Titel: | Ueber die Gerbstoffabsorption der Haut. |
Autor: | v. Schröder, J. Pässler |
Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 256 |
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Ueber die Gerbstoffabsorption der
Haut.
Von Prof. Dr. v. Schröder und Dr. J.
Pässler in Tharand und C. K.
Ueber die Gerbstoffabsorption der Haut.
Noch heute herrschen über die Vorgänge bei der Lederbildung bei den Vertretern der
Theorie und Praxis die verschiedensten gegentheiligen Ansichten. Namentlich sind es
zwei in der Gerbereichemie bewährte Chemiker, Knapp und
Muntz, deren Theorien über diesen wichtigen
gewerblichen Process vollständig aus einander gehen. Knapp's„Natur
und Wesen der Gerberei und des Leders“, D.
p. J. 1858 149 305 378.
Ansicht ist, dass Leder keine chemische Verbindung von Gerbstoff und Haut darstellt,
sondern dass dasselbe aus mehr oder weniger isolirten Fasern der Bindegewebssubstanz
besteht, die durch Zwischenlagerung der verschiedensten Substanzen, pflanzliche
Gerbstoffe, Fette, Salze u. dgl., verhindert werden, beim Trocknen zusammenzukleben.
Ebenso wie pflanzliche und thierische Fasern die Eigenschaft haben, direct oder mit
Hilfe von Beizen Farbstoffe aus Lösungen auf sich niederzuschlagen, so zeigen auch
die Fasern des Bindegewebes ein ganz analoges Verhalten gegen die verschiedenen zum
Gerben zu benutzenden Materialien. Sie entziehen dieselben den Lösungen und
umkleiden sich mit denselben derartig, dass beim Trocknen des Gewebes ein
Zusammenkleben der Fasern nicht mehr eintritt, wodurch das Leder seine ihm
eigenthümlichen Eigenschaften erlangt. Ebenso wie die Farbstoffe den gefärbten
Stoffen, so lassen sich dem Leder durch geeignete Behandlung die gerbenden Stoffe,
je nach ihrer Natur mehr oder weniger leicht, wieder entziehen.
Mit dieser Ansicht von Knapp über die Natur des
Gerbprocesses sind aber viele Praktiker und auch einzelne Theoretiker, namentlich
MuntzAnn. Chim. Phys., [4] 20, 309.,
nicht einverstanden. Sie halten die Behauptung aufrecht, dass das lohgare Leder eine
chemische Verbindung der Hautsubstanz mit Gerbstoff bezieh. dessen
Spaltungsproducten sei, und führen zum Beweise ihrer Behauptung das Verhalten des
lohgaren Leders gegen Wasser an, welches dem Leder den einmal aufgenommenen Gerbstoff nicht wieder vollständig entzieht. Als weiteren Beweis
für ihre Ansicht führen sie das gleichbleibende Verhältniss des durch eine gleiche
Quantität Haut aufgenommenen Gerbstoffes an. Es sei hierbei übrigens gleich bemerkt,
dass die von Muntz und Schön untersuchten Leder, welche vorher zur Entfernung harziger Stoffe mit
Alkohol und Aether behandelt worden waren, in ihrer Zusammensetzung doch noch
erhebliche Differenzen zeigten.
Alle neueren praktischen und theoretischen Versuche sprechen für die Knapp'sche Ansicht, dass die Aufnahme des Gerbstoffes
durch die Haut ein physikalischer Process ist. Zur Bestätigung der Richtigkeit
dieser Theorie in Bezug auf die Rothgerberei wurden von uns mehrere Untersuchungen
ausgeführt. Dieselben sollten namentlich auch darüber Klarheit verschaffen, ob die
Aufnahme des Gerbstoffes durch die Haut eine begrenzte ist und unter welchen
Bedingungen eventuell ein Maximum erreicht werden könne.
Bei Ausführung der Versuche wurde gereinigte, gemahlene Blösse, wie dieselbe zur
indirect gewichtsanalytischen Gerbstoffbestimmungsmethode verwandt wird, sowie
Tanninlösungen (Acidum tannicum levissimum I von Trommsdorff) von verschiedenen Concentrationen in Anwendung gebracht. In
den Versuchsobjecten, Blösse und Tannin, wurden behufs Gehaltsbestimmung zunächst
Wasser und Asche bestimmt, was zu folgenden Resultaten führte:
Wasser
Asche
Blösse
16,7516,77
Proc.„
Mittel:16,76 Proc.
0,900,98
Proc.„
Mittel:0,94 Proc.
Tannin
12,6512,6012,64
Proc.„„
Mittel:12,63 Proc.
0,250,25
Proc.„
Mittel:0,25 Proc.
Ferner wurden in der Blösse Stickstoffbestimmungen nach Kjeldahl'scher Methode ausgeführt, um nach Muntz'schem Vorschlage bei den folgenden Versuchen aus dem
Stickstoffgehalte der mit Tanninlösung behandelten Blösse berechnen zu können, wie
viel Tannin von der Blösse absorbirt worden ist. Der Stickstoffgehalt der auf
aschefreie Trockensubstanz berechneten Blösse stellte sich bei den wiederholten
AnalysenEs sei
hierbei auf fälschliche Angaben hingewiesen, welche wir sehr häufig in
verschiedenen Büchern gefunden haben. Es ist daselbst angegeben, dass der
Stickstoffgehalt der Haut etwa 30 Proc. betrage. Nach unseren Untersuchungen
in einer grossen Anzahl Rindsblössen ist derselbe ganz constant und beträgt
in asche- und fettfreier Substanz 17,80 Proc. auf:
17,77117,78917,82217,83917,874
Proc.„„„„
Mittel: 17,82 Proc.
Das Tannin erwies sich auf Grund verschiedener Analysen als vollständig
stickstoffrei, also ebenfalls frei von stickstoffhaltigen Verunreinigungen.
Zur Beantwortung der oben gestellten Fragen wurden mehrere Versuchsreihen angestellt,
bei welchen neben einander mehrmals je 5,0000 g lufttrockene, gemahlene Blösse (=
4,1150 g absolut trockene, aschefreie Substanz) mit Tanninlösungen von zunehmender
Concentration in einem Kolben einen Tag lang unter oftmaligem und kräftigem
Schütteln behandelt wurden. Durch diese Manipulation hatte die Blösse Tannin
absorbirt, dessen Menge von verschiedenen Umständen abhängig ist und auf zweierlei
Weise bestimmt werden konnte. Entweder wurde ein bestimmtes Volumen der von dem
Leder abfiltrirten Tanninlösung eingedampft, getrocknet, gewogen und nach der
Aschenbestimmung berechnet, wie viel Tannin die Blösse aufgenommen hatte, oder es
wurde in dem Leder der Stickstoffgehalt bestimmt, aus welchem dann gleichfalls
berechnet werden konnte, wie viel die Blösse Tannin absorbirt hatte, vorausgesetzt,
dass die Blösse beim Behandeln mit Tanninlösung ausser Mineralstoffen keinen ihrer
Bestandtheile in Lösung gebracht hat. Dass das letztere auch wirklich der Fall ist,
wurde durch Stickstoffbestimmungen in den Lösungen bewiesen, welche vollständig
stickstoffrei waren. Es war dies auch vorauszusehen, denn etwaige lösliche
Bestandtheile der Blösse wären doch leimartiger Natur, und Leim wird bekanntlich von
Tannin, das bei allen Versuchen stets noch in Lösung war, niedergeschlagen. Eine
Auslaugung stickstoffreier Bestandtheile aus der Blösse ist auch vollständig
ausgeschlossen. Bei den meisten Versuchen wurde zur Feststellung der
Absorptionszahlen nach beiden Methoden verfahren, wodurch nahezu übereinstimmende
Resultate erhalten werden müssen, da grosse Fehlerquellen bei beiden Verfahren nicht
vorhanden sind.
Vorausgesetzt, dass das Leder eine chemische Verbindung wäre, so müsste bei
ungenügender Menge von Tannin in der Lösung dasselbe sämmtlich von der Blösse
gebunden werden, bei genügendem oder überschüssigem Tannin dagegen nur so viel,
nicht mehr und nicht weniger, als dieser Verbindung entspricht. Es müssten dann auch
alle durchgegerbten Ledersorten nach Abrechnung der Mineralstoffe, etwaiger
Beschwerungsmittel und sonstiger zufälliger Bestandtheile annähernd gleichmässig
zusammengesetzt sein, also auch gleichen Stickstoffgehalt besitzen. Hätte man es bei
der Gerbung mit physikalischen Processen zu thun, so würde voraussichtlich die
Absorptionsmenge in der Hauptsache von den Concentrationsverhältnissen abhängig sein
und sich auch danach die Zusammensetzung des Leders, sowie der Stickstoffgehalt
desselben, richten. Die folgenden Versuchsreihen werden darüber Aufschluss
geben.
Bei der ersten Versuchsreihe wurde in folgender Weise verfahren: 6mal je 5 g
lufttrockene Blösse (= 4,1150 g aschefreie Trockensubstanz mit 17,82 Proc. N) wurden
mit zunehmenden Mengen Tannin (2, 3, 5, 10, 15, 20 g lufttrocken = 1,7424, 2,6136,
4,3560, 8,7120, 13,0680, 17,4240 g aschefreie Trockensubstanz auf je 500 cc Wasser
glöst) im Kolben einen Tag lang unter oftmaligem Umschütteln behandelt. Danach wurde
die gegerbte Blösse von der Tanninlösung durch ein Leinwandfilter abfiltrirt und mit
der Hand so kräftig als möglich ausgepresst. Die Lösung wurde weiter durch feines
Filtrirpapier filtrirt und genau 100 cc derselben in einer gewogenen Platinschale
eingedampft, der Rückstand bei 100° C. getrocknet, gewogen, verascht und wieder
gewogen. Aus dem auf aschefreie Substanz berechneten Trockenrückstand kann man
bestimmen, wie viel in 500 cc Lösung nach der Absorption noch Tannin vorhanden ist,
und daraus, wie viel Tannin im Ganzen von der Blösse absorbirt worden ist. Es lässt
sich dann auch berechnen, wie viel Blösse und Tannin in 100 Theilen Leder enthalten
sind und welchen Stickstoffgehalt demnach das Leder besitzen muss. Die gegerbte
Blösse wurde sofort nach dem Abpressen wenige Augenblicke in 100 cc Wasser
vertheilt, um die Tanninlösung, welche dem Leder noch anhaftet, auszuwaschen.
Hierauf wurde das Leder wieder abgepresst, zunächst an der Luft und dann im
Trockenofen bei
100° bis zur Gewichtsconstanz getrocknet. In der absolut trockenen Substanz wurden
Stickstoff- und Aschebestimmungen mit Controlanalysen ausgeführt und der
Stickstoffgehalt auf aschefreie Trockensubstanz berechnet. Aus dem Stickstoffgehalte
lässt sich wiederum berechnen, wie viel Tannin von der Blösse absorbirt worden ist
und welchen Antheil die Blösse und das Tannin an der Zusammensetzung des Leders
nimmt. Die auf diese Weise erhaltenen Zahlen müssen mit den auf obige Art erhaltenen
nahezu übereinstimmen.
Die Resultate dieser ersten Versuchsreihe sind zur besseren Orientirung in zwei
Tabellen zusammengestellt. Die erste I A enthält die Resultate, welche mit Hilfe der
Eindampfungsmethode, und I B diejenigen, welche mit der Stickstoffbestimmungsmethode
erhalten wurden.
Tabelle I A.
(Mit Hilfe der Eindampfungsmethode erhaltene Resultate.)
Textabbildung Bd. 284, S. 258
Versuch; Tannin auf 500 cc Wasser
gelöst lufttrocken, absolut trocken und aschefrei; Nach dem Schütteln sind in
500 cc noch Tannin (aschefrei); Von der Blösse sind an Tannin absorbirt worden;
100 Th. Blösse (absolut trocken und aschefrei) absorbiren Tannin (absolut
trocken und aschefrei); 100 Th. Leder (absolut trocken und aschefrei) enthalten
Blösse, Tannin; Berechneter Stickstoffgehalt (in absolut trockener, aschefreier
Substanz)
Tabelle I B.
(Mit Hilfe der Stickstoffbestimmungsmethode erhaltene
Resultate.)
Textabbildung Bd. 284, S. 258Versuch; Gefundener
Stickstoffgehalt (in absolut trockener, aschefreier Substanz); 100 Th.
Blösse (absolut trocken und aschefrei) absorbiren Tannin (absolut trocken
und aschefrei); 100 Th. Leder (absolut trocken und aschefrei) enthalten
Blösse; Tannin Man ersieht aus diesen Tabellen zunächst, dass die nach verschiedenen
Methoden bestimmten Werthe mit Ausnahme des letzten Versuches recht gut mit einander
übereinstimmen. Die vergleichbaren Stickstoffgehalte differiren, ausschliesslich
Versuch VI, nur um 0,02 bis 0,23 Proc., also sicherlich recht befriedigende
Resultate. Aus der Versuchsreihe geht hervor, dass mit zunehmender Concentration der
Tanninlösung die Menge des von der Haut absorbirten Tannins zunächst zunimmt und
schliesslich wieder etwas abnimmt. Obgleich bei Versuch I verhältnissmässig wenig
Tannin in Lösung ist, so ist dasselbe doch nicht vollständig von der Blösse
absorbirt worden, sondern nur etwa 75 Proc. desselben. Es spricht diese Thatsache
dafür, dass man es hier nicht mit chemischen Processen zu thun hat, denn sonst würde
sämmtliches Tannin gebunden worden sein, da doch bei stärkerer Concentration gleiche
Mengen Blösse absolut grössere Mengen Gerbstoff auf sich niederzuschlagen vermögen.
Ob die Abnahme der Absorptionsmenge bei Versuch VI in der Natur der Sache oder in
einer etwaigen fehlerhaften Versuchsanstellung liegt, lässt sich nicht ohne weiteres
sagen. Das letztere scheint bei der sorgfältigen Ausführung der Versuche
ausgeschlossen zu sein. Um Gewissheit zu erlangen, wurde eine Wiederholung der
Versuche vorgenommen. Eine Wiederholung ist ausserdem deswegen interessant,
weil es von Wichtigkeit ist, festzustellen, ob man bei sämmtlichen Versuchen die
gleichen oder abweichende Resultate erhält.
Die Versuchsreihe wurde in derselben Weise wiederholt, nur eine Aenderung wurde
vorgenommen. Es wurde nämlich das nach dem Schütteln sorgfältigst ausgepresste Leder nicht mit Wasser zur Entfernung des in
Lösung befindlichen Tannins behandelt, sondern dasselbe wurde sofort gewogen, bis
zur Gewichtsconstanz getrocknet und wieder gewogen. Die Gewichtsdifferenz gibt an,
wie viel das Leder tanninhaltiges Wasser aufgesaugt hat. Da die Concentration der
Tanninlösung nach der Absorption bekannt ist, so lässt sich berechnen, wie viel
Tannin durch Eintrocknen der Tanninlösung dem Leder anhaftet. Diese berechneten
Zahlen müssen bei der Stickstoffbestimmung im Leder berücksichtigt werden.
Tabellen II A und II B enthalten die bei der Wiederholung der Versuchsreihe
erhaltenen Werthe. Die Stickstoffgehalte und die daraus hergeleiteten Zahlen sind
mit und ohne
Berücksichtigung des anhaftenden Tannins angegeben, um zu sehen, ob eine
Vernachlässigung desselben die Resultate fehlerhaft beeinflussen würde.
Vergleicht man die Tabellen II A und II B mit I A und I B, so findet man, dass die
ersten drei Versuche bei beiden fast vollständig übereinstimmen, dass die
Absorptionszahlen zunehmen und dafür die Stickstoffgehalte entsprechend abnehmen.
Die letzten drei Versuche der beiden Reihen sind dagegen nicht conform. Während in
Tabelle I die Absorptionsmenge bis Versuch V zunimmt und dann abnimmt, wird in der
zweiten Versuchsreihe das Maximum bereits bei Versuch IV erreicht, von wo aus mit
steigender Concentration wieder eine Abnahme der absorbirten Tanninmenge erfolgt.
Die Erscheinung der Abnahme ist höchst merkwürdig und nur auf folgende Weise zu
erklären: Beim Einbringen der Blösse in die Tanninlösung erfolgt die Gerbung
zunächst um so rascher, je concentrirter die Lösung ist; diese Gerbung ist aber nur
oberflächlich eine
Tabelle II A.
(Mit Hilfe der Eindampfungsmethode erhaltene Resultate.)
Textabbildung Bd. 284, S. 259
Versuch; Tannin auf 500 cc Wasser
gelöst lufttrocken; absolut trocken und aschefrei; Nach dem Schütteln sind in
500 cc noch Tannin (absolut trocken und aschefrei); Von der Blösse sind an
Tannin absorbirt worden; 100 Th. Blösse (absolut trocken und aschefrei)
absorbiren Tannin (absolut trocken und aschefrei); 100 Th. Leder (absolut
trocken und aschefrei) enthalten Blösse, Tannin; Berechneter Stickstoffgehalt
(in absolut trockener, aschefreier Substanz)
Tabelle II B.
(Mit Hilfe der Stickstoffbestimmungsmethode erhaltene
Resultate.)
Textabbildung Bd. 284, S. 259
Versuch; a) Gefundener
Stickstoffgehalt (mit Berücksichtigung des anhaftenden Tannins); b) Gefundener
Stickstoffgehalt (ohne Berücksichtigung des anhaftenden Tannins); 100 Th. Blösse
absorbiren Tannin (aus a berechnet); 100 Th. Blösse absorbiren Tannin (aus b
berechnet); 100 Th. Leder enthalten (aus a berechnet) Blösse; Tannin; 100 Th.
Leder enthalten (aus b berechnet) Blösse; Tannin
vollständige und wird zugleich den innen gelegenen
Hauttheilchen eine schützende Decke bieten, so dass zu diesen keine Gerbstofflösung
dringen kann und mithin im Ganzen eine geringere Menge Gerbstoff aufgenommen werden
wird. Bei schwächeren Tanninlösungen geht die Gerbung nicht so schnell vor sich, es
erfolgt aber ein gleichmässigeres Durchdringen mit Tannin und damit eine erhöhte
Aufnahme desselben. Dass die bei hohen, aber gleichen Concentrationen der zwei
Versuchsreihen erlangten Absorptionsmengen so stark von einander abweichen, rührt
wohl daher, dass bei diesen concentrirten Lösungen der Grad der Gerbung sehr von der
Art des Schütteins und ähnlichen Umständen abhängig ist.
Vergleicht man die berechneten Stickstoffgehalte mit den entsprechenden direct
gefundenen, mit und ohne
Berücksichtigung des anhaftenden Tannins, so stellt sich heraus, dass die Zahlen bei
Vernachlässigung des Tannins besser mit den berechneten Stickstoffgehalten
übereinstimmen. Die berechneten Stickstoffzahlen sind die entschieden richtigen, da
die Werthe, aus denen sie hergeleitet sind, auf exacte und fast fehlerfreie Weise
bestimmt werden können. Es geht daraus hervor, dass man richtiger direct in dem
absolut trockenen Leder die Stickstoffbestimmung ausführt. Diese Methode ist stets
die einfachere und liefert dabei doch sehr zufriedenstellende Resultate.
Dass mit steigender Concentration der Tanninlösung zunächst ein Maximum an
absorbirtem Tannin erreicht wird und schliesslich wieder eine Abnahme erfolgt, ist
durch die ausgeführten Versuchsreihen vollständig erwiesen. Es ist aber auch
interessant, zu wissen, ob mit weiter steigender Concentration die Abnahme immer
weiter geht oder ob auch hier wieder eine Grenze, ein Minimum, erreicht wird.
Hierüber gibt eine dritte Versuchsreihe Aufschluss, bei welcher zunächst die drei
letzten Versuche der ersten Versuchsreihen wiederholt und drei neue Versuche
mit Tanninlösungen von weiter steigender Concentration angestellt wurden. Die
angewandte Menge Blösse war natürlich dieselbe wie früher, nämlich 5 g = 4,1150 g
absolut trockene, aschefreie Substanz. Es sind bei dieser Reihe, deren Resultate in
den Tabellen III A und III B zusammengestellt sind, bei den Stickstoffbestimmungen
noch die dem Leder anhaftenden Tanninmengen berücksichtigt worden.
Aus den Tabellen III A und III B ist zu ersehen, dass mit steigender Concentration
der Tanninlösung zunächst die Menge des absorbirten Tannins wieder eine Abnahme
erfährt und dann bei den drei letzten Versuchen eine Grenze, ein Minimum erreicht. Die für die drei letzten Versuche nach verschiedenen
Methoden erhaltenen Werthe sind auf jeden Fall als constant anzusehen, da dieselben
nur innerhalb ganz geringer Grenzen schwanken, welche durch kleine, unvermeidliche
Methodenfehler bedingt sind. Es stellt sich auch hierbei wieder heraus, dass die
Stickstoffbestimmungen ohne Berücksichtigung des anhaftenden Tannins besser mit den
berechneten Stickstoffzahlen übereinstimmen als die Bestimmungen mit
Berücksichtigung des Tannins. Die ersteren und die entsprechenden berechneten Zahlen
differiren nur um 0,06 Proc. bis höchstens 0,20 Proc., während die anderen im
Stickstoffgehalt Abweichungen bis 0;55 Proc. zeigen.
Zur besseren Veranschaulichung der ausgeführten drei Versuchsreihen sind die
Resultate derselben in den Tabellen IV A und IV B in eine einzige vereinigt worden.
Aus den Resultaten mehrmals wiederholter Versuche wurde das Mittel gezogen.
Endgültiges Resultat der vorstehenden Untersuchung ist, dass
Haut aus Tanninlösungen Tannin zu absorbiren vermag
;
dessen Menge vollständig von der Concentration abhängig ist.
Es gilt dabei nicht, dass die Absorptionsmenge
Tabelle III A.
(Mit Hilfe der Eindampfungsmethode erhaltene Resultate.)
Textabbildung Bd. 284, S. 260
Versuch; Tannin auf 500 cc Wasser
gelöst lufttrocken; absolut trocken und aschefrei; Nach dem Umschütteln sind in
500 cc noch Tannin (absolut trocken und aschefrei); Von der Blösse sind an
Tannin absorbirt worden; 100 Th. Blösse (absolut trocken und aschefrei)
absorbiren Tannin (absolut trocken und aschefrei); 100 Th. Leder (absolut
trocken und aschefrei) enthalten Blösse; Tannin; Berechneter Stickstoffgehalt
(in absolut trockener, aschefreier Substanz)
Tabelle III B.
(Mit Hilfe der Stickstoffbestimmungsmethode erhaltene
Resultate.)
Textabbildung Bd. 284, S. 260
Versuch; a) Gefundener
Stickstoffgehalt (mit Berücksichtigung des anhaftenden Tannins); b) Gefundener
Stickstoffgehalt (ohne Berücksichtigung des anhaftenden Tannins); 100 Th. Blösse
absorbiren Tannin (aus a berechnet); 100 Th. Blösse absorbiren Tannin (aus b
berechnet); 100 Th. Leder enthalten (aus a berechnet) Blösse, Tannin; 100 Th.
Leder enthalten (aus b berechnet) Blösse, Tannin
in derselben Weise zunimmt wie
die Concentration der Lösungen, sondern es erfolgt nur im Anfange mit steigender
Concentration eine Zunahme der absorbirten Tanninmenge bis zu einem Maximum,
dann zeigt sich wieder eine Abnahme, welche schliesslich in ein Minimum
übergeht, das constant bleibt. Das Maximum wird bei etwa 2procentigen
Tanninlösungen erreicht und die Menge des von 100 Th. Blösse (absolut trocken
und aschefrei) absorbirten Tannins (ebenfalls absolut trocken und aschefrei)
beträgt, auf directe Weise bestimmt, 80,8 Th. und aus dem Stickstoffgehalte des
Leders berechnet 79,5 Th. Bei 5procentigen und noch concentrirteren Lösungen wird
auf der Blösse stets eine geringere, aber nahezu constante Menge Tannin
niedergeschlagen, welche, auf 100 Th. Blösse berechnet, etwa
Tabelle IV A.
(Mit Hilfe der Eindampfungsmethode erhaltene Resultate.)
Textabbildung Bd. 284, S. 260
Versuch; Tannin auf 500 cc
Wasser gelöst lufttrocken, absolut trocken und aschefrei; Nach dem Umschütteln
sind in 500 cc noch Tannin (absolut trocken und aschefrei); Von der Blösse sind
an Tannin absorbirt worden; 100 Th. Blösse (absolut trocken und aschefrei)
ab-; sorbiren Tannin (absolut trocken und aschefrei); 100 Th. Leder (absolut
trocken und aschefrei) enthalten Blösse, Tannin; Berechneter
Stickstoffgehalt (in absolut trockener, aschefreier Substanz)
Tabelle IV B.
(Mit Hilfe der Stickstoffbestimmungsmethode erhaltene
Resultate.)
Textabbildung Bd. 284, S. 260
Versuch; a) Gefundener
Stickstoffgehalt (mit Berücksichtigung des anhaftenden Tannins); b) Gefundener
Stickstoffgehalt (ohne Berücksichtigung des anhaftenden Tannins; 100 Th. Blösse
absorbiren Tannin (aus a berechnet); 100 Th. Blösse absorbiren Tannin (aus b
berechnet); 100 Th. Leder enthalten (aus a berechnet) Blösse, Tannin; 100 Th.
Leder enthalten (aus b berechnet) Blösse, Tannin
55 Th. Tannin beträgt. Es sind dies Thatsachen, welche
vollständig mit den in der praktischen Gerberei gemachten Erfahrungen
übereinstimmen. Jeder Gerber ist bestrebt, möglichst viel Gerbstoff in seine Blössen
zu bringen, um ein günstiges Rendement zu erhalten. Will er dies erreichen, so weiss
er sehr wohl, dass er die Haut nicht von Anfang an in concentrirte Gerbstofflösungen
bringen darf, sondern er legt die gereinigten Blössen in den sogen. Farben in sehr
verdünnte Gerbstofflösungen und erst nach und nach in stärkere, welche letztere aber
bei weitem noch nicht den hohen Concentrationen der vorliegenden Untersuchung
gleichkommen. Die stärksten vom Gerber angewandten Lösungen enthalten vielleicht
etwa 1 bis 2 Proc. Gerbstoff; trotzdem gelingt es demselben, durch eine
systematische Verstärkung der Brühen grosse Mengen Gerbstoff durch die Haut
aufnehmen zu lassen.
(Schluss folgt.)