Titel: | Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung 1889; von Fr. Freytag, |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 193 |
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Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung 1889;
von Fr. Freytag,
Lehrer der Technischen
Staatslehranstalten in Chemnitz.
(Schluſs des Berichtes S. 162 d. Bd.)
Mit Abbildungen auf Tafel
12 und 13.
Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung 1889.
Jean und Peyrusson in Lille (Nordfrankreich) hatten eine
liegende Condensationsmaschine von 350mm
Cylinderdurchmesser und 900mm Kolbenhub
ausgestellt, welche mit 70 Umdrehungen in der Minute, 6at Dampfspannung und ⅛ Cylinderfüllung einen Effect von 62 ergab
(Fig. 36
und 37).
Die auf dem bayonnetförmigen Balken angebrachte Auſsensteuerung bethätigte zwei auf
dem Rücken des Cylinders liegende Einlaſsschieber, welche von den unterhalb
desselben angeordneten Auslaſsschiebern vollständig getrennt arbeiteten.
Durch die von der Schwungradwelle aus betriebene doppelt gekröpfte Steuerwelle A wird, wie in Fig. 36 und 37 Taf. 12
ersichtlich, mittels je einer angreifenden Stange a
eine mit der letzteren verbundene Fallklinke hin und her bewegt und nimmt hierbei
durch die in ihrer Mitte schwalbenschwanzförmig eingelassene Stoſsplatte einen
stählernen Würfelanschlag mit, welcher im oberen gegabelten Ende eines auf der Welle
c befestigten Doppelhebels liegt, dessen unteres
Ende mit dem betreffenden Einlaſsschieber durch eine Stange verbunden ist.
Der vom Regulator beeinfluſste Anschlag d bewirkt je
nach der Geschwindigkeit der Maschine ein früheres oder späteres Heben der
Fallklinke und damit ein Lösen der Verbindung zwischen dem Stahlwürfel und
Stoſsplatte, so daſs unter Mitwirkung eines durch die Stange l und Hebel s mit der Welle c verbundenen Luftbuffers die Schieber schnell in ihre
ursprüngliche Lage zurückkehren. Die Auslaſsschieber werden von einer am Kreuzkopf
befestigten, eigenthümlich geformten Knagge in der Weise gesteuert, daſs, bevor der
erstere das Ende seines Hubes erreicht, die Knagge gegen je eine stets in Oel
getauchte Rolle schlägt, welche das Ende eines am Bayonnetbalken gelagerten
Doppelhebels bildet, dessen anderer Arm mit der Stange des betreffenden
Auslaſsschiebers verbunden ist.
Von der Form und Befestigung dieser Knagge hängt der Compressionsgrad bezieh. die
Gröſse der Vorausströmung des Dampfes im Cylinder ab.
Eine mit cylindrischen Drehschiebern ausgerüstete, nach dem Hammersystem gebaute
Maschine der Firma Mégy, Echeverria et Bazan in Paris
zeigen die Abbildungen Fig. 38 bis 43 Taf. 12 und
13. Der durch das Einlaſsventil A vom Kessel kommende
Dampf strömt zunächst in die mit einem vom Regulator bethätigten Drosselventil
versehene Büchse B und geht von hier durch die beiden
anschlieſsenden Rohre CC1 nach den an den Cylinderenden gelegenen Schiebern DD1, welche sich um je
einen mit zwei gegenüberliegenden schmalen Oeffnungen für den Einströmdampf
versehenen kleinen Cylinder bewegen. Die Drehbewegung wird den in ihrem mittleren
Drittel mit vier Ausschnitten versehenen Schiebern durch innerhalb der Gehäuse EE1 liegende conische
Räder mitgetheilt, welche unter Zwischenschaltung einer senkrechten Welle F, sowie wagerechten Welle G mittels Zahnräder von der Schwungradwelle aus betrieben werden. Da jeder
der in den beiden Drehschiebern angebrachten Ausschnitte abwechselnd mit dem
zugehörigen Dampfeinströmrohr und gemeinsamen Ausströmkanal communicirt, wird auf
eine Umdrehung des Drehschiebers die Schwungradwelle so viel Drehungen ausführen als
im Schieber Ausschnitte vorhanden sind und es deshalb möglich sein, die Maschine mit
hohen Tourenzahlen laufen zu lassen, ohne daſs dabei die Drehschieber ebenfalls
entsprechende groſse Geschwindigkeiten annehmen müſsten.
In der in Fig.
38 ersichtlichen Stellung öffnet der obere Schieber den Einströmkanal im
Cylinder und gestattet durch die in dem kleinen Innencylinder angebrachten
Oeffnungen die Zufuhr frischen Dampfes über den Kolben so lange, bis der in der
gezeichneten Pfeilrichtung sich drehende Schieber diese Oeffnungen wieder
geschlossen hat; der untere Schieber D1 hält dagegen in derselben Zeit die Oeffnungen
seines Innencylinders geschlossen und läſst den vordem im Cylinder wirksam gewesenen
Dampf austreten.
Solange nun die kleinen, innerhalb der Schieber liegenden Cylinder I in derselben Lage bleiben, ist die Expansion eine
feste, ändert man dagegen die Relativlage derselben hinsichtlich der Schieber, so
lassen sich auch mit dieser Steuerung veränderliche Expansionen bewirken. Zu dem
Zwecke sitzen auf eingeschraubten Zapfen der kleinen Cylinder conische Räder, welche
mit ebensolchen auf der senkrechten Welle h befestigten
Rädern in Eingriff stehen und eine Drehbewegung ausführen, sobald der auf der
senkrechten Welle K befestigte wagerecht liegende Hebel
J von Hand verstellt wird.
Diese Aenderung des Expansionsverhältnisses wird man indeſs nur dann vornehmen, wenn
die Maschine unter ganz von einander abweichenden Bedingungen eine gewisse Leistung
entwickeln soll, da die Regelmäſsigkeit der Bewegung in gewöhnlichen Fällen schon
durch den in Fig.
42 Taf. 12 abgebildeten Regulator gesichert ist, welcher, wie bereits oben
bemerkt, ein in der Büchse B untergebrachtes,
entlastetes Drosselventil bethätigt.
Der in einer am äuſsersten Ende der Schwungradwelle sitzenden Scheibe L untergebrachte Regulator besteht aus den beiden
Gewichten m, welche sich gegen aus Stahlblechen
gebildete Federn r legen, deren stärkere Enden am
inneren Umfange der Scheibe L festgeschraubt sind und durch je eine über
die mit entgegengesetztem Gewinde versehenen Stangen l
greifende Hülse n mit der Muffe p verbunden sind, so daſs, wenn sie sich in Folge gröſserer oder
geringerer Geschwindigkeit der Maschine von der Achse entfernen oder sich derselben
nähern, auch die Muffe p in dem einen oder anderen
Sinne eine Drehbewegung erleidet; da die letztere als Schraubenmutter über einem mit
vier nicht fortgesetzten Schraubengängen versehenen Ringe q liegt, so wird sie sich parallel der Achse fortbewegen, worauf dann der
über ihr liegende Bügel s diese Bewegung mittels der
Hebel t und u auf das in
Fig. 43
Taf. 12 veranschaulichte Drosselventil überträgt. Durch Drehung der Hülsen n läſst sich auch die Spannung der Federn regeln und
damit die festgesetzte Geschwindigkeit der Maschine ändern.
Alle mit einander arbeitenden Theile der Maschine werden von einer continuirlich
arbeitenden, durch ein kleines Excenter von der senkrechten Welle F aus betriebenen Schmierpumpe mit Oel versorgt.
Die ebenfalls mit einem Drehschieber ausgerüstete, von den Constructeuren A. L. et C. Taverdon entworfene rotirende
Ausstellungsmaschine zeigen die Abbildungen Fig. 44 und 45 Taf.
13.
Die Steuerung besteht hier aus einem conischen, mit zwei schlitzartigen Oeffnungen
versehenen Hahn a, welcher durch zwei gleich groſse
Stirnräder von der Schwungradwelle aus seine Drehbewegung erhält, demnach dieselbe
Anzahl von Umdrehungen macht wie die letztere und in einem Gehäuse h untergebracht ist, welches fünf gleich lange
Ausschnitte besitzt, von denen der folgende stets nur einen gewissen Betrag breiter
ist, als der vorhergehende.
Der vom Kessel kommende Dampf strömt in den ringförmigen Raum V des Schieberkastens und von hier durch Löcher n in die Ausbohrung einer mit dem Hahn a fest
gemachten, ebenfalls mit zwei schlitzartigen Oeffnungen versehenen Welle g.
Wenn der Ausschnitt 1 im Hahngehäuse mit dem nach dem
Cylinder führenden Dampfeinströmkanal c communicirt, so
wird erst dann Dampf in den ersteren eintreten können, wenn einer der beiden
Schlitze des Drehschiebers mit dem Ausschnitte 1
zusammentrifft, und die Dauer der bei jeder halben Umdrehung der Maschine
stattfindenden Dampfeinströmung je nach der Breite des mit dem Kanal c in Verbindung stehenden Ausschnittes des Hahngehäuses
eine veränderliche sein.
Bringt man deshalb mit Hilfe eines Handrades B den einen
oder anderen dieser Ausschnitte mit dem Kanal c in
Verbindung, so läſst sich die Dauer der Dampfeinströmung in den Cylinder, welche ihr
Maximum erreicht, wenn die Oeffnung 5 mit dem Kanal c communicirt, nach Belieben regeln.
Der Regulator besteht aus einer Kautschukbirne C, welche
bei v auf der hohlen Welle g des Drehschiebers und bei x auf der
ebenfalls hohlen, innerhalb der ersteren liegenden Welle l befestigt ist; die letztere trägt an ihrem einen Ende einen kleinen, in der Ausbohrung
der Welle g sich führenden Kolben d.
Bläht sich die Kautschukbirne in Folge wachsender Geschwindigkeit der Maschine auf,
so tritt eine Verschiebung der hohlen Welle t nach
rechts ein und der kleine Kolben d schlieſst die
Dampfdurchlaſsöffnungen n mehr oder weniger, so daſs
der Dampf mit entsprechend niederer oder höherer Spannung in den Hohlraum der Welle
g gelangt.
Die bei Geschwindigkeitsänderungen eintretenden Bewegungen der Kautschukbirne werden
auch dazu benutzt, dem in den Cylinder tretenden Dampf eine gewisse Menge Oel
beizumengen; zu dem Zwecke liegt das mit Ventil versehene Ende der Stange t in einem kleinen, mit Oel gefüllten Cylinder e und sowie sich die Birne C öffnet, saugt die in diesem Cylinder als Kolben fungirende, nach rechts
gehende Stange aus einem oberen mit Rückschlagventil versehenen Behälter eine
entsprechende Menge Oel an, welches beim darauf folgenden Schlieſsen der Birne, wenn
die Stange t sich nach links bewegt bezieh. wieder in
den Cylinder eindringt, aus diesem verdrängt wird, und in die Bohrung der ersteren
tretend, sich mit dem durch die Oeffnungen n
eintretenden Dampf mischt.
Der bei jeder halben Umdrehung der Maschine durch den Kanal c in den Cylinder tretende Dampf bringt durch zwei den Kolben bildende
Abdichtungsklappen eine in diesem excentrisch liegende Scheibe in Drehung.
Mit der kleinsten Füllung und 1000 Umdrehungen in der Minute leistet der Motor 2,33
und verbraucht ungefähr 5k Dampf für
Stunde und Pferd, während mit voller Füllung eine Leistung von 7,55
erreicht und an Dampf 14k,6 für Stunde und Pferd
gebraucht wird.
Die Maschine läſst sich auch mit Druckwasser betreiben, wobei dasselbe durch den auf
Fig. 45
ersichtlichen Kanal W in den Cylinder tritt.
Die von der Compagnie de Fives-Lille in Paris
ausgestellte, liegende Condensationsmaschine hatte 350mm Cylinderdurchmesser und 1100mm
Kolbenhub; sie soll mit 5at,3 Dampfspannung im
Schieberkasten, einem Füllungsverhältnisse von 0,1, sowie 50 Umdrehungen in der
Minute 115 Indicatorpferd entwickeln und zeigte dieselbe Construction, wie die 1886
260 * 49 beschriebene, von der Firma für das
Wasserwerk in Lille erbaute Maschine von 850mm
Cylinderdurchmesser und 1600mm Kolbenhub, nur
erfolgte die Bewegung der Auslaſsschieber hier nicht ruckweise durch ein
Daumenexcenter, sondern unter Zwischenschaltung eines am Bayonnetbalken gelagerten
ungleicharmigen Doppelhebels mittels Stangen von einem auf der Schwungradwelle
befestigten Excenter aus.
Chaligny et Cie. in Paris hatte eine liegende,
55pferdige Verbundmaschine mit 280 bezieh. 485mm
Cylinderdurchmesser und 500mm Kolbenhub zur
Ausstellung gebracht, welche, mit Condensation arbeitend, bei normalem Betriebe 90
Umdrehungen in der Minute machte und sowohl auf ein gemauertes Fundament festgelegt,
wie auch als Locomobilmaschine auf einen Dampfkessel montirt werden konnte. Im ersteren
Falle ruht das Maschinenbett auf zwei kastenförmig gegossenen, mit dem Fundament
verschraubten Sockeln, von denen der die beiden Cylinder stützende in seinem Inneren
die zur Ein- und Ausströmung des Dampfes dienenden Rohre aufnimmt. Aus der
untenstehenden Tabelle sind die Leistungen, der Dampfverbrauch für Stunde und Pferd
bei einer Kesselspannung von 6at, die Gewichte,
der gegenwärtige Preis und einige Abmessungen dieser Maschinen zu ersehen:
Leistung
Anzahl derUmdrehungenin der
Minute
DurchmesserdesSchwungrades
Mit Condensation
Ohne Condensation
mitCondensation
ohneCondensation
Dampf-verbrauchfür
dasStundenpf.
Gewichtin Tonnen
Preisin Fr.
Dampf-verbrauchfür
dasStundenpf.
Gewichtin Tonnen
Preisin Fr.
Normal
Maximal
Normal
Maximal
20
28
18
26
110
1,750
11,5
5,1
10000
14
4,1
7800
26
38
24
34
105
1,800
11
6
11300
13,7
5
9000
32
46
28
40
100
2,000
10,5
7
12800
13,3
5,8
10200
44
62
40
55
95
2,250
10
8,2
14600
12,5
7
12000
55
80
50
72
90
2,500
9
11
17800
11,5
9,5
15000
70
100
65
90
85
2,750
8,7
12,7
21000
11
11,2
18000
100
150
90
130
80
3,500
8
15,5
25500
10,2
13,3
22500
Die Dampfvertheilung des kleinen Cylinders regelt ein einfacher Muschelschieber,
dessen Hub von Hand veränderlich eingestellt werden kann; zu dem Zwecke ist das auf
der Schwungrad welle befestigte Steuerungsexcenter mit dem untersten Ende einer mit
dem Maschinenbett gelenkig befestigten Coulisse verbunden, in welcher sich ein am
Ende der Schieberstange sitzender Stein bewegt, dessen jedesmalige Lage durch eine
mit der Coulisse verbundene Schraube bestimmt wird.
Der Regulator beeinfluſst ein kleines entlastetes Drosselventil und die hinter dem
groſsen Cylinder liegende Luftpumpe wird von der verlängerten Kolbenstange
betrieben.
Eine wenig Platz einnehmende und mit groſser Regelmäſsigkeit laufende, deshalb für
elektrische Beleuchtungszwecke vorzüglich geeignete 100 bis 150pferdige stehende
Verbundmaschine hatten Buffaud et Robatel in Lyon
ausgestellt.
Die Cylinder werden, wie die Abbildung (Fig. 46) erkennen läſst,
von einem kräftigen, hohlen Ständer getragen, der auf seinen vier Seitenflächen mit
groſsen Durchbrechungen versehen ist, damit man die bewegten Theile leicht erreichen
bezieh. Reparaturen an denselben gut vornehmen könne.
Der Hochdruckcylinder arbeitet mit einer Rider-Steuerung, welche von einem Regulator (System Buss) eingestellt wird; der letztere stützt sich auf ein an der
Vorderfläche des Ständers angeschraubtes Consol und wird mittels eines Riemens von
der Schwungradwelle aus betrieben.
Buffaud et Robatel bauen diese Maschinen in vier
Gröſsen, deren Hauptabmessungen und Preise aus der nachstehenden Tabelle ersichtlich
sind:
Leistungin
DurchmesserderCylinder
Kolbenhub
Umdrehungenin der Minute
Preis
OhneCondensation
MitCondensation
10– 20
130 bez. 230
200
250–300
5000 Fr.
6000 Fr.
25– 45
175 „ 300
250
200–250
9000 „
10000 „
50– 80
230 „ 400
300
180–230
13000 „
15000 „
100–150
300 „ 520
350
150–200
18000 „
21000 „
Die Maximalleistung ergibt sich bei der gröſsten Geschwindigkeit und einer
Dampfspannung von 8k.