,67
– 1,40
–
keine Harzbildung
15
Amerikanisches rohes Schmalzöl
– 0,21
– 1,44
–
desgl.
16
Russisches Mineral-Maschinenöl
– 0,83
– 2,00
–
desgl.
17
Trioleïn (techn.)
– 1,53
– 3,34
–
desgl.
18
Raffinirtes Harzöl
– 6,00
– 17,20
–
sehr starke Harzbildung
Danach ist das Verhalten der fetten Oele bei höherer Temperatur doch ein wesentlich
anderes als bei gewöhnlicher. Bei den sogen. trocknenden Oelen findet anscheinend
neben der Harzbildung eine reichlichere Abspaltung flüchtiger Producte statt als
z.B. bei Rüböl. Hieraus erklärt sich nach Kissling,
dass die Gewichtszunahmen, die Lein- und Rüböl bei höherer Temperatur erleiden,
nicht wesentlich differiren, während der Unterschied bei niederer Temperatur sehr
bedeutend ist. Auf die nämliche Ursache sei es wohl auch zurückzuführen, dass
zwischen Gewichtszunahme und Harzbildung durchaus keine Proportionalität
stattfinde.
Keine Harzbildung zeigten das rohe Rinderklauenöl
und das rohe amerikanische Schmalzöl; doch auch diese verharzten merklich in
reinem Zustande. Die starke Gewichtsabnahme beim Harzöl ist auf die Verflüchtigung
niedrig siedender Antheile zurückzuführen. Die Harzbildung steht in Beziehung zu dem
Gehalte des betreffenden Oeles an Oelsäure und Wasserstoff ärmerer Säure. So ist
nach Hazura (Zeitschrift für
angewandte Chemie, 1888 S. 315) das Verhältniss der Oelsäure zu den an
Wasserstoff ärmeren Säuren (wie Linolen-, Linol-, Isolinolensäure), z.B.
beim
Leinöl
1 : 19
„
Baumwollsaatöl
1 : 1,5
„
Olivenöl
1 : 0,075
Dementsprechend ist die Harzbildung beim Leinöl und Baumwollsaatöl sehr stark; beim
Olivenöl nur gering. Ebenso ist die Sauerstoffaufnahme bezieh. Gewichtszunahme beim
Leinöl bedeutend, beim Baumwollsaatöl wesentlich geringer und beim Olivenöl = 0.
Am Schlusse seiner Arbeit theilt Verf. noch das Ergebniss eines Versuches mit, den er
mit rohem Leinöl anstellte, indem er dasselbe abwechselnd höherer Temperatur und dem
oxydirenden Einflüsse der Luft bei gewöhnlicher Temperatur aussetzte:
Nach
6stündigem Erhitzen auf 100°
=
– 0,433
Proc.
Nach
weiterem
6 „ „ „ 100°
=
+ 0,162
„
„
„
6 „ „ „ 100°
=
+ 0,096
„
„
„
3tägigem Stehen im grossen Glockenexsiccator
=
+ 0,090
„
„
„
10tägigem Stehen an der Luft (im Dunkeln)
=
+ 0,865
„
„
„
6stündigem Erhitzen auf 100°
=
– 0,734
„
„
„
8tägigem Stehen an der Luft (im Lichte)
=
+ 0,836
„
„
„
6stündigem Erhitzen auf 100°
=
– 0,517
„
u.s.w.
Aus diesen Zahlen geht hervor, dass bei der Oxydation des Leinöls verhältnissmässig
leicht flüchtige Verbindungen entstehen, so dass bei gewöhnlicher Temperatur und
längerem Erhitzen Gewichtsvermehrung, bei kürzerem Erhitzen des schon theilweise
oxydirten Oeles dagegen Gewichtsverminderung stattfindet. Diese Gewichtsverminderung
ist vielleicht theilweise auf Anhydridbildung der Oxyfettsäuren zurückzuführen.
(Nach eingesandtem Separatabdruck aus Zeitschrift für
angewandte Chemie, 1891 Heft 13.)
(Schluss folgt.)