Titel: | Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter Ausstellung. |
Fundstelle: | Band 283, Jahrgang 1892, S. 237 |
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Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf
der Frankfurter Ausstellung.
(Fortsetzung des Berichtes S. 165 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter
Ausstellung.
Hier anschliessend hätte ein drittes eigenartiges Läutewerk Erwähnung zu finden, das
von C. und E. Fein (Stuttgart) in verschiedenen
Modellgrössen ausgeführt wird und in zwei Exemplaren ausgestellt war. Dasselbe kann
allerdings kaum je in der Weise als Annäherungssignal Verwendung finden, wie die
soeben besprochenen Läutewerke, nämlich in Verbindung mit Streckencontacten auf Nebenbahnen; wohl aber ist es vortrefflich geeignet auf
grossen, modern ausgerüsteten Bahnhöfen an solchen Stellen als Avertirungsignal
benutzt zu werden, wo der lebhaften localen Geräusche wegen oder aus anderen
besonderen Gründen recht drastische Läutesignale erwünscht scheinen, etwa zur
Avisirung der Annäherung von Rangirmaschinen bei den Güterböden und Laderampen, von
Locomotiven, die in den Dienst gestellt werden oder aus dem Dienste kommen, bei
Heizhäusern und vor den Bahnhofshallen u.s.w.
Textabbildung Bd. 283, S. 237
Fig. 35.Läutewerk von C. und E. Fein.
Der Antrieb des Läutewerkes geschieht wieder rein elektrisch,
jedoch mittels eines Elektromotors, der für starke
Ströme eingerichtet und eben nichts anderes ist, als eine kleine Secundärmaschine.
Die an sich ausserordentlich einfache Anordnung des Apparates erhellt aus der
perspectivischen Ansicht Fig. 35 und dem Querschnitte
Fig. 36. Auf der Ankerachse A (Fig. 36) ist die
endlose Schraube S eingeschnitten, welche in ein
Schneckenrad r eingreift. Letzteres steht durch ein auf
seiner Achse sitzendes Trieb mit dem Zahnrade R in
Eingriff, aus welchem fünf Hebedaumen seitlich vorstehen, die auf einen in den Bügel
H eingeschraubten Rollenstift einwirken. Demzufolge
wird bei den Umdrehungen von R der besagte Bügel,
welcher durch eine Drahtschnur (vgl. Fig. 35) mit dem
Hammerhebel einer 50 cm weiten Gusstahlglocke verbunden ist, durch jeden der fünf
Daumen niedergedrückt und wieder ausgelassen, d.h. bei jeder Umdrehung von R erfolgen fünf Glockenschläge. Da nun der Motor in
seiner gewöhnlichen Ausführung 1920 Touren in der Minute macht und das
Uebersetzungsverhältniss zwischen A und R = 240 : 1 ist, so dreht sich R in der Minute 8 mal und das Läutewerk gibt also innerhalb der benannten
Zeiteinheit 40 Glockenschläge. Eine auf dem umgebogenen Arm a (Fig. 36) aufgesteckte Stahlscheibe dient
in Verbindung mit der kräftigen Spiralfeder f als
Puffer für den zurückschnellenden Bügel II bezieh. beim
Abfallen des Glockenhammers. Um die Reibung im Eingriffe des Schneckenrades r möglichst zu vermindern, läuft dasselbe fortwährend
in Oel, zu welchem Zwecke auf der Grundplatte des Apparates ein gusseisernes aus
zwei Abtheilungen bestehendes Gefäss o, o aufgeschraubt
ist, in welches das aus den beiden Selbstölern kommende, in den Lagern der
Ankerachse überschüssig ablaufende Oel sich ergiesst. Im kleineren der beiden
Oelbehälter läuft ein Theil des Rades r; dieser
Gefässtheil steht mit dem nebenliegenden grösseren durch eine Ueberfallöffnung in
Verbindung, die so angebracht ist, dass eine Ueberfüllung des ersteren Gefässtheiles
nicht vorkommen kann. Vervollständigt wird das Läutewerk noch durch eine Blitzschutzvorrichtung und eine Bleisicherung. Zum Betriebe der Einrichtung hätten entweder Ströme
Verwendung zu finden, welche von vorhandenen Elektricitätswerken geliefert werden,
oder es wäre eine eigene für diesen Zweck construirte Dynamomaschine auf jenem Orte
aufzustellen, von wo aus signalisirt werden soll. Letztere müsste aber mit einem
Motor gekuppelt sein, der sich zu jeder Zeit ohne Verzug und Schwierigkeit ausnutzen
lässt, wenn nicht etwa vorgezogen wird, eine entsprechend kräftige
Accumulatorenbatterie in Bereitschaft zu halten. Mag nun die Anwendbarkeit des Fein'schen Läutewerkes für den Eisenbahndienst
vorläufig noch als eine beschränkte gelten und mehr oder weniger erst der Zukunft
vorbehalten sein, so verdient es immerhin als erstes und einziges Signalmittel auf
der Ausstellung, für welches der Betrieb mit hochgespannten Strömen vorgesehen ist,
besonderes Interesse. Als Alarmsignale für Feuerwehrzwecke sind übrigens solche
Läutewerke bereits seit Längerem mit Erfolg in Verwendung.
Akustische Zeichengeber, welche die Aufgabe hatten, auf grössere
Entfernungen hin die Lage oder Stellung eines Eisenbahnsignals zu verkünden (nicht
zu controliren), also richtige Avertirungsignale und
zwar sogen. Vorsignale, insofern sie ausdrücklich
bestimmt waren, mit Bahnhofabschlussignalen zusammen zu wirken, sind auf der
Ausstellung durch zwei Repräsentanten vertreten gewesen. Ein von Schellens construirtes, als Knallsignal angeordnetes Vorsignal befand sich in der Collection der
königl. preussischen Staatseisenbahnverwaltung, beigestellt von der königl.
Eisenbahndirection Köln (linksrheinisch); ein anderes verwandtes Knallsignal von C. und E. Fein (Stuttgart) war in der Halle für
Telegraphie vorhanden. Beide dieser Einrichtungen sind als Vorsignale gleichsam
integrirende Theile ihres Hauptsignals und werden deshalb des Näheren erst
gleichzeitig mit den letzteren behandelt werden.
Textabbildung Bd. 283, S. 238Fig. 36.Läutewerk von C. und E. Fein. Hier selbst erübrigt aber noch die eingehendere Betrachtung eines ganz
neuen und zu keinem Hauptsignal direct verbundenen elektrischen Avertirungsignals,
dessen Zeichen nur für das die Bahn benutzende Publikum bestimmt sind. Es ist dies
eine nach dem Programm des Regierungsrathes Herrn Knocke von J. A. Fricke construirte, bei C. Th. Wagner (Wiesbaden) ausgeführte Vorrichtung,
welche bestimmt ist, auf grossen Bahnhöfen Verwendung zu finden – der ausgestellte
Apparat war für den in jeder Beziehung vorzüglich und musterhaft ausgestatteten
Frankfurter Hauptbahnhof angefertigt – und den Zweck hat, das Abrufen der Züge
seitens der Thürsteher im Interesse der Reisenden noch durch auffällige, nicht
misszuverstehende und nicht allzurasch vorübergehende, sichtbare und hörbare Zeichen
wirksam zu unterstützen. Der in der Bahnhofshalle im Vestibül, am Perron oder sonst
an geeigneter Stelle aufzustellende Apparat hat also genügend lange Zeit, vor Abgang
jedes Zuges zum „Einsteigen“ aufzufordern, und besteht zu dem Ende aus einem
mehr oder minder reich verzierten, architektonisch ausgeführten Holzkasten mit einem
rahmenartigen Aufsatz, dessen obere Hälfte durch eine Wand nach vorn abgeschlossen
ist, wogegen die untere Hälfte offen bleibt. Hinter der Vorderwand der oberen
Rahmenhälfte sind Blechtafeln aufgehängt, die in dieser Lage natürlich nicht gesehen
werden können und auf welcher die Ankündigung „Einsteigen
in den Zug, Richtung nach X“ in grosser, deutlich sichtbarer
Schrift angeschrieben steht. Diese Tafeln werden in angemessener Zeit vor Abgang des
betreffenden Zuges in die offene Rahmenhälfte heruntergelassen, also dem Publikum
sichtbar gemacht, und bei jedem solchen Vorgange ertönt zugleich auch zweimal das Geläute einer Glocke; sie werden aber
wieder, nach aufwärts zurückgezogen und demnach verschwinden gemacht, sobald der Zug
zur Abfahrt fertig und das Einsteigen nicht mehr erlaubt ist. Bei dem letztgedachten
Vorgange ertönt nur ein einmaliges, etwas längeres
Geläute und zwar von einer anders klingenden Glocke als vorher beim Erscheinen der
Tafel. Die auf- und abwärts gehende Bewegung bewirkt ein Laufwerk, das seinen
Antrieb von einem Elektromotor erhält, der seinerseits wieder durch einfaches
Niederdrücken eines gewöhnlichen Arbeitsstromtasters in Thätigkeit gebracht wird,
während das Abstellen und die Steuerung des Motors automatisch erfolgt. Den nöthigen
Strom liefert eine Batterie von Meidinger- oder Leclanche-Elementen, die sammt den
Laufwerken im kastenförmigen Untergestelle des Holzgehäuses untergebracht und
verborgen sind. Der ausgestellt gewesene „Zugausrufer“ hatte zwei Tafeln und
die zugehörigen Laufwerke oder vielmehr nur die Elektromotoren waren von
verschiedener Construction. Der eine davon glich vollkommen dem beim Fricke'schen Ueberwegläutewerk verwendeten, an früherer
Stelle bereits beschriebenen Motor mit den acht radial stehenden Elektromagneten,
wie denn überhaupt die beiden Constructionen, nämlich das Ueberwegläutewerk und der
Zugausrufer sich in vieler Hinsicht verwandt sind. Der zweite Motor des
ausgestellten Apparates, welcher bis auf die bereits hervorgehobene Abweichung
hinsichtlich der Anordnung der Elektromagnetspulen mit dem eisten vollständig
überein stimmt, ist in Fig. 37 in der Draufsicht und
in Fig. 38 in der
Ansicht dargestellt.
Textabbildung Bd. 283, S. 238
Fig. 37.Apparat zum Abrufen der Züge nach Knoche und Fricke.
Ein Gramme'scher Ring g mit acht Wickelungen befindet sich in den
magnetischen Feldern S und N der Stahlmagnete m und m1. Die Drahtenden der
Umwindungen sind zu dem achtseitigen Collector c
angeschlossen und die Stromzuführung erfolgt mit Hilfe zweier Contactbürsten b und b1. Ein auf der Achsen des Gramme'schen Ringes sitzendes Getriebe t
greift in ein auf der Walze w lose aufgestecktes, mit
w durch den Druck einer Flachfeder gekuppeltes
Zahnrad r ein, das die vom Getriebe empfangenen
Bewegungen auf w nur vermöge Friction überträgt. Auf
w ist eine spiralförmig fortlaufende Nuth
eingedreht, welche einer auf und ab zu wickelnden Schnur Z zur
Führung dient, auf der, nachdem sie erst über entsprechende Führungsrollen gelenkt
wurde, die Signaltafel hängt. Das Rad r sitzt deshalb
nicht fest auf w, damit beim plötzlichen Anhalten der
Tafel gelegentlich des Wechsels ihrer Lage auf das Laufwerk, das vermöge der
Centrifugalkraft nicht im gleichen Augenblicke wie die Tafel zum Stillstande
gelangt, keine schädlichen Stösse oder Erschütterungen ausgeübt werden. Um das
Laufwerk in Gang zu setzen, ist ein Relais mit dem Elektromagneten M in die Linie geschaltet. Bei Schliessung des einen
der früher erwähnten Taster – T1 in Fig. 40 –
gelangt Strom in die Windungen von M und der
polarisirte Anker A wird auf die andere Seite
geworfen.
Textabbildung Bd. 283, S. 239Apparat zum Abrufen der Züge nach Knoche und Fricke. Hierbei drückt das Ankerhebelstück h mit dem
Hartgummieinsatz i1 die
beiden Contactfedern f1, wie Fig. 37 zeigt, an einander, demzufolge
Strom von einer bestimmten Richtung in die Spulen des
Motors gelangt und diesen, beispielsweise für die Aufwickelung der Zugschnur, bewegt. Auf der Welle w (Fig. 37 und 39) sitzt auch noch ein
Zahn d, der in das Rad z
eingreift und letzteres bei jeder Umdrehung von w um
eine Zahnbreite weiterrückt. Bei dieser Weiterbewegung gelangt schliesslich ein an
passender Stelle aus dem Rade z seitlich vorstehender
Stift s oder s1
– je nach der jeweiligen Bewegungsrichtung des Rades
z bezieh. der Welle w
– auf den Arm n, der nur lose auf der Achse
des Rades z sitzt, und drückt ihn zur Seite, so dass
der bestandene Contact bei w, wie es der Fig. 27
entspräche, aufgehoben und dagegen der gegenüberliegende bei r hergestellt wird.
Textabbildung Bd. 283, S. 239
Fig. 40.Apparat zum Abrufen der Züge nach Knoche und Fricke.
Damit der Contact bei u oder r stets ein guter sei, drückt die federnde Rollenknagge
y gegen die rechte oder linke Fläche des
Dreieckstückes, welches das untere Ende des Armes w
bildet. Sobald der bestandene Contact bei u gelöst
ist, hört der Strom im Motor auf und das Werk läuft nur mehr ein kurzes Stück
zufolge der Centrifugalkraft weiter, um dann in Ruhe zu bleiben. Wird nun bei dieser
Ruhestellung des Apparates der zweite Telegraphentaster – T2 in Fig.
40 – gedrückt, so gelangt in den Elektromagnet M ein Strom, welcher, mit den früheren verglichen, entgegengesetzte
Richtung hat, also den Anker A nach rechts umwirft und
dadurch den Contact bei f1 wieder öffnet, dagegen aber jenen bei f2 herstellt. Hierdurch kommt auch wieder der Motor
in seinen Stromkreis, jedoch mit gewechselten Polarschlüssen, so dass bei der
nunmehrigen Stromrichtung die Schnur Z auf w abgewickelt wird. Dabei dreht sich nunmehr auch z in der verkehrten Richtung, so dass der Stift s1 (Fig. 39) auf n gelangt, den Contact v
löst, d.h. den Stromkreis des Motors unterbricht und dafür schliesslich wieder den
früher bestandenen Contact u, wie ihn Fig. 39 und 40 zeigen, herstellt. Die Lage sämmtlicher
Apparattheile ist nun dieselbe, wie sie als ursprünglich vorhanden vorausgesetzt
war, und das Auf- und Abwickeln der Schnur Z bezieh.
das Erscheinen und Verschwinden der Zugabrufetafel würde nun in der geschilderten
Weise weiter vor sich gehen. Für den Betrieb der beiden grossen Wecker, die mit der
Anlage verbunden sind, ist eine eigene Batterie B1 (Fig. 40)
vorhanden, welche hinsichtlich des Weckers W2 durch den Contact q,
für den anderen durch den Contact p und zwar durch
Vermittelung des Rades z in Wirksamkeit tritt.
Letzteres hebt nämlich, je nach der Richtung, in der es gedreht wird, einen oder den
anderen der beiden durch Federn festgehaltenen Winkelhebel K und drückt dadurch entweder die Feder F1 auf q oder, bei
entgegengesetzter Bewegungsrichtung, die Feder F2 auf p.
V. Läutesignal-(Glockensignal-) Einrichtungen.
Die Einrichtungen für durchlaufende Liniensignale, die
sogen. Läutesignale oder Glockensignale, sind in Frankfurt, sowohl was die jetzt gebräuchlichen
Anordnungen anbelangt, als in älteren, die Entwickelung dieser Signalform
illustrirenden Exemplaren bestens vertreten gewesen. In letzterer Beziehung enthielt
die Apparatsammlung der königl. preussischen Staatseisenbahnverwaltung einige hoch
interessante Objecte, von welchen ein aus dem Jahre 1846 stammendes Läutewerk in
vorderster Reihe betrachtet zu werden verdient, da es wahrscheinlich unter die
ältesten und ersten Signalmittel dieser Gattung gehört. Es war dies eines jener
Läutewerke, welche vom Hofuhrmacher Ferdinand Leonhardt
in Berlin nach dem vom Oberingenieur August Mons 1845
aufgestellten Programme angefertigt und auf der Strecke Halle-Weissenbach der
Thüringischen Eisenbahn eingerichtet worden sind. Das Lauf- und Schlagwerk dieses
Apparates gleicht im Wesentlichen den älteren Thurmuhrschlagwerken; die Auslösung
desselben wird mittels eines gesondert aufgestellten Elektromagnetes unter Anwendung
von Batteriearbeitsströmen bewirkt, während das Abstellen des Laufwerkes von diesem
selbst besorgt wird. Das mit sechs Hebestiften versehene Hauptrad hebt nämlich nach
voller Umdrehung vorerst den Elektromagnetanker in seine Normalstellung
zurück, wodurch derselbe also für eine nächste Auslösung wieder bereit gestellt
wird, und arretirt später, und zwar nach Verlauf von 13 Glockenschlägen, auch das
Triebwerk. Die Anordnung dieses Apparates entspricht vollständig der in einer
Denkschrift „Die Telegraphenanlagen der Thüringischen
Eisenbahngesellschaft von ihrer Entstehung bis zur Gegenwart“
gegebenen Beschreibung des ersten von Leonhardt construirten Eisenbahnläutewerkes. Allein
gerade hierin steht diese von der ehemaligen Direction der Thüringischen Eisenbahngesellschaft 1881 herausgegebene Schrift, welche
eine Menge höchst interessanter, wichtiger Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der
elektrischen Eisenbahneinrichtungen in Deutschland enthält, mit älteren
Schilderungen in Widerspruch. Es bemerkt nämlich Dr. H.
Schellen in den älteren Auflagen seines Werkes „Der elektromagnetische Telegraph“ (z.B. in der vierten Auflage
1867, S. 650) ausdrücklich, dass beim Leonhardt'schen
Läutewerke sich das Laufwerk nicht selbsthätig wieder
in die ursprüngliche Lage einrückte, sondern dass es hierzu der Beihilfe des
Bahnwärters bedurfte, welcher an einem Drahte ziehen und so das Werk wieder
auslösungsfähig machen musste. Es scheint also, dass das ausgestellt gewesene
Läutewerk denn doch vielleicht nicht dem ersten ältesten Modelle, sondern einem
späteren vervollkommneten entspricht.
Ein anderes hierher gehöriges Object der Ausstellung war eine Sammlung der königl.
Eisenbahndirection Berlin von sechs Eisenbahnläutewerken, die aus verschiedenen
Zeiten stammten und einen ebenso interessanten als lehrreichen Ueberblick gewährten
über die fortschreitenden verbessernden Aenderungen, welche die 1847 entstandenen,
auf der Strecke Magdeburg-Buckau zuerst angewendeten Kramer'schen, sowie die Siemens und
Halske'schen Läutewerke im Allgemeinen und die sogen. Stecherauslösung im Besonderen erfahren haben.
Von den derzeit in Deutschland angewendeten, nach den allgemein bekannten Siemens'schen Mustern für Gruppenschläge und
Inductionsstrombetrieb eingerichteten Läutewerken sind mehrfache vorzüglichst
ausgeführte Muster sowohl von den preussischen als bayerischen
Staatseisenbahnverwaltungen, als insbesonders zahlreich von Siemens and Halske (Berlin), ferner von C.
Lorenz (Berlin) u.a. ausgestellt gewesen. An all diesen Apparaten gab es
jedoch ausser den später noch zu besprechenden Abweichungen keinerlei
Neuerungen.
Für Ruhestrom oder Gegenstrom eingerichtete und zur Abgabe von Einzelschlägen
bestimmte Läutewerke sah man in der Halle für Telegraphie bei Czeija und Nissl (Wien) und ist der ausgestellt
gewesene, nach einer jüngeren Construction ausgeführte bereits 1891 280 * 271 ausführlich besprochen worden.
Häufig vertreten fanden sich in Frankfurt Eisenbahnläutewerke, welche mit
Abfallscheiben direct oder indirect in Verbindung gebracht sind. Derlei Anordnungen
sind bekanntlich für solche Signalposten bestimmt, die seitens des daselbst
dienstthuenden Bahnorganes nicht ununterbrochen besetzt gehalten werden, oder wo
wegen der Menge der zusammenkommenden Läutesignaleinrichtungen oder aus sonstigen
Ursachen die Möglichkeit vorliegt, dass Irrthümer über die Routen, für welche
Läutesignale ertönen, entstehen oder einzelne Signale gänzlich überhört werden.
Bei der einfachsten Form solcher Apparate, wie sie beispielsweise die
bayerischen Staatseisenbahnen auf allen Bahnsteigen (Perrons) ihrer grösseren
Bahnhöfe anwenden und auch in Frankfurt ausgestellt hatten, sitzt auf einer der
Laufwerksachsen ein Daumen, der gleich nach dem Anlaufen des Schlagwerkes eine
drehbare Blechscheibe so umkippt, dass ihr roth
bemalter Theil vor das in dem blechernen Schutzkasten des Läutewerkes
eingeschnittene runde Fensterchen gelangt, welches sonst immer weiss erscheint. Die Rückstellung der Scheibe muss mit
der Hand vorgenommen werden.
Eine andere solche Einrichtung war von der königl. Eisenbahndirection Magdeburg zur
Anschauung gebracht worden und hatte die Bestimmung, in grossen Stationen, wo
mehrere Bahnstrecken einmünden, die bisher übliche Einrichtung im Telegraphenbureau,
wo das Läuten mehrerer auf einem so engen Raum neben einander aufgestellter
Zimmerläutewerke nicht selten thatsächlich beirrend wirken kann, zu modificiren. Bei
dieser vom Telegrapheninspector Seeliger herrührenden
Anordnung ist für alle einmündenden Läutelinien – der ausgestellte Apparat war für
vier Linien ausgeführt – nur ein einziges Zimmerläutewerk vorhanden, dagegen ist in
jede Läutelinie der Elektromagnet einer Klappscheibe eingeschaltet. Letztere sind
neben einander in einem Kästchen angebracht, mit den bezüglichen Ueberschriften
versehen und auch sonst ganz in gleicher Weise, nur kräftiger ausgeführt als die
bekannten gewöhnlichen Abfallklappen in Telephoncentralen. Die Anker der
Klappenelektromagnete müssen ebenso eingestellt werden, wie die Anker der
Läutewerke, damit sie, wie diese, nur durch die kräftigen mittels des Läuteinductors
erzeugten Läuteströme, nicht aber durch den sonst für
gewöhnlich zu Telegraphirzwecken in den Läutewerksleitungen vorhandenen schwachen
Batterieruhestrom angezogen werden können. Das vorbezeichnete Zimmerläutewerk ist in
den gemeinsamen Erdanschluss der gesammten Läutelinien eingeschaltet und von
demselben werden sonach die Läutesignale aller
einmündenden Bahnstrecken mitgespielt, was jedoch zu keiner Beirrung Anlass geben
kann, selbst wenn mehrere Signale gleichzeitig zusammentreffen würden, weil ja durch
die Abfallscheiben alle wünschenswerthe Aufklärung geboten wird; in allem Uebrigen
bleibt die Schaltung und gewöhnliche Einrichtung unverändert.
Eine zweite noch weiter gehende verwandte, bei C. Theodor
Wagner (Wiesbaden) ausgeführte Anordnung befand sich gleichfalls in der
Collection der königl. preussischen Staatseisenbahnverwaltung und war von der
Eisenbahndirection Frankfurt a. M. beigestellt. Es handelte sich hier um die
Einrichtung eines Zwischensignalpostens, wie solche auf grossen ausgedehnten
Bahnhöfen nicht selten vorkommen, wo allerdings keine Läutesignale zu entsenden
sind, aber doch alle für die Station bestimmten, sowie alle von da abgehenden
Läutesignale mit empfangen werden müssen, und wo es, wie z.B. bei
Centralweichenstellwerken, besonders wichtig ist, dass genau aufgefasst werde, für
welche Zugrichtung die einlangenden Läutesignale erfolgt sind. Mit Rücksicht darauf
sind bei der in Betracht kommenden Anordnung die Läutewerke durch Relais ersetzt und
jedes dieser Relais steht im Localschlusse mit zwei gewöhnlichen Klappenapparaten
derart in Verbindung, dass je nach der Richtung des die Relaisspule durchlaufenden
Läutestromes die eine oder die andere, natürlich mit der entsprechenden
Ueberschrift versehene Abfallklappe ausgelöst wird. Das in Fig. 41 und 42 dargestellte, von J. A. Fricke ersonnene Relais besteht aus zwei auf
einer Fussplatte festgeschraubten Stahlmagneten M1 und M2, über welchen ein zwischen den Schraubenspitzen
x1 und x2 beweglicher
Eisenkern hängt, auf dem die Drahtspule R steckt und
zwei Polschuhe P1 und
P2 befestigt sind.
Die letzteren reichen so weit nach abwärts, dass ihr Ende zwischen die magnetischen
Felder bei N1S2 bezieh. bei N2S1 zu liegen kommt.
Textabbildung Bd. 283, S. 241
Fricke's Relais.
Textabbildung Bd. 283, S. 241
Fricke's Relais.
Die beiden Contacte für die Klappenapparate sind durch die
zweiarmigen bei i1
bezieh. i2 drehbaren
Winkelhebel h1 und h2 gebildet, die durch
die Federn f1 und f2 gegen einen Stift
s gepresst werden, Fig. 43, welcher aus dem
Polschuh P1 seitlich
vorragt. Diese an sich äusserst einfache Anordnung ist durch die Fig. 43 und 44 des Näheren
veranschaulicht und ermöglicht es, durch angemessene Spannung der Federn f1 und f2 den Polschuh so
einzustellen, dass er bei der Ruhelage des Relais genau in der Mitte zwischen den
beiden Polen N1 und S2 liegt, wobei auch
der Einfluss des allenfalls und in der Regel in den Läuteleitungen für
Telegraphenzwecke coursirenden Batterieruhestromes durch die stärkere Spannung der
bezüglichen Feder aufgehoben wird. Wird auf der Signalleitung hergeläutet oder
abgeläutet, so gelangt der kräftige Inductionsläutestrom in die Spule R, die Polschuhe werden ersteren Falles beispielsweise
hinwärts angezogen und der Stift s drückt p1 zur Seite, so dass
sich q1 auf die
Contactschraube c1
legt, wonach ein Weg für einen Localstrom vom Bügel A
über i1, q1 bis r1 geschlossen ist; im
zweiten Falle erfolgt die Ablenkung der Polschuhe nach der entgegengesetzten Seite
und es wird sonach der Contact c2q2 hergestellt. Bei e1 und e2, sowie bei A sind die
Localleitungen zu den vorbesprochenen zwei Klappenapparaten angeschlossen, deren
Abfallklappen übrigens, sobald sie niedergehen, einen weiteren Localcontact
schliessen, wodurch ein Rasselwecker in Thätigkeit gelangt, der natürlich so lange
fortläutet, bis die Klappe wieder mit der Hand hochgehoben wird. Für das richtige
Arbeiten des Relais ist es eine unerlässliche Vorbedingung, dass in den Stationen
die gleichnamigen Pole des Läuteinductors an Erde gelegt sind, damit die abgehenden
Ströme stets die entgegengesetzte Richtung der ankommenden haben. Apparate der
soeben geschilderten Anordnung sind im Directionsbezirk Frankfurt a. M. bereits seit
1886 in Verwendung, ohne dass bisher eine Versagung vorgekommen ist.
Anschliessend an die Läutewerkseinrichtungen muss noch ein hübscher Registrirapparat
Erwähnung finden, welcher von der Generaldirection der königl. bayerischen
Staatseisenbahnen ausgestellt war. Diese Gattung Apparate hat bekanntlich die
Aufgabe, eine Controle über die auf einer Linie erfolgenden Läutesignale durch
genaue Aufschreibungen zu ermöglichen. Die besagte, bei H.
Wetzer (Telegraphenfabrik in Pfronten, Bayern) construirte und ausgeführte
Vorrichtung ist in Fig.
45 und 46
ersichtlich gemacht, und zwar sind in Fig. 45 diejenigen
Theile des den Apparat betreibenden, täglich einmal aufzuziehenden Uhrwerks
sichtbar, welche für die Registrirarbeit wichtig sind; die vordere Gestellswand des
Uhrwerkes erscheint also in dieser Abbildung weggelassen, wogegen Fig. 46 jene Theile
zeigt, die ausserhalb dieser Vorderwand ihren Platz haben. Der Elektromagnet M ist in die Läutewerkslinie eingeschaltet und die
Abreissfeder f1 seines
Ankers A wird natürlich wieder so regulirt, dass der in
der Läutelinie für Telegraphirzwecke normal vorhandene Batterieruhestrom eine
Veränderung der Ankerlage nicht bewirken kann, wogegen aber jeder mit dem
Läuteinductor gegebene kräftige Strom das Anziehen des Ankers mit sich bringt. In
einem solchen Falle geht der linksseitige Arm des um y
(Fig. 45) drehbaren
Ankerhebels nach aufwärts und der daran befestigte Halbcylinder a, der während der Ruhelage des Apparates vor dem
Halbcylinder b gelegen ist und diesen festgehalten hat,
lässt nun b frei, fängt sich aber sofort an dem etwas
höher liegenden halbcylindrigen Stift b1, weil der in e
drehbare Hebel DD1
vermöge des Zuges der Feder f das Bestreben hat, nach
links auszuweichen. Hört der Läutestrom auf, so reisst A wieder ab, a geht nach abwärts in die
normale Ruhelage zurück und b1 wird sonach frei. Der Hebel DD1 gewinnt dadurch Luft und kann sich so weit nach
links drehen, als dies der Anschlagstift d, gegen den
der Arm D1 schliesslich
stösst, gestattet. Diese Bewegung hat der an DD1 angebrachte Halbcylinder g mitgemacht und demzufolge ist es dem auf der Gewichtstrommelachse i festsitzenden Hebelarm hk, der sich vorher gegen g gelehnt hatte,
möglich geworden, an g vorüber zu gehen. Hierdurch
wurde die bisher bestandene Arretirung des Uhrwerkes behoben und das Treibgewicht
Q kann jetzt wirksam werden. Es dreht sich nunmehr
die Achse i und mit ihr die aufgekeilte Scheibe R, an welcher zwei Hebestifte s und s1
seitlich vorstehen. Bald nach dem Anlaufe des Uhrwerkes erfasst der Stift s (oder s1) den Hebel DD1 und führt ihn in die
ursprüngliche Lage zurück, wobei b über a hinwegschlüpft und dann festgehalten bleibt. Wenn i eine halbe Umdrehung vollendet hat, erfolgt auch
wieder die Arretirung des Uhrwerkes, weil h an g nicht mehr vorüber kann. Die geschilderte Anordnung
bewirkt also, dass jedesmal, so oft ein Läutestrom von beliebiger Länge in die
Leitung gelangt, das Uhrwerk ausgelöst wird und die Welle i eine halbe Umdrehung macht. Bei jeder solchen halben Umdrehung wird
einer der Hebestifte s oder s1 auf den Arm on des Hebels mn treffen und diesen, da er
leicht drehbar auf der Achse o steckt, nach abwärts
drücken, wobei die Sperrklinke p über eine Anzahl Zähne
des auf o festsitzenden Sperrades R1 hinweggleitet.
Textabbildung Bd. 283, S. 242Wetzer's Registrirapparat. Die Feder F, welche bei diesem Vorgänge
gespannt wurde, zieht, sobald der Hebestift s vorbei
gegangen ist, den Hebel on in seine Ruhelage zurück,
wobei auch p das Rädchen R1 so weit zurückdreht, als früher Zähne
übersprungen wurden. Hierdurch wird ein zweites, in der Zeichnung nicht
dargestelltes Uhrwerk aufgezogen, welches ein Windfang regulirt, das 40 Secunden
lang läuft und während dieser Zeit die Achse r (Fig. 46) in
gleichmässige Umdrehungen versetzt. Auf r sitzt die
Walze t fest, welche in bekannter Weise wie bei einem
Morseschreiber den von der Papierrolle P kommenden
Papierstreifen P1P2 in der Richtung
des Pfeiles bei jedesmaliger Auslösung des Werkes um 20 mm vorwärts zieht. Der
Papierstreifen hat auf seinem Wege einen Querschlitz der Stange S zu passiren, deren Stempel l durch das Gelenk u mit dem in v drehbaren Hebel H
verbunden ist. An dem aus der Gestellswand BB
hervorragenden Ende der Achse i (Fig. 45) sitzt die
Scheibe R2 (Fig. 46) fest, aus der
die beiden Daumenstifte w und w1 vorragen. Während der Ruhelage wird der
Stangenhebel H in der gezeichneten Stellung gehalten,
indem die Nase z auf einem der Stifte w aufruht; erfolgt aber eine Auslösung des Werkes, so
wird im ersten Momente der Hebel H durch w noch ein bisschen höher gehoben, bis der Stift w an z vorübergelangt,
dann aber vom zweiten w-Stifte erfasst, nach abwärts
gedrückt und schliesslich wieder in die gezeichnete Lage hoch gehoben. Der Stempel
l ist dabei so tief herabgedrückt worden, dass er
den Papierstreifen durchlocht hat. Die Läutesignale, welche für den Registrirer in
Betracht kommen, bestehen bekanntlich entweder aus einer oder aus zwei Gruppen von
Glockenschlägen; den ersteren Fall kennzeichnet der Papierstreifen durch ein Loch, das 20 mm vom vorausgegangenen oder
nachfolgenden Zeichen entfernt ist. Im zweiten Falle entstehen zwei Löcher, die nahe neben einander liegen, von den
beiden anstossenden Zeichen aber wieder 20 mm abstehen. Der Apparat wird durch einen
absperrbaren Schutzkasten vor unbefugtem Eindringen bewahrt; nur die Papierrolle P und die Walze t sind
nicht verdeckt, damit von jedem Beamten bei eintretendem Bedarf eine neue
Papierrolle eingelegt werden kann.
(Fortsetzung folgt.)