Titel: | Ueber Telephonanlagen in grossen Städten. |
Autor: | Ed. Z. |
Fundstelle: | Band 283, Jahrgang 1892, S. 14 |
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Ueber Telephonanlagen in grossen
Städten.
Ueber Telephonanlagen in grossen Städten.
Ueber den von Alfred Rosling Bennett vor der British
Assocation gehaltenen Vortrag über die Ausführung von Telephonanlagen in grossen
Städten ist in grösserer Vollständigkeit, als in der 1891 Bd. 282 * S. 181 benutzten
Quelle, in dem Telegraphic Journal 1891 Bd. 29 * S.
275
berichtet worden und es ist nicht nur (ebenda S. 313) die an den Vortrag sich
anschliessende lebhafte vielseitige Besprechung angefügt worden, sondern es hat sich
in diesem Journal und in der Times auch ein lebhafter
Gedankenaustausch über den Gegenstand entwickelt. Bei der Wichtigkeit der Sache
erscheint es daher angezeigt, hier nochmals darauf zurückzukommen, um so mehr als
die Ausführungen im Telegraphic Journal in mehreren
Stücken zu erweitern sind.
Bennett hat bei seinen Vorschlägen besonders Städte von
einer Ausdehnung wie London im Auge und rechnet bestimmt darauf, dass bei einer
Herabsetzung der jährlichen Gebühr auf 160 M. die Zahl der Theilnehmer ganz gewaltig
anwachsen werde, so dass der Ertrag trotz der Herabsetzung günstig sein müsseDie Mutual
Telephone Company in Manchester nimmt 100 M. von Ladeninhabern, 120 M. von
anderen. Sie begann am 28. Februar 1890 mit 68 Theilnehmern und hatte am 31.
Juli deren 506.. Deshalb und um möglichst kurze
Theilnehmerleitungen zu bekommen, will er die den einzelnen Vermittelungsämtern
zuzuweisenden Gebiete auf 1 Quadratmeile (2,5 qkm) begrenzen und bemisst die Aemter
auf je 5000 Theilnehmer; in geschäftsreichen Stadttheilen (z.B. der City in London)
könnten selbst vier Aemter auf eine Quadratmeile kommen und auch später, erst bei
Bedarf, eingerichtet und ins Ganze eingefügt werden. Da London von Ost nach West 8,
von Nord nach Süd 4 Meilen misst, so kämen 32 Aemter heraus, und ausserhalb dieses
Vierecks liegende, entsprechend bevölkerte Theile könnten durch Nebenämter
angeschlossen werden. Zu den 32 Aemtern käme noch entweder ein Hauptamt oder zwei
Hauptämter; im ersteren Fall würde jedes Amt blossBei der
wirklichen Ausführung dürfte die Frage auftauchen, ob es nicht in gewissen
Fällen angezeigt wäre, von dieser strengen Durchführung abgehend auch Aemter
aneinanderstossender Bezirke zugleich unmittelbar mit einander zu
verbinden. mit dem Hauptamte durch eine entsprechende Zahl von
Leitungen verbunden, im zweiten Falle würde jedem der unter sich zu verbindenden
Hauptämter die Hälfte der Aemter zugewiesen und mit ihm verbunden. Jedes Nebenamt
wäre mit dem nächsten Amte zu verbinden und die von ersterem nach dem letzteren
laufende Dienstleitung setzt sich unmittelbar nach dem Hauptamte fort, so dass ein
von der Telephonistin des Nebenamtes gestelltes Anschlussverlangen in dessen
Anschlussamte und im Hauptamte zugleich gehört wird, und wenn das Verlangen vom
Hauptamte zu befriedigen ist, so nennt die Telephonistin in dem Anschlussamte dem
Hauptamte gleich noch die Nummer der Verbindungsleitung, welche benutzt werden soll.
Will man die hohen Zahlen bei der Bezeichnung der Theilnehmer umgehen, so könnte man
jedes Amt mit einem Stichworte bezeichnen und in jedem mit Nr. 1 anfangen. Aehnlich
empfiehlt sich die Benutzung von Stichwörtern bei der Bezeichnung der
Verbindungsleitungen und als solche liessen sich hier die Farben benutzen.
Zur Lösung der Verbindungen bei beendigtem Gespräch werden ebenfalls die
Dienstleitungen benutzt. Jeder der beiden Theilnehmer drückt auf seinen Hebel und
meldet kurz der Telephonistin seines Amtes die Beendigung, letztere aber dem
Hauptamte.
Die Leistungsfähigkeit der Telephonistinnen, welche
mit 13 oder 14 Jahren eintreten, grenzt oft aus Wunderbare. Während der
Theilnehmer seine Nummer nennt, steckt sie meist schon den Stöpsel in das
Umschalterloch seiner Leitung und vollendet die Verbindung durch Einstecken des
zweiten Stöpsels in das Loch der verlangten Leitung, noch bevor er den Finger von
seinem Diensthebel weggezogen hat. Manche vermögen sogar zwei gleichzeitig gegebene
Weisungen zu hören und ohne Missverständniss zu vollziehen. Bei einem der nach Mann's Weise eingerichteten Vermittelungsämter macht
jede Telephonistin bei gewöhnlichem Geschäftslaufe 180 Verbindungen in der Minute
und bei der Hälfte derselben hat sie mit der Telephonistin des benachbarten Amtes
zusammenzuwirken. Bei einem Versuche, bei dem in Ergänzung des gewöhnlichen Verkehrs
in derselben Dienstleitung ununterbrochen von in sie eingeschalteten
Aufsichtsbeamten Verbindungen verlangt wurden, machte die Telephonistin deren 357,
und zwar 92 für sich allein, 42 auf Verlangen eines anderen Amtes und 223 hatte sie
von einem anderen Amte zu verlangen. Die Theilnehmer müssen allerdings in den nach
Mann eingerichteten Netzen beim Rufen eine gewisse
Rücksicht auf einander nehmen und nötigenfalls einander nachwarten. Es mag hier
bemerkt werden, dass Mann im Telegraphic Journal 1891 Bd. 29 S. 575 (vgl. auch ebenda S. 576 und 462)
berichtet, dass er seine Anordnung im Frühjahre 1882 in Dundee erfunden und im
Herbst 1882 daselbst ausgeführt habe, wo er damals Elektriker der National Telephone
Company war. Sie ist (wenngleich unabhängig von der Law-Anordnung erfunden; vgl. ebenda S. 407 und 462) als eine
Weiterentwickelung der sogenannten Law-Anordnung
(Lawsystem) angesehen worden (vgl. ebenda S. 305, 378 462 und 520), bei
welcher die Dienstleitung eine Schleife bildet und die Theilnehmer hinter einander
in dieselbe eingeschaltet sind (vgl. Maier und Preece, Das
Telephon, Stuttgart 1889, S. 239). Eine solche Law-Anordnung ist nach dem Telegraphic
Journal (1891 Bd. 29 S. 462) im Februar 1891 aus Amerika mit nach Glasgow
gebracht worden, und Bennet kam dahin im Januar 1881;
ebenda S. 378 (vgl. auch S. 520) wird eine im Frühjahre 1875 gegründete Law Telegraph Company in New York erwähnt, welche nach
einem von W. A. Childs ausgegangenen Vorschlage in der
gemeinschaftlichen Rufleitung Morseklopfer, in den von den Theilnehmern nach dem
Amte laufenden Leitungen aber Ruf klingeln und Zeigertelegraphen benutzte. Der 1866
erfundene und am 31. December 1866 patentirte in New York zur Mittheilung der
Goldpreise von der Gold-Exchange in die Bank- und Mäklergeschäfte benutzte
Zeigertelegraph von S. S. Law in New York ist
beschrieben in G. B. Prescott, Electricity, New York
1877 S. 672 und noch eingehender in J. D. Reid, The
Telegraph in America, New York 1879 * S. 602; auch in Philadelphia richtete
Dr. Law bald nachher eine Anlage ein, übertrug aber
seine Rechte 1869 an die kurz vorher neu gegründete Gold and Stock Telegraph Company
und diese benutzte Law's Telegraphen zugleich mit dem
1867 erfundenen Börsendrucker Calahan's.
Sehr werthvoll und den inneren Zusammenhang der Vorgänge aufklärend sind die
Hinweise, welche die Redaction des Telegraphic Journal
am 13. November auf * S. 558 gegeben hat. Hiernach sind in England 1879 unter Nr.
5319 und 1881 unter Nr. 4165 zwei auf die Law-Anordnung für Telephonnetze bezügliche vorläufige Patentbeschreibungen
und zwar die erstereIn dieser ist
zugleich auch noch ein Vorschlag enthalten, nach dem man ohne Anwendung von
zwei Drähten auskommen kann. von der Law-Telegraph-Compagnie in New York, die letztere von Frank Shaw in New York und William A. Childs in Englewood, N. J., eingereicht worden, von denen die
letztere die Law-Anordnung als in der amerikanischen
Patentschrift No. 220874 beschrieben erwähnt und bevorzugt. Ferner ist nun in dem am
11. August 1879, am 21. October d. J. an Frank Shaw in
New York ertheilten und von diesem auf die Law
Telegraph Company übertragenen amerikanischen Patent Nr. 220874 nur von gewöhnlicher
Hintereinanderschaltung der Theilnehmerstellen in einer an beiden Enden an Erde
liegenden Ruf- oder Signalleitung die Rede, dagegen solle nach einer a. a. O. S. 559
wiedergegebenen, in der Patentschrift des am 25. September 1880 eingereichten und am
20. December 1881 an Joseph O. Jeffries ertheilten
Patentes No. 251 234 die Rufleitung entweder als Schleife hergestellt und in alle
Theilnehmerstellen eingeführt werden, oder sie solle aus einem am fernen Ende
isolirt bleibenden Drahte bestehen, von welchem einzelne Drähte nach den
Theilnehmerstellen abgezweigt werden und in diesen zum Zwecke des Rufens an Erde
gelegt werden können; beide Anordnungen – von denen übrigens in die auf S. 1793 der
Official Gazette of the United States Patent Office
von 1881 aufgeführten Patentansprüche nichts aufgenommen ist – sind nach Gillet's Mittheilungen in dem Telegraphic Journal Bd. 29 S. 564 in Brooklin zur Verwendung gekommen,
desgleichen (vgl. ebenda S. 520) in der ursprünglichen Law-Exchange in New York.
Ergänzend ist noch zu erwähnen, dass während der Nacht und in den Zeiten schwachen
Verkehrs die Telephonistin nicht beständig am Telephon horcht, dass dann vielmehr
beim Niederdrücken des Hebels beim Theilnehmer im Amte ein Zeichen gegeben wirdEs brauchte ja
dazu im Amte zugleich mit dem Zeichenempfänger nur noch eine Batterie
eingeschallt zu werden, so dass der niedergedrückte Hebel den Stromkreis
schliesst. Vgl. Maier und Preece, Das
Thelephon, S. 245., welches die Telephonistin so rasch
befolgen kann, dass sie bereit zum Horchen ist, noch bevor der Theilnehmer zu
sprechen beginnt.
Die von Mann ursprünglich benutzte Einschaltung des
Dienstdrahtes theilt Bennett im Telegraphic Journal 1891 Bd. 29 * S. 276 mit;
dieselbe und ebenso diejenige, welche nach Goodwin's
Angaben (vgl. ebenda S. 320, 492, 548, 576 u.a.) auch 1883 in Indien benützt worden
ist, gleicht ganz der Schaltung, welche bei Feuerwehrtelegraphenanlagen verwendet zu
werden pflegt, wenn dieselben mit Arbeitsstrom betrieben werden und ein aus
einzelnen Strahlen bestehendes Leitungsnetz besitzen. Dabei war der Uebelstand
vorhanden, dass bei einer in der Dienstleitung auftretenden Unterbrechung nur die
zwischen der Unterbrechungsstelle und dem Amte liegenden Theilnehmer noch mit dem
Amte sprechen konnten, die anderen dagegen abgeschlossen waren. Eine Verbesserung
der Schaltung hat Jno. D. Miller in Dundee bei den nach
Mann's Weise eingerichteten Netzen eingeführt. Bennett beschreibt dieselbe ebenda Bd. 29 * S. 461
(vgl. auch S. 575) und Miller theilt auf * S. 462
bezieh. 576 mit, dass er „frühzeitig im Jahre 1887“ und „von selbst“
auf sie
gekommen sei und dass er sie zuerst in Dundee im November 1888 zur Ausführung
gebracht habe. Miller führt die Dienstleitung bis ins
Amt zurück, schliesst sie daselbst zur Schleife und zweigt von ihr einen Draht durch
das Telephon zur Erde ab, so dass sich von jedem Theilnehmer aus zwei Stromwege nach dem Amte darbieten. Diese Schaltung
ist aber ganz die nämliche (vgl. 1886 262 * 20), welche
für Feuerwehranlagen mit Arbeitsstrombetrieb Prof. Zetzsche schon 1872, bezieh. 1882 im Katechismus
der elektrischen Telegraphie (5. Aufl. S. 265, 6. Aufl. S. 395) kurz
angedeutet und in der Elektrotechnischen Zeitschrift
1886 * S. 224Bei der ebenda
mit erwähnten, von Zabel angeführten Schaltung
für Arbeitsstrom handelt es sich um eine im Amte der Feuerwache offene Schleifenleitung, wie Fig. 34 auf S. 56
des genannten Buches von Zabel
zeigt. aus Anlass der Patente Mc
Cullough's auf Feuerwehrtelegraphen (vgl. 1886 262 * 18) eingehend und unter klarem Hinweis auf ihre Vorzüge und ihre
Herleitung aus der – u.a. 1872 in Zetzsche's
Katechismus als Fig. 137 abgebildeten, aus der 1870 erschienenen 5. Auflage von Schellen, Der elektromagnetische Telegraph (S. 776)
entnommenen – mit der Mann'schen bezieh. der Jeffries'schen übereinstimmenden Schaltung erörtert
hat.
Während Bennett es als einen Vorzug hinstellt, dass bei
Anwendung einer Dienstleitung die Telephonistinnen nicht die Gespräche behorchen
(„anzapfen“) könnten und so das Geheimnis besser gewahrt werde (vgl. Telegraphie Journal Bd. 29 S. 277), und dem Einwurfe,
dass doch die an dieselbe Dienstleitung Angeschlossenen verfolgen könnten, zwischen
welchen Theilnehmern Gespräche verlangt würden (vgl. ebenda S. 306 und 462), die
Bemerkung (vgl. ebenda S. 408) gegenüberstellt, dass man ja nach Bedarf auch
besondere Rufstichwörter verabreden könne, wird ebenda S. 462 und 306 darauf
hingewiesen, dass gerade das Anzapfen nöthig und zweckmässig sei, um ohne Störung
eines noch andauernden Gespräches feststellen zu können, ob nicht etwa zwei durch
Mitbenutzung einer Verbindungsleitung verbundene Theilnehmer in andere Theilnehmer
schädigender Weise die Lösung der Verbindung zu verlangen unterliessen.
Mehrfach wird auch auf den Raum, welcher im Schranke für die Umschalterklinken und
vor dem Schranke für die Telephonistinnen erforderlich ist, eingegangen und
namentlich auf die Vorzüge der Anordnung der Klinken neben einander an wagerecht
liegenden und an aufrecht stehenden Schränken hingewiesen und besonders
hervorgehoben, dass an wagerechten Schränken die bedienenden Telephonistinnen auf
beiden Seiten des Schrankes stehen könnten. Wagerechte Schränke lassen sich aber bei
Anlagen mit Rufsignalen minder gut benutzen, als bei solchen mit Dienstleitungen.
Vgl. ebenda S. 463, 490, 520, 559, 576 u.a.
Bei Vergleichung der Kosten der Anlagen hätten (vgl. ebenda S. 559) die auf
Theilnehmer entfallenden Kosten der Rufsignaleinrichtungen im Vermittelungsamte und
die Kosten der Rufleitung für jeden Theilnehmer einander gegenüber gestellt werden
sollen. Die Kosten für die eigentlichen Umschaltevorrichtungen wachsen stets mit der
Zahl der Theilnehmer.
Zum Schluss mag noch erwähnt werden, dass (vgl. ebenda S. 305) der Herzog von Marlborough in einem Schreiben an die Times
angegeben hat, die New National Company beabsichtige mit der Anlage von
Vermittelungsämtern und Telephonnetzen in der von Bennett befürworteten Weise vorzugehen. Ohne Zweifel empfiehlt sich die
Benutzung einer Dienstleitung zwischen zwei Vermittelungsämtern desselben
Stadtnetzes und ganz besonders, wenn – wie z.B. in New York (vgl. ebenda S. 560) –
die eine Hälfte der zwischen den beiden Aemtern bestehenden Verbindungsleitungen nur
für Herstellung von Verbindungen in der einen Richtung, die andere zu Verbindungen
in der anderen Richtung benutzt wird.
Ed. Z.