Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Mälzerei. |
Autor: | Alois Schwarz |
Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 241 |
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Neuerungen auf dem Gebiete der
Mälzerei.
Von Prof. Alois Schwarz
in M.-Ostrau.
Neuerungen auf dem Gebiete der Mälzerei.
Im Laufe der letzten Jahre haben sich auf dem Gebiete der Mälzerei eine Reihe
wichtiger Neuerungen Eingang verschafft. Die Handarbeit wurde, wie in vielen anderen
Zweigen der Brauindustrie, theilweise oder vollständig durch mechanische
Vorrichtungen ersetzt, und immer mehr verschaffte sich der Gedanke Eingang, dass der
so complicirte Process der Mälzerei, dessen Wichtigkeit für den Brauprocess auf
Grund der neueren Forschungen gebührend gewürdigt wurde, durch die Anwendung
mechanischer Vorrichtungen gleichmässiger und rationeller, theilweise auch von den
Einflüssen der Atmosphäre unabhängig gestaltet werden könnte. Den Anfang der
mechanischen Einrichtungen machten die Darrwender, die nunmehr allgemeine Anwendung
gefunden haben; diesen folgte die Einführung des pneumatisch-mechanischen
Keimprocesses, deren zwei wichtigste und verbreitetste Systeme, die nach Gallard und Saladin,
bereits 1889 271 545 bis 549 besprochen wurden. Von den
zur Einführung oder in Vorschlag gebrachten neueren Verfahren der
pneumatischmechanischen Mälzerei sind noch nachstehende hervorzuheben:
Das Mälzereiverfahren nach Paul Weinig beruht auf dem
Princip der Kastenmälzerei; es ist eine verbesserte Form jenes älteren Systems, bei
welchem das Grünmalz auf einer Reihe von Keimplateaus täglich um ein Plateau
vorrückt und bei dem die Zuführung der in entsprechenden Apparaten angefeuchteten
Luft von oben nach unten mittels Exhaustoren erfolgt. Die Verschiebung der Plateaus
mit sammt der darauf befindlichen Grünmalzlage bewirkt Weinig durch einen sinnreichen Mechanismus ohne bedeutenden Aufwand an
Kraft, und wird die Handarbeit, welche bei den ersten Anlagen dieser Art (wie z.B.
in den Brauereien Jacobsen in Kopenhagen) den Betrieb
wesentlich erschwert, vollständig vermieden.
Fig. 1 zeigt die Ansicht
des Apparates von oben, Fig.
2 den Längsschnitt, Fig. 3 den Querschnitt und Fig. 4 die
Vorderansicht.
Der Keimapparat selbst besteht aus einer perforirten Fläche zur Aufnahme des
Keimgutes, welche aus einzelnen Horden C gebildet ist,
und aus zehn oben offenen Kammern A1 bis A10, die durch den Kanal B mit einem Exhaustor in Verbindung stehen und einzeln von den Horden C gedeckt werden. Die Horden C, bezieh. D bestehen aus einem Rahmen b (Fig. 2 und 3) mit dem in diesen
eingefügten Gitterwerk c und dem gelochten Boden d. Die Horden C werden mit
ihren langen Seiten aneinandergestellt, so dass sie zusammen die Keimfläche bilden.
A1 bis A10 (Fig. 2) sind die Kammern,
auf deren Wandungen die Horden ruhen. Jede Kammer wird von einer Horde C bedeckt und steht, wie bereits erwähnt, durch
Oeffnungen a (Fig. 3) mit dem
Kanal B und durch diesen mit einem Exhaustor in
Verbindung.
Textabbildung Bd. 279, S. 241
Weinig's Mälzereiverfahren.
Die Oeffnungen können durch Ventile geschlossen werden, um den von dem Exhaustor
durch die gelochten Horden C hervorgerufenen Luftzug zu
reguliren. Um die Horden C nach und nach über die
einzelnen Kammern fortbewegen zu können, sind an jeder dieser Horden zwei Räder h (Fig. 1 und 3) angebracht, welche auf
Schienen k laufen und mit diesen auf und ab bewegt
werden können. Zu diesem Zweck liegt unter den Schienen je eine Welle l (Fig. 3) mit einer Anzahl
Excentern m versehen, welche die Schienen mittels der
Schleifstücke tragen; die Schienen haben ihre Führung auf Verlängerungen der
Wellenlager o. Die Wellen l können von der Welle r aus durch die
Schraubenvorgelege p, q (Fig. 2 und 4) gedreht werden. Die
Excenter m sind zu den übrigen Theilen so angeordnet,
dass, wenn deren Excentricität nach unten gerichtet ist, die Rahmen b der Horden auf den Wänden der Kammern A1 bis A10 ruhen; dass dagegen
bei der Drehung der Excenter um eine halbe Umdrehung die Schienen k und mit diesen auch die Horden C gehoben werden, so dass letztere dann auf den
Schienen k vorwärts bewegt werden können; eine zweite
halbe Umdrehung bringt die Horden wieder auf den Kammerwänden zur Auflage.
Zur Vorwärtsbewegung der Horden C sind an dem einen
Ende des Apparates zwei bei u und u1 gelagerte Schrauben
t (Fig. 1 und 2) angebracht, welche
sich gleichzeitig durch die Welle r und die beiden
Schneckenvorgelege p1
und q1 (Fig. 2 und 4) drehen lassen, und
deren Muttern mit dem ebenfalls durch zwei Laufräder auf der Schiene h ruhenden und an der ersten Horde d befestigten Querbalken w
(Fig. 1) in
Verbindung stehen.
Um den Luftzutritt zwischen den Rahmen b der Horden und
den Kammerwänden hindurch zu den Kammern zu verhindern, werden Streifen c aus Gummi zwischen die Rahmen und die Wände gebracht,
und zwar so, dass die Gummistreifen in Aussparungen von Platten f, die auf den Wänden befestigt sind, versenkt
werden.
Textabbildung Bd. 279, S. 242
Weinig's Mälzereiverfahren.
Das Wenden und Auflockern des Grünmalzes erfolgt durch eine Wendevorrichtung, welche
in etwas grösserem Massstabe dem bekannten und auf Malzdarren vielfach verbreiteten
patentirten Weinig'schen Malzwender ähnlich construirt
ist. Ihre Einrichtung ist gleichfalls aus den Fig. 1 bis 4 ersichtlich; dieselbe
besteht aus einer über die ganze Breite des Keimkastens reichenden Welle, an
welcher, entsprechend gegen einander versetzt, an sieben Paar Schaufelarmen 28
Wenderschaufeln sitzen, welche sich in einer im Längsschnitt dargestellten Weise
drehen, und zwar greifen dieselben derart in das auf den Keimplateaus liegende Malz
ein, dass sie sich auf dem Wege durch dasselbe füllen, es aufheben und dann wieder
fallen lassen. Die Länge der einzelnen Wenderarme entspricht genau der Breite eines
Keimplateaus. Der Antrieb und die Bewegung dieses Wenders erfolgt in der bekannten
Weise ähnlich wie bei den Darrwendern mittels Wagen und Laufrollen auf den an den
Längsseiten des Apparates angebrachten Schienen und Zahnstangen. Das Wenden des
Grünmalzes geschieht so gründlich und vollständig, dass bei jedem Hin- und Rückgang,
der nach je 12 Stunden erfolgt, die untern Malzschichten nach oben und dann wieder
nach unten zu liegen kommen.
Der Betrieb dieses pneumatisch-mechanischen Keimapparates erfolgt in nachstehender
Weise:
Beim Beginn der Arbeit wird die Horde C, welche sich
über der Kammer A1
befindet, mit gequelltem Keimgut beschickt und die betreffende Kammer mit dem
Exhaustor in Verbindung gebracht, so dass das Keimgut einem Luftstrom ausgesetzt
ist, dessen Stärke durch das entsprechende Ventil regulirt wird; nach 12 Stunden
wird der Wender einmal durch das Keimgut laufen gelassen, dasselbe gelockert und
gewendet; nach weiteren 12 Stunden geschieht dasselbe wieder, indem man den Wender
zurücklaufen lässt. Nun werden die Horden C mit dem
Keimgut durch die oben beschriebenen Mechanismen gehoben und vorwärts bewegt,
so dass jetzt die Horde C sich über der Luftkammer A2 befindet; die Horde
D wird wieder in ihre ursprüngliche Stellung
gebracht und über A1,
wo eine Lücke entstanden ist, eine neue Horde eingesetzt, die Horden nun wieder
gesenkt, so dass sie auf ihren Dichtungsflächen wieder aufsitzen, und die neu
eingesetzte Horde wieder frisch beschickt.
Die Kammer A2 wird nun
ebenfalls mit dem Exhaustor durch Oeffnen ihres Ventils in Verbindung gesetzt, das
Keimgut beider Horden mit dem Wender bearbeitet und nach 12 weiteren Stunden
ebenfalls, worauf dann die dritte Horde eingesetzt und wieder beschickt und die
Kammer A3 mit dem
Exhaustor in Verbindung gesetzt sind. – Am elften Tage wird die erste Horde, welche
sich jetzt über der Kammer A10 befindet, hinausgeschoben, geleert und wieder über der Kammer A1 eingesetzt. Hiernach
ist der fernere Betrieb des Apparates ein fortlaufender, indem jeden Tag eine Horde
entleert, umgestellt und von neuem beschickt wird. Sämmtliches Keimgut auf allen
Horden ist dem Luftstrom ausgesetzt, und das Wenden geschieht immer alle 12 Stunden
in der oben angedeuteten Weise, indem beim Hingange der Wender die unteren
Malzschichten nach oben, beim Rückgange wieder nach unten gelegt werden, so dass das
Grünmalz stets in gleichmässiger Weise der Einwirkung des entsprechend
angefeuchteten und temperirten Luftstromes ausgesetzt ist. – Eine Anlage dieses
Systems ist in der Brauerei G. Ph. Nicolai in Hanau a.
M. in Betrieb.
Ein zweites System der pneumatischen Mälzerei, welches ursprünglich bloss für den
Handbetrieb eingerichtet war, ist das von Völckner;
eine solche Anlage wurde zuerst in der Mälzerei von Schilcher in Puntigam bei Graz und sodann in der Brauerei Eichbaum in Mannheim ausgeführt und stehen seither dort
in Betrieb, und ähnliche Anlagen wurden auch schon früher in den Jacobsen'schen Brauereien in Kopenhagen
eingerichtet.
Das Princip des Völckner'schen Systems der pneumatischen
Mälzerei besteht darin, dass das keimende Malz auf einer perforirten Fläche gelagert
ist, unter welcher eine Luftverdünnung hervorgerufen wird, in Folge welcher die Luft
des hermetisch abgeschlossenen Tennenraumes, welche auf geeignetem Wege vollständig
mit Feuchtigkeit gesättigt wird, sich einen Weg von oben nach unten durch das
keimende Malz sucht, die gebildete Kohlensäure verdrängt und entsprechend der
Geschwindigkeit die Verdunstung des Wassers verhindert, so dass das Korn stets in
gleichem Feuchtigkeitszustand erhalten wird.
In den Fig. 5 bis 8, welche einen
Grundriss, einen Längen- und zwei Querschnitte darstellen, ist A die Malztenne, über welcher sich drei Vorrathsböden
befinden,
B ist ein Raum, welcher im Parterregeschoss zur
Communication dient, und wird in den darüber liegenden Stockwerken derselbe von der
Putzerei und den Quellstöcken in Anspruch genommen, CC
sind zwei Malzdarren, DD sind zwei Silos, welche das
Malz direct von der Malzputzmaschine aufnehmen, E ist
der Raum, in welchem Dampfmaschine und Exhaustor stehen, F ist der Luftreinigungsthurm und g das
Dampfkesselhaus.
Textabbildung Bd. 279, S. 243
Fig. 5.Pneumatische Mälzerei nach Völckner's System.
Die Malztenne A ist ein gegen die äussere Atmosphäre
möglichst dicht abgeschlossener, 33 m langer und 13 m breiter Raum, welcher, auf
Gurten eingewölbt, durch zwei Säulenreihen in drei ungleich breite Längsschiffe
eingetheilt ist. In den beiden breiten Längsschiffen befinden sich die Malzbassins
aa, welche von 0,80 m hohen Wänden eingeschlossen
sind. Der Boden der Bassins ist aus fein durchlöcherten Stahlblechplatten gebildet,
unter denen sich durch Abtheilungswände von einander getrennte Lufträume befinden,
welche mittels eines Hauptrohres und einzelner durch Drosselklappen regulirbarer
Querröhren mit den beiden Exhaustoren bb
communiciren.
In die Malztenne führen vom Vorraum B sechs Stufen
nieder, welche zwischen zwei Thüren in einem Vorbau liegen.
Die innere Thür der Tenne mündet auf ein Podest, welches um die Höhe der Wände der
Bettungen über dem Boden derselben liegt und von welchem wiederum Stiegen in die
Gänge zwischen und neben den Bettungen hinunterführen.
Das Podest dient zur Ablagerung des fertigen Grünmalzes, bevor dasselbe mittels des
Aufzuges c zum Darrenboden transportirt wird.
d ist ein Reservoir, welches die gequellte Gerste
aufnimmt, die von den Quellstöcken e mittels Kipp wägen
dorthin transportirt wird, und welches oben und unten dicht geschlossen wird. An dem
Ende der Tenne, wo das Reservoir d steht, beginnt die
Arbeit des Haufens.
Die Quellgerste wird aus dem Reservoir durch eine Rinne in das betreffende Bassin
abgelassen und auf demselben der Breite einer Abtheilung (1½ m) entsprechend
ausgebreitet.
Nach 12 Stunden wird diese Partie eine Abtheilung weiter überschaufelt und der
entstandene freie Raum wieder vom Reservoir aus mit gequellter Gerste gefüllt. Diese
Operation wiederholt sich ununterbrochen, jeder Haufen rückt 12stündlich um eine
Abtheilung vor und kommt regelmässig am zehnten Tage nach seinem Eintritte in das
Bassin als fertiges Grünmalz auf das Podest und von da mittels Aufzug zur Darre.
Ueber dem Raum B stehen auf der Höhe der zweiten Etage
die 12 Quellstöcke ee. Die Grosse derselben ist dem
Volumen des Haufens angepasst und erfolgt, wie schon bemerkt, die Communication
zwischen diesem und dem Reservoir a, welches auch als
Nachweiche verwendbar ist, durch Kippwägen.
Textabbildung Bd. 279, S. 243
Pneumatische Mälzerei nach Völckner's System.
In E steht die Dampfmaschine f, von welcher zwei Exhaustoren bb von 1 m
Durchmesser und 55 cm Breite betrieben werden. Diese Exhaustoren saugen die Luft aus
einem glasirten Thonrohre und durch dieses, bezieh. den durchlöcherten Boden der
Bettung und das auf demselben in der Arbeit liegende Malz, aus dem Tennenraum. Es
entsteht hierdurch in diesem Raum eine starke Depression, wodurch die atmosphärische
Luft bestrebt ist, in denselben einzudringen. Mauern und Fenster sind mit besonderer
Sorgfalt abgedichtet, erstere durch Cementputz und Glasirung, letztere durch
sorgfältiges Verkitten der starken Glasscheiben, und so bleibt nur der eine Weg zum
Ersatz der ausgezogenen Luft übrig, welcher durch den Kanal hh in den
Tennenraum führt.
Dieser Kanal steht mit dem Reinigungsthurm F in directer
Verbindung und bezieht die Luft, welche in letzterem gereinigt, im Sommer gekühlt
und im Winter erwärmt wird, aus demselben.
Der Eintritt der Luft aus dem Freien erfolgt durch den Kanal i, von wo aus dieselbe in eine der beiden Abtheilungen von F eintritt und emporsteigend eine Cascade passirt,
welche durch das Herabrinnen des aus dem Reservoir k
strömenden Wassers durch eingelegte durchlöcherte Böden gebildet ist. Die so
abgekühlte, bezieh. erwärmte Luft fällt sodann in einem ausserhalb des Thurmes F liegenden senkrechten Schacht in den Kanal h, um bei h1 in den Tennenraum einzutreten. Die in der Luft
enthaltenen gröberen organischen Körper werden beim Eintritt in den Thurm durch eine
geeignete Vorrichtung zurückgehalten und die Luft danach beim Emporsteigen
vollständig gewaschen, so dass im Innern des Tennenraumes stets eine vollständig
reine Luft herrscht.
In dem Luftreinigungsthurme bei F sind die gelochten
Zinkblechplatten auf ⊤-Eisen gelagert angebracht, und erreichen dieselben
abwechselnd die Mauerwände, damit der Luft eine freie Passage geboten wird. Von dem
Reservoir h kommt das temperirte Wasser auf die oberste
Platte, vertheilt sich dort über die darunter angebrachte und so fort bis zum Boden
des Thurmes, wo es abläuft.
Da im Laufe der Zeit die Wahrnehmung gemacht wurde, dass die Luft beim Passiren durch
den künstlichen Regen selbst auf dem beträchtlichen Wege von 246 m bei kaum
fühlbarer Geschwindigkeit noch zu wenig Feuchtigkeit annahm, um das durch das
Ventiliren des Keimgutes nur zu leicht entstehende Trockenwerden zu paralysiren, so
wurde deshalb nach Muster von Alt-Karlsberg eine Luftcompressionspumpe aufgestellt
und ein Rohrstrang, mit dieser verbunden, längs des Wachsraumes zwischen beiden
Keimbassins geleitet; an diesem Rohrstrange wurden, entsprechend der Zahl der
Keimbeete, 40 Wasserzerstäuber angebracht, welche nach Bedarf den ganzen Wachsraum
oder einzelne Partien desselben mit kaltem nebelförmigem Wasserstaube erfüllen.
Ferner wurde der aus der Dampfmaschine kommende Auspuffdampf zur Erwärmung von
Wasser, welches im Winter nach Bedarf allein oder mit kaltem gemischt über die
erwähnten gelochten Zinkbleche rieselt, benutzt und genügen nach den gemachten
Erfahrungen jetzt diese Vorrichtungen zum ganzjährigen Betriebe sowohl im strengen
Winter als im Hochsommer. Sie bringen dem Keimgute die nöthige Feuchtigkeit und
erhalten dasselbe nach Verlangen in der gewünschten passenden Temperatur, welche
leicht und schnell nach beiden Richtungen zu verändern möglich ist.
Beim Betriebe der nach diesem Systeme gebauten Anlagen stellte es sich als
wünschenswerth heraus, die ziemlich schwere Handarbeit des Uebersetzens der Haufen
aus einem Beete in das andere zu erleichtern und überdies den Raum zwischen den
Doppelböden der Keimbassins während des Betriebes zugänglich zu machen, ferner auch
den Nachtheil der übergrossen Länge des Hauptlüftungskanals zu beseitigen.
Diese Umstände führten Völckner zur Construction der
pneumatischen Mälzerei mit staffelförmiger Anordnung der Keimbeete, durch welche die
an den ersten Anlagen dieses Systems beobachteten Nachtheile mit Erfolg
beseitigt schienen.
Die erste Anlage dieses neuen Systems wurde für die Ganter'sche Brauereigesellschaft in Freiburg
im Br. eingerichtet, woselbst sie seit mehr als einem Jahre mit bestem Erfolge im
Betriebe steht.
Die Einrichtung eines solchen staffelförmigen Apparates ist in den Fig. 9 bis 11 im
Grundriss und zwei Senkrecht schnitten dargestellt und zeigt dieselbe nachstehende
Construction:
Textabbildung Bd. 279, S. 244
Fig. 9.Mälzerei der Ganter'schen Brauereigesellschaft.
Wie im Grundriss ersichtlich, gruppiren sich um einen quadratischen Schacht, welcher
durch die vier Säulen aaaa mit der dazwischen
eingespannten Cementmauerung gebildet ist, gleich grosse Bassins, welche
staffelförmig übereinander liegend, wie die Stufen einer Wendeltreppe, denselben
umgeben. Angenommen, dass I das oberste Bassin ist, so
liegt II um 0,60 m tiefer, III wieder ebenso viel tiefer als II, IV
wieder ebenso viel tiefer als III und so fort. Bassin
V liegt danach unter I, Bassin IV unter II u.s.w. bis zum Bassin XX, welches das
tiefste und letzte der Zeichnung ist. Es ist hierbei angenommen, dass der Inhalt der
Bassins 12stündlich verschoben wird, die Mälzungsdauer also 10 Tage beträgt. Es ist
übrigens weder die Anzahl der Bassins als die Dauer der Malzperiode eine fixe.
Bassin I empfängt von den darüber liegenden Quellstöcken
die geweichte Gerste und gibt dieselbe nach 12 Stunden oder weniger an II ab, wonach ersteres wieder mit Quellgerste beschickt
wird; dieser Vorgang wiederholt sich stetig bis zur Entleerung des letzten Bassins,
dessen Inhalt durch den Aufzug auf die Darre gelangt.
Die Malzbassins stehen in einem Säulengestell, welches ausser den vier erwähnten
inneren Säulen aaaa aus weiteren vier Eck- und vier
Mittelsäulen besteht.
Die Bassins selbst sind auf folgende Weise construirt:
Der Boden derselben besteht aus Wellenblech, welches auf ⊏-Eisen ruht, das von den
Säulen getragen wird. Die inneren Vertiefungen des Wellenbleches werden mit
Cementbeton ausgefüllt und mit Betonauffüllung der Wasserablauf zu den Klappen b hergestellt, welche zu dem gemeinschaftlichen
senkrechten Abfallsschacht führen.
Auf den ⊏-Eisen und durch eingelegte Zwischenträger unterstützt, wie bei II ersichtlich, liegt eine aus perforirten Blechen hergestellte Decke,
welche den keimenden Malzhaufen trägt.
Auf den ⊏-Eisen sind in Cementmauerwerk hergestellte Wände angebracht. Jedes Bassin
ist von drei solchen Wänden umschlossen. Die gegen das nächste Bassin hinführende
Wand fehlt. An Stelle derselben sind bei den ersten Bassins Blechklappen angebracht,
welche den Haufen der noch nicht gekeimten Gerste begrenzen.
Die Klappen b vermitteln, wie schon gesagt, die
Communication zwischen den Doppelböden und dem senkrechten Abfallsschacht, der oben
geschlossen ist, am Fussboden dagegen Verbindung mit den zwei im Nebenraume
aufgestellten Exhaustoren ee hat.
Textabbildung Bd. 279, S. 245
Fig. 10.Mälzerei der Ganter'schen Brauereigesellschaft.
An der Giebelwand eines jeden Doppelbodens sind im ⊏-Eisen durch Schieber
verschliessbare Oeffnungen angebracht, welche gestatten, den Doppelboden während des
Betriebes durch Wasserstrahlen reinigen zu können. Zwischen dem Säulengestell und
den Wänden des Gebäudes ziehen sich, jeder Bassinhöhe entsprechend, Perrons, welche
durch Treppen mit einander verbunden sind.
Anstossend an die eine Wand des Gebäudes, in welchem das staffelförmige Malzgestell
steht, ist, mit diesem in gleicher Höhe, der Rieselthurm f angebaut. Derselbe hat in seinem Innern eine Anzahl von Siebböden, auf
welchen niedrige Kiesschichten liegen. Auf den oberen Siebböden fliesst Wasser in
einem feinen Regen durch darüber angebrachte Spritzröhren, die mit dem
Wasserreservoir verbunden sind.
Der Weg der Luft ist nun folgender: Die Ventilatoren ee
saugen ununterbrochen Luft aus dem senkrechten Schacht des Säulengestelles. In
dieses gelangt die Luft aus dem die Malzbassins umgebenden Raume durch die auf den
durchlöcherten Böden liegende, in der Keimung begriffene Gerste, und erfolgt die
Regulirung des durchzusaugenden Quantums mittels der Klappen b.
Die Depression, welche in dem Raum entsteht, in welchem die Bassins angebracht sind,
wird durch die aus dem Rieselthurm kommende Luft ersetzt, und zwar ist in jeder
Etage des Malzhauses eine Oeffnung vorhanden, deren Querschnitt durch Jalousien
regulirt werden kann.
In den Rieselthurm gelangt die Luft aus einem Nebenschacht und ist die
Einrichtung getroffen, dass dieselbe in beliebiger Höhe aus dem Freien entnommen
werden kann.
Die Luft wird im Rieselthurm gewaschen, indem dieselbe im Zickzack unter den
verschiedenen Siebböden, von welchen fortwährend ein feiner Regen herabfällt,
entlang passirt, und wird je nach dem Wärmegehalt entweder gekühlt oder erwärmt, um
stets mit gleicher verlangter Temperatur zu den Keimbassins zu gelangen.
Der Gang der Luft durch den Rieselthurm ist durch Pfeile angedeutet.
Der im Nebenraum des Malzhauses stehende Aufzug befördert die Gerste zu den Böden,
von welchen aus Verbindungen zu den Quellstöcken führen.
Textabbildung Bd. 279, S. 245
Fig. 11.Mälzerei der Ganter'schen Brauereigesellschaft.
Die Vortheile, welche diese staffelförmige Anordnung der Keimbeete gegenüber der
gewöhnlichen Bassinmälzerei bietet, bestehen zunächst in der Verminderung der
Handarbeit. Dieselbe ist wohl bei diesem System auch noch nicht vollständig
beseitigt, da das Uebertragen des Keimgutes von jedem Keimbeete auf das tiefer
liegende noch immer durch Menschenhand erfolgen muss; allein es geschieht dies
mittels einfacher krücken- öder harkenartiger Werkzeuge ohne jede Anstrengung, wobei
gleichzeitig ein Umwenden der einzelnen Haufen erfolgt, indem die oberen Schichten
des abgeräumten Beetes in dem tiefer liegenden zu unterst kommen.
Die Luft-Zu- und -Ausführung ist bei diesem System centralisirt, und ermöglicht die
Construction der Anlage, in den verschiedenen Höhen Horizonte von verschiedenem
Feuchtigkeitsgehalt zu schaffen, was auch durch Anbringung von
Wasserzerstäubungsapparaten an einzelnen Stellen unterstützt werden kann. Einen
Hauptvortheil dieser Anlage bietet die leichte Zugänglichkeit aller Theile und Räume
derselben; die Bassins sind von allen Seiten frei und zugänglich und können die
Doppelböden, wenn die Klappen b geschlossen sind,
sowohl beleuchtet, als auch mit Bürsten und Wasserstrahlen selbst während des
Betriebes gereinigt werden; auch die Siebplateaux des Rieselthurmes sind während des Betriebes
zugänglich, und können die Siebe sowohl gereinigt als auch mit frischem Kies
versehen werden. Die Raumersparniss ist bei dieser Anlage eine besonders grosse,
nachdem bei derselben für je 10000 k jährlicher Malzerzeugung bloss 1 qm Raum
erforderlich ist, während die gewöhnliche Tennenmälzerei den 15fachen Raum an
Bodenfläche erfordert; die pneumatische Mälzerei mit nebeneinanderliegenden
Keimbeeten erfordert für das gleiche Quantum 2,4 qm Bodenfläche, also gegenüber der
staffelförmigen Anordnung fast den 2½ fachen Raum. Dieser Vortheil dürfte für solche
Etablissements, die in Städten angelegt oder vergrössert werden sollen und an
Platzmangel leiden, am schwersten ins Gewicht fallen.
(Fortsetzung folgt.)