Titel: | Dampfkessel nach dem Kuhn'schen Systeme. |
Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 2 |
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Dampfkessel nach dem Kuhn'schen
Systeme.
Mit Abbildungen auf Tafel
1.
Dampfkessel nach dem Kuhn'schen Systeme.
Die Form und Einmauerung des Kessels, System Kuhn (D. R.
P. Nr. 9563 vom 16. November 1879) ist aus der Zeichnung, welche wir der
Freundlichkeit der Maschinenfabrik G. Kuhn in
Stuttgart-Berg verdanken, vollständig zu ersehen. Er ist ein Cornwellkessel mit
einem von fünf Galloway röhren durchzogenen Feuerrohre, dessen vorderer Theil
mittels eines eingeschalteten conischen Schusses zur Aufnahme eines geneigten
Rostes, nach Tenbrink'scher Bauweise, erweitert ist. Ein daselbst befindliches
doppelt conisches Siederohr dient als solches und zugleich als Feuerbrücke. Die
Feuergase durchstreichen zunächst das Feuerrohr, umspülen auf dem Wege nach vorn die
untere und die seitliche Fläche, wenden sich dann, den Dampfraum entlang, dem Kamine
zu. Auf diese Weise ist die Kesselfläche möglichst vollständig ausgenutzt. Die
Gesammtheizfläche des Kessels beträgt 65 qm, die Rostfläche 1,2 qm, die
Betriebsspannung 7 at. Es sind zwei einander gleiche Kessel vorhanden, von denen nur
einer in Betrieb ist, während der andere als Reservekessel dient. Der Kessel liefert
den Dampf für die Betriebsdampfmaschine, welche neben den anderen Druckpressen auch
die zur Herstellung unseres Journales erforderliche treibt, sowie die zur Heizung
und elektrische Beleuchtung nöthige Dampfmenge.
Zur Feststellung der Leistungsfähigkeit der Kesselanlage wurde am 4. Juni 1890
seitens des Württembergischen
Kesselüberwachungsvereines ein zehnstündiger Verdampfungsversuch
ausgeführt. Die Versuche währten von 7½ Uhr Morgens bis 7 Uhr Abends mit einer
mittäglichen Unterbrechung von 1½ Stunden, während welcher nur an einige
Kochapparate Dampf abgegeben wurde. Die Zugstärke wurde mittels eines Steinmüller'schen Zugmessers festgestellt. Das zur
Verwendung gekommene Heizmaterial war eine von der Harpener
Bergbauactiengesellschaft gelieferte Nusskohle erster Güte, deren Heizwerth
nach der durch die grossherzogliche chemisch-technische
Prüfungs- und Versuchsanstalt in Karlsruhe vorgenommenen Untersuchung die
bedeutende Höhe von 8104 Wärmeeinheiten zeigte.
Der zehnstündige Versuch lieferte folgende Ergebnisse: Speisewasser: Gesammtverdampfung 11680 k, mithin für die Stunde und 1 qm
Heizfläche 17,97 k, bei einer mittleren Temperatur von 55,6°; mittlere Dampfspannung
6,5 at. Kohlen: Gesammtverbrauch 1142 k, mithin
stündlich auf 1 qm Rostfläche 86,8 k. Rückstände: an
Asche und Schlacke 54,5 k = 5,2 Proc. der verheizten Kohle. Temperatur der Rauchgase: beim Eintritt in den Fuchs 204°, beim Verlassen
des Feuerrohres 311°, Luft im Kesselhause 30,5°, im Freien 23,3°. Zugstärke: im Fuchs gemessen 4 mm Wassersäule. Verdampfungsziffer: 1 k Kohle = 11,2 Wasser, berechnet
auf Wasser von 0° und Dampf von 100° = 10,6 Wasser, zur Dampfbildung nutzbar gemachte Wärmeeinheiten 6748. Hiernach ergibt sich der Nutzeffect der Anlage zu 83,2 Proc., was als recht günstig bezeichnet
werden kann, verglichen mit den gewöhnlichen Ergebnissen, die gelegentlich der
letzten Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure von G. Schimming für Berliner Kesselanlagen im Mittel zu 60
bis 65 Proc. angegeben wurden. Es sei noch erwähnt, obwohl diese Zahl nur örtliche
Bedeutung hat, dass 1000 k Dampf 2,53 M. kosten.