Titel: | Neuheit in der Explosivstoff-Industrie und Sprengtechnik. |
Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 418 |
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Neuheit in der Explosivstoff-Industrie und
Sprengtechnik.
Mit Abbildungen.
Neuheit in der Explosivstoff-Industrie und
Sprengtechnik.
George Mc Roberts, der ehemalige Direktor der Nobel'schen Fabriken in Schottland und einer
derjenigen, welche am längsten mit der Dynamitindustrie sich beschäftigen, hielt im
März und im Mai 1890 je einen Vortrag über Sprenggelatine in der Society of chemical
industry in Glasgow. Obzwar bisher nur wenig über die Zusammensetzung und
die Eigenschaften von Sprenggelatine und Gelatinedynamit veröffentlicht wurde, so
bietet Mc Roberts Vortrag in dieser Hinsicht doch nicht
mehr Neues, als in der von Hess im J. 1878
geschriebenen Abhandlung enthalten ist. Dagegen bringt Mc
Roberts Zeichnungen der in Glasgow verwendeten Maschinen zur Erzeugung von
Sprenggelatine, die wir in Fig. 1 und 2 wiedergeben. In England schreibt die Regierung eine
Anzahl strenger Bedingungen vor, welchen Dynamite zu entsprechen haben, und eine der
bei Sprenggelatine am schwierigsten zu erfüllenden ist die, daſs es durch 6 Tage
lang einer Temperatur von 300 ausgesetzt bleiben könne, und daſs es ferner dreimal
frieren und wieder aufthauen gelassen werde, ohne Nitroglycerin auszuschwitzen. Auf
dem Continente, wo solche Vorschriften nicht bestehen, begnügt man sich damit, die
Lösung von Nitroglycerin und Collodiumwolle mit den Händen durchzukneten, wobei man
eine für praktische Zwecke wohl genügende Mischung erzielt, aber keineswegs
hinreichend innig für den englischen Test. Mc Roberts
hat deshalb eine Maschine zum Kneten construirt, welche in einfacherer Form auch in
continentalen Fabriken vor Jahren üblich war, jedoch aufgegeben wurde, weil sie auf
den Sicherheitsstandpunkt weniger Rücksicht nahm, als die von Mc Roberts. Die Maschine (Fig.
1) besteht aus einem Hartholzgestelle und zwei Wellen. Die obere, mit
Schwungrad und Riemenscheibe versehene Welle treibt mit Hilfe von zwei Paar
Kegelrädern zwei senkrechte, entsprechend gelagerte Rührflügel, deren Bewegung gegen
einander nach Art des Root'schen Gebläses aus dem
Grundrisse (Fig. 2) ersichtlich ist. Die untere Welle
hebt mittels zwei Paar Kegelrädern und zwei Schraubenwellen einen falschen Boden in
die Höhe gegen die Rührflügel. In der Ruhestellung wird auf den falschen Boden eine
aus Kupfer gefertigte mit vier Rädern versehene Doppelpfanne geschoben, welche dann
mit einer Warmwasserleitung verbunden wird. Der Boden wird in die Höhe gehoben, die
Rührflügel tauchen dadurch in die Masse, und vollenden die Mischung, welche auf 40
bis 45° gehalten wird binnen einer Stunde.
Fig. 1., Bd. 278, S. 419Fig. 2., Bd. 278, S. 419 Die in Glasgow in Gebrauch befindliche Maschine zur Erzeugung von Patronen
zeigt Fig. 3. Sie hat die Form einer Wurstmaschine,
und die im Inneren
angebrachten Nuthen verhindern, daſs die Masse sich herumdreht, ohne
herauszukommen.
Fig. 3., Bd. 278, S. 420 Es ist selbstverständlich, daſs um den hohen Anforderungen der englischen
Regierung zu entsprechen, das gute Mischen allein noch nicht genügend ist, und daſs
insbesondere die Auswahl der verwendeten Materialien von gröſster Wichtigkeit ist.
In der That hat die Glasgower Fabrik jahrelang sich vergebens bemüht, für ihre
Sprenggelatine die Erzeugungsbewilligung zu erhalten, und continentale Fachleute
werden mit Verwunderung von Mc Roberts erfahren, daſs
man in Glasgow glaubte, man könne Sprenggelatine mit bloſs centrifugirter, also noch
25 Proc. Wasser (mindestens) enthaltender Collodiumwolle nach englischer Vorschrift
erzeugen. Mc Roberts sagt es zwar nicht, aber es ist
dem Referenten bekannt, daſs man anfangs auch dem Wassergehalte des Nitroglycerins
keine Aufmerksamkeit schenkte – was übrigens nur erst in sehr wenigen Fabriken
geschieht – und so nicht nur die Tendenz zum Ausschwitzen beförderte, sondern auch
die Kraft verminderte.
Mc Roberts gibt auch eine Tabelle von Mörserversuchen
mit verschiedenen Explosivstoffen. Mörser lassen in der Regel nur Kraftvergleiche
zwischen gleichartigen Explosivstoffen mit Sicherheit zu. geben jedoch sehr gute
Anhaltspunkte für den Sprengwerth. Mc Roberts verwendet
das ballistische Pendel und berechnet aus dem Rückschlage die „Energie“ des
Explosivstoffes, von welchem er 10g verwendet.
Hiernach ist die folgende Tabelle zusammengestellt:
Explosivstoff
Zusammensetzung
Procent-gehalt
Energie inkgm
Dynamit Nr. 1
KieselguhrNitroglycerin
25 75
1369
Sprenggelatine Nr. 1
NitroglycerinCollodiumwolle
92 8
2098
Nitroglycerin
Nitroglycerin
100
1884
Gelatinedynamite
Nitroglycerin 92,3 Proc.Collodiumwolle 7,7
„KalisalpeterHolzmehl
80 14 6
1805
Gelignite
Nitroglycerin 94,85 Proc.Collodiumwolle 5,15
„KalisalpeterHolzmehl
60 28 12
1507
Knallsatz
Chlorsaures KaliKnallquecksilber
20 80
798
Knallquecksilber
dasselbe
100
487
Explosivstoff
Zusammensetzung
Procent-gehalt
Energie inkgm
Ammoniakpulver
Salpetersaures AmmonHolzmehlSchwefel
91,82 5,72 3,00
1176
Ammonnitratpulver
Salpetersaures AmmonPikrinsäure
69,43 30,57
1309
Kalisalpeter und Pikrat- pulver
KalisalpeterPikrinsäure
53,55 46,55
967
Natronsalpeter undPikratpulver
NatronsalpeterPikrinsäure
72,13 27,87
536
dasselbe
NatronsalpeterPikrinsäure
49,12 50,88
1012
dasselbe
NatronsalpeterPikrinsäure
44,59 55,41
997
Ammonsalpeter und Ka- liumferrocyanid
AmmonsalpeterKaliumferrocyanid
72,29 27,71
521
Securit
AmmonsalpeterDinitrobenzol
82,64 17,36
1443
Kalisalpeter und Dinitro- benzol
KalisalpeterDinitrobenzol
66,79 33,21
818
Chlorsaures Kali und Dinitrobenzol
Chlorsaures KaliDinitrobenzol
70,86 29,14
1213
Chlorsaures Kali und Paraffin
Chlorsaures KaliParaffin
89,40 20,60
997
Chlorsaures Kali und Collodiumwolle
Chlorsaures KaliCollodiumwolle
53,16 46,84
1369
Collodiumwolle
Collodiumwolle
100
818
Maxim's Pulver
KalisalpeterSchwefelParaffin
78,18 10,40 11,42
298
Schieſspulver
Marke \frac{R\,L\,G^2}{A}
498
„
„ \frac{R\,L\,G^2}{D}
516
„
„ \frac{R\,L\,G^2}{F}
539
„ braunes
„ \frac{C}{H}
259
Vril-Sprengpulver
KaliumferrocyanidKalisalpeterParaffinEisenoxydHolzkohle
82,06 4,78 1,14 12,02
738
Roburit
AmmonsalpeterDinitrobenzolFeuchtigkeit get.
82,0 16,7 1,3
1414
Tonite
SchieſsbaumwolleBarytsalpeterKohlensaures
NatronFeuchtigkeit
50,20 47,40 0,72 1,54
1220
Potentite
SchieſsbaumwolleKalisalpeterFeuchtigkeit
59,60 36,80 2,75
1250
Geschützpulver
Schieſspulver
655