Titel: | Neuere Flachsaufbereitungsmaschinen. |
Autor: | Kn. |
Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 251 |
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Neuere Flachsaufbereitungsmaschinen.
Mit Abbildungen.
Neuere Flachsaufbereitungsmaschinen.
Nach dem Rotten oder Rösten des Flachses, d.h. der Arbeit zur Zerstörung der
pflanzenleimartigen, im Wesentlichen aus Pectose bestehenden Substanz des Bastes
(1888 269 * 262) handelt es sich bekanntlich um die
Beseitigung der Schalen- und Holztheile der Flachsristen, zu welchem Zwecke der
Flachs gebrochen und geschwungen wird. Für diese Arbeit kommen in der Hauptsache
drei Wege in Frage, erstens die Vornahme mittels Handarbeit (Handbreche,
Schwingmesser), zweitens auf mechanischem Wege, Brech- und Schwingmaschinen, und
drittens die Bearbeitung mittels der Cardon-Maschine
(1886 260 * 385), von der die Wallace'sche Maschine (1889 271 * 503) eine
Abart bildet. Von den beiden letzteren, für die Flachsaufbereitung im Grossen in
Betracht kommenden Wege scheint der Cardon-Process die
anfangs gehegten Hoffnungen nicht völlig erfüllt zu haben, während die Brech-
und Schwingmaschinen zahlreiche Anwendung gefunden haben und fortgesetzt Gegenstand
zahlreicher Verbesserungsvorschläge sind. Aus der grossen Zahl dieser Constructionen
seien hier einige Flachsaufbereitungsmaschinen vorgeführt, welche nicht nur in
constructiver Hinsicht, sondern auch in Hinsicht des Arbeitsprocesses neue
Gesichtspunkte darbieten, und welche zum Theil schon praktische Bedeutung erlangt
haben.
Textabbildung Bd. 279, S. 251
Spiegelberg's Flachsbrechmaschine.
Unter den Brechmaschinen verdient besonders die Maschine von A. Spiegelberg in Dundee hervorgehoben zu werden (D. R. P. Nr. 54991), an
welche Maschine sich eine weiterhin zu besprechende Schwingmaschine desselben
Constructeurs anschliesst. Die Ausführung erfolgt von der Firma Urquhart, Linolsay und Co. in Dundee. Das Brechen
erfolgt bei dieser in den Fig.
1 bis 4
dargestellten Maschine im Wesentlichen durch eine Reihe schrittweise gedrehter,
sowie hin und her und auf und ab bewegter Druckwalzenpaare, wodurch ein Bruch der
spröden Holzbestandtheile der Stengel ohne Beschädigung der Faser bewirkt wird.
Die Bastfaserstengel werden einem über die in den Trägern A2 gelagerten Walzen C geführten Speisetuche C1 aufgegeben und gelangen zunächst
zwischen cannelirte Druckwalzenpaare B, die in dem
Theil A1 des
Maschinengestelles A drehbar gelagert sind; die
Faserstengel liegen dabei senkrecht zu den Walzenachsen. Nach Bearbeitung durch
diese Walzen, welche ein Knicken der Holzbestandtheile der Stengel veranlassen,
werden dieselben von den unter Federwirkung stehenden Walzen B1 gefasst und durch dieselben einer
Gruppe von Druckwalzenpaaren D1D8 zugeführt, welche die erwähnte abwechselnde
zwangsweise Hin- und Her- bezieh. Auf- und Abbewegung erhalten.
Die einzelnen unter Federwirkung stehenden Walzenpaare werden zu diesem Zwecke durch
Stangen E getragen, deren Arme E1 die Walzenlager enthalten und deren
senkrechte Ansätze E2
in Führungen E3E4 gleiten können,
welche wiederum in den Querträgern A3A4 seitliche Bewegung ausführen können. Die
Führungsstücke E3E4 erhalten über die
Wangen des Maschinengestelles verschieden lang vorstehende Ansätze (Fig. 1), die durch
Stangen G an obere und untere Hebel G1 gelenkartig
angeschlossen sind, welche mit den Wellen G2 drehbar sind. Die Hebel G3 der Wellen G2 stehen durch Kugelgelenkverbindung mit Lenkstangen G4 in Verbindung,
welche von den Scheiben H1 der Antriebswelle Kurbelschubbewegung erhalten. Die von den Lenkstangen
G4 auf die Wellen
G2 und deren Hebel
G1 übertragene
Kehrbewegung veranlasst eine regelmässige Zu- bezieh. Abnahme des Abstandes zwischen
je zwei Führungsstücken E3 bezieh. E4
und dadurch eine Hin- und Herbewegung der Brechwalzenpaare D, wodurch eine energische Lockerung der gebrochenen Holztheile der
Stengel bewirkt wird. Gleichzeitig erhalten die Walzenpaare D bei dieser Bewegung eine Auf- und Abbewegung zur weiteren Lockerung der
Holztheile, und zwar durch Curvenschub mittels der Schlitze J1 bis J8, die in den festen Platten J vorgesehen sind und Rollen der senkrechten Stangen E2 aufnehmen (Fig. 2, 3 und 4). Die Platten J liegen zu drei auf je einer Seite der Maschine.
Textabbildung Bd. 279, S. 252
Fig. 5.Spiegelberg's Schwingmaschine.
Der Vorschub der Faserstengel durch die Brechwalzenpaare erfolgt durch deren
umlaufende Bewegung. Dieselbe wird durch Kettenräder K
vermittelt, welche durch endlose Ketten K1 angetrieben werden, die genügend durchhängen, um
die Hin- und Herbewegung der Brechwalzen zuzulassen, und welche um Kettenräder K2 auf der Welle K3 führen. Letztere
erhält durch das Sperrrad K4 schrittweise Bewegung, indem eine Schaltklinke an dem Arme K5 damit in Eingriff
gebracht wird, welcher in der dargestellten Weise von der Curvenschubplatte L der Antriebswelle H aus
schwingende Bewegung erhält. In ähnlicher Weise erhalten die Walzenpaare B mittels der Räder N
durch die Kette N1
Antrieb, welche über die Scheibe N2 der Welle K3 führt.
Textabbildung Bd. 279, S. 252
Fig. 6.Umsteuerung zu Spiegelberg's Schwingmaschine.
Nachdem die Faserstengel das letzte Walzenpaar D8 verlassen haben, werden sie auf einem endlosen
Fördertuche P behufs weiterer Verarbeitung fortgeführt,
zweckmässig zu einer benachbart aufzustellenden Schwingmaschine.
Diese Spiegelberg'sche Schwingmaschine (vgl. Engl. Patent 1889 Nr. 19035) ist in der Fig. 5 in einem Querschnitt dargestellt, deren
Antriebswelle L mit der Antriebswelle H der Brechmaschine (Fig. 2) identisch sein
kann. Der zu schwingende Flachs wird von dem endlosen Zuführtuche A aus mittels des Quetschwalzenpaares BB1 in die
Schwingmaschine eingeführt. Diese Walzen erhalten eine unterbrochene Bewegung, so
dass sie nach Einführung eines gewissen Theiles der Flachsbündel, welches dann
zwischen ein Walzenpaar CC1 eintritt, zum Stillstand kommen. Von den letzteren
Walzen reicht das Flachsbündel herab in den Bereich zweier rotirender Schläger DD1 und zwischen ein
den Walzen CC1
gleichartiges, offenes Walzenpaar EE1. Diese Walzenpaare sind nicht fest, sondern in
schwingenden Hebeln gelagert, und arbeiten derart zusammen, dass CC1 geschlossen; wenn
EE1 geöffnet ist,
und umgekehrt.
Wird nun der Flachs, wie erwähnt, von den Walzen CC1 gehalten, so rotiren die Schläger DD1 in der durch den
eingezeichneten Pfeil angedeuteten Richtung und befreien den unteren Theil des
Bündels von seinen Holztheilen. Nach kurzer Zeit kommen diese Schläger wieder zur
Ruhe, um dann in der entgegengesetzten Richtung umzulaufen, nachdem zuvor die Walzen
EE1 sich
geschlossen und die Walzen CC1 sich geöffnet haben, so dass nun der obere Theil des jetzt von EE1 gehaltenen
Flachsbündels bearbeitet wird. Auf diese Weise erfolgt also eine allseitige
Bearbeitung des Flachses, der mit Hilfe der Walzen JJ1 auf ein endloses Tuch K ausgelegt wird.
Das Oeffnen und Schliessen der Klemmwalzen CC1 und EE1 erfolgt mit Hilfe seitlicher, mit entsprechenden
Schubflächen ausgerüsteter Rahmen F, welche von der
Nuthcurvenscheibe G aus mittels des Hebels H eine auf und ab steigende Bewegung erhalten und
dementsprechend die Walzen gegen einander pressen oder freigeben. Die Welle I der Curvenscheibe G
erhält dabei von der Antriebswelle L aus mittels des
Getriebes I1 Bewegung.
Von der Welle L aus wird ferner mittels fester und
loser Scheiben und eines offenen und gekreuzten Riemens der Welle M Drehung ertheilt, von welcher aus die Bewegung den
Schlägern DD1 in beiden
Richtungen mittels Zahnräder mitgetheilt wird. Die Umsteuerung erfolgt dabei in der
in Fig. 6 dargestellten Art und Weise. Auf der Welle
I sitzt noch eine zweite Nuthcurvenscheibe O, in welcher die Rolle einer dadurch auf und ab
steigenden Stange O1
läuft, an welcher der am Gestell drehbare Sector N
angelenkt ist. Die Bewegung, die der Sector so ausführt, wird nun, wie gezeichnet,
mittels Verzahnung auf die Riemengabelstange M1 übertragen, und wird dementsprechend der offene
und der gekreuzte Riemen abwechselnd von der festen auf die lose Scheibe und
umgekehrt übergeführt.
Der Antrieb der Klemmwalzen CC1 und EE1
erfolgt ebenfalls von der Welle I aus mittels
Zahnradgetrieben und der senkrechten Welle P in der
gezeichneten Weise, während die Einzugswalzen BB1 ihre unterbrochene Bewegung von dem Rade P1 erhalten, das in dem
schwingenden, von dem Hebel H mittels einer Zugstange
bethätigten Hebel P2
gelagert ist.
Die Bearbeitung des Flachses soll in den beiden Spiegelberg'schen Maschinen nach Industries
(1890 S. 612) eine sehr rationelle, die Faser schonende sein; über Leistungsfähigkeit scheinen
Zahlen noch nicht zur Verfügung zu stehen, und müssen daher weitere Versuche
abgewartet werden.
Textabbildung Bd. 279, S. 253
Flachsbrech- und Schwingmaschine von der Comp. de Fives-Lille.
Auf der Pariser Weltausstellung 1889 waren Maschinen zum Brechen und Schwingen von
Flachs und Hanf nur von der Compagnie de Fives-Lille
ausgestellt, und zwar zwei zusammengehörige, gleichartige und hinter einander
aufzustellende Maschinen, deren Querschnitt Fig. 7 (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1890) und
deren Gesammtansicht Fig. 10 zeigt (Scient. Americ. Suppl., 1889 Nr. 719). Die eine dieser
Maschinen, welche in ihrer Einrichtung der Cardon'schen
Maschine gleichen (1886 260 * 385), bearbeitet die
Flachsstengel am Fussende, die andere die umgekehrt eingespannten Stengel an der
Spitze. Die Maschinen besitzen, wie der Querschnitt zeigt, ein Trommelpaar AA1 zwischen welches
die von einer Kluppe k gehaltenen Stengel durch
Niederlassen der Kluppenbahn b von der Excenterwelle
e aus zuerst gelangen. Zur leichteren Einführung
sind die Blechmulden m angebracht, und sind die
Trommeln durch Blechhauben n geschützt.
Textabbildung Bd. 279, S. 253
Fig. 10.Flachsbrech- und Schwingmaschine der Comp. de Fives-Lille.
Die Trommeln, welche sechs runde Schlagleisten (lose um die
durchgesteckte Achse drehbare und polirte Röhren) besitzen, machen bis etwa 400
Umdrehungen in der Minute, und werden die Flachsstengel auf diese Weise nur schwach
und sanft gebrochen. Die letzteren gelangen dann durch Hochgehen der Kluppenbahn,
Fortrücken der Kluppen (vgl. das Schaubild Fig. 10)
und Wiedersenken der ersteren zwischen die in Fig. 8 dargestellten
Trommeln mit engstehenden Stahlleisten, zwischen denen das Brechen vollendet wird.
Die Fortbewegung der Kluppen erfolgt auf die bei der Cardon'schen Maschine angewendete Weise. Die Flachsstengel gelangen dann
auf dieselbe Weise noch zwischen zwei nach Fig. 9 eingerichtete
Schlagtrommeln, deren kupferne Leisten schräg zu ihrer Achse stehen und leicht
gezahnt sind, und zwischen denen die Stengel einem Schlagen und Streichen
unterworfen werden.
Textabbildung Bd. 279, S. 253
Maschine zum Vorhecheln von Erskine.
Die Hubhöhe der Kluppenbewegung muss natürlich der Länge der zu bearbeitenden Stengel
angepasst werden, was durch Verstellung der Excenterwelle bewirkt wird; die Zahl der
Hübe beträgt etwa 4 bis 6 in der Minute. Ebenso kann die Umdrehungszahl der Trommeln
je nach Erforderniss von der Hauptwelle H aus durch
Wechselräder geregelt werden. Eine Kluppe kann etwa 400 g Stengel aufnehmen, und
können täglich in 10 Stunden 240 bis 400 k bearbeitet werden, welche bei einem
Faserergebniss von 22 Proc. nach dem Hecheln etwa 53 bis 88 k Flachs ergeben. Das
Hecheln kann auch zwischen den beiden Maschinen auf Hechelmaschinen vorgenommen
werden. Die beiden Maschinen bedürfen zur Bedienung fünf Mann, und zwar zwei, welche
die Flachsstengel in die Kluppen und in die erste Maschine einlegen, zwei, welche
den Flachs umgekehrt einspannen und ihn in die zweite Maschine einlegen, und einen,
der das bearbeitete Material dieser entnimmt.
Schliesslich ist noch einer Maschine zu gedenken, mittels welcher eine bisher von
Hand geleistete Arbeit auf mechanischem Wege ausgeführt werden soll. Bevor der
gebrochene und geschwungene Flachs der Hechelmaschine übergeben wird, muss er
bekanntlich erst noch zur Erzielung eines späteren guten Productes der Arbeit des
Vorhechelns oder Vorspitzens unterworfen werden, wodurch das Wurzelende zugespitzt
wird und alle Fasern in demselben auf durchaus gleiche Länge gebracht werden. Diese
Arbeit wird von Hand ausgeführt und ist ein guter Vorhechler im Stande, in etwa 10
Arbeitsstunden eine Arbeitsleistung von etwa 300 Pfund, in der Woche 10 bis 14
Centner, gut vorgehechelten Flachs abzuliefern. Diese Arbeit will nun J. Erskine in Belfast auf mechanischem Wege vornehmen,
und bringt er zu dem Zwecke die in den Fig. 11 und 12 in Längsschnitt und
Endansicht dargestellte Maschine in Vorschlag. Der Flachs wird hier ebenfalls in
Kluppen B eingespannt, die vom Kurbelzapfen K aus in einer Bahn auf und ab geführt werden.
Unterhalb der Kluppen ist ein Zangenpaar CD gelagert,
deren einer Zangenarm C fest angeordnet ist, während
der andere D von dem genannten Kurbelzapfen K der Scheibe L aus
mittels des Hebels EJ abwechselnd geöffnet und
geschlossen wird.
Zwischen den Kluppen B und dem Zangenpaare CD ist ferner an Hebeln F
ein Schlägerpaar T angeordnet, das vom Hebel E aus bethätigt wird.
Die genannten Theile arbeiten nun in folgender Weise zusammen. Wenn die Kluppen B abwärts steigen, wird das Zangenpaar CD geöffnet, derart, dass der Flachs mit seinem
Wurzelende zwischen C und D eintritt. Das Zangenpaar schliesst sich dann wieder, worauf die Kluppen
B wieder aufsteigen, so dass die kurzen und
schlechten Fasern zwischen den Backen CD sitzen
bleiben. Machen dann die Kluppen ihren nächsten Abwärtsgang, so öffnet sich die
Zange CD wieder, gleichzeitig aber bewegen sich die
Arme F mit den Schlägern T
abwärts, welche letztere dabei die noch nicht aus der Zange CD herausgefallenen Fasern von den Backen abstreifen, so dass die mehrmals
in die Zange eintretenden Flachsstengel wieder von reinen Flächen gefasst werden.
Gleichzeitig mit einer derartigen Bearbeitung der Wurzelenden kann vor oder nach dem
Zuspitzen ein Brechen und Hecheln vorgenommen werden, indem mit Gummi besetzte
Presser R oder wagerecht hin und her geführte
Hechelfelder O verwendet werden. Dieser Erskine'schen Maschine ist in England Patentschutz
unter Nr. 7695 (1889) ertheilt, während sie in Deutschland nicht patentirt ist.
Kn.