Titel: | Neuerungen in der Tiefbohrtechnik. |
Autor: | E. Gad |
Fundstelle: | Band 283, Jahrgang 1892, S. 242 |
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Neuerungen in der Tiefbohrtechnik.
Von E. Gad in Darmstadt.
(Fortsetzung des Berichtes S. 171 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Tiefbohrtechnik.
Die Seilbohrmaschine (Fig. 10 und 11) von A. C. Krassin und T. Boucher, Waseca, Minnesota
(Amerikanisches Patent Nr. 452878 vom 26. Mai 1891), gibt, ohne eine grundsätzliche
Veränderung des üblichen Seilbohrverfahrens zu bieten, doch recht zweckmässige
Neueinrichtungen des Stossmechanismus, des Vorschubes und der Hebevorrichtung.
Ein Bohrgeräth gewöhnlicher Art bezieh. eine Ventilbüchse a hängt am Bohrseil b, welches über die
Seilrolle c an der Spitze des Bohrgerüstes und unter
der Kurbelscheibe d her nach der Bohrseiltrommel e führt. Der Kurbelarm f
dreht sich mit der Treibwelle g, welche mit der
Hohlwelle h umgeben ist, auf welcher wiederum der
Förderseilhaspel i aufsitzt. Die Kuppelung k dient zur eventuellen Verbindung der Hohlwelle h mit der Treibwelle g.
Der Kurbelarm f sitzt am Quadranten l, dessen innere Sperrklinke m zum Eingreifen in das Sperrad n an dem
Haspel i bestimmt ist. Bei festgestellter
Bohrseiltrommel e bewirkt die Bewegung der Treibwelle
g den Anzug des Bohrseiles b durch die Kurbelscheibe d und ferner den
Fall des Bohrgeräthes, sobald die Kurbelscheibe den tiefsten Punkt erreicht hat, und
dadurch die Sperrklinke m von selbst aus dem Sperrad
n gelöst ist. Unmittelbar nach dem Falle greift
aber die Klinke wieder in einen neuen Zahn ein, so dass das Anholen des Bohrseiles
ohne jeden
Zeitverlust erfolgt, und eine Radumdrehung meist fast zwei volle Schläge
veranlasst.
Der Vorschub wird dadurch bewerkstelligt, dass das
Zahnrad o, welches durch eine im Bügel p verlagerte Schnecken welle festgestellt wird, durch
Drehung dieser an der Stange q mittels des Handrades
r Bewegung erhält, wodurch auch die mit dem Zahnrad
o fest verbundene Bohrseiltrommel s beweglich wird und nach Bedarf Bohrseil
nachlässt.
Die Hebevorrichtung benutzt des Förderseil t, welches über die Seilrolle u an der Spitze des Bohrgerüstes nach dem Haspel i führt. Diese tritt in Thätigkeit, sobald der Hebel v, der sonst durch die Feder w ausserhalb des Getriebes gehalten wird, durch seinen Druck auf die
Klinke m diese aus dem Sperrad n löst, wodurch die Ausschaltung der Kurbelscheibe d mit dem Bohrseil b aus der Bewegung
eintritt, und die Drehung der Haspel i mit dem
Förderseil t allein vor sich geht.
Textabbildung Bd. 283, S. 243Seilbohrmaschine von Krassin und Boucher. Interessant erscheint ferner der hydraulische
Rammbrunnen von S. S. Bolton, Big Rapids,
Michigan (Amerikanisches Patent Nr. 454451 vom 23. Juni 1891), Fig. 12, der wohl im Stande ist, in günstigem Boden
etwa 50 m tief schnell und sicher vorzubohren und gleichfalls eine Verrohrung
nachzutreiben.
Das Bohrgeräth besteht aus dem konisch zugespitzten und
cylindrisch ausgehöhlten Bohrkopf a, welcher mit dem
cylinderförmigen Bohrschaft b verschraubt ist, dessen
oberer Theil Rillen c trägt, die dem Druckwasser
Abfluss gewähren, sobald das Bohrgeräth tief genug gesenkt ist. Der Kragen d verhindert das Heraustreten aus der Verrohrung. Das
Muttergewinde e oben im Bohrschaft dient zur Verbindung
mit einem Fanggeräth.
Die Verrohrung f wird durch den Dichtungsring g unten abgeschlossen, durch welchen der Bohrschaft b saugend gleitet. Die oben an der Verrohrung
verschraubte Plattform h dient dem Arbeiter als
Standpunkt.
Auf die Verrohrung, die sich durch Aufsetzen neuer Rohrtheile stets verlängern lässt,
wird der hydraulische Rammapparat aufgesetzt. Dieser besteht zunächst aus dem
Cylinder i und den beiden Gusstücken k und l, unten bezieh.
oben. In dem Cylinder bewegt sich der Kolben m mit der
Kolbenstange n, welche durch das Querstück o geführt wird, das sich selbst am Rahmen p auf und ab bewegt. Die obere Seilrolle q dient zum Anheben des Rammapparates, z.B. beim
Anfügen neuer Rohrtheile.
Die Rammpumpe r mit dem Bassin s hat unter verschiedener Benutzung des Röhren Systems und der Ventile
nachstehende Aufgaben:
1) Das Niederpressen des Bohrgeräthes. Die Ventile t und u werden geöffnet
beim Schluss aller übrigen. Sobald der Bohrschaft tief genug gepresst ist, um dem
Druckwasser Abfluss durch die Rillen zu verschaffen, zeigt der Manometer v das plötzliche Nachlassen des Druckes an. Gleichfalls
lässt der übermässige Druck am Manometer erkennen, wenn sich dem Niederpressen ein
ungewöhnliches Hinderniss in den Weg stellt.
Textabbildung Bd. 283, S. 243Fig. 12.Bolton's hydraulischer Rammbrunnen. 2) Das Nachpressen der Verrohrung. Der
Ausflusshahn w, sowie die Ventile x und y werden geöffnet,
die übrigen bleiben geschlossen. Nach Vollendung der Niederpressung zeigt das
Manometer v den erhöhten Druck an. Auch jede Störung
beim Niederpressen lässt sich am Manometer erkennen.
3) Das Herablassen des Kolbens m. Der Ausflusshahn z wird geöffnet, während zugleich das Querstück o zu lösen ist.
4) Ausziehen der Verrohrung. Erforderlich kann eine
solche werden, wenn beim Vorbohren oder Nachpressen der Verrohrung ein Hinderniss
bemerkbar wird, das vielleicht durch Sprengen oder Stossbohren beseitigt werden
soll. Man entfernt alsdann den Bohrschaft b aus dem
Bohrloch und übt durch alleinige Oeffnung des Ventils a1 den hydraulischen Druck hebend auf die
untere Fläche des oberen Gusstückes l.
Bei festem Gestein ist es mitunter angezeigt, zum Drehbohren überzugehen. Alsdann
wird der Bohrkopf a mit dem Dichtungsring g fest verbunden, und das Drehbohrgeräth durch die
Höhlung des Bohrkopfes hindurch zur Anwendung gebracht.
Tritt die Nothwendigkeit ein, bei fortschreitender Tiefe, eine schmalere Verrohrung
einzubringen, so kommt auch ein schmalerer Schaft zur Verwendung. Der Bohrkopf
verbleibt grundsätzlich im Bohrloch, auch bei Einrichtung des Brunnens nach
vollendeter Bohrung.
Der combinirte Stoss- und Drehbohrapparat von A. V. Jackson, Palestine, Arkansas (Amerikanisches
Patent Nr. 454870 vom 30. Juni 1891), Fig. 13,
ermöglicht auf einfache und wirksame Art, sowohl dem stossend wirkenden Bohrgeräth
bei seiner senkrechten Bewegung, ohne Behinderung derselben, ebenfalls in
wagerechter Richtung einen kräftigen Umsatz zu geben, als auch das Bohrgeräth, unter zeitweiser
Aussetzung der Stossbewegung, erforderlichenfalls allein als Drehbohrer in
Thätigkeit treten zu lassen.
Zu diesem Zweck sind die Stoss- bezieh. Drehvorrichtungen zu unabhängiger Wirkung
gemeinschaftlich am Bohrgerüst a angebracht. Der Rahmen
b trägt die Welle c
und auf dieser sitzen zwei Seiltrommeln, von denen nur die vordere, die
Drehseiltrommel d, in der Zeichnung sichtbar ist,
während gewöhnliche Klauenvorrichtungen mittels der Hebel e und f dazu bestimmt sind, die einzelnen
Trommeln nach Bedarf auf der Welle c zur Bewegung
einzustellen.
Die Stossbewegung erfolgt dadurch, dass das Bohrgestänge
g am Bohrseil h, das
über die Seilrolle i an der Spitze des Bohrgerüstes
nach der Bohrseiltrommel führt, von dieser angehoben und fallen gelassen wird.
Führung erhält das Bohrgestänge bei dieser senkrechten Auf- und Abbewegung durch den
Rahmen k, der am Gegenpfosten l drehbar, sowie auf und ab beweglich angebracht ist.
Textabbildung Bd. 283, S. 244Fig. 13.Jackson's Stoss- und Drehbohrapparat.Die Drehung erfolgt durch die Treibwelle m, welche zwischen den Armen des Rahmens k das Bohrgestänge direct umfasst. Das endlose Drehseil
n umgibt die Treibwelle m mit mehreren Windungen und führt dann über die (punktirt gezeichnete)
Seilscheibe o im Scheibenblock p, dann unter der im Kloben q befindlichen
Seilrolle her nach der Drehseiltrommel d, ferner in
einigen Umwickelungen um diese herum über die vom Kloben r getragene Seilrolle und unter einer zweiten (unsichtbaren) Seilscheibe
im Scheibenblock p nach der Treib welle m zurück. Die Spannseile s
und t reguliren die Spannung des Drehseiles n.
Noch eine complete Tiefbohreinrichtung, und zwar mit kraftschlüssigem Anhub des
Bohrwerkzeuges und Freifall des letzteren von Theodor
Scheffler, Patterson, Nordamerika, ist in Deutschland durch D. R. P. Nr.
56487 vom 6. Februar 1890 patentirt worden.
Eine eigenthümliche Ventilbüchse mit Bohrmeissel von James D. Stephenson, Borne, Texas (Amerikanisches
Patent Nr. 454082 vom 16. Juni 1891) hat den Zweck, möglichst vielseitig sowohl in
hartem Gestein, wie in weicher Erde, in Triebsand und in nachfallendem Material
zu arbeiten, und auch bei Wassermangel im Bohrloch seine Brauchbarkeit zu
bewahren.
Die Hülse a (Fig. 14 und 15) ist an den Bügel b genietet, durch dessen Schraubengewinde c sie mit einem beliebigen Freifallapparat in
Verbindung gebracht werden kann. Am unteren Ende trägt sie den geschärften Bohrschuh
d. Diese Hülse ist in ihrer ganzen Länge nach durch
die Querscheibe e getheilt, welche oben mittels des
Splintes f und der Stellschraube g im Bügel befestigt ist und nach unten in ein
Meisselblatt h übergeht. Unten, innerhalb des
Bohrschuhes, trägt die Scheibe zwei lederne Ventilklappen i, die sich nach oben öffnen. In der Mitte hat die Scheibe die
rautenförmige Durchlochung k (Fig. 16) mit der
Bestimmung, den Bohrschmant gleichmässiger auf die beiden Büchsenhälften zu
vertheilen.
Nachdem die Büchse durch Freifall mit Bohrschmant gefüllt ist, bezieh. unter
zermalmender Wirkung der Meisselschneide, bezieh. des Bohrschuhes, findet die
Entleerung über Tage dadurch statt, dass sie etwa 0,5 m über dem Erdboden gehalten,
und darauf Stellschraube g und Splint f gelöst werden, worauf die Querscheibe heruntersinkt
und die Füllung aus der Büchse fällt.
Textabbildung Bd. 283, S. 244Stephenson's Ventilbuchse. Von neuconstruirten Einzeltheilen von Tiefbohrapparaten bleiben noch
bemerkenswerth: eine Erdbohrschappe von Joseph Goar, Morristown, Minnesota (Amerikanisches
Patent Nr. 456486 vom 21. Juli 1891) und ein Erdbohrhandgriff von George G. Dutton und James Lee, Chester, Pennsylvanien (Amerikanisches
Patent Nr. 451867 vom 5. Mai 1891); ferner zwei Abdichtungsapparate für Brunnensohlen, der eine von Rudolf Thomke, Bielitz, der zweite von Augustus W. Newell, Bradford, Pennsylvanien
(Amerikanisches Patent Nr. 451769 vom 5. Mai 1891); dann eine neue dauerhafte
Verbindung des Bohrmeissels mit dem Bohrgestänge von James
Walp und Charles F. Dauxdater, Leighton,
Pennsylvanien (Amerikanisches Patent Nr. 451788 vom 5. Mai 1891); schliesslich ein
Hauptrad (bull wheel) für die pennsylvanische
Seilbohrmaschine von Boaz E. Wangeman, North Clarendon,
Pennsylvanien (Amerikanisches Patent Nr. 454787 vom 23. Juni 1891).
Ein neues Verfahren zum Abteufen von Schächten im schwimmenden Gebirge hat Paul Pfister, Berlin (D. R. P. Nr. 54482 vom 11. Mai
1890), und ein solches zum Abdichten der Cuvelage in der wasserführenden
Schachtsohle unter Wasser H. Grossmann, Dortmund,
vorgeschlagen.
Besondere Erwähnung verdient noch ein neuer Sondirungsapparat mit Stahldraht, welchen
M. Émile Belloc in der Sitzung der Société d'encouragement pour l'industrie nationale am
26. Juni 1891 vorgezeigt hat. Wenn dieses Instrument auch in erster Linie für
Lothungen in Gewässern bestimmt ist, so soll es ausserdem auch für alle Sondirungen
dienen, wo man den Gipfel des zu ermessenden Gegenstandes erreichen kann, aber nicht
dessen Boden, was z.B. bei Tiefbohrungen zutrifft.
Von den jüngsten Bohrerfolgen seien besonders zwei von allgemeinem Interesse
hervorgehoben. Erstens hat man auf der Insel Helgoland durch Tiefbohrung auf 40 m
Tiefe ein vortreffliches Trinkwasser erschlossen, welches mit 6000 l Zufluss für die
Stunde genügt, um die ganze Insel mit Trinkwasser zu versehen, zu welchem Zweck eine
Wasserleitung und eine durch Windmühle betriebene Wasserpumpe in Aussicht genommen
ist.
Der zweite Fund besteht in Erbohrung eines Kohlenflözes von 1,2 m Mächtigkeit bei
Waldmohr in der Pfalz. Wenn sich die Hoffnung bestätigt, dass man hier eine
Fortsetzung des Saarbrückener Kohlenlagers getroffen hat, so könnte die süddeutsche
Industrie dadurch günstige Bedingungen für den Bezug ihres Kohlenbedarfs
erwarten.
Die Teplitzer Bohrung (D. p. J. 1890 278 145, hat inzwischen langsam aber sicher bis October
1891 die Tiefe von 385 m erreicht.
Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass von dem für die Bohrtechnik sehr
wichtigen Lehrbuch „Der Tunnelbau“ von Carl Dolezalek, königl. preuss. Regierungsrath u.s.w.,
die 2. Lieferung des I. Bandes: „Die
Gewinnungsarbeiten“ in Hannover. Helwing, 1890 erschienen ist. (D. p. J. 1890 275 394.)